Einwohlt | Nonstop online? | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Einwohlt Nonstop online?

Grenzenlos digital unterwegs:
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-401-80604-4
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Grenzenlos digital unterwegs:

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-401-80604-4
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Jenny ist reich, hochbegabt und todunglücklich, denn das Leben als Tochter aus gutem Hause kann ganz schön schwer sein. Freunde haben da keinen Platz. Jennys letzte Rettung ist der Chatroom, nur hier fühlt sie sich frei. Bis eine böse Überraschung im Netz auf sie wartet. Als sie langsam aus der digitalen Welt wieder auftaucht, ist es fast zu spät.
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1 Neustart

„Puh, geschafft!“ Erleichtert schiebe ich die Schublade meiner nigelnagelneuen Kommode zu. Soeben habe ich das letzte Paar Socken einsortiert – Sneakersocken neben die bunten Happy Socks, die einfarbigen dahinter. Einen extra Wäscheschrank – so viel Platz hatte ich in meinem alten Zimmer gar nicht! Denn in unserem neuen Haus ist alles dreimal so groß. Meine Eltern haben an nichts gespart, mir scheint es, als hätten sie nur darauf gewartet, endlich mit vollen Händen das Geld ausgeben zu können, das sie in ihren Managerjobs verdienen und jahrelang gespart haben. Hatten wir vorher eine gemütliche Altbauwohnung mitten in der Stadt, wohnen wir seit vierzehn Tagen in einem verschachtelten, sehr modernen Bungalow, den meine Eltern dreißig Kilometer außerhalb auf dem Land gebaut haben – mit allem Pipapo: Im Keller gibt es eine Sauna und einen Partyraum, ein Weinlager mit Klimakühlschrank und einen Hauswirtschaftsraum für Marianne, unsere Zugehfrau.

Im Erdgeschoss befindet sich eine geräumige Wohnküche mit einer Kochinsel, weil mein Vater zur Entspannung gerne kocht und sich dabei von seinen Freunden bewundern lässt. Ich glaube, alleine deshalb ist ihm dieses Haus so wichtig, weil er jetzt endlich im Mittelpunkt stehen kann, wenn er sein berühmtes Boeuf Bourguignon zubereitet, und nicht mehr wie in der alten Wohnung alleine in der Küche werkeln muss. Natürlich haben wir einen Kamin, zwei Gästeklos, eins davon mit Dusche, oben mehrere Schlafzimmer, zwei davon mit einem Bad ensuite. Und Mama nennt einen begehbaren Kleiderschrank, in dem sie ihre Business-Anzüge ordentlich und ebenfalls farblich sortiert aufbewahrt, ihr Eigen.

Mein „Reich“ besitzt ein überdimensionales Panoramafenster, von dem aus ich über die Felder bis hinüber auf die Reitanlage schauen kann, weil der Bungalow am Hang liegt. Alles ist hellgelb und in warmen Orangetönen gehalten, ein lichtdurchfluteter Raum mit einem Kingsize-Bett, einem gemütlichen Sofa und einem Designerteppich. Auf dem lässt es sich super herumlümmeln und Musik hören, ich weiß gar nicht, wie ich vorher ohne ihn sein konnte. Ich überlege, dort in Zukunft auch meine Hausaufgaben zu erledigen, aber das erzähle ich meinen Eltern lieber nicht. Denn sie sind ordentlich streng und verstehen bei allem, was mit Schule zu tun hat, überhaupt keinen Spaß – oder anders gesagt: Wenn ich keine sehr guten Noten nach Hause bringe, gibt es Ärger.

