Ernst | Bangkok ist selten kühl. Kriminalroman | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 220 Seiten

Ernst Bangkok ist selten kühl. Kriminalroman


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-95764-120-5
Verlag: Hallenberger Media Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 220 Seiten

ISBN: 978-3-95764-120-5
Verlag: Hallenberger Media Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Privatermittler Fabian wird vom Hamburger Anwalt Dr. Becker beauftragt, den Schwiegersohn eines renommierten Tierarztes in Bangkok ausfindig zu machen. Tage zuvor war dieser aus einer deutschen Privatklinik entflohen und nach Thailand geflogen.
Als Fabian den Gesuchten in Bangkok tatsächlich findet, ist sein Auftrag eigentlich erledigt. Doch dann merkt er, dass ein Killer auf den Mann angesetzt ist, und er begreift, dass man ihm den wahren Zweck seiner Reise verschleiert hat... Fabian beschließt, die Hintergründe auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei gerät er in ein perfides Geflecht aus Korruption und üblen Machenschaften. Er stößt auf einen mörderischen Frischfleischskandal, aber als er begreift, wo die Verbindung zu dem geplanten Auftragsmord liegt, wartet noch eine andere, viel größere Herausforderung auf ihn...

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1


Dass ich in die Sache reingeriet, liegt an Max. Max lebt in Hamburg-Harvestehude und müsste inzwischen sieben sein. Vor etwas über einem Jahr habe ich ihn entführt, aus Sydney, über Bangkok. Der geschiedene Gatte hatte ihn sich beim Auszug aus der gemeinsamen Wohnung angeeignet. Da ihre Ehe kinderlos geblieben war, hing meine Auftraggeberin umso mehr an ihm. Ich fand für sie heraus, dass Max inzwischen in Australien wohnte, zusammen mit dem Ex und einer brasilianischen Tänzerin, die ungefähr dreimal so alt war wie der vermisste Rüde. Als er an einem sonnigen Morgen durch Wooloomooloo spazierte, lief Max mir zu beziehungsweise der läufigen Hündin hinterher, die ich von einem Züchter aus Rockdale geborgt hatte. Acht Tage später tollte er wieder an der Alster. Die einzige Hürde waren die Dokumente. Bis Max meinen Weg kreuzte, hatte ich keinen Schimmer, wie viele Impfzeugnisse ein Dobermann braucht, bevor er sich ins Flugzeug setzen darf.

Nach dem Studium bin ich jahrelang Taxe gefahren. Nachts, dann sind die Straßen leer. Ich hasse es, im Stau zu stehen, während hektisch hechelnde Fahrgäste über alternative Routen spekulieren, weil sie sich für besonders gewieft halten und unterstellen, man verplempere gezielt ihre Zeit. Doch auf die Dauer ödete mich auch das nächtliche Kutschen an. Vor einigen Jahren, als die Sache mit der Made passiert war, brachte mein Freund Axel mich auf die Idee. Ich inserierte. Bei den ersten Jobs hatte ich mehr Glück als Verstand, aber mit der Zeit lernte ich dazu. Nach einer Weile sprach sich herum, dass es mich gab und ich so diskret wie zuverlässig lieferte.

Ich bin eine Art Wiederbeschaffer. Geht einem etwas flöten, das ihm teuer ist, hole ich es zurück, seien es Papiere, Perserkatzen oder Porsches. Ich springe ein, wo Behörden schlafen oder schlampen, liefere unbürokratisch, zügig und einigermaßen legal. Ich koste nie mehr, als meine Klienten zahlen können. Der Bedarf ist überraschend groß. Dinge haben einen immer größeren Hang zur Mobilität. Ich kann davon leben, auch wenn sich zwei Drittel der Anfragen von vornherein erübrigen. Ich bin weder Leihmuskel noch treibe ich Schulden ein, zumindest nur selten. Es gibt Grenzen - der Moral, des Geschmacks und meiner Geldgier.

