E-Book, Deutsch, 477 Seiten
Eliot Adam Bede
2. Auflage 2015
ISBN: 978-80-268-4520-1
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Deutsche Ausgabe - Band 1&2
E-Book, Deutsch, 477 Seiten
ISBN: 978-80-268-4520-1
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses eBook: 'Adam Bede' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. George Eliot, eigentlich Mary Anne Evans, (1819-1880) war eine englische Schriftstellerin, Übersetzerin und Journalistin, die zu den erfolgreichsten Autoren des viktorianischen Zeitalters zählt. Romane wie Middlemarch und Die Mühle am Floss gehören zu den Klassikern der englischen Literatur. 1859 veröffentlichte George Eliot ihren ersten Roman Adam Bede, der zum Bestseller wurde. Wie in ihren Kurzgeschichten porträtierte sie auch hier Charaktere, die sie aus dem ländlichen Leben ihrer Jugend in Warwickshire kannte. Schon vor der Veröffentlichung ihres nächsten Romans wurde bekannt, wer sich hinter dem Pseudonym verbarg. Ihr Werk war sehr erfolgreich und hatte beträchtlichen Einfluss auf die englische Literatur. Immer wieder griff sie in den späteren Arbeiten philosophische und sozialpolitische Probleme auf. Aus dem Buch: 'Nein, Adam, nein; Ihr werdet gewiß gern hier bleiben und versuchen, was für sie geschehen kann, statt nutzlos auf Rache auszugehen. Die Strafe trifft ihn doch, auch ohne Euch. Übrigens ist er nicht mehr in Irland; er muß schon auf dem Wege hierher sein, oder wenigstens wird er es sein, lange ehe Ihr zu ihm kämet; schon vor zehn Tagen, das weiß ich bestimmt, hat ihm sein Großvater geschrieben, er möchte kommen. Jetzt müßt Ihr mit mir nach Stoniton. Ich habe schon ein Pferd für Euch bestellt und sobald Ihr Euch etwas gefaßt habt, wollen wir fortreiten.'
Weitere Infos & Material
Zweiter Abschnitt
Die Predigt
Table of Contents
Kurz vor sieben Uhr zeigte sich eine ungewöhnliche Bewegung in dem Dörfchen Hayslope, und in der ganzen Länge seiner kleinen Straße, von dem Wirtshause zum Donnithorne-Wappen bis zur Thüre des Kirchhofs, standen die Einwohner vor ihren Häusern, augenscheinlich nicht bloß um in der Abendsonne herumzulungern. Das Wirtshaus lag am Eingang des Dorfes; das Schild hatte in Wind und Wetter schon manches Jahr gelitten und die Abzeichen der alten Familie Donnithorne waren kaum noch zu erkennen; aber der kleine Hof mit Ackergerät und Getreideschobern neben dem Wirtshause deutete an, daß auch Landwirtschaft da getrieben wurde, und gab den Reisenden im voraus die Hoffnung auf gute Verpflegung für Mensch und Tier. Meister Casson, der Wirt, stand schon eine Zeit lang in der Thür, wiegte sich, die Hände in den Hosentaschen, auf den Absätzen hin und her und blickte unverwandt nach der Gemeindewiese mit dem Ahornbaum, wohin er einige bedächtig aussehende Männer und Frauen hatte gehen sehen. Meister Casson gehörte durchaus nicht zu den gewöhnlich aussehenden Menschen, und seine Person verdient eine nähere Beschreibung. Sein Gesicht schien aus zwei Kreisen zu bestehen, die ungefähr in demselben Größenverhältnis zu einander standen wie die Erde und der Mond, so nämlich, daß der untere Kreis nach einer ungefähren Schätzung dreizehnmal größer war als der obere, welcher demnach als der bloße Trabant von jenem erschien. Aber damit hörte auch die Ähnlichkeit auf, denn Meister Casson war durchaus kein melancholischer Gesell, und sein Kopf keine »gefleckte Scheibe«, wie Milton respektwidrig den Mond genannt hat; im Gegenteil, kein Kopf und Gesicht konnte glatter und gesunder aussehen, und der Ausdruck, der hauptsächlich in einem Paar runder und derber Backen lag – die kleinen Unterbrechungen von Nase und Augen waren nicht der Rede wert – sprach von Zufriedenheit und Behagen, gemildert durch ein gewisses Bewußtsein persönlicher Würde, das sich fast