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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 360, 64 Seiten

Reihe: Alpengold

Eschbach Alpengold 360

Macht euch nicht das Leben schwer!
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7517-2172-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Macht euch nicht das Leben schwer!

E-Book, Deutsch, Band 360, 64 Seiten

Reihe: Alpengold

ISBN: 978-3-7517-2172-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Jetzt ist Schluss! Diesmal hat der sture Alte seine Streitsucht und Rechthaberei zu weit getrieben! Aber Michael ist mindestens so starrköpfig wie sein Großvater, der leider auch sein Lehrherr und sein Chef ist. Und daher hat der fesche Bursch beschlossen, endgültig zu gehen. Für immer! Egal wohin! Alles wird er verlassen - die Heimat, die geliebte Schmiede, und vor allem diesen unversöhnlichen Alten, der ihm den ganzen Ärger eingebrockt hat! Alles!
Michael erstarrt. Wie ein Dolch geht es ihm durchs Herz. Alles? Auch Daniela? Dann wird er sie ja nie wiedersehen, dieses wunderschöne, fremde Mädchen, über das die seltsamsten Gerüchte umgehen und dem er eigentlich so viel zu sagen hätte ...

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Macht euch nicht das Leben schwer!

Heimatroman um eine fast verspielte Liebe

Von Lothar Eschbach

Jetzt ist Schluss! Diesmal hat der sture Alte seine Streitsucht und Rechthaberei zu weit getrieben! Aber Michael ist mindestens so starrköpfig wie sein Großvater, der leider auch sein Lehrherr und sein Chef ist. Und daher hat der fesche Bursch beschlossen, endgültig zu gehen. Für immer! Egal wohin! Alles wird er verlassen – die Heimat, die geliebte Schmiede und vor allem diesen unversöhnlichen Alten, der ihm den ganzen Ärger eingebrockt hat! Alles!

Michael erstarrt. Wie ein Dolch geht es ihm durchs Herz. Alles? Auch Daniela? Dann wird er sie ja nie wiedersehen, dieses wunderschöne, fremde Mädchen, über das die seltsamsten Gerüchte umgehen und dem er eigentlich so viel zu sagen hätte ...

»Du hast schon wieder mein Bier vergessen«, brummte der Steiner-Korbinian seine Tochter an.

Er saß vor seiner Nagelschmiede, den Lederschurz hatte er abgebunden und beäugte kritisch das Tablett mit der Brotzeit, das die Franziska vor ihn hingestellt hatte.

»Gibt's etwa schon wieder Leberkäs'? Hast keinen Schinken nimmer? Allerweil Leberkäs', der hängt mir schon zum Hals heraus.«

»Aber du hast doch gestern Abend gesagt, dass du ...«

»Gesagt, gesagt. Ich sag' viel, wenn der Tag lang ist«, unterbrach der alte Nagelschmied seine Tochter. »Jetzt bist du schon siebenundvierzig, da könntest du doch endlich wissen, was ich mir zur Brotzeit wünsche.«

Die Franziska rannte ins Haus, das leicht geduckt in der Talmulde, ein Stückerl außerhalb von St. Emeran, an die älteste Nagelschmiede im Hindelanger Tal angebaut war.

Seit anno1649 saßen die Steiners an derselben Stelle im Tal. Es war nicht nur die urkundlich älteste Nagelschmiede der Gegend, es war seit nunmehr dreißig Jahren auch die einzige.

Der Steiner schmiedete vornehmlich Kunstnägel, die immer einen guten Absatz fanden. Sein Freund, der Wagner-Josef, der in Hindelang ein Eisen- und Haushaltswarengeschäft betrieb, hatte den Handel und den Vertrieb übernommen.

Die Nägel aus der Grundschmiede von St. Emeran waren begehrt und berühmt. So berühmt wie der Nagelschmied Korbinian Steiner, der den Meistertitel zu Recht trug und mit seinen zweiundsiebzig Jahren noch lange nicht daran dachte, die Schmiede seinem Enkelsohn Michael zu übergeben.

