Enxing | Und Gott sah, dass es schlecht war | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Enxing Und Gott sah, dass es schlecht war

Warum uns der christliche Glaube verpflichtet, die Schöpfung zu bewahren
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-641-29458-8
Verlag: Kösel
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Warum uns der christliche Glaube verpflichtet, die Schöpfung zu bewahren

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-641-29458-8
Verlag: Kösel
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Klimakrise und Umweltschutz: die zentralen Herausforderungen unserer Zeit!

Klima- und Umweltschutz sowie der Erhalt der Artenvielfalt kann nur gelingen, wenn wir uns in die ernsthafte Nachfolge Jesu Christi stellen, und das bedeutet: Niemals bequem bleiben, sondern immer mutig vorangehen! Aufstehen, um den entscheidenden Unterschied zu machen!

Denn gutheißen kann Gott schon längst nicht mehr, wie der Mensch mit der Schöpfung umgeht: meterhohe Müllberge, Meere voller Plastik, Monokulturen so weit das Auge reicht. Zu lange und zu unerschütterlich vom Christentum befeuert, erlag der Mensch seiner Hybris, sich als „Krone der Schöpfung“ zu begreifen. Dabei ist längst allen klar, dass gerade der Mensch in einer besonderen Verantwortung steht, eine Zukunft im Einklang alles Existierenden zu gestalten. Friedvoll bewahrend statt ausbeuterisch unterwerfend!

Das Buch der Stunde für alle, die an die Schönheit und das Wunder der Schöpfung glauben. Ein Buch, das einen Paradigmenwechsel fordert: hin zur Schöpfungslehre des 21. Jahrhunderts, aus der sich notwendiges Handeln für alle Christ*innen ableitet.
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Wie alles anfing …


Vermutlich fing es schon an, bevor es anfing und bevor ich mich daran erinnern kann und es ist auch kein außergewöhnlicher Anfang. Wie im Leben vieler Menschen, die eine Sensibilität für ihre Mitwelt haben, so war auch mir von Anfang an eine große Aufmerksamkeit für Tiere gegeben. Schon als kleines Kind versetzte mich meine Fantasie in Welten, in denen ich in enger Lebensgemeinschaft mit Tieren und Pflanzen lebte: Auf Lebenshöfen1 mit Tieren all jener Arten, die mir zu diesem Zeitpunkt bekannt waren. Wie im Jesaja’schen Tierfrieden lebten sie hier alle friedlich beisammen, das Schwein beim Löwen, das Pferd beim Panther. Früh forderte ich sehr hartnäckig und sehr zum Widerwillen und Desinteresse meiner menschlichen Bezugspersonen den Besuch von Pferde- und Bauernhöfen, Weiden etc. ein und landete so auch früh bei Pflegepferd, Voltigieren und Co. Als ich acht Jahre alt war, wusste man mein »Gequengel« mit einem Meerschweinchen zu befriedigen, aus »Gerechtigkeitsgründen« bekam mein Bruder ein Zwergkaninchen, welches allerdings bald an mangelnder Zuwendung zu verwahrlosen drohte und deshalb– dem Meerschweinchen gleich– in mein Kinderzimmer einzog. Zwei Käfige, Streu an meinen Socken, in meinen Haaren, an meinem Pullover, Heugeruch, Knabberstangen… das war die kleine Welt von »Miss Biggi«, »Purzel« und mir. Zum Glück duldeten sich die beiden Nager und teilten so, da die Käfige stets offen standen, das gesamte Kinderzimmer miteinander und mit mir. Ein sehr trauriges Szenario aus heutiger Perspektive.

Wie »Miss Biggi« zu ihrem Namen kam, ist eine eigene Geschichte: Zwar kann ich nicht behaupten, dass mir die Muppet-Show besonders bekannt gewesen wäre, aber irgendwo muss ich sie mal gesehen haben und wusste, dass es dort ein Schwein gab, welches den Namen »Miss Piggy« trug. Wobei, gerade Letzteres wusste ich eben nicht, denn in Hessen aufzuwachsen bedeutete auch, dass »Piggy« stets »Biggi« ist und so beschloss ich, dass das Meerschweinchen »Miss Biggi« heißen solle. Dass es sich bei »Miss Biggi« um ein Männchen handelte, darüber wurden wir zum einen erst beim ersten Tierarztbesuch aufgeklärt, zum anderen erachtete ich auch diesen Umstand nicht als problematisch. Was »Miss« heißen solle und dass es einen Unterschied zwischen »Miss«, gar »Misses«, und »Mister« gibt, war mir damals nicht bekannt. »Purzel« hatte es da etwas einfacher, er war ein »er«, hatte als »kleiner Kerl« einen Namen für einen »er«, der auch bei Erwachsenen keine kognitiven Dissonanzen erzeugte. Beide Tiere wurden sehr alt, noch heute frage ich mich, wie das bei diesen Haltungsbedingungen überhaupt sein konnte. Aber gut, das frage ich mich bei manchen alten Menschen auch …

