Ferchländer | Das Zimtschneckenfiasko | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Ferchländer Das Zimtschneckenfiasko

Kriminalroman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-96041-276-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-96041-276-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Eine rabenschwarze Kriminalkomödie mit tödlicher Zuckerglasur.

Eigentlich wollte Minnerl die verhasste Schulinspektorin nur ausspionieren, um ihrem neuen Roman mehr Leben einzuhauchen. Nun liegt sie tot zu ihren Füßen. Das passiert, wenn eine Lehrerin Krimis schreibt und es mit dem Recherchieren zu wörtlich nimmt! Als einige von Minnerls Kollegen dann auch noch kriminelle Ambitionen entwickeln, gerät die Sache vollends außer Kontrolle . . .

Ferchländer Das Zimtschneckenfiasko jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Weihnachtsfeiern und andere Probleme
Hand aufs Herz! Haben Sie schon einmal davon geträumt, Ihren Vorgesetzten umzubringen? Ich kann Ihnen nur raten: Tun Sie’s nicht! Lassen Sie bloß die Finger davon! Denken Sie nicht einmal daran! Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen versichern, es bringt keine Erleichterung, wenn man die Leiche dieser Person vor sich liegen sieht, so sehr man sich dies zuvor auch gewünscht haben mag. In meinem Fall war es eine Schulinspektorin, die mir da tot zu Füßen lag. Mit der Zehenspitze versuchte ich vorsichtig, ihren Kopf umzudrehen. Würde ich dem Teufel ins Auge blicken? Ich konnte es nicht fassen, dass sie wirklich nicht mehr lebte. Was hatte ich getan? Meine Schuldgefühle verflogen jedoch schnell, denn selbst im Tod war sie noch gehässig. Sie grinste diabolisch und blutete meine nagelneuen veganen Converse-Sneaker voll. Erschrocken trat ich ein Stück zurück. Die krieg ich nie wieder sauber, dachte ich unwillkürlich, doch sogleich traf mich wie ein mörderisches Geschoss die Erkenntnis, dass jetzt nicht nur meine Schuhe im Eimer, sondern auch Hunderte meiner Fingerabdrücke in einem Umkreis von einigen Metern hübsch gleichmäßig verteilt waren. Von den verwertbaren Genspuren an den Teetassen und der dubiosen Füllung in den Zimtschnecken ganz zu schweigen. Sie können sich meine Panik vorstellen. Die Gewissheit, dass mir diese Person als Tote noch viel mehr Schwierigkeiten bereiten würde als zu ihren Lebzeiten, ließ mich hyperventilieren. Nein, verbessert hatte sich meine Situation dadurch mitnichten. Bald würde ich noch ganz andere Inspektoren am Hals haben! Schon bei ihrem ersten Auftritt an unserer Schule war ihr ein seltenes Kunststück gelungen, nämlich, den Lehrkörper zu einen. Was sich zunächst vielleicht positiv und nach außergewöhnlichen Führungsqualitäten anhören mag, war allein ihrem narzisstischen Gehabe zuzuschreiben. Sie schaffte es tatsächlich, ausnahmslos alle gegen sich einzunehmen, indem sie uns die Weihnachtsfeier versaute. Dabei hätte sie dort eigentlich gar nichts zu suchen gehabt. Aber was sollte man machen, wenn man einen Direktor hatte, der meinte, er könnte sich einen Teil der Ausgaben für seine Hofratsfeier sparen. Kurz vor Weihnachten war er mit stolzgeschwellter Brust vor uns hingetreten und hatte verkündet: »Liebe Kollegen!« – wie immer vergaß er absichtlich auf die »Innen«, obwohl wir zwei Drittel des Lehrkörpers ausmachen – »Ich darf euch heute gleich zwei wunderbare Mitteilungen machen.