E-Book, Deutsch, 156 Seiten
Egger Krise verleiht Flügel
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-902935-96-0
Verlag: Vindobona Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zufallsbefund Gehirntumor
E-Book, Deutsch, 156 Seiten
ISBN: 978-3-902935-96-0
Verlag: Vindobona Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sonja und ihre Familie führen ein glückliches Leben, das trotz alltäglicher Sorgen unbeschwert seinen Gang nimmt. Zumindest, bis eine schwerwiegende Diagnose alles auf den Kopf stellt und ihnen ihr vorheriges Glück erst wirklich vor Augen führt. Als bei der Routineuntersuchung ihres Sohnes Severin plötzlich ein Gehirntumor festgestellt wird, fängt Sonja an, diverse Entscheidungen anzuzweifeln und die Schulmedizin zu hinterfragen. Gibt es möglicherweise noch andere Methoden, die diese Krankheit heilen würden? Schon bald findet sie ihren eigenen Weg und wendet verschiedene alternative Verfahren an, welche die westliche Medizin zwar nicht ersetzen, jedoch bestens unterstützen können. Damit Severin wieder gesund wird, muss Heilung auf ganzheitlicher Ebene stattfinden ...
Autoren/Hrsg.
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Das Leben mit der Krise, schulmedizinisch betrachtet Crashland – Bruchlandung – Diagnose Es ist ein Bilderbuchmorgen im August. Die Sonne scheint, der Himmel ist tiefblau, ein lauer Wind weht durch die Büsche in unserem wunderschönen Garten. Von der angrenzenden Straße höre ich das Brummen der Autos. Das Amselpärchen, welches im Lorbeerbusch direkt neben der Eingangstüre nistet, beschenkt mich mit einer Melodie, welche von der Leichtigkeit des Lebens erzählt. Mein Mann Martin hat insgesamt vierzig Schwalbenhäuschen an unseren beiden Häusern angebracht, alle sind bewohnt und die Schwalben tanzen auch an diesem Morgen ihren allerschönsten Tanz. Ich beobachte sie und staune, wie sie nie müde werden bei der Futterbeschaffung für ihre Jungen. Ein Spektakel, welches sich Tag für Tag wiederholt, egal ob es regnet, die Sonne scheint oder ob es stürmt. Unter dem Nest, welches oberhalb des weißen Garagentores befestigt ist, liegen aufgebrochene Eierschalen und sie lassen mich erahnen, was für eine Freude sich darin eingenistet hat. Ich rieche den Duft von frisch geschnittenem Gras, höre das fröhliche Zirpen der Grillen und ganz leise das Rauschen des Dorfbaches, welcher sich anmutig hinter unserem Haus vorbeischlängelt. Ich nippe an meinem heißen Kaffee, welchen ich mir soeben aus der Maschine im Sitzplatz gebrüht habe. Er riecht unglaublich gut, ein unbeschreiblich komplexer Duft nach Blumen, gepaart mit tropischen Früchten. Ich bin erfüllt mit tiefer Dankbarkeit für diesen wunderschönen Wochenstart, für meine Familie, unseren idyllischen Garten, unser schönes Zuhause und fürs Leben. Meine Erinnerungen schwelgen zurück zum Samstagabend, wir feierten hier eine Gartenparty zum Dank für unsere zehn Angestellten, inklusive ihrer Familien. Mein Mann betreibt einen Obst- und Gemüsehandel und fährt dreimal in der Woche auf den Wochenmarkt in Winterthur. Mir ist bewusst, dass wir den Erfolg dieses Geschäfts dem unermüdlichen Einsatz von Martin, dem Teamgeist und der Wertschätzung für alles, was ist, zu verdanken haben. Ich liebe es, Gäste zu verwöhnen, ein Ambiente zu zaubern, welches einlädt zu verweilen und ein Gefühl des Willkommenseins vermittelt. So war ich auch die ganze letzte Woche damit beschäftigt, diesen Abend perfekt vorzubereiten. Alles geputzt, Tische aufgestellt, zusätzliche »Aperitiftische« eingerichtet. Getränke eingekauft, Eiswürfel vorbereitet, Geschirr besorgt, Dekomaterial passend zu Geschirr und Tischtuch ausgesucht und gekauft, Lebensmittel besorgt und den Spießchengrill angemietet. Salat sowie Dessertbuffet vorbereitet, natürlich auch noch Coiffeur und Kosmetikbesuch eingeplant, damit ja alles perfekt ist. Mit unserer Tochter Jasmin, sie befindet sich in der Ausbildung zur Floristin, die passende Blumendekoration angefertigt und letztendlich alles in Vorfreude auf das Eintreffen der Gäste liebevoll