Dass Tiere Kinder entscheidend prägen können– nicht immer so positiv wie in meinem Fall –, ist längst bekannt. Als Erwachsene, die sich mit Fragen der Tierethik beschäftigt, denke ich auch mit schlechtem Gewissen an all die »Kinderzimmerinsass*innen«. »Miss Biggi« und »Purzel« sind nur zwei dieser Individuen. Dennoch hat mich die Begegnung mit ihnen und mit »Quai« (dem Hund), »Rondy« (meinem schwarzen Shetland-Pflegepony) und anderen unglaublich berührt und für Fragen nichtmenschlichen Leids und einer die Grenzen der Spezies überschreitenden Gerechtigkeit sensibilisiert. So sehr sogar, dass ich zwar einerseits sagen kann, dass es egoistisch ist, Tiere zu unseren Gunsten, zu unserer emotionalen Befriedigung und womöglich sogar Unterhaltung, quasi als unsere Gesellschaftler*innen zu »benutzen« oder zu »vernutzen«, und andererseits auch sagen muss, dass ich nicht weiß, ob und wie ich heute wäre, hätte ich die Gemeinschaft mit meinen/diesen Tierfreund*innen nicht erleben dürfen.

Eine meiner intensivsten, frühen Erinnerungen ist diese: Wie fast alle Meerschweinchen, so hatte auch »Miss Biggi« eine Vorliebe für Salziges, weshalb er ein kleines Salzleckstein-Rädchen an den Stangen seines Meerschweinchengefängnisses hatte. Wenn ich als Kind in meinem Zimmer weinte, setzte ich mich jedes Mal ganz dicht vor »Miss Biggi« und beobachtete sein Tun, hörte auf die schier unendliche Vielfalt seiner Quiektöne und schaute in seine tiefschwarzen Knopfaugen. Eines Tages näherte sich mir »Miss Biggi« ganz vorsichtig. Ich lag auf dem Boden, den Kopf auf dem bunten Flickenteppich und »Miss Biggi« kam neugierig angeschlichen, roch an meinem tränennassen Gesicht und fing an, Träne für Träne wegzulecken, den Spuren des Salzes auf der Haut folgend. Erlebt zu haben, wie eine Zunge, die nur so groß ist wie der Fingernagel meines kleinen Fingers, im wahrsten Sinne des Wortes »Tränen trocknet«, hat Spuren in meiner Seele hinterlassen.

Es ging nur kurze Zeit ins Land, bis es mir merkwürdig vorkam, dass Menschen Tiere aßen, dass ich Tiere aß, wo ich doch »Miss Biggi«, »Purzel«, »Rondy«, und den Hund »Quai« auch nicht aß. Da konnte etwas nicht stimmen und diese Unlogik führte dazu, dass ich in meinem achten Lebensjahr entschied, Vegetarierin zu werden. Tiere isst man nicht! Auch 1991 gab es bereits zahlreiche Alternativen (die in Restaurants stets »Gebackener Camembert« lauteten). Seit diesem Tag habe ich kein einziges Stück Fleisch oder Wurst gegessen. Mittlerweile lebe ich weitestgehend vegan und mache lediglich auf Reisen oder wenn ich auswärtig esse und eine Alternative das gesamte Sozialgefüge sprengen würde, eine vegetarische Ausnahme. Nein, ich fühle mich deshalb moralisch nicht überlegen und nein, ich bin auch nicht missionarisch tätig, indem ich dem Gegenüber, während es sein/ihr Schnitzel verdrückt, das erbärmliche, intensiv-verzweifelnde Schreien eines Kälbchens auf der Suche nach seiner Mama vormache. Aber: Ich bin davon überzeugt, dass es längst Zeit ist, den eigenen Konsum (und damit meine ich nicht nur das eigene Essverhalten) kritisch und ehrlich zu überdenken und entsprechend des Ergebnisses konsequent zu handeln. Dass dies nicht für alle möglich ist und dass ein gewisser Grad an »Sättigung«– auch im übertragenen Sinne– die Voraussetzung für ein Nachdenken über das eigene Leben ist, darüber bin ich mir bewusst. Wer täglich neu fürs »Überleben« kämpft, der kann nicht in gleichem Maße »über Leben« nachdenken wie andere. Sich tierleidfrei zu ernähren ist allerdings kein neumodischer Kram und auch nicht (nur) Thema der LOHAS und Hipster vom Prenzlauer Berg. Es ist kein Luxusproblem, sondern in anderen Regionen unseres Globus seit tausenden von Jahren religiös-kulturell verankert wie beispielsweise in einigen vedischen Traditionen.

