Fischer | ›Gott‹ in der Dichtung Rainer Maria Rilkes | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 531 Seiten

Reihe: Blaue Reihe

Fischer ›Gott‹ in der Dichtung Rainer Maria Rilkes


unverändertes eBook der 1. Auflage von 2014
ISBN: 978-3-7873-2702-7
Verlag: Felix Meiner
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

E-Book, Deutsch, 531 Seiten

Reihe: Blaue Reihe

ISBN: 978-3-7873-2702-7
Verlag: Felix Meiner
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Rainer Maria Rilke hat der Verkündigung des Todes Gottes, die Friedrich Nietzsche jubelnd und doch unter Schmerzen vorträgt, nicht zugestimmt und sie von seinem Werk ferngehalten. ›Gott‹ ist in der Dichtung Rilkes vielmehr auf allen Werkstufen gegenwärtig, obgleich nicht so, als könnten Menschen über ihn ›verfügen‹.

Der in ›Nähe und Ferne‹ anwesende Gott ist in Rilkes Dichtung höchst lebendig, angefangen von der Preisung der unmittelbaren Anrede Gottes im Gebet ('Gott, du bist groß') bis zum beredten Schweigen angesichts des nahenden Todes. Rilkes Kritik richtet sich gegen den ›Gott‹, über den institutionell verfügt wird, den man zum Besitz erklärt und der ›die Welt‹ entwertet. Die Wirklichkeit des Göttlichen im Leben, die in Rilkes Dichtung zutage tritt und die Leser auf die Frage nach Gott verweist, ruft ein ›Erstaunen‹ hervor, das zur Orientierung im Denken gehört, die Kant als Anlass und als Aufgabe der Philosophie verstanden hat.

Dichtung leistet als solche zwar nicht selbst die gebotene Denkarbeit, sondern ist mit Platons Worten als ein ›ernsthaftes Spiel‹ zu verstehen, das um ›Gott‹ ›kreist‹. Im 'Brief des jungen Arbeiters' aus der Zeit des Abschlusses der Elegien erwähnt Rilke seine 'Erfahrung', dass ihm '›Gott‹ zu sagen, so leicht, so wahrhaftig, so [.] problemlos einfach sei' (SW VI,1118). Die Hintergründe dieser verblüffenden Leichtigkeit sind zu bedenken und auf ihre Ursprünge, ihre Kontexte und Tragfestigkeit hin zu untersuchen.
Aus diesem Blickwinkel zeigt sich die Dichtung Rilkes als ein ernstes Thema der Philosophie, das Wirklichkeit enthüllt und die Frage nach Gott und dem Göttlichen neu zu bedenken antreibt.

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Vorwort des Herausgebers

Die hier vorgelegten Beiträge, die auf ein von der DFG gefördertes Symposion in der Akademie des Bistums Mainz zurückgehen (7.–11. März 2013), führen wesentliche Dichtungen Rilkes vor Augen, die ›von Gott‹ und ›zu Gott hin‹ sprechen –und diskutieren deren Gottesbezug kritisch. Der Plan, die Gottesfrage in der Dichtung Rainer Maria Rilkes zum Thema zu machen, geht einerseits auf die Philosophischen Seminare in Kloster Weltenburg zurück, die von 2000–2004 Augustins Confessiones zum Thema hatten, von 2005–2008 Kants Kritik der reinen Vernunft, von 2009–2011 die ›Gottesfrage‹ bei Immanuel Kant, Martin Heidegger und Emmanuel Levinas. Die Früchte dieser zwölf Seminare sind in den Verlagen Ferdinand Schöningh (Paderborn), Felix Meiner (Hamburg) und Herder (Freiburg im Breisgau) veröffentlicht worden. Andererseits war für den Herausgeber die Begegnung und Zusammenarbeit mit August Stahl entscheidend, damals Präsident der Rilke-Gesellschaft, der einen großen Teil der Vorüberlegungen mitgetragen und auch an der Verwirklichung des Projekts tatkräftig mitgearbeitet hat. Seiner erwiesenen Freundschaft verdankt der Herausgeber zahlreiche förderliche Anstöße.

