Eisenstein | Klima | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Eisenstein Klima

Eine neue Perspektive

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-95890-272-5
Verlag: Europa Verlage
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der heute vorherrschende Konsens über unser Klima lässt wenig Raum für andere ökologische Anliegen. Taktiken und Ziele des Klimaschutzaktivismus folgen immer noch dem gleichen Muster, das überhaupt erst zu Klimawandel und Umweltzerstörung geführt hat: Probleme wie Genmanipulation, riesige Biosprit-Plantagen oder die Anlage von Staudämmen werden ignoriert oder sogar als Lösung angeboten, was zu einer weiteren Verschärfung der Entwicklungs- und Globalisierungsproblematik führt.

In seinem neuen Buch Klima plädiert Charles Eisenstein dafür, dass wir uns wieder dem Wasser, dem Boden, den Wäldern, der regenerativen Landwirtschaft und dem Naturschutz zuwenden, denn vieles, was Treibhausgasen und globaler Erwärmung zugeschrieben wird, ist in Wahrheit unserem separatistischen Weltbild geschuldet, das zur Krise unseres Planeten geführt hat. In Klima kommt Eisenstein zu dem Schluss, dass es nicht ausreicht, lediglich neue Formen der Energiegewinnung oder des Konsums einzuführen, um eine "nachhaltige Entwicklung" zu ermöglichen. Vielmehr bedarf es eines radikalen Umdenkens im Sinne von "Interbeing", einem ganzheitlichen Fühlen und Handeln, das die Verbundenheit aller Menschen, aber auch die Verbundenheit von Mensch und Natur ins Zentrum stellt, um einen positiven Wandel zu ermöglichen. Wir alle müssen lernen, Verantwortung für unser Tun zu übernehmen, und zur Heilung unseres Ökosystems beitragen; denn nur so können wir eine Heilung unserer klimatischen und sozialen Systeme erreichen.
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Vorwort
Wenn man Botschaften an das breite Publikum vermitteln will, kommt es auf das framing, den Denkrahmen, an. So fiel mir plötzlich auf, als ich die Linguistin Elisabeth Wehling in einem Radiointerview gehört hatte, dass ich falsch lag, vom »Klimawandel« zu sprechen. »Klimawandel« hört sich so harmlos an, alles wandelt sich, warum nicht auch das Klima? In der Tat, der Begriff ist ein klassischer Fall eines Euphemismus, ein beschönigender Begriff, so wie man etwa vom »Einschläfern« spricht, wenn man das geplante Vergiften von Tieren meint. Doch wenn vom »Klimachaos« die Rede ist, hat sich der Denkrahmen geändert. Die Warnlampen des Publikums gehen an, nach Ursachen wird gefahndet, und Schutzvorkehrungen werden gefordert. Das framing ist schon die halbe Miete der Debattierkunst. Charles Eisenstein tritt für einen neuen Denkrahmen, für ein neues framing ein, um die Klimakrise begreiflich zu machen. Er misstraut der Standarderzählung von der Erderwärmung (schon wieder ein Euphemismus), wonach die Erdüberhitzung von den steigenden Emissionen im Industriezeitalter herrührt, die es in immer wieder erneuten Minderungszielen zu reduzieren gilt. Speziellen Argwohn hegt er gegenüber der zahlenorientierten Expertokratie des Klimawandels, der er vorwirft, das Monopol über alle ökologischen und sozialen Fragen anzustreben. Allzu häufig wird der Klimaschutz als oberste Priorität gesehen, wohingegen der Vogelschutz – etwa in der Verteidigung der Migrationsrouten gegen die Windturbinen – oder der Schutz der Menschenrechte in Ghana – etwa im Widerstand gegen die Plantagen für Biotreibstoffe – sich hintanstellen muss. Dabei gehört Eisenstein keinesfalls zum Camp der Klimaskeptiker in den USA, ganz im Gegenteil. Er ist ein Tiefenökologe, wie man wohl im Deutschen sagen würde; er steht in der Tradition von John Muir, dem Begründer der US-amerikanischen Naturschutzbewegung, wie auch von Edward Abbey, dem radikalen Umweltaktivisten und Schriftsteller, der die Schluchten und Bergstöcke im Südwesten der USA besungen hat. Schließlich hat Eisenstein einen Schlüsselsatz, den er immer wieder variiert: »Die größte Bedrohung für das Leben auf der Erde sind nicht die Emissionen der fossilen Brennstoffe, sondern der Verlust von Wäldern, Boden, Feuchtgebieten und marinen Ökosystemen. Das Leben erhält das Leben. Wenn diese Beziehungen zusammenbrechen, sind die Ergebnisse unvorhersehbar … dies ist eine Bedrohung, der wir ausgesetzt sind, und da sie von vielen Faktoren abhängt, die noch dazu nicht-linear sind, kann sie nicht durch einfache Reduzierung der CO2-Emissionen überwunden werden.