Ferchländer | Das Teigtascherldebakel | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Ferchländer Das Teigtascherldebakel


1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96041-902-0
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-96041-902-0
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Eine rabenschwarze Krimikomödie.

Das beschauliche Weinviertler Leben der Elli Grace Moser gerät aus den Fugen, als ihr Mann tot im Fischteich treibt. War es Freitod oder Mord? Pech für Elli, dass ausgerechnet Chefinspektor Hartinger den Fall untersucht, der endlich einmal eine Schwarze Witwe hinter Gitter bringen will. Glück für sie, dass der Staatsanwalt das anders sieht und den Fall als Suizid zu den Akten legen lässt. Doch dann geschieht ein weiterer Mord in Ellis Umfeld …

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Absturz
Denken wird allgemein überschätzt. Es ist das Bauchgefühl, dem wir viel mehr Gehör schenken sollten. Leider kommuniziert es seine Botschaften so undeutlich. Und wenn du dann auch noch über einen dermaßen gut trainierten Verdrängungsmechanismus verfügst wie ich, dann überhörst du es halt furchtbar gerne. Dabei hatte mich schon beim ersten Auftritt dieser schrägen Typen ein ungutes Gefühl beschlichen. Warum nur hatte ich nicht auf meinen Bauch gehört, verdammt? Es muss so gegen fünfzehn Uhr gewesen sein, als sie mich aus meinem Mittagsschläfchen klingelten. Grantig schlurfte ich zur Tür. Frechheit, mich aus meiner Siesta zu reißen! Seit Wochen hatte die Hitzewelle das Weinviertel fest im Griff. Der Sommer 2019 war drauf und dran, sämtliche Rekorde zu knacken. In Ermangelung einer Klimaanlage musste ich schon frühmorgens alle Rollos herunterlassen, um die Sonne auszusperren. An körperliche Arbeit war vor achtzehn Uhr nicht zu denken. Ich quälte mich deshalb täglich um sechs aus dem Bett, um die Ordinationsräume ordentlich durchzulüften, bevor ich Hans Helmut sein Frühstück servierte. Dafür gönnte ich mir dann ein nachmittägliches Nickerchen, um mich später gebührend um Haus und Garten zu kümmern. Und ausgerechnet jetzt wollte wer was von mir? Dieser Störenfried würde was zu hören kriegen! Die geplante Gardinenpredigt war im Nu vergessen, als ich die beiden vor mir stehen sah: das chinesische Pendant zu Arnold Schwarzenegger und Danny DeVito. Der eine blickte mir geradewegs in die Augen, was mir mit meiner Körpergröße von eins sechsundfünfzig bei einem Mann selten passierte. Der andere, ein tätowierter Muskelprotz von annähernd zwei Metern, hätte sich wohl bücken müssen, um über meine Schwelle zu treten – wenn ich ihn denn gelassen hätte. »Ich hab nichts bestellt«, grummelte ich und wollte die Tür wieder schließen, da zwängte der Kleine doch glatt den Fuß dazwischen. »Dokto’ Mose’?«, sagte er. »Wi’ sind doch lichtig hie’? Theodo’ Kölne’ Weg 3?« »Mein Mann ist noch in der Ordination.« Mit dem Kopf deutete ich auf unser Nebenhaus. »Theodor Körner Weg 3A. Hier ist unser Wohnhaus: 3B. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas bestellt hat, wir haben schon gegessen.« Dass Hans Helmut chinesisches Essen grundsätzlich verabscheute – »Ratten und Hunde, Schatz! Wir bleiben beim österreichischen Schweinderl« –, brauchten sie ja nicht zu wissen. »Wi’ haben Telmin!