Unmittelbar nachdem Friedrich Nietzsche den ›Tod Gottes‹ (jubelnd und unter Schmerzen) verkündet hatte, tritt Gott in Rainer Maria Rilkes Dichtung lebendig hervor –in einer Weise, die von der ›Anrede Gottes‹ im Gebet bis zu beredtem Schweigen reicht, das aus Verlusten erwächst. Das Phänomen der lebendigen Gegenwart ›Gottes‹ in Rilkes Dichtung, das unser Staunen hervorruft und unser Denken anregt (vgl. dazu Platon: Theaitetos 155d), das die Leser Rilkes mit Nachdruck auf die ›Gottesfrage‹ lenkt, gehört in das Zentrum der ›denkerischen Orientierung‹, die Kant als Aufgabe der Philosophie benannt hat (vgl. Was heißt: sich im Denken orientieren?) und die in der krisenhaften Situation unserer Zeit weiterhin gründlichste Beachtung verdient. Rilke widmet sich als ›Dichter‹ zwar nicht der Denkarbeit, bietet aber mannigfachen Anlaß zu ihr; er sieht sein Dichten ausdrücklich unter dem Anspruch Gottes und erklärt im Stunden-Buch: »Und ich will meinen Sinn/ wahr vor dir« (KA 1,163). Noch in seinen spätesten Dichtungen unterstellt er sich diesem ›göttlichen‹ Anspruch, der in die Transzendenz weist, indem es alles menschliche Vermögen übersteigt (SO I 3; KA 2,241): »In Wahrheit singen, ist ein andrer Hauch.« Das Ziel, singend der Wahrheit zu entsprechen, führt nach den Sonetten an Orpheus in die Transzendenz (SO I 5): »Und er gehorcht, indem er überschreitet.« Dieser abschließende Vers des fünften Sonetts im ersten Teil der Sonette an Orpheus bietet eine Auskunft zur grundlegenden Aufgabe der Sonette und kann so ins Lateinische übersetzt werden: »oboedit transcendens«.

Solche in die Transzendenz weisende ›Dichtung‹ ist schon mit Platon (Politeia 545e) als ein ›ernsthaftes Spiel‹ zu verstehen: denn sie hat »Leiden«, »Liebe« und »Tod« im Blick (SO I 19); sie ›kreist‹ dadurch um ›Gott‹ und um die Gottesfrage, die wesentlich zum ›Leben‹ gehört und uns allererst die Aufgabe des Denkens stellt und unsere Lebenswirklichkeit zu bedenken fordert. Im Brief des jungen Arbeiters bekennt Rilke, vielleicht auch für ihn selbst überraschend, seine »Erfahrung«, die heutigen Zeitgenossen oft zu fehlen scheint, daß ihm nämlich »›Gott‹ zu sagen, so leicht, so wahrhaftig, so […] problemlos einfach sei« (SW VI,1118). Diese ›Erfahrung‹ läßt die Dichtung Rilkes als Thema der Philosophie sehen, das die Gottesfrage zu bedenken antreibt.

Die vorliegenden Beiträge untersuchen zwar nicht das Werk oder die Werke eines ›Philosophen‹, sondern die ›Dichtung Rilkes‹, weisen aber durch ihr Thema auf Fragen der Philosophie und der Theologie und werden deshalb von einem multidisziplinären Kreis von Verfassern dargeboten. Die Zusammenarbeit mit August Stahl begann, als der Herausgeber den Augustinischen Geist wichtiger Dichtungen Rilkes bemerkt und deshalb Kontakt zur Rilke-Forschung gesucht hatte. Erste Früchte trug diese Zusammenarbeit beim Symposion zur Wirkungsgeschichte Augustins, das vom 18.–20. Januar 2008 mit Unterstützung der DFG in der Akademie des Bistums Mainz durchgeführt und dessen Ergebnis 2010 in zwei Bänden im Verlag Meiner publiziert wurde (Augustinus. Spuren und Spiegelungen seines Denkens. Band I: Von den Anfängen bis zur Reformation; Band II: Von Descartes bis in die Gegenwart). August Stahls Beitrag zum zweiten Band: ›Salus tua ego sum‹. Rilke (1875–1926) liest die ›Confessiones‹ des heiligen Augustinus war eine wichtige Vorstufe für den neuen Plan und kann als ein erhellendes Prolegomenon für den hier vorgelegten neuen Band herangezogen werden. Zuvor war dem Herausgeber das Desiderat einer gründlichen Betrachtung der Dichtung Rilkes in ihrer Beziehung zur Gottesfrage bewußt geworden, zu der er eine erste Untersuchung vorgelegt hat (»Giebt es wirklich die Zeit, die zerstörende?« Nachklänge der Zeitauslegung Augustins in der Dichtung Rilkes).

Vorangestellt sind dem Band Rilkes Entwürfe zu einer Rede über die Gegenliebe Gottes (1913), die er zwar nicht fertig ausgearbeitet und auch nicht gehalten, aber 1924 einmal vorgelesen hat. Die Hauptthesen der Untersuchungen, die den Zugang zum vorliegenden Buch erleichtern, sind am Ende der folgenden Einführung in den ›Kurztexten‹ aus der Feder der Autoren abgedruckt. Der erste Teil der Untersuchungen beginnt mit der genannten Einführung von Norbert Fischer; es folgt ein grundlegender Essay zu ›Rilkes ausdauernder Arbeit am Mythos‹ von August Stahl. Den Abschluß des ersten Teils bietet der Beitrag von Jakub Sirovátka, der sich Rilkes Herkunft zuwendet und dabei einen ersten Blick auf seinen weiteren Weg wirft. Der zweite Teil ist der Auslegung einzelner Werke und Werkgruppen gewidmet; der dritte Teil enthält systematische und geschichtliche Reflexionen zur Dichtung Rilkes mit Blick auf die Gottesfrage und kann auf diese Weise die nachträgliche systematische Reflexion befördern.