immer in Haltung und Benehmen kundgab. Dieses würdevolle Bewußtsein konnte indes bei einem Manne, der fünfzehn Jahre lang Kellermeister auf dem Schlosse gewesen war und in seiner jetzigen hohen Stellung natürlich oft mit Leuten niederen Standes in Berührung kam, schwerlich für übertrieben gelten. Wie er unbeschadet dieser Würde seine Neugierde befriedigen und nach der Gemeindewiese gehen könnte, hatte Meister Casson in den letzten fünf Minuten bei sich hin und her überlegt, und indem er seine Hände aus den Hosentaschen nahm und die Daumen zwischen Weste und Rock steckte, den Kopf auf die eine Seite neigte und sich das Ansehen hochnäsigster Gleichgiltigkeit gegen alles um ihn her gab, hatte er die Schwierigkeit schon teilweise gelöst, als seine Gedanken durch die Ankunft des Reiters, den wir vorhin unsern Freund Adam betrachten sahen und der nun vor dem Wirtshause anhielt, wieder davon abgelenkt wurden. »Nehmt dem Pferd die Zügel ab, Hausknecht, und gebt ihm zu trinken,« sagte der Reisende, indem er abstieg. »Aber sagen Sie, Herr Wirt, was geht hier in Ihrem Dörfchen vor? Alle Welt ist ja auf den Beinen.« »Es giebt eine Methodistenpredigt, Herr; wie ich höre, wird ein junges Mädchen auf der Gemeindewiese predigen,« erwiderte Casson mit möglichst feiner Stimme und liebenswürdigem Tone. »Wollen Sie so freundlich sein hereinzutreten und etwas genießen?« »Nein, ich muß heute noch nach Rosseter; ich brauche nur etwas für mein Pferd. Aber, was sagt denn Ihr Pastor dazu, daß ihm eine Frauensperson so gerade unter der Nase predigt?« »Pastor Irwine wohnt nicht hier im Dorfe, Herr; er wohnt in Broxton, da hinter dem Hügel. Unsere Pfarrwohnung ist ganz verfallen, da kann kein anständiger Mensch drin wohnen. Er kommt Sonntags Nachmittags zur Predigt hergeritten und stellt sein Pferd bei mir in den Stall. Es ist ein kleiner grauer Hengst, Herr, und er hält große Stücke drauf. Er kehrt immer bei mir ein, Herr, all' die Zeit schon, wo ich die Wirtschaft hier geführt habe. Ich bin nicht aus dieser Gegend, das hören Sie mir wohl an der Sprache an. Die Leute hier herum sprechen ganz kurios, und ein gebildeter Mensch kann es oft schwer verstehen. Ich bin unter gebildeten Leuten aufgewachsen und habe mir die Sprache von Kindesbeinen angewöhnt. Wie glauben Sie z.B., daß die Leute hier sagen für: »Was habt'r g'sagt?« – wie wir gebildeten Leute sprechen. Ja, man sollt's nicht glauben: »Was hobt'r g'seit?« sagen sie. Es ist der Dijelekt, nennt man das, was sie hier sprechen. Der alte Herr Donnithore nannte es immer so; »der Dijelekt«, sagte er.« Der Fremde lächelte. »Ja, ja, das kenne ich schon. Aber habt Ihr denn so viele Methodisten hier herum, unter dieser ländlichen Bevölkerung? Ich hätte gedacht, es gäbe hier kaum einen einzigen; es sind doch fast alles Bauern hier und mit denen können die Methodisten so recht nichts anfangen.« »Na, es giebt hier doch auch manche Handwerker. Da ist z.B. Meister Burge, der den Holzhof da drüben hat; der hat viel Bauerei an der Hand, und dann sind die Steinbrüche nicht weit, und so giebt's hier allerlei Beschäftigung für Handwerker. In Treddleston, dem Marktflecken ungefähr eine Stunde von hier, wo Sie wohl durchgekommen sind, ist ein gutes Häufchen Methodisten; von daher sind wohl ein paar Dutzend auf der Gemeindewiese. Und von denen haben's die Leute hier; aber in ganz Hayslope giebt's eigentlich nur zwei; das ist Will Maskery, der Stellmacher, und Seth Bede, ein junger Zimmergeselle.« »Das junge Mädchen, welches predigt, ist also wohl aus Treddleston?