« Eisenstein plädiert dafür, das Klimachaos von der globalen Zerrüttung der Ökosysteme her zu denken, und nicht vom Anstieg der Klimagase im Zuge der Industrialisierung. Sein Imperativ lautet: Regeneration der Ökosysteme. In Deutschland und Europa hat man viel Aufhebens von der Energiewende gemacht, um in gut dreißig Jahren die vollständige Dekarbonisierung der Energieversorgung zu erreichen. Mit der Stromwende hin zu Wind und Sonne fing es an, dann setzte immerhin ein rasanter Ausbau der erneuerbaren Energien ein, bis zu 40 % des deutschen Strombedarfs im Jahr 2018. Aber die Stromwende ist in den letzten Jahren arg ins Stocken geraten. Außerdem gehört zur Energiewende auch die Wärmewende in den Gebäuden sowie die Verkehrswende für Autos und Flugzeuge, ansonsten kann man die flächendeckende Dekarbonisierung vergessen. Überhaupt sprechen alle Anzeichen dafür, dass sich die Atmosphäre der Erde wandelt, jedoch nicht die kapitalistische Ökonomie. Eisenstein bestreitet das nicht, er ist kein billiger Optimist, aber er hat zunächst ein anderes Thema. Er möchte den Haushalt des Lebens auf unserem Planeten in Ordnung bringen. So führt er zum Beispiel an, dass fast die Hälfte der Wälder, die einst die Erde bedeckt haben, im Laufe der Sesshaftigkeit des Menschen verschwunden sind, 60 % der Feuchtgebiete der USA sind in den letzten 300 Jahren verloren gegangen, und auch Ackerböden ohne chemische Düngung sind weltweit dezimiert. Das Klimachaos ist also das Ergebnis von zwei verhängnisvollen Entwicklungen: einmal dem steilen Anstieg der Emissionen und zum zweiten dem säkularen Niedergang der Aufnahmekapazität der Erde für CO2. Daher setzt sich Eisenstein nachdrücklich dafür ein, das Augenmerk auf Senken für Kohlenstoff zu richten. So ist beispielsweise eine massive Wiederaufforstung von artenreichen Wäldern in globalem Maßstab nötig, damit die Erde besser CO2 schlucken kann, vom Erhalt bestehender Wälder ganz zu schweigen. Dasselbe gilt für Meeresküsten: Mangroven, Seegras und Marschland binden Kohlenstoff noch besser als Wälder. Unversehrte Moore sind ein Hort der Artenvielfalt, sie dienen ebenso als Klimaschützer. Apropos Artenvielfalt: In humusreichen Böden stecken so viele Wurzeln, so viel Gestrüpp und Getier, dass die Landwirtschaft das Potenzial hat, zu einer globalen Senke für Kohlenstoff zu werden, nicht zu einer Mega-Quelle, wie es gegenwärtig der Fall ist. Ökologisch-regenerative Landwirtschaft, massiv betrieben, kann ein beträchtlicher Beitrag zum Klimaschutz sein. So wird es Eisenstein gefallen haben, dass der Right Livelihood Award 2018, besser bekannt als »Alternativer Nobelpreis«, an zwei »Waldmacher« ging, an einen Bauern und einen Wissenschaftler. Der Bauer Yacouba Sawadogo aus Burkina Faso, berühmt als »der Mann, der die Wüste aufhielt«, demonstrierte, wie karges, unfruchtbares Land in einen landwirtschaftlich nutzbaren Wald verwandelt wird, und zwar mithilfe von Pflanzengruben, die kostbares Regenwasser besser speichern, sowie von Viehdung, der Schösslinge sprießen lässt. Genauso wie der Agrarwissenschaftler Anthony Rinaudo. Er entwickelte ebenfalls eine Methode, Wald aus Wüste wachsen zu lassen, durch die er imstande war, Bäume aus unterirdischen, oft noch intakten Wurzelsystemen in Trockengebieten zu ziehen. Er inspirierte eine ganze Bewegung von Landwirten, die ariden Landstriche in der Sahelzone wieder zu begrünen. »Agroforstwirtschaft« heißt das Zauberwort, eine Strategie, deren Früchte