Esch In Adelskreisen - Folge 30
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8387-5630-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein Prinz mit Schwächen
E-Book, Deutsch, Band 30, 64 Seiten
Reihe: In Adelskreisen
ISBN: 978-3-8387-5630-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lilo Martens fühlt sich ausgesprochen unwohl, als sie das hochelegante Juweliergeschäft betritt, denn die Preise der Schmuckstücke, die hier ausliegen, verschlagen ihr förmlich den Atem. Doch sie ist ja nicht gekommen, um etwas zu kaufen, sondern um ihre Perlenkette neu knüpfen zu lassen. Noch jemandem verschlägt es an diesem Morgen in dem exklusiven Juweliergeschäft den Atem: Achim Prinz von Steinbrücken. Eine solche Schönheit wie diese junge Frau ist ihm noch nie begegnet - mit so wundervollem blondem Haar und diesen strahlend blauen Augen, fast wie eine Märchenfee in der rauen Wirklichkeit. Aber genauso feengleich entschwindet die Unbekannte auch wieder, und Prinz Achim beginnt mit der aufregenden und überraschungsreichen Suche...
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»Gib dir keine Mühe!«, sagte Achim Prinz von Steinbrücken zu seinem Vetter, dem Gastgeber des heutigen Festes. »Ich bringe Alicia nach Hause!« Damit legte er der eleganten jungen Dame, die bestimmt noch einige der anwesenden Herren heimbegleitet hätten, ihren ebenso schönen wie teuren Abendmantel aus schwarzem Organza um die bloßen Schultern und schob sie mit sanftem Druck vor sich her. Sein Vetter zuckte die Schultern und resignierte. »Keinen Schimmer, was er seinem Gastgeber schuldig ist«, murmelte er laut genug, sodass die beiden es noch hören konnten, und wandte sich dann seinen übrigen Gästen zu, die, der Morgen dämmerte bereits, sich alle zum Aufbruch entschlossen hatten, jedenfalls jene, die nicht in den zahlreichen Gästezimmern des geräumigen Schlosses untergebracht werden konnten. »Danke, dass du mich gerettet hast!«, meinte Alicia lachend, als sie neben Achim in dessen Sportwagen saß. Sie war eine sehr aparte, dunkle Schönheit. Das schwarze Haar und den elfenbeinfarbenen Teint hatte sie von ihrer italienischen Mutter, einer Contessa Gabrine, geerbt. Die hellgrünen Augen ihres Vaters, des Fürsten Hochfelden, bildeten dazu einen aufregenden Kontrast. Freilich blickten Alicias Augen nicht so kalt wie die des arroganten Fürsten und auch nicht so hart wie die der überaus standesbewussten Mutter. Alicia war schön, klug, selbstbewusst und von einem heiteren Temperament – es war somit kein Wunder, dass die jungen Herren aller Stände ihr zu Füßen lagen, die jungen Damen ihres Standes sie dagegen ablehnten. Ins Gesicht hinein tat man der Tochter des Fürsten Hochfelden natürlich nur schön! Die Mädchen aus weniger vom Glück begünstigten Familien bewunderten und beneideten sie ein wenig. »Wieso gerettet?«, erkundigte sich Prinz Achim amüsiert. Er fuhr keine fünfzig Stundenkilometer, lenkte mit der Linken und hatte die Rechte wie zufällig auf die Lehne von Alicias Sitz gelegt. »Der Erbgraf Hohenkammer ist doch eine blendende Partie – sogar für jemanden wie dich.« »Ach, weißt du, ich finde ihn langweilig«, stellte Alicia wenig beeindruckt fest. »Ich kenne viele, die das nicht stört«, erwiderte Achim schmunzelnd. »Eben. Soll er eine von denen nehmen«, lautete ihr vergnügter Kommentar, und jetzt lachten sie beide. »Das macht mir Hoffnung«, begann Achim nach einer kleinen Pause. »Bitte nicht!