Fennell | Mit Hunden sprechen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Fennell Mit Hunden sprechen

Mit einem Vorwort von Monty Roberts
14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8437-0786-2
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Mit einem Vorwort von Monty Roberts

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-0786-2
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Monty Roberts war ihr Vorbild, seine Arbeit mit Pferden ihre Quelle der Inspiration. Jan Fennell hat die Methoden des »Pferdeflüsterers« für Hunde adaptiert. Wie Roberts geht es ihr nicht darum, gewaltsam den Willen der Tiere zu brechen, sondern mit Blick auf die Instinkte und das Rollenverhalten der Vierbeiner mit ihnen zu kommunizieren. Unterhaltsam und anrührend beschreibt Englands erfolgreichste Hundetrainerin, wie sie arbeitet, »Problemhunde« therapiert und was die besondere Beziehung zwischen Mensch und Hund ausmacht.

Jan Fennell, erfolgreiche Züchterin und Hundetrainerin, setzt sich für eine gewaltfreie, auf Verständnis basierende Hundeerziehung ein. Sie lebt mit ihrem Partner und ihren Hunden im englischen Lincolnshire. Als Hundeflüsterin ist sie über die Grenzen ihrer Heimat hinaus bekannt.
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Einführung


Ich bin der festen Überzeugung, dass wir aus den Fehlern lernen, die wir im Laufe unseres Lebens machen. Und das muss ich auch sein, denn ich habe in meinen Beziehungen zu Menschen wie zu Hunden mehr als genug davon gemacht. Von all den Lektionen, die Letztere mich gelehrt haben, war keine so schmerzhaft wie jene im Winter des Jahres 1972. Es erscheint mir passend, mein Buch mit der Tragödie von Purdey zu beginnen. Wie Sie gleich sehen werden, ist ihre Geschichte untrennbar mit der meinen verbunden.

Zu jener Zeit war ich verheiratet und zog zwei kleine Kinder auf: meine Tochter Ellie, die im Februar desselben Jahres zur Welt gekommen war, und den damals zweieinhalb Jahre alten Tony. Wir lebten in London, hatten jedoch gerade beschlossen aufs Land zu ziehen, und zwar in ein kleines Dorf in Lincolnshire, im Herzen Englands. Wie so viele Menschen, die das Leben auf dem Lande fasziniert, freuten auch wir uns auf lange Spaziergänge und beschlossen einen Hund als Gefährten mitzunehmen. Wir wollten keinen Welpen kaufen, sondern lieber einen Hund retten. Uns gefiel die Vorstellung, einem Tier, das ein schweres Schicksal hinter sich hatte, ein neues Zuhause zu geben, und so begaben wir uns ins Tierheim. Dort sahen wir diese unheimlich süße, sechs Monate alte, schwarzweiße Mischung aus einem Border Collie und einem Whippet [englischer Rennhund, Anm. d. Ü.]. Wir nahmen sie mit nach Hause und nannten sie Purdey.

Purdey war nicht der erste Hund in meinem Leben. Das war Shane gewesen, ein prachtvoller, dreifarbiger Border Collie, den mir mein Vater geschenkt hatte, als ich dreizehn Jahre alt war und wir im Westen Londons, in Fulham, wohnten. Ich hatte Hunde schon immer geliebt und mir als kleines Mädchen sogar einen imaginären Hund namens Lady ausgedacht. Ich erinnere mich daran, dass meine Großmutter mir den Gefallen tat, sich mit mir und meiner nicht existierenden Freundin zu unterhalten. Ich glaube, dass ich Hunde damals schon so sah wie heute – als Wesen, die unerschütterlich lieben können und absolut loyal sind. Eigenschaften, die man bei Menschen nur ganz selten findet. Shanes Einzug in unsere Familie hatte diese Gefühle bei mir nur noch verstärkt.

Ich bildete Shane zusammen mit meinem Vater aus, und zwar nach der Methode, die Dad schon als Junge bei seinen Hunden angewandt hatte. Dad war ein sanftmütiger Mann, aber er war auch entschlossen, den Hund dazu zu bringen, zu tun, was er sagte. Wenn Shane etwas falsch machte, bekam er einen Klaps auf die Schnauze oder das Hinterteil. Weil ich selbst auch manchmal was hinten drauf bekam, fand ich das in Ordnung. Außerdem war Shane ein äußerst kluges Geschöpf und schien zu verstehen, was wir von ihm wollten. Ich kann mich bis heute daran erinnern, wie stolz ich war, mit ihm im Bus Nummer 74 nach Putney Heath und Wimbledon Common zu fahren. Shane saß die ganze Zeit über ohne Leine neben mir und benahm sich tadellos. Er war einfach ein toller Hund.