Franziska kam mit einer Bierflasche in der Hand zurück.

»Na also«, knurrte der Steiner, »allerweil must du was vergessen. Ich weiß net, wo du immer deine Gedanken umeinanderträgst.«

Unter den noch tiefschwarzen, buschigen Brauen blitzten seine dunklen Augen hervor. Vorwurfsvoll, seit mehr als zwanzig Jahren. Denn der sittenstrenge Steiner hatte es seiner einzigen Tochter noch immer nicht vergessen, dass sie den Michael »unehelich geboren« hatte und sich bis heute standhaft weigerte, den Namen des Vaters zu nennen.

Nein, leicht hatte es der Steiner seiner Tochter nicht gemacht. Sie hatte für ihren Fehltritt arg büßen müssen. Dabei war der Michael zu einem jungen Mann herangewachsen, wie man sich ihn nicht besser wünschen konnte.

Auch der Großvater nicht, und dessen Ansprüche wurden nicht gerade klein geschrieben.

Großvater und Enkel verstanden sich ausgezeichnet. Sie hatten ein fast freundschaftlich zu nennendes Verhältnis zueinander, auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren.

Michael, der das Handwerk seines Großvaters von der Pike auf erlernt hatte, wollte mehr aus seinem Beruf machen. Aber das ließ der alte Steiner nicht zu.

Die Begründung für seine Einstellung war kurz und bündig: »Wir Steiners schmieden seit mehr als dreihundert Jahre Nägel. Wir sind dabei wohlhabend geworden. Warum sollen wir was ändern?«

»Setz dich her zu mir, Franzi«, sagte er auf einmal mit ungewohnter Milde zu seiner Tochter. »Magst net ein bisserl was mitessen? Bist arg mager geworden in letzter Zeit. Hast was auf dem Herzen, Madl?«

Franziska schüttelte den Kopf. »Ich hab nix, Vater«, erwiderte sie leise. »Es ist alles recht so. Ich bin zufrieden mit meinem Leben.«

»So? Wirklich?«, fragte er und warf ihr einen forschenden Blick zu. Aber damit war sein Interesse für seine Tochter schon wieder erlahmt. Ihn plagte ein ganz anderes Problem, das er mit seiner Tochter besprechen wollte, weil sie gerade so hübsch allein waren.

»Sag mal, Franzi, meinst du net auch, dass sich der Michael nach einer Frau umschauen sollte?«, begann er. »Er ist zwar erst fünfundzwanzig, der Bub. Aber für dich wäre es auch gut, wenn du eine Hilfe im Haus bekommen würdest.«

Die Franziska blickte ihren Vater erstaunt an. »Seit wann interessiert es denn dich, ob ich mit der Arbeit zurechtkomme?«

»Du bist ein bisserl schmal geworden in letzter Zeit. Und graue Haare kriegst du auch schon«, fügte er mitleidslos hinzu.

»Ich bin gesund«, erwiderte Franziska und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Und beschwert hab ich mich noch nie über mein Leben.«

»Wirst auch keinen Grund haben«, sagte der Steiner, wobei das Grollen in seiner Stimme unüberhörbar war. »Aber wir wollen net über die alten Geschichten schwätzen.« Ihm genügte es, dass er die »alten Geschichten« erwähnt und seiner Tochter ins Gedächtnis zurückgerufen hatte. Er sorgte schon dafür, dass seine Franziska nicht übermütig wurde!

