Eschstruth / Schulze | Hazard | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 446 Seiten

Reihe: Klassiker bei Null Papier

Eschstruth / Schulze Hazard

Komplettausgabe beider Bände
Überarbeitete Fassung
ISBN: 978-3-96281-086-3
Verlag: Null Papier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Komplettausgabe beider Bände

E-Book, Deutsch, 446 Seiten

Reihe: Klassiker bei Null Papier

ISBN: 978-3-96281-086-3
Verlag: Null Papier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Neue Deutsche Rechtschreibung Nataly von Eschstruth war eine deutsche Schriftstellerin und eine der populärsten und berühmtesten Erzählerinnen der Gründerzeit. Null Papier Verlag

Nataly von Eschstruth (1860-1939) war eine deutsche Schriftstellerin und eine der populärsten und berühmtesten Erzählerinnen der Gründerzeit. In ihren unterhaltsamen Romanen schilderte sie eingängig das Leben einer höflichen Gesellschaft, wie sie es aus eigener Erfahrung gelernt hatet.
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Erstes Kapitel



»Ein Veilchen auf der Wiese stand,
in sich gebückt und unbekannt:
Es war ein herzig Veilchen!«

Ein köstlicher Septembertag! – Der Himmel spannt sich weit und fleckenlos über die Ebene in einem wunderlichen Farbengemisch von Grau und Blau, welches trotz seiner Klarheit aussieht, als zittere ein ganz feiner Dunstschleier darüber hin. Nach dem Horizonte zu färbt sich derselbe gelblich. –

Über den Stoppelfeldern schwirren die Lerchen und Staare, schwankt hie und da noch eine nachgewachsene Kornblume wie ein treues Sternchen, welches über dem Grab des Sommers Wache hält. – Ein paar gelbe Lupinenäcker ziehen sich wie ein Teppich mit grell abstechendem Rand noch an dem flachen Hügel empor, und seitwärts liegen in graubraunen Schwaden die gemähten Erbsen, in deren starrem Stroh es geheimnisvoll raschelt, wenn ein eiliges Feldmäuslein hindurch huscht. – Der Wald, welcher sich jenseits der Chaussee mit kurzen Unterbrechungen hinzieht, hat sich nur wenig gefärbt. Ein paar Eichenwipfel schauen wie gebräunte Gesichter über die junge Tannenschonung, und die Linden an der Fahrstraße streuen vereinzelte gelbe Blätter; zeitweise ragt wohl auch ein Birkenbäumchen mit falbem Laub aus dem unverändert tiefschattigen Buchengrün.

Eine unbeschreibliche, sonntäglich feierliche Ruhe liegt über dem Land, über den kleinen morastigen Teichen, welche in häufiger Wiederkehr die Eintönigkeit der Waldlisiére unterbrechen, über dem Dörfchen, welches sich fernab mit roten Dächern und glockenförmigem Kirchturm im Grünen versteckt, und über der Schafheerde, welche wie aufgestelltes Puppenspielzeug auf bräunlicher Hude weidet. – Die Chaussee hebt sich mehr und mehr einem Vorwerk entgegen, welches auf mäßiger Anhöhe, wie ein freundlicher Wächter sein Gebiet überschaut.

Hufschlag erklingt, – wie ferner Donner rollt es in flottestem Tempo die Fahrstraße entlang.

Ein Spitzreiter in keckem Jockeykostüm, mit der Cocarde in den Farben des Großherzogtums an der Mütze und der kurzstieligen Fantasie-Peitsche in der Hand, jagt auf schlankem Goldfuchs drei Hofequipagen voran, welche in knappen Distanzen, nur wenige leichte Staubwolken hinter sich zurücklassend, dem Vorwerk entgegen sausen.

Vier überaus reich geschirrte Rosse, vom Sattel aus gelenkt, schnaufen vor dem ersten der Wagen, welcher Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzogin Rudolphine Alexandrowna und die Erbgroßherzogin Margarethe in lichtgrauen Seidenplüschpolstern aufgenommen hat.

Auf dem Rücksitz ist der Ehrendame der Großherzogin, Gräfin Molay, der vielersehnte Platz angewiesen worden, dieweil ihr Gemahl, der Kammerherr, die nachfolgende Equipage der beiden Hofdamen bestiegen hat.

