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E-Book

E-Book, Deutsch, 388 Seiten

Ehlers Mordgesellen

Adolf Petersen - der Lord von Barmbeck
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-4050-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Adolf Petersen - der Lord von Barmbeck

E-Book, Deutsch, 388 Seiten

ISBN: 978-3-8192-4050-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wilhelm Berger und seine Kollegen von der Hamburger Kripo sehen sich einer gut organisierten Bande von Kriminellen gegenüber. Und das sind keine Gentleman-Verbrecher, sondern Gewalttäter. Gewalt gibt es allerdings auch anderswo: Hunger-Unruhen, Kapp-Putsch - die junge deutsche Republik steckt in einer schweren Krise. Um Petersen und seiner Bande das Handwerk zu legen, geht die Polizei bis an die Grenzen des Rechtsstaats - und darüber hinaus.

Jürgen Ehlers, 1948 in Hamburg geboren, hat als Geowissenschaftler gearbeitet. Seine Schwerpunkte: Eiszeiten und Küstenforschung. Seit 2005 schreibt er Kriminalromane. Viele seiner Bücher haben einen historischen Hintergrund. Der vorliegende Band ist unter dem Titel "Die Nacht von Barmeck" im Jahre 2008 als historischer Kriminalroman bei KBV erschienen. Das Buch war vergriffen. Daher erscheint jetzt diese überarbeitete Neuauflage. Es ist der zweite Band der "Kommissar-Berger-Reihe".
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Es wird geschossen!


15. März 1920

Wilhelm Berger sitzt in Heimfeld in der Wohnung der Eltern von Fritz Wehner. Wehner ist der einzige Verdächtige, der ihnen noch geblieben ist, reichlich Vorstrafen hat er, und er gilt als Mitglied der Barmbecker Verbrechergesellschaft, aber sie können ihm die Beteiligung an dem Einbruch in das Wäschegeschäft Lehmann nicht nachweisen. Die Befragung der Eltern ist eine reine Formsache. Dennoch hat es Monate gedauert, bis die Einwilligung aus dem preußischen Harburg im Stadthaus eingetroffen ist.

»Dieser Polizistenmord? Ja, wir haben davon in der Zeitung gelesen«, sagt Frau Wehner vorsichtig. Fünfzig Jahre mag sie alt sein, und es ist klar, dass Berger nicht der erste Polizist ist, mit dem sie zu tun hat. Einen Kaffee bekommt er hier nicht angeboten.

»Aber ob Ihr Sohn etwas damit zu tun haben könnte, das wissen Sie nicht zufällig.«

»Mein Fritz?« Sie schüttelt den Kopf.

»Wann haben Sie ihn denn zuletzt gesehen?«

»Das ist schon eine Weile her. So um Weihnachten muss das gewesen sein.«

Berger nickt. Er denkt: Hier gibt es für uns nichts zu holen. »Und Ihr Mann – der ist bei der Arbeit?«

»Der Otto, ja der ist vorsichtshalber hingegangen. Ist ja Streik, angeblich, aber ob die Jute nun mitmacht oder nicht, das hat er nicht gewusst.«

Ja, der Generalstreik, der hat auch Bergers Anreise erschwert. Die Reichsbahn fährt nicht; da hat er die Straßenbahn nehmen müssen. An der Süderelbbrücke mussten alle aussteigen und sich kontrollieren lassen, Berger hat den normalen Ausweis vorgezeigt; die Einwohnerwehr hat ihn durchgewinkt.

»Und Sie verdienen sich durch Schneiderei ein paar Mark dazu?«

»Ja, Änderungen sind das vor allem. Die Leute haben ja kein Geld mehr, sich was Neues zu kaufen.«

Berger nickt. Er denkt: Änderungen können natürlich auch bei gestohlener Ware recht nützlich sein. Er nimmt eine Tischdecke zur Hand: »Es gibt tatsächlich Leute, die das Monogramm ändern lassen?«

»Ja, wenn die Decke verschenkt werden soll ...«

Auf der Kommode stehen drei gerahmte Fotografien von jungen Männern in Uniform.