Das Beste an unserem neuen Zuhause ist jedoch unsere Mediathek im Ostflügel, die Papa ganz zeitgemäß mit Flatscreen, einem Full-HD-Beamer und Digital-Theater-Surroundsystem ausgestattet hat, ultragemütlichen Liegesofas inklusive, natürlich alles kabellos über Bluetooth gesteuert. In einer kleinen, unscheinbaren silbernen Kiste befinden sich an die tausend digitalisierte Filme; die DVD-Klassiker-Sammlung daneben macht sich richtig breit … Hier Lieblingsfilme zu gucken, ist besser als Kino! Außerdem darf ich sehen, was ich möchte, denn im Gegensatz zu den Gepflogenheiten in anderen Familien gibt es bei uns keine strikte Regelung was Fernseh- oder Computerzeiten betrifft, dafür sind meine Eltern in allen anderen Dingen unerbittlich. Im Medienzimmer habe ich freie Hand und kann tun und lassen, was ich möchte, ich darf sogar den großen Rechner benutzen, wenn ich etwas für die Schule recherchieren muss.

Eine nigelnagelneue Wii steht hier natürlich auch, Just Dance, Tennis, Lernspiele – alles, was man zum Sportmachen braucht begehrt. Zum Einzug hat mir meine Mutter Zumba-Fitness mit extra Hüft-Controller geschenkt und gemeint, damit könnte ich mit „ultra-fun“ meine Kondition und Figur verbessern. Sie ist nämlich der Meinung, dass mein Body optimierungsbedürftig ist, und macht mir diesbezüglich Dauerstress. Das ist noch schlimmer, als wenn sie ständig nach meinen Schulnoten fragt …

Ich überlege gerade, ob ich eine weitere Session einlege, da höre ich Marianne von unten rufen. Ihre Stimme klingt genervt, aber das tut sie in letzter Zeit immer, seit Marianne hier zu uns immer eine halbe Stunde stadtauswärts fahren muss.

„Johanna, da ist Besuch für dich!“

Besuch? Für mich?

„Komme!“, rufe ich und beeile mich, die unzähligen Holzstufen nach unten zu laufen. Ein schwieriges Unterfangen, an das ich mich erst noch gewöhnen muss, denn es handelt sich hier nicht um irgendeine Treppe, sondern um maßangefertigte Holzblöcke, die mit einer besonderen Technik an die Wand gedübelt wurden und einen an eine Art Hühnertreppe erinnern. Das darf man nur nicht laut sagen, sonst ist der Architekt beleidigt …

Als ich unten im Eingangsbereich ankomme, steht da Alina aus meiner Parallelklasse, barfuß, in Shorts und mit wippendem Pferdeschwanz. Ich kenne sie aus den Pausen, außerdem waren wir mal während der Projektwoche in einer Gruppe und ab und zu reden wir miteinander, wenn wir uns nachmittags in der schulischen Mediathek treffen. Ich finde sie eigentlich ganz nett, wenn auch ein bisschen langweilig, weil sie ständig nur von Pferden erzählt.

„Hi, was machst du denn hier?“, begrüße ich sie verwundert.

„Und was machst du hier?“, fragt sie ebenso kess zurück.

Einen Moment lang gucken wir uns schweigend an.

„Ich bin deine neue Nachbarin – oder du meine, wie man’s nimmt“, sagt sie und hält mir grinsend die Hand hin. „Willkommen in Liederhausen, Ort der Lindenblüte, Landluft und Langeweile.“

Verblüfft schlage ich ein. „Sag bloß … ich wusste gar nicht …“ „Wir wohnen hier schon seit über zwei Jahren, wenn du magst, zeige ich dir alles.“ Alina guckt mich mit ihren blauen Augen erwartungsvoll an. „Ich war in den Ferien bei meinen Großeltern, Mama hat mir vorhin erst gesagt, dass da ein Mädchen in meinem Alter eingezogen ist. Da war ich natürlich neugierig und musste schnell mal gucken kommen …“

„Gute Idee“, mischt sich Marianne ein, die die ganze Zeit über schweigend danebengestanden hat. „Dann kann Alina dir schon mal zeigen, wo morgen der Schulbus abfährt, und deine Mutter muss dich nicht fahren.“ Sie nickt uns beiden aufmunternd zu, nach dem Motto Und jetzt spielt mal schön.

„Geile Bude!“ Alina nickt anerkennend. „Wir haben uns bereits während der Bauphase gefragt, welche reichen Schnösel hier wohl einziehen. Uuups.“ Erschrocken hält sie sich die Hand vor den Mund.

