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E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Eiffler Kirche hier und jetzt

Wie wir Gottes Mission treu sind und unserem Kontext gerecht werden - Theorie und Praxis für Gemeinden und Gründer

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-417-27069-3
Verlag: R. Brockhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kirche passiert, wenn Menschen Jesus dort begegnen, wo sie leben. Und wenn Christen sich dorthin senden lassen. Felix Eiffler lenkt den Blick auf die individuellen Chancen, die jede Kirche in ihrem spezifischen Kontext hat. Es stellt Methodik und Praxisbeispiele vor, wie eine Verknüpfung zwischen Kirche und Umgebung gelingen kann, damit Menschen für den Glauben gewonnen werden können. Und es ermutigt lokale Gemeinden und Gründer dazu, aus der eigenen Subkultur herauszutreten, um den Menschen im Umfeld von ganzem Herzen zu dienen. Ein Plädoyer für unsere Kirche - zeitgemäß, missional, klug!

Dr. Felix Eiffler (Jg. 1984) hat in Berlin, Seoul und Greifswald evangelische Theologie studiert. Er ist stellvertretender Direktor des 'Instituts zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung' der Universität Greifswald und Vikar im Ehrenamt in der Nordkirche. Er hat sich viele Jahre in der 'Jungen Kirche Berlin' sowie bei 'GreifBar' in Greifswald engagiert. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.
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AUF SENDUNG –
Kirche passiert, wenn Menschen Jesus begegnen und sich von ihm senden lassen


Wie bei einem guten Witz


Im Alter von fünfzehn Jahren bin ich Christ geworden. Bis dahin war es mein Traum, Politiker (am besten Bundeskanzler) oder Unternehmer (also Chef) zu werden. Ich stamme aus einer Unternehmerfamilie und habe mit der Bundestagswahl 1998 und dem damit verbundenen Regierungswechsel mein Interesse für Politik entdeckt (im Alter von 14 Jahren – aus heutiger Sicht fast ein bisschen nerdig). Ende 1999 lernte ich eine Gruppe engagierter Christen kennen, die im Auftrag der Berliner Stadtmission eine Gemeinde in Berlin-Hellersdorf gegründet hatten. Mit dieser bunten Truppe feierte ich Weihnachten und besuchte danach regelmäßig ihre »Jesus Partys« – eine Art Hybrid aus Gottesdienst und Party. Was mich an ihnen faszinierte: Ich hatte das Gefühl, dass diese Leute Gott kannten. Sie waren ihm begegnet und glaubten auf eine Art, die ich bisher nicht gekannt hatte. Ich war zwar im Mai 1999 konfirmiert worden, aber diese Erfahrung war neu für mich. Ich wurde neugierig und fing an, in der Bibel zu lesen, zu beten, und besuchte einen Glaubenskurs.

Was ich dann – Anfang des Jahres 2000 – erlebte, war spannend: Beim Lesen der Bibel (die ich erstmals ernsthaft lesen wollte) merkte ich, dass es nicht nur ein Buch war: Die Person, die in den Texten beschrieben wird (ich hatte mit dem Lukasevangelium begonnen), kam mir zunehmend bekannt vor, da es dieselbe Person war, die gerade an die Tür meines Herzens klopfte. Ich spürte, dass Jesus Christus, wie ihn die Bibel beschrieb, gerade Teil meines Lebens wurde und begann, mein Herz zu erobern. Diese Erfahrung hatte ich vorher noch nie gemacht, und sie machte mich froh und neugierig. Froh, weil ich merkte, dass da jemand ist, der mich völlig durchschaut und zugleich zutiefst liebt. Und neugierig auf Gott. Die Begegnung mit Gott weckte eine tiefe Sehnsucht. Jahre später stieß ich auf folgende Worte von Augustinus, die mein Erlebnis treffend beschreiben:

Du riefest und schriest und brachst meine Taubheit. Du schillertest, glänztest und schlugst meine Blindheit in die Flucht. Du wehtest und ich schöpfte Atem und atme zu dir auf. Ich kostete dich und hungre und dürste. Du berührtest mich und ich entbrannte in deinem Frieden.29

Seit jener Zeit bin ich Christ und mein Leben hat eine ordentliche Wendung vollzogen. Ich entschied mich für ein Theologiestudium mit dem Ziel, Pfarrer zu werden – ein Beruf, der mir vorher niemals in den Sinn gekommen wäre. Seither spüre ich den Wunsch, die großartige Erfahrung, Gott zu entdecken, mit allen Menschen zu teilen. Ich spüre, wie mich Gottes Liebe drängt (vgl. 2. Korinther 5,14). Ich kann den Freudenschrei nicht unterdrücken. Es ist wie bei einem guten Witz: Man muss einfach lachen. Oder wie bei einem genialen Song: Er wird noch schöner, wenn man ihn teilt.