Zuletzt fährt die Hofdame der Erbprinzessin, Fräulein Fides Wolff von Speyern in Begleitung des Baron Olivier von Nennderscheidt und des Reisemarschalls, Excellenz von Wolter.

Hier ist die Unterhaltung am animiertesten. Excellenz ist etwas schwerhörig und beständig in zitternder Angst, ein Wort des Gespräches zu verlieren; mit halboffenem Mund und dem stieren Ausdruck »geistiger« Gier, sitzt er vornübergebeugt, um dem »tollen Junker« die Worte von den Lippen zu lesen.

Und Olivier trägt fast allein die Kosten der Unterhaltung, obwohl Fräulein von Speyern voll seltener Lebhaftigkeit die Fäden des Themas lenkt und ausspinnt.

Ihr stolzes, regelmäßiges Antlitz verschmäht es, einen Schleier zu tragen und der Windzug, welcher sich vergeblich bemüht, die schweren, schlicht in die Stirn gelegten Haarwellen zu zerzausen, begnügt sich damit, das sonst etwas bleiche Antlitz mit warmem Rot zu überhauchen.

Es fällt Nennderscheidt auf, wie trefflich es ihr steht, wie die grauen Augen plötzlich einen Glanz haben, den er zuvor nicht an ihnen gekannt. Er hat just von seiner Passion für solche Fahrten durch herbstlich Land gesprochen, von feinem Vorsatz, stets den Aufenthalt auf seinem Schloss zu nehmen, sobald der Wind über die ersten Stoppeln weht, – natürlich, wenn er erst verheiratet sei. – eine Solopartie auf dem Lande sei entsetzlich.

Und dabei hatte er Fräulein von Speyern so lachend in die Augen geschaut, dass sie ihren Sonnenschirm jäh gesenkt hatte, als blende sie urplötzlich die Sonne, deren Strahlen doch die Lindenbäume mit dichtem Laubdach abwehrten. –

»Bis Sie einmal heiraten, Herr von Nennderscheidt, haben Ihre Passionen längst die Farbe gewechselt; man sagt ja, der Geschmack ändere sich alle sieben Jahre.«

Olivier strich amüsirt den blonden Schnurrbart. »Und zu einer etwas früheren Heirat bekomme ich nicht Ihren Consens?«

Fides schüttelte lächelnd den Kopf; ein wunderlicher Ausdruck beherrschte ihre Züge, halb Regen und halb Sonnenschein.

»Die Ehe ist ein Hazardspiel, Herr von Nennderscheidt, bei welchem sämmtliche Karten blind gezogen werden, denn wenn Sie selbst im günstigsten Fall wissen, ob Sie Herz oder Schellen in der Hand haben, der feine glitzernde Schleier der liegt doch darüber ausgebreitet, welcher Ihnen verbirgt, ob sie die Hoffnungen erfüllt, welche darauf gesetzt sind. Sie sind nun ein ungestümer und wagehalsiger Spieler. Baron; wenn Sie verloren haben, werfen Sie die Karten ungestüm auf den Tisch, zahlen Ihr und Sie sind frei wie zuvor. In dem Hazard der Ehe aber heißt es – Die Parthie, welche Sie darin begonnen haben, hat kein Ende, und die Karte, welche Sie gezogen, gleich viel, ob sie Glück oder Unglück bringt, ist mit tausend unsichtbaren Ketten an Ihr Schicksal geschmiedet. Würden Sie jemals die Geduld haben, Ihr Leben lang Bank zu halten, selbst wenn Ihnen jede neue Enttäuschung sagte, dass Sie rettungslos – verspielt haben?« –

Excellenz Wolter nickte mit offenem Munde Beifall, die junge Dame aber dabei anstarrend, als dächte er im tiefsten Herzen: »Eine, die nicht angelt?! O ewiges miraculum!!«

Olivier drückte das Kinn auf den kostbaren Knopf seines kleinen Spazierstockes und blickte Fräulein von Speyern lächelnd, mit leicht zusammen gekniffenen Augen an.

»Wie kann ein Mann verspielen, der auf Cœurdame setzt!«

»Der welcher tatsächlich die Cœurdame gewinnt, hat ein seltenes Glück!« –

Die klare Stimme der Hofdame klang etwas verschleiert, und die Sonne, welche durch die jetzt weiter stehenden Linden schien, malte das...



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