sich schon in Satellitenfotos ausmachen lassen: die Grüngürtel, die hin und wieder die Sahara eindämmen, kann man vom Weltraum aus sehen. Landwirtschaft, die auf der Symbiose mit Bäumen basiert, kennt im Grunde nur Gewinner: Sie sichert das Wasservorkommen, erzeugt Nahrungsmittel, stellt den Rohstoff Holz zur Verfügung und wirkt darüber hinaus der ländlichen Armut entgegen. Und vor allem ist sie ein Versuch, das Klimachaos zu überstehen, als Anpassung an Dürre wie auch als Senke für die globalen Emissionen. Warum spielen diese Argumente in der Klimadebatte kaum eine Rolle? In Deutschland denkt man, wenn es um Klima geht, gleich an Braunkohle und Heizöl, Automotoren und Flugturbinen, an Windkraft- und Solaranlagen. Kurz, an die Reduzierung von Emissionen. So weit, so richtig. Aber warum haben Bäume, Humus und Moore so wenig Gewicht? Womöglich ist das der Ausdruck zweier Strömungen, die die Umweltbewegung seit Anbeginn im 19. Jahrhundert angetrieben haben: Gesundheitsschutz und Naturschutz. Die einen klagten ungesunde Städte und gefährliche Maschinen an, während die anderen sich um Flora und Fauna kümmerten und Naturschutzgebiete forderten. Im Jahre 1992 kristallisierten sich diese beiden Strömungen in zwei Konventionen der Vereinten Nationen heraus, den Konventionen über Klimawandel sowie über die biologische Vielfalt. Es sind demnach zwei Utopien, die gegenwärtig die Umweltszene beherrschen: das Solarzeitalter und das Zeitalter der Lebensvielfalt. Beide Utopien kreuzen sich, aber sie widersprechen einander auch. Man kann sich ein technisches Solarzeitalter mit digitalisierter Überwachung und künstlicher Intelligenz vorstellen, ein Zeitalter der Lebensvielfalt wohl nicht. Außerdem mobilisieren beide Utopien verschiedenes Wissen: das der Ingenieure und Physiker sowie das der Naturkundler und Biologen. Den einen steht das Kippen des Erdsystems drohend vor Augen, den anderen das Verstummen der Natur. Und die einen setzen auf erneuerbare Energien weltweit plus Kreislaufsysteme für Materialien, die anderen auf die Restauration der terrestrischen und marinen Ökosysteme, und zwar lokal wie auch global. Charles Eisenstein schlägt vor, das Klimachaos in der Perspektive der biologischen Vielfalt zu sehen. Er empfiehlt, mit einem Wort, die Resilienz der Biosphäre zu erhöhen. In Klima breitet er seine Argumente aus. Aber er muss dafür tiefer ansetzen. Wenn man dieses Buch liest, dann kapiert man, dass es mit dem herkömmlichen instrumentellen Wissen nicht getan ist, sondern dass es ein neues Paradigma braucht. Begreifen kann man die Welt des Lebens nur, wenn man die Auffassung von René Descartes endgültig über Bord wirft, wonach der Mensch Herrscher und Besitzer der Natur sei. Stattdessen gilt es, den Menschen als einen Teilhaber der großen Lebensvielfalt der Natur zu betrachten, und nicht als Externen, der imstande ist, die Natur zu manipulieren. Die Natur vornehmlich als Ressource für die Menschen zu sehen und zu behandeln ist irrig. Das rührt von der Vorstellung...


Charles Eisenstein, Jahrgang 1967, graduierte an der renommierten Yale University in Philosophie und Mathematik. Vertiefte Studien in Wirtschaftstheorie und Wirtschaftsgeschichte schlossen sich an. Unzufrieden mit der kompetitiven Struktur der Wirtschafts- und Arbeitswelt, arbeitete und lebte er lange Zeit als Dolmetscher in Taiwan. Persönliche und globale Krisensituationen führten ihn zu einer intensiven Beschäftigung mit der Body-Mind-Medizin und -Philosophie. Heute gilt er als einer der wichtigsten Vordenker für eine ökologische, vom Geld unabhängigere Lebensweise. Er präsentiert seine Visionen als gefragter Vortragsredner, veranstaltet Seminare und verfasst Essays und Bücher. "Die Renaissance der Menschheit", "Die Ökonomie der Verbundenheit" und "Die schönere Welt, die unser Herz kennt, ist möglich" wurden zu Klassikern der Nachhaltigkeitsbewegung.


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