Ellroy | L.A. Confidential | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Ellroy L.A. Confidential

Stadt der Teufel
15001. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8437-1024-4
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Stadt der Teufel

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-1024-4
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Ellroy ist der wichtigste zeitgenössische Krimiautor.« Der Spiegel Los Angeles 1951: Am Weihnachtsabend überfallen Unbekannte das Nachtcafé »The Nite Owl« und ermorden wie im Rausch die Gäste. Ed Exley, Jack Vincennes und Bud White vom LAPD sollen den Fall gemeinsam klären. Doch jeder von ihnen hat eine eigene Rechnung zu begleichen. Band 3 des berühmten L.A.-Quartetts. Lesen Sie auch Die Rothaarige. Die Suche nach dem Mörder meiner Mutter - James Ellroys wichtigsten autobiographischen Text; ein Klassiker der Kriminalliteratur.

James Ellroy, Jahrgang 1948, begann seine Schriftstellerkarriere 1981 mit Browns Grabgesang. Mit Die Schwarze Dahlie gelang ihm der internationale Durchbruch. Unter anderem wurde Ellroy fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, zahlreiche Bücher wurden verfilmt, darunter L.A. Confidential.
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1


Bud White saß in einem Zivilwagen und sah zu, wie an dem Weihnachtsbaum auf dem Rathaus immer wieder die Zahl »1951« aufblinkte. Die Rückbank war vollgepackt mit Schnaps für die Revier-Party; den ganzen Tag lang hatte er Ladenbesitzer abgeklappert, ohne sich um Parkers Anordnung zu scheren. Verheiratete Männer hatten den Vierundzwanzigsten und den ersten Feiertag frei, nur die Junggesellen mußten Dienst schieben, und die gesamte Kriminalabteilung von Central war abgestellt, um Obdachlose einzukassieren: Der Chief wollte die örtlichen Penner auf Eis haben, damit sie nicht bei Bürgermeister Bowrons Gartenparty für arme, unterprivilegierte Kids hereinplatzten und die ganzen Kekse einsackten. Letztes Jahr zu Weihnachten hatte doch tatsächlich ein verrückter Nigger mit seinem Wiener gewedelt, in einen Krug Limonade gepißt, die für irgendwelche Waisenkinder gedacht war, und Mrs. Bowron aufgefordert: »Greif zu, olle Zicke.« William H. Parker hatte sein erstes Weihnachtsfest als Chief des Los Angeles Police Department damit zugebracht, die Frau des Bürgermeisters zum Ruhigstellen in die Wachstube des Central-Reviers zu bringen, und jetzt, ein Jahr danach, mußte er dafür bezahlen.

Die Schnapskartons auf der vollgepackten Rückbank zermatschten ihm die Wirbelsäule zu Wackelpudding.

Ed Exley, der stellvertretende Wachhabende, war ein scharfer Hund und machte möglicherweise Ärger, wenn sich mehr als hundert Cops im Mannschaftsraum einen ansoffen. Und Johnny Stompanato hatte sich schon zwanzig Minuten verspätet.

Bud drehte an seinem Sprechfunkgerät. Das Gemurmel wurde deutlicher: Ladendiebstähle, Überfall auf einen Schnapsladen in Chinatown. Die Beifahrertür ging auf; Johnny Stompanato rutschte auf den Nebensitz.

Bud schaltete die Innenbeleuchtung an. Stompanato sagte: »Fröhliche Weihnachten. Wo ist denn Stensland? Ich hab’ was für euch zwei.«

Bud musterte ihn genauer. Mickey Cohens Leibwächter war seit einem Monat arbeitslos – Mickey saß wegen einer Steuersache, einer Bundesangelegenheit, drei bis sieben Jahre auf McNeil Island. Johnny Stomp hatte nichts weiter zu tun, als sich die Finger zu maniküren und seine Hosen zu bügeln. »Für dich immer noch Sergeant Stensland. Er hat zu tun, Penner auflesen, und der Lohn ist eh derselbe.«

»Schade. Ich mag Dick, er hat Stil. Das wissen Sie ja, Wendell.«

Der süße Johnny: ganz Spaghettieleganz, die Löckchen zu einem strengen Pompadour frisiert. Bud hatte gehört, daß er ausgestattet war wie ein Pferd und sich trotzdem noch den Stall auspolsterte. »Spuck aus, was du hast.«

