Eisner / Fechenbach / Bürger | Kurt Eisner als Revolutionär und Ankläger des deutschen Militarismus | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 31, 464 Seiten

Reihe: edition pace

Eisner / Fechenbach / Bürger Kurt Eisner als Revolutionär und Ankläger des deutschen Militarismus

Ein Lesebuch - eingeleitet durch die Darstellung des Weggefährten Felix Fechenbach
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7693-9683-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Lesebuch - eingeleitet durch die Darstellung des Weggefährten Felix Fechenbach

E-Book, Deutsch, Band 31, 464 Seiten

Reihe: edition pace

ISBN: 978-3-7693-9683-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der vorliegende Band zur Schalom-Bibliothek ist dem Revolutionär Kurt Eisner (1867-1919) gewidmet, der Anfang 1918 die Münchener Munitionsarbeiter erfolgreich zum Streik ermutigt und nach monatelanger Haftzeit als politischer Gefangener unverdrossen danach trachtet, das System der deutschen Kriegerkaste zu überwinden. Im Zuge eines ganz und gar unglaublichen, weithin gewaltfreien Umsturzgeschehens wird dieser scharfe Kritiker des militärgläubigen Establishments der SPD erster Ministerpräsident des "Freistaates Bayern". In vier Abteilungen versammelt das Lesebuch Texte von Kurt Eisner und mehreren Zeitgenossen. Ein Auswahl von Essays vermittelt, dass Eisner mitnichten ein "reformistischer Schöngeist" oder Träumer gewesen ist. Die einleitende Gesamtdarstellung stammt aus der Feder des Weggefährten Felix Fechenbach (1933 von den Nazis ermordet), der zu Beginn des Jahres 1918 auf Seiten der Jugend am linkspazifistischen Protest in München beteiligt war und nach der Revolution als Sekretär des Ministerpräsidenten gewirkt hat. Als Quellen treten Eisners Aufrufe und Reden bis zum Tag der Ermordung hinzu: "Es steht heute fest, dass dieser Krieg von einer kleinen Horde preußisch-wahnsinniger Militärs in Deutschland, die verbündet waren mit Schwerindustriellen und Weltpolitikern, Kapitalisten und Fürsten, gemacht worden ist" (Februar 1919). In der letzten Abteilung "Zeitgenossen über Kurt Eisner" sind mit Gustav Landauer, Kurt Tucholsky, Theodor Lessing und Ernst Toller vier weitere Autoren vertreten, die selbst den Attacken antipazifistischer Judenfeinde ausgesetzt waren. - Besondere Aufmerksamkeit verdient zudem eine Gedenkrede Heinrich Manns vom 16. März 1919: "Der erste wahrhaft geistige Mensch an der Spitze eines deutschen Staates erschien Jenen, die über die zusammengebrochene Macht nicht hinwegkamen, als Fremdling und als schlecht." Deshalb also musste Kurt Eisner - so oder so - beseitigt werden. edition pace. Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 7. Herausgegeben und bearbeitet von Peter Bürger.

Kurt Eisner (geboren am 15.5.1867 in Berlin als Sohn eines jüdischen Unternehmers, ermordet am 21.2.1919 in München): Journalist und sozialdemokratischer Politiker (SPD, ab 1917 USPD). Nach Beginn des 1. Weltkrieges glaubte er im Kontext der tradierten "sozialdemokratischen Russophobie" zunächst der offiziellen Kriegserzählung des deutschen Kaiserreichs und befürwortete lange die Zustimmung seiner Partei zu den Kriegskrediten. Er erkannte jedoch bereits Anfang 1915 die Kriegsschuld der Herrschenden in Deutschland und wurde schließlich zum energischen Gegner des militärfreundlichen Establishments in der SPD (das er noch im Februar 1919 wegen der kriegs- und systemstützenden Haltung scharf anklagen wird). 1917 schloss sich Eisner deshalb der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei) an, deren Leitgestalt er in Bayern wurde. Gegen den Widerstand der bayerischen SPD konnte Eisner (USPD) die entscheidenden Impulse beim Münchener Munitionsarbeiterstreik (Januar 1918) und zur bayerischen Revolution vom November 1919 geben. Er wurde erster Ministerpräsident des Freistaates Bayern. Seine Ermordung durch Graf Arco-Valley am 21.2.1919 war Gipfelpunkt einer beispiellosen Hetze der militär- und systemtreuen Kreise, die ihre Macht wiedererlangen wollten.