« Pathetisch ließ er seinen Blick durchs Lehrerzimmer schweifen, um sicherzustellen, dass auch wirklich alle die Frohbotschaft vernehmen würden. Es dauerte eine Weile, bis das Geraschel und Gemurmel ein Ende fand, dann fuhr er fort: »Erstens haben wir endlich eine neue Anstaltsreferentin. Es ist Magister Vladtka Hartmanová, die neue Schulinspektorin für lebende Fremdsprachen und Geografie …« Das Getuschel setzte sogleich wieder ein, niemand empfand diese Mitteilung als »wunderbar«. Zum einen kam die Besetzung nicht überraschend. Posten im Landesschulrat werden nun mal nicht im Konklave ermittelt, es gibt immer informierte Kreise, die nicht nur wissen, wer sich bewerben wird, sondern auch, wer die besten Chancen hat – und das zumeist noch, bevor ein Posten überhaupt vakant wird. Zum anderen eilte der Hartmanová nicht gerade der Ruf voraus, besonders sympathisch oder kompetent zu sein. »Na super, da dürfen wir uns ja auf einiges gefasst machen«, raunte mir Lore zu. »Sch!«, zischte ich zurück. »Keine Vorurteile, Kollegin, wir wollen der Neuen doch eine Chance geben!« Außerdem war ich neugierig, was unser Herr Direktor noch so Dringendes mitteilen wollte, dass er dafür eigens aus seinem Reich zu uns herabgestiegen war. Das ist natürlich nur symbolisch gemeint, denn das Lehrerzimmer und seine Kanzlei sind nicht nur im selben Stockwerk, sondern auch über die Kaffeeküche miteinander verbunden, aber er vermittelte uns manchmal den Eindruck, dass es für ihn einen gewissen sozialen Abstieg bedeutete, wenn er sich unters gemeine Lehrervolk mischte. »Und zweitens«, erhob er ungeduldig seine Bassstimme, »habe ich mir erlaubt, die Frau Inspektor und ein paar ihrer Kollegen zur diesjährigen Weihnachtsfeier einzuladen.« Augenblicklich herrschte Grabesstille. Betretene Blicke wurden ausgetauscht. Unsere Weihnachtsfeier war uns heilig. Jetzt nicht unbedingt im religiösen Sinn, aber es war eine der wenigen Gelegenheiten, wo wir uns abseits des üblichen Schulstresses zusammensetzen und das Kalenderjahr gemütlich ausklingen lassen konnten. Jeder trug etwas dazu bei, die Musiker studierten ein paar Lieder ein, Deutschlehrer lasen Andächtiges vor, der Rest kümmerte sich ums leibliche Wohl. Weihnachtsgebäck, Wein, Punsch, Aufstriche. Man kam sich näher. Auch ich hatte mir Wolfram letztlich bei so einer Weihnachtsfeier gekapert, aber das ist eine andere Geschichte. Bevor noch jemand die im Raum schwebende Frage stellen konnte, was zum Teufel er sich dabei gedacht habe, erklärte der Direktor: »Ich werde nämlich zum Hofrat ernannt, und diese Freude möchte ich mit euch teilen!« Wir applaudierten brav und verhalten – und etwas voreilig –, denn, wie sich kurz darauf herausstellte, wollte er nicht nur die Freude mit uns teilen, sondern auch die Finanzierung. Irrtümlich hatten wir zunächst angenommen, er würde uns anlässlich seiner Ernennung in ein Lokal einladen oder ein Catering organisieren, aber er bereinigte dieses Missverständnis umgehend: »Ich darf daher für die diesjährige Feier sämtliche Getränke übernehmen!« Sprach’s und verschwand in sein Büro. »So ein Geizkragen«, schimpfte Lore. »Man müsste die Feier ja direkt boykottieren!« »Das kannst du doch nicht machen!«, entrüstete sich Klaudia, die wieder einmal nicht verstand, dass Lore diese Bemerkung sarkastisch gemeint hatte. Aber Klaudia kapierte sowieso nichts, die hatte seit ihrer Lehramtsprüfung wohl kein Buch mehr freiwillig in die Hand genommen. Zumindest nicht, um es zu lesen, höchstens, um es abzustauben. Lucy stieß mich in die Seite. »Dann müssen wir heuer eben so viel trinken wie nur möglich.« »Das ist eine Ansage!«, rief Günther, der auch ohne jemanden schädigen zu wollen bei jeder Weihnachtsfeier dem Alkohol im Übermaß zusprach. Ich bin ja selbst einem Gläschen ab und zu nicht abgeneigt, vor allem, wenn es einen Anlass gibt, aber es wäre mir nie im Leben eingefallen, so viel zu trinken, dass ich mich nicht mehr im Griff hatte. Heiner war zum Computer gesprintet, hatte wie wild in die Tastatur gehauen und, als Vladtka Hartmanovás Bildnis auf dem Flatscreen erschien, »Sie ist es!