Das wusste Becker nicht. Er wusste nur von Max. Und dass ich mindestens schon einmal in Bangkok gewesen war.

Er rief an einem verregneten Mittwochvormittag an.

Ich lag gerade in der Badewanne, sinnierte über norddeutsches Wetter und protestantischen Charakter, als der schwarze Selbstanschließer von 1929 schrillte und mich so nackt wie nass ins schlecht geheizte Dasein riss. Ein soignierter Bariton mit dezentem Hamburger Akzent wollte wissen, ob ich für einige Tage abkömmlich sei und einen Pass besäße. Beides traf zu. Er bat mich, ihn umgehend in seiner Kanzlei aufzusuchen. Dreißig Minuten später stand ich vor einer opulenten Jugendstilfassade in den Colonnaden, wenige Schritte von der Binnenalster, in Rufnähe von Rathaus und Börse.

Dr. Julius Becker arbeitete ohne Sozius. Wenigstens nannte das Messingschild an der Straßenfront keinen Partner. Sein Büro lag im zweiten Stock und duftete nach Geld. Eine blonde Endzwanzigerin, die mit gelungenen Schenkeln ein ›Laura-Ashley‹-Modell wölbte, führte mich durch eine Flucht heller, modern eingerichteter Räume ins Zimmer ihres Chefs. An Deck des niedlichen Schlachtschiffs, das ihm als Schreibtisch diente, saß ein schlanker, silbern ergrauter Mittfünfziger und teilte Geheimnisse mit einem Diktiergerät.

Als ich eintrat, orderte er schwungvoll Kaffee und kam mir mit ausgestreckter Hand entgegen. Er besaß auffallend helle Augen, wie ein Husky, und trug genau den Hauch Sonnenbräune im Gesicht, den man sich bei gelegentlichen Wochenenden in Nordfriesland holt. Jackett und Binder verrieten gediegenes Understatement. Konservativ und britisch. Oder zumindest das, was Hanseaten dafür halten.

Um ihn herum wütete Tradition. Hinter dem hochseetauglichen Schreibmöbel beeindruckten tonnenschwere Bücherschränke aus gebeizter Eiche. Ein Janssen hing an der Wand, als gezähmte Konzession an etwaige Nostalgien seiner Klienten, abgemildert von drei Stichen mit Jagdszenen, Englisch, spätes achtzehntes Jahrhundert. Das Fischgrätenparkett ertrank unter einem üppigen Buchara. Vier Meter darüber schwebte eine dunkle Kassettendecke. Wen dieser Raum nicht erschlug, der erlag seinem Charme.

Becker strahlte mit jeder Pore Tatkraft, Kompetenz und Solidität aus. Selbst das Lächeln wirkte echt. So, wie die Brücke in der rechten Seite des Oberkiefers. Nahezu perfekt. Sein Rasierwasser war unaufdringlich, der Händedruck fest. Eine Art stählerner Abiturient. Oder ewiger Oberstleutnant. Viele Hamburger stehen auf diesen Typ. Auch in Zivil.

„Wollen wir uns nicht setzen?“

Der Vorschlag kam, während er meine Hand drückte. Dabei legte er mir die Linke auf den Oberarm und schob mich in Richtung eines der drei Clubsessel, die als Inselgruppe um einen Rauchertisch auf dem Buchara dümpelten. Rindsleder knirschte. Sekunden später erschien die Sekretärin, in den Händen ein Tablett. Das parkte sie auf dem Tischchen und machte Anstalten, zwei Tassen zu füllen.

„Danke, Frau Jensen, wir schenken uns selbst ein.“

Als sie im Abgehen schwingende Kurven bot, wandte er sich mit einladender Geste wieder an mich: „Bitte.“

Damit meinte er leider bloß den Kaffee. Ich zückte ein Pack ›Prince‹.