Wenn etwas funktioniert, hat man sich schnell daran gewöhnt. Man repariert nichts, was nicht kaputt ist, lautet ein beliebtes englisches Sprichwort. Als wir Purdey bekamen, beschloss ich deshalb die gleiche Methode wie bei Shane anzuwenden und ihr den Unterschied zwischen richtig und falsch mit einer Mischung aus Liebe, Zuneigung und – falls nötig – Gewalt beizubringen.

Zunächst schien dieses Verfahren auch bei Purdey zu funktionieren. Sie benahm sich gut und schien sich leicht in unsere Familie in London einzufugen. Die Schwierigkeiten begannen, als wir schließlich im September jenes Jahres nach Lincolnshire zogen. Unser neues Zuhause hätte kein schärferer Kontrast zum lärmenden, dicht bevölkerten London sein können. Es gab keine Straßenbeleuchtung, die Busse verkehrten nur zweimal wöchentlich, und um zum nächsten Laden zu kommen, bedurfte es einer Vier-Meilen-Wanderung. Ich erinnere mich, wie man mit mir, als ich noch ein Kleinkind war, zum ersten Mal ans Meer fuhr. Ich warf einen Blick darauf und rannte dann wieder den Hügel hinauf, nur fort davon. Als Dreijährige beschrieb ich meinen Eindruck mit den Worten »zu groß genug«, und wenn sie hätte sprechen können, wäre das sicher auch Purdeys Kommentar zu ihrem neuen Zuhause gewesen. Alles schien »zu groß genug« zu sein.

Bald nach unserer Ankunft begann Purdey mit einem Verhalten, das mir damals zwar seltsam, aber in keinster Weise Besorgnis erregend erschien. Sie rannte weg ins Gelände, blieb für Stunden verschwunden und kam dann zurück, nachdem sie irgendwo offenbar viel Spaß gehabt hatte. Sie war auch hyperaktiv und schien von der kleinsten Sache oder dem geringsten Geräusch irritiert. Sie folgte mir auf Schritt und Tritt, was ein wenig lästig ist, wenn man zwei kleine Kinder zu versorgen hat. Ich war nicht glücklich über ihr Streunen. Jeder Hundebesitzer ist schließlich dafür verantwortlich, dass sein Tier keinen Schaden verursacht und niemanden belästigt. Aber schließlich hatte ich mich für diesen Hund entschieden und war entschlossen, das durchzustehen. Ich schuldete ihr den Versuch, ihr zu helfen, zur Ruhe zu kommen. Und genau darauf hoffte ich, als die Ereignisse eine eigene Dynamik entwickelten.

Die erste Ahnung davon, dass etwas nicht in Ordnung sei, bekam ich, als ein einheimischer Bauer zu uns kam. Er sagte mir ganz unverblümt, dass er diesen Hund erschießen würde, wenn es uns nicht gelänge, besser auf ihn aufzupassen. Ich war natürlich am Boden zerstört, konnte ihn jedoch auch verstehen, denn er besaß Vieh. Purdey rannte offenbar zwischen den Tieren herum und versetzte sie in Angst und Schrecken. Also steckten wir sie in unseren riesigen, knapp zwei Quadratkilometer großen Garten, legten sie an eine Leine, die wir wiederum an der Wäscheleine befestigten, sodass sie nicht weit weglaufen konnte. Sie riss aber dennoch aus, sooft sie konnte.