»Das sind unsere Ältesten«, sagt die Frau. »Jetzt haben wir nur noch den Fritz.«

Und den verdächtige ich, ein Einbrecher zu sein. Wenn nicht Schlimmeres.

»Das hier, das ist er mit seiner Minna und der kleinen Erna.« Frau Wehner nimmt das Foto von der Wand.

Wachsam sieht er aus, der Fritz Wehner. Seine Frau eher gutmütig. Wehner hat den Arm um die Schulter seiner Tochter gelegt. Wie alt mag sie sein, diese Erna? Sechzehn? Ganz offensichtlich eine glückliche Familie. Berger verabschiedet sich und macht sich auf den Rückweg. Das Wetter ist trübe wie seine Stimmung. Drei Brüder tot, nur einer noch am Leben. Furchtbar. Aus anderen Familien ist keiner der Söhne zurückgekommen. Aber – ein Gutes hat er jedenfalls gehabt, der Weltkrieg, denkt Berger. Die Völker haben daraus gelernt. Krieg wird es so schnell nicht wieder geben.

2.


»Die Straße frei! – Es wird geschossen!«

Die Menschenmenge vor ihm gerät in Bewegung, zögerlich erst, dann in blinder Panik, als ein Maschinengewehr losfetzt. Berger rettet sich in einen Hauseingang. Mein Gott, denkt er, wo bin ich hier hineingeraten? Schreiende Menschen hasten vorbei. Das MG schießt wieder, diesmal nicht mehr über die Köpfe, diesmal gezielt. Wer sich jetzt nicht in Sicherheit gebracht hat, wird getroffen. Direkt vor Berger, mitten auf der Straße, bricht ein junger Mann zusammen, rührt sich nicht.

Ich muss ihn holen, denkt Berger. Er zögert. Muss ich wirklich? Das MG schweigt. Weiter entfernt brüllt ein Verwundeter. Sie werden nicht schießen, denkt Berger. Ich bin unbewaffnet, ich bin keine Gefahr. Er tritt auf die Straße.

»In Deckung!« Erst jetzt bemerkt Berger, dass auch auf der anderen Straßenseite Leute im Hauseingang stehen. Zwei Männer in Zivil, genau wie er. Einer hat ein Gewehr.

Berger geht weiter. Langsam, aufrecht, den Blick nur auf den Mann gerichtet, der da hilflos am Boden liegt. »Ich hole dich!«, sagt er, mehr zu sich selbst als zu dem Mann. Da fällt ein Schuss. Berger greift sich an den Arm, rennt zurück in den Hauseingang. Eine Schramme, denkt er, das ist nur eine Schramme. Aber es tut höllisch weh. Und wofür? Für nichts. Soviel hat er jedenfalls gesehen: Der Junge, der da draußen in seinem Blut liegt, der ist tot.

Der Mann drüben im Hauseingang gibt einen Schuss ab in Richtung des großen klassizistischen Gebäudes, das Berger vorhin nur unbewusst registriert hat. Auch woanders fallen Schüsse. Berger wird bewusst, dass er nirgendwo hin kann. Er sitzt in der Falle.

»Rein hier!« Hinter Berger hat sich die Haustür geöffnet.

Der Mann, der ihn in die Küche führt, mag vielleicht vierzig Jahre alt sein. Ein großer, kräftiger Kerl mit einem Vollbart.

»Lamprecht«, stellt er sich vor. »Ich bin der Lehrer.«

»Lehrer?«, fragt Berger. Er registriert, dass der Mann nur ein Bein hat.

»Ja, drüben in der Mädchenschule. Heute fällt der Unterricht aus.«

»Was ist denn los hier?«, fragt Berger.

»Gleich.«

»Gibt es hier irgendwo ein Telefon? Ich muss dringend telefonieren!«

»Gleich. Jetzt wollen wir uns erst einmal ihren Arm angucken.«

»Das ist nur eine Schramme!«, wehrt Berger ab.