Es ist kein Zufall, dass ich gleich zu Beginn des Buches auf das Thema »Essen« zu sprechen komme. Ich habe bisher kaum eine Diskussion, kaum einen Vortrag, eine Vorlesung oder Seminarsitzung, ein Interview oder eine Publikation erlebt, die sich einigermaßen konkret und lebensnah mit Fragen von Nachhaltigkeit, Ökologie, Mitwelt auseinandersetzt und nicht rasch auf dieses Thema kommt. Das ist insofern auch absolut einleuchtend, da dies der Bereich der eigenen Lebensführung ist, den wir zum einen immer wieder neu und dies gleich mehrfach täglich, zum anderen recht einfach ändern können. Hinzu kommt, dass es natürlich einleuchtend ist, dass wir mit Blick auf die globale Ernährungssicherheit und die Reduktion von Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß verstehen, dass mit einer Ernährungsumstellung auf eine pflanzenbasierte Nahrung jede*r von uns ab heute, ab jetzt einen Beitrag leisten kann. Vom Tierwohl und Tierleid braucht man hier noch gar nicht zu sprechen und kommt bereits mit einer sehr vertrauten– da radikal anthropozentrischen– Perspektive zu dem Punkt, dass die biblische Schöpfungserzählung wohl recht hatte, als sie uns die Pflanzen, Blätter und Samen zur Nahrung gab und damit zum Ausdruck brachte, dass, wer sich daran halte, ein Leben in Fülle für alle ermöglichen könne.

Mein kindlicher Entschluss, Vegetarierin zu sein, war ein Ausdruck dessen, dass ich merkte, dass irgendetwas nicht stimmt. Dass diese Tiere, an deren Leben ich teilnahm, uns ausgeliefert waren und wir es waren, die ihr Schicksal besiegelten. Was haben sie uns getan, dass wir so über sie entscheiden? Dass wir entscheiden, dass die einen gegessen, die anderen gepierct werden, dass die einen geritten und die anderen geschlachtet werden? Warum eigentlich und weshalb können wir uns so wenig an ihrem Leben selbst erfreuen, weshalb hängt ihr Dasein von ihrem Zweck für uns ab? Wie kann ich ihnen helfen, ein schöneres Leben zu führen? So entwuchs sehr früh bei mir der Wunsch, Tierärztin werden zu wollen. Ein ambivalenter Wunsch: Einerseits verband ich damit das gute Gefühl »helfen zu können«, andererseits wollte ich damit meiner schier unstillbaren Sehnsucht nach einer Nähe zu Tieren und dem Sein in der Natur begegnen. Würde ich Tierärztin, so dachte ich, könnte ich Tag und Nacht mit Tieren zusammen sein. An jedem Tag der Woche könnte ich auf Höfe fahren (wie der Tierarzt, bei dem ich in meiner Schulzeit sehr regelmäßig »mitfuhr«), ich könnte nachts Dienst in Ställen haben, in denen es nach Kühen, Pferden, Eseln, Schweinen duftet. Ihre Wärme und ihre Nähe würden mich durch meine Tage tragen und ich wäre auch noch diejenige, die ihnen helfen könnte. Ein kindlicher Traum mit zweifelhaften Beweggründen, der mich spätestens mit Beginn meines Veterinärmedizin-Studiums derart hart auf dem Boden der Mediziner*innentatsachen aufschlagen ließ, dass er schneller ausgeträumt war als mir lieb war....


Enxing, Julia
Julia Enxing, geb. 1983, ist Professorin für Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie der TU Dresden. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Theologien der Nachhaltigkeit, Öko- und Tier-Theologien, theologische Gender Studies und Prozesstheologie. Seit Langem fordert sie einen theologischen Paradigmenwechsel hin zu einer ganzheitlichen Theologie alles Existierenden. Sie geht verschiedensten universitären und außeruniversitären Engagements nach, ist u. a. Redaktionsmitglied des theologischen Online-Feuilletons feinschwarz.net, „Wort zum Sonntag“-Sprecherin in der ARD, Mitbegründerin des European Research Network „Transcending Species – Transforming Religion", Mitglied im Executive Committee des European Forum for the Study of Religion and the Environment sowie Mitglied bei PRISMA – Zentrum für Nachhaltigkeitsbewertung und -politik der TU Dresden. 2023 erhält Julia Enxing den Preis der Herbert Haag Stiftung für Freiheit in der Kirche.



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