Ich bin meinen ersten christlichen Freunden äußerst dankbar, dass sie sich aufgemacht und ihren Glauben mit mir geteilt haben. Sie haben mich in ihre Beziehung zu Christus eingeladen und mir die Chance eröffnet, Christ zu werden. Die Bereitschaft, ihren Glauben für andere zu öffnen und zu teilen, hat mich inspiriert. Meinem Glauben wohnt der tiefe Wunsch inne, für andere offen zu sein und Menschen die Chance zu eröffnen, das Evangelium zu hören und dessen Relevanz für ihr Leben zu entdecken.

Der englische Theologe und ehemalige Erzbischof von Canterbury Rowan Williams schreibt, dass Kirche »dort Gestalt bekommt, wo Menschen dem auferstandenen Jesus begegnen und ihr Leben darauf ausrichten, diese Begegnung in der Begegnung miteinander fortzuführen und zu vertiefen«30. Dies deckt sich mit meiner Erfahrung und dient als Leitmotiv des zweiten Kapitels.

Dem auferstandenen Jesus begegnen – Oder: Was macht die Kirche eigentlich zur Kirche?


Die Kurzdefinition von Rowan Williams trifft es eigentlich schon ziemlich gut: Kirche nimmt dort Gestalt an, wo Menschen dem auferstandenen Jesus begegnen. Aber was heißt das genau und wie geschieht es? Hinsichtlich des Zeugnisses der biblischen Texte kann man festhalten: »Aufgrund der Erfahrung der Gegenwart des Auferstandenen im Geist verstanden sich die ersten Christen als endzeitliche Heilsgemeinschaft.«31

Eine ähnliche gedankliche Spur findet sich im Apostolischen Glaubensbekenntnis, dem Bekenntnis, das vermutlich am häufigsten in Gottesdiensten gesprochen wird. Dort heißt es von der Kirche, dass sie die »Gemeinschaft der Heiligen« sei. In der Formulierung »Gemeinschaft der Heiligen« steckt ein doppelter Sinn: Sie beschreibt einerseits die Gemeinschaft derer, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Christus als Heilige bezeichnet werden, und andererseits wird mit dieser Formulierung die Gemeinschaft mit den »heiligen Dingen« – das heißt mit Gott selbst – ausgedrückt. Kirche ist also die Gemeinschaft derer, die mit Gott selbst Gemeinschaft haben.

Im Grundbekenntnis der lutherischen Kirchen, dem Augsburger Bekenntnis, steht im 5. Artikel »Vom Predigtamt«:

Um diesen Glauben (an die bedingungslose Gnade Gottes gemäß dem Evangelium) zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, das Evangelium und die Sakramente gegeben, durch die er als Mittel den Heiligen Geist gibt, der den Glauben, wo und wann er will, in denen, die das Evangelium hören, wirkt, das da lehrt, dass wir durch Christi Verdienst, nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, wenn wir das glauben. Und es werden die verdammt, die lehren, dass wir den Heiligen Geist ohne das leibhafte Wort des Evangeliums durch eigene Vorbereitung, Gedanken und Werke erlangen.32