« »Doch nicht, Herr; sie ist aus Stonyshire, beinahe zehn Stunden Weges. Aber sie ist hier zum Besuch bei Pachter Poyser auf dem Pachthof – da links hinüber, wo Sie die Scheunen sehen und die großen Wallnußbäume. Sie ist Poysers Frau ihre Nichte, und die werden nicht schlecht böse mit ihr sein, daß sie sich so zum Narren macht. Aber ich habe mir sagen lassen, wenn diese Methodisten es mal in den Kopf kriegen, da ist gar kein Halten mehr, und viele werden reinweg verrückt vor lauter Frömmigkeit. Dies junge Mädchen freilich sieht ganz still und ordentlich aus, wie ich höre; selbst gesehen habe ich sie noch nicht.« »Nun, ich wollte, ich hätte Zeit, sie mir anzusehen, aber ich muß weiter. Ich bin so schon die letzte Viertelstunde von meinem Wege abgeritten, um mir das Schloß da im Thale anzusehen. Es gehört Herrn Donnithorne, nicht wahr?« »Ja, mein Herr, es ist der Edelhof der Familie Donnithorne. Schönes Eichenholz, nicht wahr? Ich muß das wissen; ich bin da fünfzehn Jahre lang Kellermeister gewesen. Kaptän Donnithorne ist der Anerbe, der Enkel des jetzigen Herrn Donnithorne. Wenn die Heuernte ist, wird er großjährig, da wird's hoch hergehen. Zu dem Gute gehört das ganze Land hier herum, all die schönen Ländereien.« »Nun, eine hübsche Besitzung ist es, das muß wahr sein,« sagte der Reisende, indem er wieder zu Pferde stieg, »und hübsche Leute trifft man hier auch. Noch vor 'ner halben Stunde, ehe ich den Hügel heraufkam, traf ich einen so hübschen jungen Burschen, wie ich nur je einen gesehen habe; es war ein Zimmergesell, groß und breitschultrig, mit schwarzem Haar und schwarzen Augen, und einen Gang hatte er wie ein Soldat; solche Leute können wir gegen die Franzosen brauchen.« »Das war gewiß Adam Bede, Herr, Matthis Bede sein Sohn, den kennt hier jedermann. Das ist ein sehr gescheiter, fleißiger Bursch und mächtig stark. Auf Ehr' und Seligkeit, Herr – entschuldigen Sie den Ausdruck – der marschiert Ihnen den Tag seine zwölf, fünfzehn Stunden, und heben kann er ein paar hundert Pfund wie gar nichts. Die vornehmen Herrschaften halten große Stücke auf ihn; Kaptän Donnithorne und Pastor Irwine thun immer als ob wunders was an ihm wäre. Aber er trägt den Kopf ein wenig hoch und 's ist nicht gut Kirschenessen mit ihm.« »Nun, guten Abend, Herr Wirt; ich muß weiter.« »Gehorsamer Diener, Herr; glückliche Reise.« Der Reisende ritt in scharfem Schritt durch das Dorf, aber als er an die Gemeindewiese kam, fesselte ihn die Schönheit des Blicks zu seiner Rechten, der eigentümliche Gegensatz zwischen den Gruppen der Bauern vor ihren Häusern und dem Häuflein Methodisten am Ahornbaum, und vielleicht in noch höherem Grade die Neugier, das junge Mädchen zu sehen; seine Eile, die ihn noch soeben vorwärts getrieben, ließ nach und er hielt sein Pferd an. Die Gemeindewiese lag am Ende des Dorfes und von ihr aus verzweigte sich die große Straße in zwei Richtungen, eine den Hügel hinan bei der Kirche vorbei, die andere in sanfter Windung das Thal hinab. Auf der Seite der Wiese nach der Kirche zu standen einzelne strohbedeckte Hütten bis nahe an die Kirchhofsthür, aber gegenüber, nach Nordwesten hin, hemmte nichts den freien Blick auf sanft welliges Wiesenland und das waldige Thal und die dunkeln Massen ferner Hügel. Die reiche gesegnete, von Höhenzügen durchschnittene Gegend der Grafschaft Loamshire, zu welcher Hayslope gehört, stößt an einen wilden Grenzstrich von Stonyshire, unter dessen kahlen Hügeln sie daliegt wie eine hübsche blühende Schwester in den Armen ihres großen, derben, wettergebräunten Bruders, und in einem Ritt von zwei bis drei Stunden konnte der Reisende aus einer öden baumlosen, nur von Reihen grauer Felsen durchschnittenen Gegend, den Schauplatz unserer Geschichte erreichen, wo sein Weg bald unter dem Laubdach von Wäldern, bald über schwellende Hügel sich hinzog, die mit Hecken und langem Wiesengras und dickem Korn besetzt waren, und wo ihm bei jeder Wendung des Weges bald ein schöner alter Landsitz, im Thale versteckt oder einen...