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Weitere Infos & Material


I.
Der Revolutionär Kurt Eisner
Aus persönlichen Erlebnissen | 19292 Felix Fechenbach 1. VOM SOZIALREFORMER ZUM REVOLUTIONÄREN SOZIALISTEN
Ich habe Kurt Eisner erst während seiner Münchener Jahre persönlich kennen gelernt, und die Zeit, die ich mit ihm verbringen durfte, gehört zu meiner erhebendsten und erlebnisreichsten. Ob ich einen seiner fein durchdachten Vorträge in Versammlungen der sozialistischen Jugend, in Veranstaltungen des Bildungsausschusses der Partei und der Gewerkschaften, oder in den Diskussionsabenden hörte, ob ich nach Versammlungen gemeinsam mit anderen Freunden mit ihm im Gespräch zusammen war, es war immer etwas ganz Besonderes, einen Abend mit Kurt Eisner verbringen zu können. Und dann später der offene Kampf gegen den Krieg, der Munitionsarbeiterstreik, die Tage der revolutionären Erhebung im November 1918! Da wurde die Idee wirklich, daß zwischen Gedanken und Tat kein Widerspruch und kein Zeitraum stehen dürfe. Das war es dann auch, was mich ihm politisch und persönlich so nahe brachte: Das Abstreifen der Lebensangst, das Wegwerfen der Sorge um die Existenz, die leidenschaftliche Hingabe an die Idee, die große, reine, opfernde Leidenschaft, von der Kurt Eisner erfüllt war, die er bei anderen gesucht und in ihnen entflammt hat. Nie vorher hatte ich das alles so stark gefühlt, wie in der letzten Versammlung, in der Kurt Eisner während des Munitionsarbeiterstreiks im Januar 1918 sprach, wenig Stunden vor seiner Verhaftung. Als Kurt Eisner damals für achteinhalb Monate in Untersuchungshaft kam, machte er nicht das erste Mal mit der düsteren Welt hinter Gittern Bekanntschaft. Schon 21 Jahre vorher hatte ihn die preußische Justiz neun Monate ins Plötzenseer Gefängnis geschickt. Der Anlaß war seine 1897 in der Berliner „Kritik“ erschienene Neujahrsbetrachtung „Ein undiplomatischer Neujahrsempfang“. Eisner war seit 1893 politischer Redakteur in Marburg an der Lahn an der von dem späteren sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Paul Bader neugegründeten „Hessischen Landeszeitung“. Dieses sozialreformerisch – demokratische Blatt führte einen erbitterten Kampf gegen den antisemitischen Reichstagsabgeordneten Böckel und warb um die Seele der Kleinbauern, denen es klarzumachen suchte, daß ihr Geschick nicht mit dem damals neugegründeten „Bund der Landwirte“ verknüpft werden dürfe, daß sie vielmehr natürliche Bundesgenossen der Industriearbeiter seien. Der Wirkungskreis in Marburg war Eisner zu eng. Er schrieb deshalb als Politischer Essayist viel für angesehene Berliner Zeitschriften, besonders für die „Kritik“. Das war auch aus wirtschaftlichen Gründen notwendig; sein Redakteurgehalt war sehr niedrig. Ein Teil seiner Aufsätze aus jener Zeit erschien später als Buch zusammengefaßt unter dem Titel „Taggeist“. Kurt Eisner kam aus dem Bürgertum. Eine Ironie der Weltgeschichte ist es, daß dieser leidenschaftliche Kämpfer gegen Junkertum und Militarismus, dieser glühende Hasser des Ewig-„Preußischen“ im alten Untertanenstaat, geboren wurde – am 14. Mai 1867 – als der Sohn des jüdischen Militäreffekten-Fabrikanten Emmanuel Eisner in Berlin, der Hoflieferant mehrerer Majestäten war. Kurt Eisners Großvater war Gutspächter bei Hussinecz in Böhmen, dem Geburtsort des tschechischen Rebellen und Reformators Johannes Hus. Der Sohn des Militäreffekten-Fabrikanten Unter den Linden hatte als Junge schon ein starkes Gefühl für soziale Ungerechtigkeiten. Im Norden Berlins durchstreifte er die Proletarierviertel, lernte dort die Not derer kennen, die im Schatten leben, und fühlte sich als Sohn vermögender Eltern mitschuldig an dem Elend der Besitzlosen. Der Sohn des Hoflieferanten mußte natürlich in eine vornehme Schule gehen. Er besuchte das Askanische Gymnasium, in dem viele Beamten- und Offizierssöhne Berlins erzogen wurden. Weil aber in einer solchen Schule nur die approbierte, staatserhaltende Gesinnung geduldet werden konnte, bekam Kurt Eisner gar bald Konflikte, die ihre Wurzel in seiner Gesinnung hatten und dazu führten, daß die Professoren seine Auffassung über religiöse Fragen zu unterdrücken suchten. Ostern 1886 bestand er die Reifeprüfung und ging zur Universität, um acht Semester Philosophie und Germanistik zu studieren. Seiner ganzen Wesensart waren die Unsitten studentischen Verbindungslebens zuwider; er blieb den saufenden