Bei der Vorbereitung des Projekts waren die Mitarbeiter des Eichstätter Lehrstuhls für Philosophische Grundfragen der Theologie, insbesondere Herr Privatdozent Dr. Jakub Sirovátka und Frau Anita Wittmann, in bewährter Weise tätig. Beiden sei hierfür herzlich gedankt. Der Dank des Herausgebers gilt sodann der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die dem Projekt die nötige finanzielle Förderung angedeihen ließ. Weiterhin gedankt sei der Akademie des Bistums Mainz, besonders ihrem Direktor, Herrn Professor Dr. Peter Reifenberg, und Herrn PD Dr. Ralf Rothenbusch, der die Organisation der Tagung engagiert in die Hand genommen hat. Besonderer Dank gilt den beteiligten Künstlern, die Werke Rilkes präsentierten oder die Präsentationen künstlerisch begleiteten. Gedankt sei Sabine Weithöner für die eindrucksvolle Rezitation wesentlicher Gedichte Rainer Maria Rilkes, Tobias Fischer für die Darbietung von Cello-Suiten Johann Sebastian Bachs, die den Hörern ohne Worte –durch das andere Medium –Platz zur inneren Aufnahme der Texte Rilkes ließ. Gedankt sei Kateryna Kasper (Sopran) und Jeong-Hwa Fischer (Piano) für die glänzende Aufführung von Rilkes Gedichtzyklus Das Marien-Leben in der Vertonung von Paul Hindemith (vgl. dazu die Hinweise im Beitrag von Albert Raffelt). Diesen Künstlern verdanken die Teilnehmer großartige Abende, die einen lebendigen Eindruck von Rilkes Dichtung im Blick auf ›Gott‹ hinterließen.

Herzlich dankt der Herausgeber cand. theol. Sr. Hanna-Maria Ehlers OCist (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt), die schon öfter an Druckvorbereitungen am Eichstätter Lehrstuhl für Philosophische Grundfragen der Theologie beteiligt war und jetzt wieder mit Sorgfalt und Interesse mitgearbeitet hat, ebenso wie Frau cand. theol. Simone Pesendorfer (Universität Wien), die im Rahmen ihrer Studien auf das vorliegende Rilke-Projekt aufmerksam geworden war und in freundlichster Weise bereit war, bei der formalen Durchsicht der Manuskripte mitzuwirken. Ebenso sei Frau Anita Wittmann auch für die gründliche Durchsicht des Textes herzlich gedankt und zudem für die Erstellung des Namenregisters und des Verzeichnisses der benutzten Siglen. Für die bewährte Zusammenarbeit dankt der Herausgeber den Herren Horst D. Brandt und Jens-Sören Mann vom Verlag Meiner. Sehr herzlich dankt der Herausgeber Seiner Eminenz Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz, der Diözese Eichstätt und der Gesellschaft der Freunde der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt für die Gewährung von Druckbeihilfen.

Daß am Ende dieses Vorworts auf den 290. Geburtstag Immanuel Kants verwiesen wird, mag wegen der sehr unterschiedlichen Zugangsweisen des ›Dichtens‹ und des ›Denkens‹ überraschen, weist aber auf subkutane Beziehungen, die in einigen Beiträgen auch...


Fischer, Norbert
Norbert Fischer’s work on Kant includes (with Dieter Hattrup) Metaphysik aus dem Anspruch des Anderen: Kant und Levinas (Schöningh, 1999); Kants Metaphysik und Religionsphilosophie (Meiner, 2004); Kants Grundlegung einer kritischen Metaphysik (Meiner, 2010); and (as coeditor) Die Gottesfrage in der Philosophie Immanuel Kants (Herder, 2010). He studied philosophy, theology, and German philology at the universities of Mainz and Freiburg im Breisgau and earned his Ph.D. and Habilitation in philosophy. He was Professor of Philosophy at Mainz (1985–88), Trier (1989–90), Paderborn (1991–95) and Eichstatt (1995–2013). His research interests include Plato, Augustine, Kant, Heidegger, and Levinas; philosophical theology; metaphysics; the foundations of practical philosophy; and philosophy of religion.

Norbert Fischer's work on Kant includes (with Dieter Hattrup) Metaphysik aus dem Anspruch des Anderen: Kant und Levinas (Schöningh, 1999); Kants Metaphysik und Religionsphilosophie (Meiner, 2004); Kants Grundlegung einer kritischen Metaphysik (Meiner, 2010); and (as coeditor) Die Gottesfrage in der Philosophie Immanuel Kants (Herder, 2010). He studied philosophy, theology, and German philology at the universities of Mainz and Freiburg im Breisgau and earned his Ph.D. and Habilitation in philosophy. He was Professor of Philosophy at Mainz (1985–88), Trier (1989–90), Paderborn (1991–95) and Eichstatt (1995–2013). His research interests include Plato, Augustine, Kant, Heidegger, and Levinas; philosophical theology; metaphysics; the foundations of practical philosophy; and philosophy of religion.



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