»Dick hat bessere Umgangsformen als Sie, Officer White.«

»Bist du scharf auf mich, oder willst du bloß plaudern?«

»Ich bin scharf auf Lana Turner, und Sie sind scharf auf Typen, die ihre Weiber prügeln. Außerdem hab’ ich gehört, daß Sie ein richtiges Schätzchen bei den Weibern sind und nicht besonders wählerisch, was das Aussehen betrifft.«

Bud ließ seine Fingerknöchel knacken. »Und du lebst davon, andere Leute fertigzumachen, und wenn Mickey noch so viel Geld für wohltätige Organisationen gibt, ist er keinen Deut besser als ein Dope-Dealer und Zuhälter. Auch wenn’s noch so viele Beschwerden hagelt, weil ich mit Typen, die ihre Weiber prügeln, zu hart umspringe, heißt das noch lange nicht, daß ich mit dir auf einer Stufe stehe. Capisce, du Scheißer?«

Stompanato lächelte – nervös; Bud sah aus dem Fenster. Ein Weihnachtsmann von der Heilsarmee zählte gerade die Münzen in seinem Sammelbecher, ein Auge auf dem Schnapsladen auf der anderen Straßenseite. Stomp sagte: »Hören Sie, Sie wollen Informationen, und ich brauche Geld. Mickey und Davey Goldman sitzen, und Mo Jahelka kümmert sich um alles, solange die zwei nicht da sind. Mo geht selber auf dem Zahnfleisch und hat keine Arbeit für mich. Jack Whalen wollte mich ums Verrecken nicht einstellen, und von Mickey kommt kein einziger gottverdammter Umschlag mehr.«

»Kein Umschlag mehr? Mickey ist doch fein raus. Ich hab’ gehört, daß er sogar das Gift aus dem geplatzten Deal mit Jack D. zurückgekriegt hat.«

Stompanato schüttelte den Kopf. »Da haben Sie falsch gehört. Mickey hat zwar den Kerl gekriegt, aber das Gift ist futsch und der Typ hat außerdem hundertfünfzig Riesen von Mickeys Geld mitgehen lassen. Also, Officer White, ich brauche Geld. Und wenn Ihr Informanten-Fonds noch was hergibt, besorg’ ich Ihnen ’n paar erstklassige neue Rangabzeichen.«

»Werd endlich sauber, Johnny. Werde ein guter Bürger, wie ich und Dick Stensland.«

Stomp kicherte höhnisch – es wirkte nicht überzeugend. »Ein Schlüsseldieb für zwanzig und ein Ladendieb, der seine Alte vermöbelt, für dreißig. Leisten Sie sich ’n schnellen Spaß: Ich hab’ auf dem Weg hierher gesehen, wie sich der Typ bei Ohrbach bedient hat.«

Bud nahm einen Zwanziger und einen Zehner aus der Tasche. Stompanato griff sofort zu. »Ralphie Kinnard. Er ist blond und fett, um die Vierzig. Trägt ’n Wildlederjackett und graue Flanellhosen. Ich hab’ gehört, daß er regelmäßig seine Frau vertrimmt und sie auf ’n Strich schickt, damit er seine Pokerschulden bezahlen kann.«

Bud machte sich Notizen. Stompanato sagte: »Beste Weihnachten, Wendell.«

Bud packte ihn am Schlips und zog; Stomp knallte mit dem Kopf aufs Armaturenbrett.

»Prost Neujahr, Schmalzkopp.«

* * *

Bei Ohrbach war es gedrängt voll – die Kunden umschwärmten Ladentische und Kleiderständer. Bud bahnte sich mit den Ellbogen einen Weg zum dritten Stock, ein wahres Paradies für Ladendiebe: Schmuck, edle Spirituosen in Kristall.

Ladentische, übersät mit Armbanduhren; Kassen, an denen die Leute in langen Schlangen standen. Bud hielt Ausschau nach blonden Männern, wurde immer wieder von Hausfrauen mit Kindern beiseite gedrängt. Dann, aus dem Augenwinkel: ein blonder Kerl mit Wildlederjacke, der gerade in der Herrentoilette verschwand.

Bud drängelte sich durch und ging hinein. Zwei alte Knacker standen an den Pinkelbecken; auf dem Boden der Toilettenkabine ringelten sich graue Flanellhosen. Bud bückte sich und blickte unten durch – Bingo: beide Hände voller Schmuck. Die Alten zogen ihre Reißverschlüsse hoch und gingen; Bud hämmerte an die Tür. »Komm raus, der Nikolaus ist da.«

Die Tür flog auf; eine Faust flog heraus. Bud wurde voll erwischt, fiel gegen ein Waschbecken, stolperte zu Boden. Manschettenknöpfe im Gesicht, Kinnard auf und davon. Bud rappelte sich hoch und nahm die Verfolgung auf.