«, unterbrach Prinzessin Alicia hastig. »Ich habe heute sage und schreibe drei Anträge bekommen. Das reicht mir!« »Und? Alle abgelehnt?« Achim war über die Abfuhr keineswegs gekränkt. Er mochte die schöne Alicia, flirtete fürs Leben gern mit ihr, und er hätte auch nichts dagegen gehabt, sie zu heiraten. Sicher wäre ihre Ehe sogar gut gegangen, schließlich waren sie in der gleichen Umgebung aufgewachsen. Es sprach also alles dafür – bis auf eine Tatsache: Verliebt war er nicht in sie. Trotzdem interessierte es ihn, wer ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte. »Um wen handelte es sich? Und auf was wartest du noch? Du bist doch schon achtundzwanzig!« »Klar. Eine alte Jungfer!«, erwiderte die Prinzessin ungerührt. »Trotzdem brauchst du dich meiner nicht zu erbarmen. Ich fühle mich ganz wohl …« »Alicia, wenn du keine Heiratsanträge willst, dann darfst du dich auch nicht so verführerisch anziehen.« Er spielte damit auf das aufregende Modellkleid an, das die Prinzessin trug. Es war aus auberginefarbenem Seidentaft. Ein schulterfreies, eng anliegendes Oberteil mit Spaghettiträgern, ein modisch kurz geraffter Tulpenrock. Zwei Rosen aus schwarzem und auberginefarbenem Organza lenkten den Blick auf ihre bemerkenswert hübschen Knie, und zwei kleinere Rosen in den gleichen Farben schmückten ihr hochgestecktes, dunkles Haar. Dazu trug die Prinzessin schlichte Brillantboutons in den Ohren, passende Ringe an den schlanken Fingern und ein Armband aus Brillanten. Der Clou war aber zweifellos ihre Perlenkette. Erbsengroße Orientperlen mit traumhaftem Lüster lagen um ihren Hals. Jede Einzelne von ihnen war ein Vermögen wert. »Ich ziehe mich zu meinem eigenen Vergnügen an!«, behauptete Alicia. »Und ich kann nicht wie eine Vogelscheuche herumlaufen, nur weil sich irgendwelche bleichsüchtigen Knaben sonst in meine Perlen oder Diamanten vergaffen.« »Na-na-na!«, wehrte Achim ab. »Außer deinen Klunkern hast du auch sonst noch ein paar ganz nette Dinge zu bieten!« Er hielt den Wagen an und parkte ihn am Straßenrand, um sich seiner aufregenden Begleiterin besser widmen zu können. »Ach, Achim«, seufzte Alicia. Aber es klang nicht unbedingt abweisend, nur halbherzig. Schließlich war die Sommernacht so herrlich lau – geradezu italienisch! – der Himmel war mit Sternen wie mit Diamanten besetzt. So wehrte sich auch Alicia nicht, als Achim nun näher rückte und sie in die Arme nahm und erst vorsichtig und abwartend, wie sie wohl reagierte, zu küssen begann. Da der Prinz diese Kunst beherrschte und auch beim besten Willen nicht als bleichsüchtiger Knabe bezeichnet werden konnte, gab sich Alicia dem Augenblick hin und erwiderte seine Küsse. Achim wurde drängender und zärtlicher, Alicia gab nach – bis plötzlich mit einem Ruck durch eine ungeschickte Bewegung des Prinzen, ihre Perlenkette riss. Damit war auch die Stimmung zerrissen, und zwar restlos. »Du Idiot! Benimmst dich wie ein Anfänger!«, ärgerte sie sich. »Jetzt müssen wir die Perlen suchen, fünfunddreißig Stück sollen es sein! Oh, Himmel! Und ich wollte morgen Abend in Urlaub fahren und die Kette natürlich mitnehmen. Ich bin zu einigen großen Bällen in Rom eingeladen – ach, Achim, wie kannst du nur so ungeschickt sein!« Achim war ehrlich zerknirscht. »Tut mir irre leid, Alicia«, entschuldigte er sich immer wieder, während er mit der Taschenlampe in dem reichlich engen Wagen herumleuchtete und die Perlen einsammelte. »Sind es alle? Fehlt noch eine?