und raufenden Verbindungen fern. Als Kurt Eisner mit seiner Doktorarbeit über Achim von Arnim beschäftigt war, wurde er plötzlich in die Journalistik weggeholt. Er wußte wohl, welch steinigen Weg er gewählt hatte. Aber er wollte das Wissen, das er sich erwerben durfte, denen weitergeben, die weniger glücklich waren, denen durch soziale und materielle Not und durch das Bildungsprivileg der Besitzenden der Weg zum Wissen versperrt war. Zuerst arbeitete er im Korrespondenzbureau Herold, das später von der Telegraphen-Union übernommen wurde. Aber Eisner, der nie eine Zeile gegen seine bessere Überzeugung schrieb, verließ 1889, als ihm ein politischer Gesinnungszwang zugemutet wurde, seine Stellung und kam als Nachtredakteur zur „Frankfurter Zeitung“. Damals erschien seine erste Schrift. Sie behandelte kritisch-polemisch die Philosophie Friedrich Nietzsches und war eine der ersten bedeutenden Schriften überhaupt, die in Deutschland diesem Philosophen gewidmet waren. Eisner heiratete als Fünfundzwanzigjähriger in Eberswalde bei Berlin und lebte dort einige Zeit als freier Schriftsteller. Im Sommer 1893 ging er als Redakteur nach Marburg. Dort wurde er Schüler des Neukantianers Hermann Cohen, und er war bald mit ihm befreundet. Cohen hätte es gerne gesehen, wenn Eisner an der Marburger Universität Dozent geworden wäre. Diese Absicht wurde, soweit sie überhaupt bei Eisner auf Gegenliebe stieß, durch seinen Majestätsbeleidigungsprozeß durchkreuzt. Aber Eisners geistige Entwicklung bekam hier entscheidende Prägung. Sein Denken blieb immer stark von Kant beeinflußt. Eisner stellte das Sittengesetz Kants in seiner fruchtbarsten Formulierung vor Augen: „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst“, und er fügte die für seine revolutionäre Denkweise so charakteristische Bemerkung hinzu: „Man prüfe jenen Satz an den wirtschaftlich bedingten Klassenkämpfen der Geschichte. Hat nicht stets jede revolutionäre Klasse in irgendeiner Formel jenes sittliche Programm als Recht und Ziel ihrer Empörung auf ihre Fahne geschrieben?“ Die preußischen Behörden waren schon lange auf den scharfen Kritiker aufmerksam geworden, der einen so glänzenden Stil schrieb und die Waffe beißender Satire meisterhaft zu handhaben wußte. Seine Neujahrsbetrachtung 1897 war dem Staatsanwalt willkommener Anlaß, ihm das „Handwerk zu legen“. Haussuchungen in der Redaktion der „Kritik“ enthüllten Eisners Pseudonym (er schrieb unter den Decknamen „Sperans“ und „Tat-Twan“), und der gegen ihn eingeleitete Majestätsbeleidigungsprozeß endete nach der üblichen staatsrettenden Auslegung der Paragraphen mit Eisners Verurteilung zu neun Monaten Gefängnis. In seiner Marburger Zeit hatte sich Kurt Eisner allmählich vom sozialreformerischen Demokraten zum Sozialisten entwickelt. Seine politischen Essays hatten auch führende Sozialdemokraten auf den rücksichtslosen Kritiker und geistvollen Publizisten aufmerksam gemacht, dessen Name ihnen aber erst durch seinen Majestätsbeleidigungsprozeß bekannt wurde. Nach Ablauf seiner Gefängniszeit im Jahre 1898 wurde Kurt Eisner von Wilhelm Liebknecht als politischer Redakteur an den „Vorwärts“ geholt. Bis zum Jahre 1905 war Kurt Eisner als Redakteur am „Vorwärts“ tätig, und diese Jahre gehören zur glänzendsten Zeit des sozialdemokratischen Zentralorgans. Man hat Kurt Eisner damals wegen seines Eintretens für systematische, parlamentarische Reformarbeit einen „Revisionisten“ genannt, der er aber in Wirklichkeit nie war. Seine ethische Begründung des Sozialismus trug dazu bei, daß man ihn später in die Rubrik „weltfremder Literaten und Phantasten“ einreihte. Hätte er sich damit begnügt, ein feinsinniger Stilist zu sein und glänzende Leitartikel zu schreiben, so würde er sich das Wohlwollen und die Anerkennung auch all derer erhalten haben, die ihn, als er während des Krieges und in den Revolutionsmonaten andere politische Wege ging als sie, einen „Phantasten“ nannten. Eisners Haltung in entscheidenden politischen Fragen hat oft genug gezeigt, daß er sich als der Weitblickendere und Wirklichkeitsnähere erwies, weil er stets das zu erreichende Ziel klar im Auge behielt, nicht trotz, sondern infolge seiner stark ethisch orientierten Politik. Er war eine so scharf geprägte Persönlichkeit, daß er nicht recht in die hergebrachten Schablonen paßte, und deshalb zuweilen ein unbequemer...



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