Ich verziehe mein Gesicht. „Tja, wennschon, dennschon. Aber wenn es dich beruhigt. Sooo reich sind wir gar nicht, meine Eltern haben nur sehr lange gespart, um sich endlich ihr Traumhaus leisten zu können.“ In Wahrheit verdienen sie ordentlich Kohle, wie ich neulich zufällig herausgefunden habe – mein Vater ist Controller im mittleren Management, meine Mutter Regional-Managerin für Ostasien im Investmentbereich in einer Bank. Beide arbeiten leidenschaftlich gerne und lang und sind zu Hause so gut wie nie ohne ihre Unterlagen und Smartphones anzutreffen. Selbst beim Kistenauspacken stand Mamas Laptop mit den aktuellen Börsendaten auf dem Fensterbrett. Wir haben überall im Haus WLAN und natürlich sind Rollläden, Alarmanlage, Licht und Türen über das iPad gesteuert.

„Soll ich dir alles zeigen?“, frage ich Alina, die erwartungsvoll neben mir steht, halb belustigt über ihre Neugier, halb genervt. Eigentlich wollte ich nicht hierherziehen, weil es mir in unserer alten Wohnung an nichts fehlte. Hier ist mir alles eine Spur zu groß und zu modern eingerichtet, aber mein Zimmer ist natürlich einsame Spitze.

Also mache ich eine Hausführung, fange unten bei Sauna und Whirlpool an und höre oben in der Mediathek auf. Alina bringt vor Staunen kaum ein Wort über die Lippen.

„Wow!“ und „obergeil!“ ist alles, was sie sagt. Mir ist das ein bisschen unangenehm, ich bin nicht der Typ Angebertussi, auch wenn das vielleicht alle von mir denken, weil ich immer teure Markenklamotten trage und fast alles bekomme, was ich mir wünsche. Aber in Wirklichkeit mache ich mir nicht sonderlich viel daraus. Ob da Boss Orange oder Ralph Lauren draufsteht, ist mir herzlich egal, für mich ist es normal, so angezogen zu sein. Außerdem bin ich nicht sonderlich schlank, weshalb ich, anders als Krizia und Doreen aus meiner Klasse, mit denen ich befreundet bin, nicht so viel Spaß an Mode habe. Die beiden legen großen Wert auf ihr Styling und diskutieren stundenlang über mögliche und unmögliche Outfits, während ich mit Jeans und Shirt zufrieden bin – zum Leidwesen meiner Mutter, die meist coolere Klamotten für mich raussuchen würde, in die ich aber leider nicht reinpasse. Einzig bei meinen Haaren, die lang, blond und in weichen Locken mein Gesicht umrahmen, lege ich Wert auf regelmäßige Pflege. Da kann ich stundenlang vor dem Spiegel stehen und sie mit allen möglichen Kuren und Tinkturen beackern, bis sie wunderschön glänzen und gesund aussehen. Da meine Mutter die Friseurtermine ausmacht, gehe ich natürlich nicht in irgendeine Haarfabrik, sondern genieße Luxusshampoo einer Luxusmarke in einem Luxussalon mit einem Luxushaarschnitt zu einem...


Ilona Einwohlt ist ihren Lehrern schon als Schülerin mit etwas anderen Aufsätzen aufgefallen. Sie schreibt mit viel Liebe, Witz und Leidenschaft – und fällt mittlerweile mit erfolgreichen Büchern auf, nicht zuletzt deshalb, weil sie mit ihrem locker-einfühlsamen Ton über Themen schreibt, die Mädchen wirklich interessieren. Dass sie sich gerade in „Mädchensachen“ bestens auskennt, hat sie unter anderem in ihren Ratgeberromanen bewiesen. Der Bestseller „Mein Pickel und ich“ sowie die Folgebände sind inzwischen zur Pflichtlektüre in Sachen Pubertät geworden. Ilona Einwohlt, 1968 geboren, hat Germanistik und Romanistik studiert, bevor sie das Schreiben für sich entdeckt hat. Sie lebt mit ihrer Familie in Darmstadt. Foto © privat



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