« Der Kleine lächelte hintergründig und reckte den Hals. Als der Große ihm von oben zunickte, zog er seinen Fuß zurück. »Velzeihen Sie Stölung. Auf Wiedelsehen, Flau Mose’«, sagte er, verbeugte sich und zog ab. Der Hüne folgte ihm. Ich rannte in die Küche zum Fenster und kurbelte die Rollos hoch. Ich musste sichergehen, dass ich keiner hitzebedingten Fata Morgana aufgesessen war. Aber da waren sie, ganz real. Der Lange nahm nur jede zweite Stufe der Eingangstreppe, der Kleine hastete hinterher. Sie mussten mehrmals klingeln, bis Hans Helmut den Buzzer drückte und die beiden ins Haus ließ. Seltsam. Was die wohl von ihm wollten? Ärztlichen Beistand wohl kaum, er war Frauenarzt! Heute Nachmittag war außerdem keine offizielle Sprechstunde. Hans Helmut wollte »Papierkram erledigen«. Im Klartext hieß das, dass er schlicht und einfach seine Ruhe haben wollte und sich im Büro verkroch, damit ich ihn nicht zu niederen Tätigkeiten im Haus und im Garten vergattern konnte. Auch Vertreter empfing mein Mann ausschließlich während der Ordinationszeiten. Oft ließ er diese lästigen Menschen stundenlang bei mir im Anmeldebereich warten, und ich konnte mir dann ihr fortwährendes Gelaber anhören. Eines war klar: Hans Helmut würde mir den asiatischen Besuch heute Abend erklären müssen. Ich ließ die Rollos wieder herunter und überlegte, ob ich mein Schläfchen fortsetzen sollte. Aber dafür war ich zu aufgewühlt. Ergo konnte ich auch gleich in den Garten gehen. Wie so oft vergaß ich dort eine Zeit lang all meine Sorgen, insbesondere diejenigen chinesischen Ursprungs. Aber wem käme beim Anblick von frisch blühenden Rosen und farbenfrohem Rittersporn schon Kung-Fu in den Sinn, wer würde beim Duft von blauem Lavendel an Tausendjährige Eier denken? Ich schnipselte mich andächtig durch meinen Rosengarten, zupfte Unkraut aus den Gemüsebeeten und Blumenrabatten und zertrat seufzend einige Maulwurfshügel neben den Zucchinipflanzen. Drei Stunden später streifte ich zufrieden meine Gartenhandschuhe ab und freute mich auf den geplanten Nudelsalat, den ich mit frischem Rucola veredeln wollte. Hans Helmut war noch nicht da. Das war ungewöhnlich. Immerhin gab mir das genügend Zeit, um mich etwas zu regenerieren. Ich hüpfte unter die Dusche – was man sich jetzt nicht bildlich vorstellen sollte. Von Hüpfen konnte bei mir schon länger keine Rede mehr sein, das ließen Körpergewicht und Bandscheiben nicht zu. Duschen ging gottlob noch ganz gut. Zurück in der Küche, stellte ich das Nudelwasser auf, wusch die Rauke und hobelte Parmesanblättchen in eine Schüssel – nicht ohne die eine oder andere Kostprobe zu nehmen. Auch von den Mozzarellakügelchen, die ich sorgsam abgegossen hatte, wanderte manch eines in meinen Mund und nicht in die Salatschüssel. Das hatte allerdings schon mehr mit Hunger zu tun als mit Naschen. Wo blieb Hans Helmut nur? Auch ihn trieb der Appetit sonst immer rechtzeitig an den Tisch. Und da fielen sie mir plötzlich wieder ein, diese Chinesen, und ließen augenblicklich meine Phantasie anspringen. Im Ausmalen schrecklicher Szenarien war ich ja schon von Kindesbeinen an Kaiserin gewesen. Wenn Mama spätabends anrief, wähnte ich sie im Knast. Wenn meine pubertierende Tochter sich die Nächte um die Ohren schlug, sah ich sie im Geiste bei einem Lustmolch auf der Couch. Wobei – das hatte leider nichts mit Paranoia zu tun, sondern mit Erfahrung. Dass mir jedoch im Zusammenhang mit Hans Helmuts asiatischem Besuch die Chinamafia einfiel, war wohl eher meinem Faible für Tatort-Krimis und der Sommerlochberichterstattung über die illegalen Teigtascherlfabriken in Wien geschuldet, oder? Um mich abzulenken, machte ich den Fernseher an und ließ mich von einem Experten mit Halstuch beraten, wie ich problemlos durch die Hitzewelle käme: mit warmem Kräutertee. Aha! Den Tipp mit dem Halstuch hatte ich offensichtlich bereits versäumt. Ich schaltete das Gerät wieder aus und holte