Die Situation wurde an einem kalten Wintermorgen kurz vor Weihnachten noch schlimmer. Ich war gerade mit den Kindern heruntergekommen und absolvierte unser übliches Programm am Beginn eines Tages. Purdey sprang, wie sie es jeden Morgen als Erstes tat, wie verrückt herum. Ich erinnere mich, dass Ellie auf dem Boden herumkrabbelte, während Tony den kleinen Helfer spielte und Wäsche sortierte, die im Wohnzimmer lag. Ich war gerade auf dem Weg in die Küche, um die Fläschchen für die Kinder zu holen, als ich einen lauten Krach hörte. Ich werde nie vergessen, was ich sah, als ich mich umdrehte. Der Hund hatte Tony angesprungen und ihn gegen eine Scheibe der gläsernen Schiebetür geworfen. Überall waren Scherben. Von da an schien alles in Zeitlupe zu passieren. Ich erinnere mich, dass Tony mich mit diesem erstaunten, irgendwie eingefrorenen Ausdruck ansah, während Blut über sein kleines Gesicht strömte. Ich weiß noch, dass ich zu ihm rannte, ihn hochnahm und mir ein sauberes Frotteetuch vom Wäschestapel griff. Aus der Zeit als freiwillige Helferin in der St. John’s Ambulanz wusste ich, dass ich zuerst nach Glassplittern schauen musste. Glücklicherweise waren da keine, und ich presste das Handtuch so fest wie möglich auf sein Gesicht, um die Blutung zu stillen. Dann schloss ich ihn fest in die Arme und suchte nach Ellie, die wundersamerweise ganz still in diesem Meer aus zerbrochenem Glas saß. Ich klemmte sie unter meinen freien Arm, lag auf den Knien und rief um Hilfe. Die ganze Zeit über raste Purdey wie eine Wahnsinnige durch die Gegend, bellte und sprang in die Luft, als ob sie sich ein fantastisches Spiel ausgedacht hätte.

Das war der Albtraum aller Eltern. Als endlich Hilfe eintraf, waren die Freunde und Verwandten sich einig. Tonys Verletzungen waren schrecklich und würden lebenslang Narben hinterlassen. »Dieser Hund ist böse, ein missratenes Tier«, sagten sie. Ich fühlte mich jedoch nach wie vor für Purdey verantwortlich und wollte ihr noch eine Chance geben. Sie brachte sich von Zeit zu Zeit immer mal wieder in Schwierigkeiten, aber wenigstens ein paar Monate lang war es relativ ruhig.

Doch an einem sonnigen Wintermorgen im Februar, kurz vor Ellies erstem Geburtstag, befand ich mich in einer anderen Ecke des Hauses, während Ellie unter den Augen meiner Mutter auf dem Fußboden spielte. In dem Moment, als ich meine Mutter schreien hörte, wusste ich schon, dass etwas passiert war. Als ich ins Wohnzimmer kam, rief meine Mutter: »Der Hund hat sie gebissen. Ellie hat nichts getan und der Hund hat sie gebissen. Er ist durchgedreht.« Ich wollte das nicht glauben. Aber als ich dieses hässliche kleine Loch über Ellies Auge sah, blieb mir gar nichts anderes übrig. In meinem Kopf drehte sich alles. Warum war das geschehen? Was hatte Ellie getan? Wo hatte meine Hundeerziehung versagt? Aber ich wusste auch, dass jetzt keine Zeit mehr für Fragen blieb.

Sobald mein Vater die Neuigkeit erfahren hatte, kam er mich besuchen. Als kleines Mädchen hatte ich ihn von einem seiner Lieblingshunde, einem Altenglischen Schäferhund-Mischling namens Gyp, erzählen hören und davon, wie dieser Hund durchgedreht war. Meine Großmutter hatte versucht ihn vom Sofa zu vertreiben, und er hatte nach ihr geschnappt. In den Augen meines Großvaters war ein Hund verloren, wenn er sich gegen die Hand wendete, die ihn fütterte, also wurde Gyp beseitigt. Mein Vater musste mir das nicht explizit sagen. »Du weißt, was du zu tun hast, mein Mädchen. Wenn sie einmal so weit gegangen sind, gibt es kein Zurück mehr«, sagte er traurig. »Verlier keine Zeit, tu es einfach.« Als mein Mann an jenem Abend nach Hause kam, fragte er: »Wo ist der Hund?« – »Sie ist tot«, antwortete ich. Ich hatte sie am selben Nachmittag zum Tierarzt gebracht und einschläfern lassen.

Lange Zeit glaubte ein Teil von mir, mit Purdey das Richtige getan zu haben. Doch zugleich hatte ich...


Fennell, Jan
Jan Fennell, erfolgreiche Züchterin und Hundetrainerin, setzt sich für eine gewaltfreie, auf Verständnis basierende Hundeerziehung ein. Sie lebt mit ihrem Partner und ihren Hunden im englischen Lincolnshire. Als Hundeflüsterin ist sie über die Grenzen ihrer Heimat hinaus bekannt.



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