« »Zwei fehlen noch!«, lautete die ziemlich mürrische Antwort. Mit einem Seufzer und neuerlichen Entschuldigungen kroch er wieder unter die Sitze und hatte endlich auch die letzten zwei fehlenden Perlen gefunden. »Verzeih!« »Davon habe ich nichts! Ich wollte in Rom unwiderstehlich schön sein …« »Das bist du sowieso!«, versuchte er sie zu trösten. »Deine Verwandten kennen in Italien doch bestimmt jemanden, dem man die kostbaren Perlen anvertrauen kann, ohne befürchten zu müssen, dass er sie gegen weniger wertvolle vertauscht.« Alicia warf ihm einen seltsamen Blick zu. Dann meinte sie: »Nein, einem Juwelier, den ich nicht persönlich kenne, vertraue ich die Perlen nicht an. Du weißt, die Kette stammt von meiner Großmutter, einer russischen Großfürstin. Sie gehörte einstmals zum privaten Vermögen des Zaren. Ach, es ist ein Jammer!«, schloss sie und betrachtete die Perlen, die lose in ihrem Schoß lagen. »Hör zu«, Achim hatte eine Idee, »ich bringe sie morgen früh zu Herterich. Du kennst ihn doch? Wir bringen seit Generationen alle unsere Sachen zu diesem Juwelier und kaufen auch dort ein.« »Ich weiß. Wir auch. Aber ob er Zeit hat? Mein Flugzeug geht gegen sechs Uhr abends.« »Er wird Zeit haben. Das verspreche ich dir!« »Hm. Nun ja. Du kannst es immerhin versuchen. Aber du musst die Kette hinbringen und auch wieder abholen, denn ich bin morgen mit Reisevorbereitungen beschäftigt.« »Liebste, schönste, Alicia, das bin ich dir nach allem doch schuldig«, fand Achim. »Da bin ich völlig deiner Meinung«, stimmte Alicia kühl zu, und als er Anstalten machte, die Knutscherei fortzusetzen, weil jetzt ja alles geklärt war, schob sie ihn freundlich, aber bestimmt zurück. »Danke, nein! Ich bin nicht in Stimmung!« Achim schluckte. So kalt abgefertigt zu werden, war er nicht gewohnt. »Na hör mal! Du warst doch eben …« »Eben! Nicht jetzt!« Dann lächelte sie ihm versöhnlich zu. »Versteh mich doch, Achim. Ich mag dich ausgesprochen gern. Dazu kommt die wunderschöne Nacht – nun ja – aber mehr ist es bei mir nicht und bei dir auch nicht. Und die Sache mit der Kette hat mir die Stimmung verdorben.« »Aha«, knurrte Achim und ließ den Motor an. »Ich bin für dich also auch einer der bleichsüchtigen Langweiler, oder wie du dich auszudrücken pflegst!« Alicia lachte. »Ist der Herr in seiner männlichen Eitelkeit gekränkt? Nun, ich bin gern bereit, dir zu versichern, dass du nicht zu dieser Kategorie gehörst. Schließlich bist du mit deinen einunddreißig auch kein Knabe mehr.« »Die anderen sind auch nicht alle jünger!« »Sicher nicht. Aber sie sind noch immer so unfertig, abhängig von den Vorurteilen ihrer Eltern.« »Was höre ich da aus deinem fürstlichen Munde?«, zog Achim sie grinsend auf. »Ach was, hör auf mit deinem Spott! Was ich mir heute wieder an Pauschalurteilen habe anhören müssen, es dreht mir den Magen um: Alle Bürgerlichen sind spießig. Alle Künstler sind Kommunisten und moralisch haltlos.« »… und der gesamte Adel ist bildschön, hochintelligent und hochinteressant.« »… und etwaige Degenerationserscheinungen sind liebenswerte Macken!« Jetzt lachte Alicia wieder. »Ich weiß, Achim, du bist nicht so albern, aber trotzdem: Bringe mich heim. Dann versichere ich dir auch, dass, wenn ich mich in einen standesgemäßen jungen Mann verlieben würde, bestimmt du es wärest.« ...