»Ja, also, um auf den Michael zurückzukommen, meinst du net, dass sich da mit der Burgl von meinem Freund Wagner was zusammenspinnt?«

»Ich weiß net.«

»Natürlich weißt du's net! Ich mein' ja bloß, weil die beiden doch im Winter allerweil beim Skifahren zusammengesteckt haben.«

»Dreimal«, erwiderte die Franziska. »Mehr Zeit hast du ihm ja net gelassen.«

»Der Bub muss sich bei mir net überarbeiten«, verteidigte sich der alte Steiner, kam aber gleich wieder auf sein Thema zurück. »Die Burgl wär' mir grad' recht fürs Geschäft. Sie beherrscht die Buchführung und schmeißt den ganzen Vertrieb bei ihrem Vater. Sie ist ein nettes Dirndl, schaut hübsch aus, und brav ist sie auch«, fügte er mit einem Seitenblick hinzu, wobei er sie schon zum zweiten Mal daran erinnerte, dass die Franziska eben nicht so brav gewesen war in ihrer Jugend.

»Ich kann ja mal mit dem Buben darüber reden«, meinte die Franziska, nicht eben begeistert.

»Falsch, ganz falsch!« Ihr Vater winkte ab. »Das muss diplomatisch eingefädelt werden. Das ist nix für dich. Da bist du zu geradeheraus. Ich hab mir gedacht, dass ich den Michael ein bisserl auf den richtigen Weg führen könnte.«

»Was du halt für den richtigen Weg hältst, Vater. Ein bisserl eine Liebe muss schon auch dabei sein.«

»Damit kannst du mir aufhören. Als ich meine Maria geheiratet habe, haben wir uns kaum gekannt. Von einer Liebe war da gar keine Rede nicht. Und? Haben wir nicht eine vorbildliche Ehe geführt? Hast du je ein böses Wort gehört, das ich zu deiner Mutter gesagt habe?«

»Nein.«

»Da siehst es«, triumphierte ihr Vater. »Die Liebe kommt in der Ehe. Und das wäre beim Michael und der Burgl genau dasselbe. Also abgemacht! Der Michael heiratet die Burgl. Mit ihrem Vater hab ich schon darüber geredet. Er tät' sich freuen, hat er mir versichert.«

Da erlaubte sich die Franziska einen vorsichtigen Einwand.

»Das glaub' ich ihm schon, deinem Freund Wagner. Der spekuliert doch bloß auf dein Geld. Man redet im Ort, dass er ein bisserl über seine Verhältnisse leben soll.«

»Papperlapapp, das ist alles nur Geschwätz, weil die Leute neidisch sind auf ihn. Der Josef steht solide da, und dass er zwei Hypotheken aufgenommen hat, das sagt gar nix bei seinem Umsatz. Heute muss man investieren, wenn man net hinterher hinken will.«

»Kann ich zusammenräumen, Vater?«

»Nein«, raunzte er zurück. »Du siehst doch, dass mir der Leberkäs' schmeckt. Das Bröckerl ess' ich noch. Das wirst du mir doch gönnen.«

Zum ersten Mal lächelte die Franziska. Aber sie wandte dabei den Kopf zur Seite, dass es ihr Vater nicht merkte. Denn sie erinnerte sich noch sehr genau an seine Worte: »Schon wieder Leberkäs'?«

Der alte Steiner konnte tüchtig essen. Das Stückerl Leberkäs' war mehr als ein Pfund gewesen. Dazu hatte er vier Laugenbrezeln vertilgt und drei Pfeffergurken.

Der Korbinian Steiner war ein Mann wie ein Baum. Sein Alter sah ihm keiner an. Und arbeiten – das würden ihm auch seine Feinde bestätigen, wenn er welche hatte –, arbeiten konnte er für zwei. Da saß jeder Schlag mit dem Hammer präzise auf dem richtigen Punkt. Und wenn Hochbetrieb war, stand er auch mal vierzehn Stunden in der Schmiede und ließ den Hammer auf den Amboss runtersausen, dass der Michael Mühe hatte, mit dem Tempo seines Großvaters mitzukommen.

»Dann sind wir uns also einig, Franzi«, sagte er und versuchte dabei ein bisserl...



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