Man darf das Predigtamt nicht allein mit dem Pfarramt und der sonntäglichen Predigt identifizieren. Es ist vielmehr jede Form der Bezeugung des Evangeliums gemeint, die sich an die Heilige Schrift bindet und die die Entstehung des Glaubens dem Wirken Gottes überlässt. Die derbe Formulierung am Ende (»Und es werden die verdammt«) ist einerseits zeitbedingt, andererseits dem Umstand geschuldet, dass den Reformatoren dieses Anliegen besonders wichtig war: Sie wollten um jeden Preis sicherstellen, dass das Empfangen des Heiligen Geist und damit der Glaube ein souveränes Geschenk Gottes ist und nicht durch eigenes Bemühen erworben werden kann. Zudem betonen sie, dass der Glaube nicht in uns liegt, sondern von außen – durch Gottes Wort und Gottes Geist – an uns herangetragen wird. Er verändert als eine eigenständige und fremde Größe unser Leben und ist nicht Resultat unserer eigenen Bemühungen. Die Kirche wird deshalb auch als ein »Geschöpf des Wortes« bezeichnet. Gemeint ist damit das Wort Gottes, welches uns in reinster und schönster Form in Jesus Christus begegnet und daraus abgeleitet ebenso in der Bibel sowie in der Predigt.

Man muss die Aussagen von Artikel 5 aber in Verbindung mit dem siebten Artikel (»Von der Kirche«) verstehen. Dort heißt es:

Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und es ist nicht zur wahren Einheit der christlichen Kirche nötig, dass überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden, wie Paulus sagt: »Ein Leib und ein Geist, wie ihr berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe« (Epheser 4,4-5).33

Kirche ist also die Gemeinschaft derjenigen, in deren Mitte das Evangelium gepredigt und die Sakramente gefeiert werden. Wenn dies geschieht, dann vertraut diese Gemeinschaft darauf, dass Gott selbst unter ihnen ist und den Glauben wirkt, »wo und wann er will«. In der christlichen Gemeinschaft, die wir Kirche nennen, verbindet sich menschliche Gemeinschaft mit göttlicher Gemeinschaft. Oder wie Williams es formuliert: Kirche bekommt »dort Gestalt, wo Menschen dem auferstandenen Jesus begegnen und ihr Leben darauf ausrichten, diese Begegnung in der Begegnung miteinander fortzuführen und zu vertiefen«. Die Begegnung mit Jesus in der menschlichen Gemeinschaft fortzuführen und zu vertiefen – das ist Kirche.

KIRCHE HEISST AUCH, DIE NÄHE DER ANDEREN ZU SUCHEN UND AUSZUHALTEN.

Damit ist eine wichtige Unterscheidung getroffen: Die Begegnung mit Jesus kann man nicht machen oder herstellen. Zugleich ist sie nicht einfach willkürlich, sondern benötigt bestimmte Rahmenbedingungen: Gemeinschaft, Evangelium, Sakramente. Diese äußeren Bedingungen herzustellen, liegt durchaus in menschlichen Möglichkeiten. Ebenso liegt es in der Verantwortung der einzelnen Glaubenden, die Begegnung mit Jesus in der Gemeinschaft miteinander fortzuführen und zu vertiefen. Kirche heißt eben auch, sich einander auszusetzen, die Nähe der anderen zu suchen und auszuhalten.

Glaube als Geschenk Gottes


Der Glaube ist also kein Werk des Menschen, sondern des Heiligen Geistes, denn das Evangelium ist ein »tätiges Wort«34, das sich selbst kommuniziert.35 Aber der Mensch hat Anteil an diesem Geschehen: »Darum spricht Gott die Tat seines Kommens in Christus zum Menschen durch sein Wort in jede Gegenwart hinein, und Glauben heißt: Dieses Wort ist bei mir angekommen und ich halte mich daran.«36 Der Glaube ist gewissermaßen ein Hybrid, denn er ist eine Gabe Gottes und zugleich bleibt der Mensch das Subjekt des Glaubens. Der Mensch ist »weder...


Eiffler, Felix
Dr. Felix Eiffler (Jg. 1984) hat in Berlin, Seoul und Greifswald evangelische Theologie studiert. Er ist stellvertretender Direktor des "Instituts zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung" der Universität Greifswald und Vikar im Ehrenamt in der Nordkirche. Er hat sich viele Jahre in der "Jungen Kirche Berlin" sowie bei "GreifBar" in Greifswald engagiert. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Dr. Felix Eiffler (Jg. 1984) hat in Berlin, Seoul und Greifswald evangelische Theologie studiert. Er ist stellvertretender Direktor des "Instituts zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung" der Universität Greifswald und Vikar im Ehrenamt in der Nordkirche. Er hat sich viele Jahre in der "Jungen Kirche Berlin" sowie bei "GreifBar" in Greifswald engagiert. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.


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