« gerufen. »Was hat er denn?«, fragte Lore, ohne sich umzudrehen. »Kennst du sie etwa?«, wollte Lucy wissen. »Nicht persönlich«, murmelte Heiner, der noch blasser geworden war als ohnehin schon, »aber ich hab schon allerhand über sie in Erfahrung gebracht.« Mehr ließ er sich nicht entlocken. Außerdem hatte die Glocke zur Stunde bereits geschrillt. Während die meisten keine Hektik aufkommen ließen, schnappte ich mir meine Tasche und machte mich zu meiner Klasse auf. Wenn ich fünfzig Minuten bezahlt bekomme, will ich auch fünfzig Minuten dafür arbeiten und nicht fünfundvierzig, das bin ich den Kindern schuldig. Schließlich können sie nur dann ein ordentliches Pflichtbewusstsein entwickeln, wenn man es ihnen auch vorlebt. Wir mussten die Weihnachtsfeier dann natürlich adaptieren. Das Andächtige wurde gestrichen, zur musikalischen Umrahmung nötigte man Schülerensembles, zu streichen und zu flöten. Gerüchten nach erhielten sie vom Direktor als Dank jeweils einen hübschen Kugelschreiber geschenkt. Zum Ausgleich sollten wir uns bei der Tischdekoration ordentlich ins Zeug legen. Die Sekretärin durfte dafür tief in die Schulkasse greifen. Im Endeffekt mussten wir zugeben, dass alles wirklich sehr hübsch geworden war, und es kam auch so etwas wie weihnachtliche Stimmung auf, die allerdings im offiziellen Teil der Hofratsverleihung deutlich strapaziert wurde. Wie befürchtet, waren eine Menge Leute gekommen, die wir nur vom Hörensagen kannten und auf die wir Lehrer auch gut und gerne hätten verzichten können. Als Dank für die Einladung sahen sich leider alle bemüßigt, dem »lieben Wilfried« wortreich zu huldigen. Im Prinzip sagte jeder Redner das Gleiche, wie wichtig solch ein Titel doch sei und wie verdienstvoll der zukünftige Träger desselben. Was für Verdienste das sein sollten, enthielt man uns allerdings vor. Wir waren schon einigermaßen zermürbt, als Wilfried Vladtka Hartmanová, Assessorin AFQM, was immer das bedeuten mochte, als offizielle Vertreterin des Landesschulrates zum Rednerpult bat. Lautstark stelzte sie in ihren hochhackigen Schuhen über den Parkettboden bis zum Rednerpult. Glonck – glinck, glonck – glinck, glonck – glinck. Dicht gefolgt von einem niedlichen Chihuahua, der das gleiche Halstuch trug wie sein Frauchen. »Sitz, Igor!«, sagte sie ins Mikrofon und lachte liebevoll. Sie meinte wohl, wir würden uns alle auf der Stelle in die kleine Ratte verlieben. Hinter dem Rednerpult fand ihre imposante Erscheinung kaum genug Platz. Wir mussten ihr aber trotz der Leibesfülle eine gewisse Eleganz zugestehen, wenn wir auch ihren Geschmack nicht guthießen. Vom Alter her schätzten wir sie auf mindestens Mitte fünfzig, das konnte auch der blondierte Pagenkopf nicht kaschieren. Seltsam mutete der schwarze Strohhut mitten im Winter an. Ihr rotes Designer-Kostüm und der schwarz-goldene Schal, der ihre doch in die Jahre gekommene Oberhalspartie verhüllte, deuteten aber eindeutig auf oberpreisige Markenlabels. Die Perlenkette tat ein Übriges. Wir nahmen uns...


Beate Ferchländer wurde 1961 in Scheibbs, Niederösterreich, geboren. Als Lehrerin verschlug es sie ins Weinviertel, wo sie bis heute mit ihrem Mann lebt. Da sich dort die spannenden Fragen ausschließlich um den Wein drehen, produziert sie seit einiger Zeit Leichen, die sie von biederen Heldinnen entsorgen lässt.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.