„Okay?“

„Sicher.“

Er lehnte sich zurück, griff zum Telefon. Frau Jensen apportierte einen kristallenen Totschläger für die Asche und entschwebte. Er musterte mich lächelnd. Ich ließ mein Wegwerffeuerzeug aufflackern, sog am Filter, wartete.

„Ich habe es mir vor einigen Jahren abgewöhnt“, bemerkte er. „Aber es stört mich nicht...“

Für einen, dessen Zeit so teuer war, wie das Ambiente suggerierte, ging er großzügig damit um. Dass er dafür bezahlt wurde zuzusehen, wie ich meine Bronchien belastete, konnte ich mir nicht vorstellen.

„Worum geht's?“

Er räusperte sich bedeutsam.

„Eine Familienangelegenheit. Ich vertrete Frau Christine Paulsen. Ihr Mann ist vor vier Tagen aus dem ›Eichengrund‹ verschwunden, einer Privatklinik bei Glinde, die er wegen eines Alkoholproblems aufgesucht hatte. Vermutlich hält er sich jetzt in Thailand auf. Montagabend jedenfalls bestieg er die Maschine nach Bangkok.“

„Wissen Sie, was er dort will?“

Seine Hände wogen bedauernd Büroluft.

„Offen gestanden, nein. Nur, dass Herr Paulsen noch nie in Asien war und sich wahrscheinlich in Bangkok aufhält...“

Einen Säufer sucht man am besten an der Tränke. Dummerweise brachte diese Erkenntnis wenig. In Bars der ›Engelsstadt‹ können ganze Armeen versacken. Dauerhaft.

Er schürzte die Lippen und schenkte mir wieder eines von den perfekten Lächeln. Die musste er im Dutzend eingekauft haben.

„Man sagte mir, dass Sie sich dort auskennen.“

Vielleicht war sein Zahnersatz auch nur brandneu, und er probierte noch den Effekt aus.

„Wer sagt das?“

„Zum Beispiel die glückliche Besitzerin von Max.“

Ich dachte an die sympathisch adipöse, nicht vorschriftsmäßig mager gehungerte Mittvierzigerin aus der Magdalenenstraße, die trotz ihres Geldes keine der prätentiösen Neigungen pflegte, mit denen Reiche oft weniger Betuchte quälen, und hätte gern gewusst, welcher meiner anderen Kunden mich ihm noch empfohlen hatte.

„Bei Max war's eine reine Kostenfrage. Hier läuft es auf einen Ausflug ins Blaue hinaus. Außerdem hat die Dame maßlos übertrieben.“

„Sie genießen den Ruf, sehr effizient zu sein.“

Da Anwälte es oft mit eitlen Menschen zu tun haben, beschloss ich, es nicht persönlich zu nehmen.

„Sie wären besser beraten, eine Weile abzuwarten. Bis er mit Plastik zahlt oder ihm das Geld ausgeht. Wenn er durstig ist, wird er sich schon melden.“

Es sei denn, er faulte längst irgendwo in der Gosse.

„Vielleicht trinkt er auch gar nicht mehr so viel“, sagte Becker. „Er ist immerhin vier Wochen lang therapiert worden.“ Augenscheinlich hatte der Anwalt extrem sonnige Vorstellungen von Alkoholismus.

„Wie darf ich das verstehen?“

„Ziehen Sie einfach die Möglichkeit in Betracht, dass er nichts mehr trinkt. Sein Arzt sagte mir, das sei letztlich nicht das zentrale Problem gewesen.“

„Was ist es dann?“

Er lächelte verbindlich.

„Dass der Mann ohne jede Nachricht fort ist und meine Mandantin sich große Sorgen um ihn macht. Über alles andere brauchen Sie sich wirklich nicht den Kopf zu zerbrechen.“

„Wieso sagt sie mir das übrigens nicht selbst?“

„Sie ist leider verhindert.“

„Warum gerade heute?“

„Ich verfüge über alle nötigen Informationen und habe Vollmacht, mit Ihnen die Details zu klären.“

„Dann tun...



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