»Das habe ich auch gedacht damals«, erwidert der Lehrer. Er weist auf sein Bein. »Aber dann war es doch ein kleines bisschen mehr. – Hertha, hol mal bitte das Verbandszeug!«

Die kleine Frau hat Berger erst jetzt bemerkt. Das ist der Schock, denkt er. Mein Gott, ich stehe tatsächlich unter Schock. Er lässt es mit sich geschehen, dass der Lehrer ihm das Jackett auszieht. Berger betrachtet den blutigen Ärmel. Das Loch – ob man das wohl stopfen kann?

»Und jetzt das Hemd!«

Berger beißt die Zähne zusammen.

»Ich schneide den Ärmel auf«, sagt der Lehrer. »Das Hemd ist sowieso nicht zu retten!«

Berger schreit auf, als der Mann ihm schließlich die Stofffetzen vom Arm reißt.

»Na, das sieht ja gar nicht so schlecht aus! Es ist tatsächlich nur eine Schramme.«

Hertha verbindet ihn fachgerecht.

»Das machen Sie sicher nicht zum ersten Mal«, sagt Berger anerkennend.

»So haben wir uns kennengelernt«, sagt der Lehrer. »Im Lazarett in Flandern. Ich habe damals geglaubt, ich hätte nur eine Schramme abbekommen, und sie hat gemeint, ich müsste sterben. Ja, und da haben wir uns halt auf die Hälfte geeinigt!« Er lacht.

Einige werden damit fertig, denkt Berger. Die meisten nicht. Es gibt mehr als genug bettelnde Krüppel auf den Straßen Hamburgs.

»So, jetzt können Sie wieder unter Menschen gehen!«

Hertha hat eines der Hemden ihres Mannes geholt. Die Länge stimmt fast; nur am Bauch hat es zu viel Spiel. Draußen fallen wieder Schüsse.

»In was bin ich hier eigentlich hineingeraten?«, fragt Berger.

»Das weiß noch keiner so genau. – Fest steht nur, dass heute früh Soldaten aus Stade gekommen sind und die Schule besetzt haben.«

»Aus Stade? Reichswehr?«

Der Lehrer schüttelt den Kopf. »Irgend so ein Freikorps ist das.«

»Was wollen die hier? Und warum wird geschossen?«

»Das weiß ich nicht. – Jedenfalls wird die Schule jetzt belagert. Von Einwohnerwehr und Schutzpolizei.«

Der Lehrer hat kein Telefon. »Schmidt vorn an der Ecke, der Arzt, der hat ein Telefon«, sagt er. »Aber da können Sie jetzt schlecht hin. Sie haben ja gesehen, was passiert, wenn Sie auf die Straße gehen.«

Es muss einen Weg geben, denkt Berger. »Kann man nicht hintenrum, durch die Gärten?«

Der Lehrer sieht ihn zweifelnd an. »Mit Ihrem Arm?«

»Es wird schon gehen«, sagt Berger.

Und es geht, wenn auch mit Mühe. Wozu muss man sein Grundstück so massiv gegen die Nachbarn absichern? Berger verflucht er die hohen Zäune. Er muss noch dazu einen Umweg machen; einer der Höfe ist mit einer Mauer gesichert, an deren Oberkante aufgeschlagene Glasflaschen einzementiert sind.

»He, was machen Sie denn da in unserem Garten?«

»Polizei!«, ruft Berger.

»Das wird auch Zeit!«, brummt die Alte und verzieht sich wieder in Richtung ihres Hauses.

Schließlich erreicht Berger das Eckhaus.

3.


»Hier sieht es ja aus wie ein Schlachtfeld!«

»Das ist ein Schlachtfeld.«

Berger hat nur einen kurzen Blick in das Vorderzimmer geworfen. Die Arztpraxis ist im zweiten Stock, der Schule direkt gegenüber. Die Fenster sind zerschossen, und Putz ist von den Wänden gefallen. In dem Zimmer hocken drei Männer, alle mit Karabinern bewaffnet, aber sie können ihre Waffen nicht einsetzen; das Haus ist...



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