mir eine eiskalte Cola aus dem Kühlschrank. Zahlreiche Fliegen interessierten sich bereits für meinen Nudelsalat. Aber nicht nur sie. Mein Magen knurrte böse. Außerdem wollte ich unbedingt vor der Primetime mit Essen und Abwasch fertig sein. RTL strahlte heute den ganzen Abend lang Gartensendungen aus, die ich nicht verpassen wollte. Ich überlegte kurz, ohne meinen Mann zu essen, aber das wäre unhöflich gewesen. Zudem zwickte mein Magen nicht nur wegen des Nahrungsmangels. Beim Gedanken an diese Asiaten und die letzten Triaden-Artikel in »News« gab mir mein Bauch nun doch recht deutlich zu verstehen, dass hier etwas verdammt faul war und ich besser nach dem Rechten sehen sollte. Kurzentschlossen schnappte ich mir den Schlüssel für die Ordination vom Brett und lief hinüber. Es war unerträglich stickig im Flur, und wieder einmal verfluchte ich meinen Mann für seinen Geiz. Lediglich im Warteraum und im Behandlungszimmer hatte er sich eine Klimaanlage einreden lassen, und selbst dafür hatte ich mich mächtig ins Zeug legen müssen. »Wenn du diese Investition nicht tätigst, dann werden wir hier bald gar keine Schwangeren oder vom Klimakterium geplagten Patientinnen mehr herumsitzen haben«, hatte ich ihn gewarnt und ihm gleich noch ein paar weitere zu erwartende Einkommenseinbußen vorgerechnet. »Unterschätze den Klimawandel nicht, Hans Helmut!« »Verschone mich mit deinen Kalkulationen!«, hatte er gerufen und sich die Ohren zugehalten. Prozentangaben ertrug er nur in Zusammenhang mit Rabatten. »Du wirst sehen, letztlich werden wir alle krank werden, Schatz. Und wir werden die Klimaanlage gar nicht aufdrehen, weil sich die Patientinnen erkälten. Dann hab ich das Geld unnötig zum Fenster hinausgeworfen.« Seine Einwände bewahrheiteten sich nie. Ich drehte frühmorgens die Anlage auf Automatik und verbot ihm, sie auszuschalten. So hatten wir ein angenehmes, gleichbleibendes Klima für alle, und niemand außer ihm beschwerte sich. Ich öffnete die Haustüre bis zum Anschlag und fixierte sie mit dem Türstopper. Dann riss ich das Gangfenster auf, damit es ordentlich durchziehen konnte. Irgendetwas schepperte. »Hans Helmut!«, rief ich. Keine Antwort. In der Ordination war es finster, also musste er im Atelier sein. Atelier – das klingt etwas hochtrabend. Im Prinzip war es eine kleine Dachwohnung, die wir uns damals eingerichtet hatten, als wir zu Hans Helmuts Eltern ziehen mussten. Die eigentliche Wohnung im Erdgeschoss hatten wir später, nachdem die Alten draußen waren, als Praxisräume adaptiert. Und sobald unser Wohnhaus fertig gewesen war, hatte sich Hans Helmut im Dach seine Werkstatt eingerichtet, um ungestört von Frau und Kind seinem Malhobby zu frönen. Dummerweise hatte er sich, um besseres Licht zu haben, diese Glaswand einbauen lassen und machte den Raum dadurch in der sommerlichen Hitze praktisch unbenutzbar. Aber damals hatten ja höchstens irgendwelche grünen Spinner mit den Folgen globaler Erwärmung gerechnet. Umso mehr wunderte es mich, dass Hans Helmut ausgerechnet heute freiwillig nach oben gegangen war. Dort musste es noch immer mindestens dreißig Grad haben. »Hans Helmut!«, rief ich erneut die Treppe hoch. Antwort kam keine,...


Beate Ferchländer wurde 1961 in Scheibbs, Niederösterreich, geboren. Als Lehrerin verschlug es sie ins Weinviertel, wo sie bis heute mit ihrem Mann lebt. Da sich dort die spannenden Fragen ausschließlich um den Wein drehen, produziert sie seit einiger Zeit Leichen, die sie von biederen Heldinnen entsorgen lässt.

www.beate-ferchlaender.at



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