Durch die Tür, Kunden versperrten ihm den Weg; Kinnard entwischte durch einen Nebenausgang. Bud jagte hinterher – über das Geländer und dann die Feuertreppe hinunter. Der Parkplatz war leer: keine Lieferfahrzeuge, kein Ralphie. Bud rannte zu seinem Streifenwagen, klemmte sich ans Funkgerät. »4A31 an Zentrale, dringend.«

Rauschen, dann: »Roger, 4A31.«

»Letzte bekannte Adresse. Weißer, männlich, Vorname Ralph, Nachname Kinnard. Ich nehme an, K-I-N-N-A-R-D. Schnell, ja?«

Der Mann gab sein Roger; Bud schlug ein paar kurze Haken: Bamm-bamm-bamm-bamm-bamm-bamm. Im Radio knackte es:

»4A31, Roger Ihre Anfrage.«

»4A31, Roger.«

»Antwort positiv: Kinnard, Ralph Thomas, weiß, männlich, Geburtsdatum –«

»Bloß die verdammte Adresse, hab’ ich gesagt –«

Der Mann von der Zentrale schnaubte verächtlich. »Das ist für deinen Weihnachtsstrumpf, du Scheißer. Die Adresse lautet: 1486 Evergreen, und ich hoffe, du –«

Bud schaltete den Kasten aus, fuhr in Richtung Osten nach City Terrace. Beinahe 40 Sachen, Daumen auf der Hupe. Knapp fünf Minuten bis Evergreen. Der 1200er und 1300er Block rasten vorbei; dann der 1400er – riesige alte Kästen in Fertigbauweise.

Er parkte, folgte den Hausnummern bis 1486 – ein weiß verputztes Haus mit einem Weihnachtsschlitten aus Neon auf dem Dach. Innen Licht, ein Vorkriegs-Ford in der Auffahrt. Durch ein Glasfenster: Ralphie Kinnard, der eine Frau im Bademantel vermöbelte.

Die Frau hatte ein aufgedunsenes Gesicht, Alter etwa fünfunddreißig. Sie wich vor Kinnard zurück; ihr Bademantel klaffte auf. Ihre Brüste waren voller blauer Flecken, die Rippen zerschrammt.

Bud ging zum Wagen zurück, um die Handschellen zu holen, sah die Lampe des Funkgeräts aufleuchten und meldete sich. »4A31 antwortet.«

»Roger, 4A31, ein APO. Zwei Streifenpolizisten wurden vor einer Kneipe an 1990 Riverside angegriffen, sechs Tatverdächtige flüchtig. Sie wurden aufgrund ihrer Nummernschilder identifiziert, andere Einheiten sind benachrichtigt.«

Bud verspürte ein leises Kribbeln. »Sieht’s schlecht aus für unsere Leute?«

»Roger. Fahren Sie zur 53rd Avenue Nummer 5314, Lincoln Heights. Festnahme Dinardo, D-I-N-A-R-D-O, Sanchez, Alter zweiundzwanzig, männlich, Mexikaner.«

»Roger. Und Sie schicken einen Streifenwagen nach 1486 Evergreen. Verdächtiger Weißer in Gewahrsam. Ich werde nicht mehr da sein, aber die Kollegen werden ihn schon finden. Sagen Sie ihnen, daß ich die Eintragung mache.«

»Einlieferung ins Revier Hollenbeck?«

Bud gab sein Roger, schnappte sich die Handschellen. Zurück zum Haus und zum Sicherungskasten an der Außenwand. Er legte einen Schalter nach dem anderen um, bis die Lichter im Haus ausgingen. Santas Schlitten blieb weiterhin erleuchtet. Bud packte das Kabel, das in einer Außensteckdose steckte, und zog kräftig daran. Der ganze Aufbau krachte zu Boden, die Rentiere explodierten.

Kinnard kam herausgerannt, stolperte über den abgestürzten Rudolph. Bud legte ihm...


Ellroy, James
James Ellroy, Jahrgang 1948, begann seine Schriftstellerkarriere 1981 mit Browns Grabgesang. Mit Die Schwarze Dahlie gelang ihm der internationale Durchbruch. Unter anderem wurde Ellroy fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, zahlreiche Bücher wurden verfilmt, darunter L.A. Confidential.



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