arrangiert. Um sechszehn Uhr ist geplant, dass der Grill eingefeuert wird. Das haben wir uns definitiv einfacher vorgestellt, die Kohle will einfach nicht brennen. Leichte Unruhe kommt auf, bis dann Martin zur Hilfe kommt und das Feuer mit Leichtigkeit entfacht. Nachdem alles bereit ist, gehe ich mich noch kurz umziehen, natürlich wähle ich das extra neu gekaufte blaugrüne, blumige, knielange Sommerkleid und die dazu passenden blauen Sandalen. Den dunkelblauen Lidstrich noch nachziehen, Wimpertusche auftragen und als Finale den rosa Lipgloss, welcher zum Nagellack passt, auftragen. Einen letzten Blick in den Spiegel, Haare zurechtrücken und zufrieden mit dem, was sich da zeigt, ab in den Garten. Auch hier überprüfe ich nochmals, ob alles wie gewünscht bereit ist. Und schon trudeln die ersten Gäste ein. Ein gelungener Abend, Genuss, Freude, Spaß und es wird viel gelacht, vor allem über Marktstandepisoden. Alle erzählen Geschichten, welche während der intensiven Arbeitstage nur am Rande Platz bekommen. Was ich an diesen Treffen immer so wertvoll finde, sind die Einblicke in die Welt aus den Augen des Gegenübers. Faszinierend ist die Erkenntnis, dass nicht selten die genau gleiche Geschichte ganz anders wahrgenommen wird. So wird immer wieder klar, dass jeder alles aus seiner Sicht mit seiner ganz individuellen Realität wahrnimmt. Ein durch und durch gelungenes Fest, doch jeder noch so schöne Moment geht einmal zu Ende, so auch dieser Abend. Während ich in den Erinnerungen bade, stockt mir plötzlich kurz der Atem, mitten in den Vorbereitungen für das Fest war da doch diese Bitte um Rückruf unseres Hausarztes auf dem Anrufbeantworter. Es war gerade ein sehr unpassender Moment, als ich die Nachricht abhörte. Frisch zuhause mit vier vollen Einkaufstüten, die Waschmaschine pfiff, weil das Programm fertig war, und die Zeit war ohnehin schon knapp berechnet für mein eingeplantes Menü. Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte, und so hörte ich nebenbei den Anrufbeantworter ab. Der Arzt bat mich um Rückruf. Severin hatte vor einer Woche eine Routineuntersuchung gehabt. Er hatte mit sechs Jahren eine Meningokokken-Meningitis gehabt und da hatten sie eine Herzklappenüberdehnung gefunden. Auf Grund dieses Befundes musste er jährlich in die Herzkontrolle und bei einer dieser weiteren Untersuchungen hatten sie festgestellt, dass auch die Aorta vergrößert ist. Der Herzspezialist erklärte uns damals, dass es wichtig sei, eine Bildgebung vom Kopf zu machen, bevor Severin achtzehn Jahre alt sei. Sofern diese Gefäßschwäche auch im Kopf vorhanden sei, ergebe es Sinn, das frühzeitig zu erkennen. Das sei versicherungstechnisch sehr wichtig, weil sonst die Invalidenversicherung bei späteren Komplikationen nicht für die Kosten aufkomme. Das beunruhigte mich nicht weiter, Severin stand so voller Kraft im Leben, dass ich mir sicher war, alles sei in bester Ordnung. Ganz ehrlich beschleicht mich an diesem Morgen jedoch ein ungutes Gefühl. Ich erkläre mir das mit meinem schlechten Gewissen, weil mir dieser Rückruf durch die Latten ging. Normalerweise passiert mir so etwas nicht. Die Uhr zeigt neun Uhr zehn und ich weiß, dass ich unseren Arzt immer erst um elf Uhr dreißig persönlich erreichen kann. So lenke ich mich ab, räume die Überreste des Festes auf. Stühle und Tische versorgen, die beiden ausgeborgten Feuersäulen von meinen zwei Freundinnen zurückbringen und natürlich das Altglas entsorgen. Die hellgrünen handgeschriebenen Dankeskarten für die mitgebrachten Geschenke markiere ich ausreichend, bevor ich sie beim Briefkasten bei der Postautohaltestelle einwerfe. Jeden Gedanken an den Anruf versuche ich wegzudrücken und trotzdem erwische ich mich immer wieder, wie ich nervös auf die schwarze Armbanduhr an meinem linken Handgelenk schaue. Der Sekundenzeiger bewegt sich, als hätte er den Muskelkater seines Lebens, mir scheint sogar, dass die Zeit stehen bleibt. Zu einem späteren Zeitpunkt hätte ich mir gewünscht, es wäre so gewesen. Anfang August ist die ideale Zeit für einen Sommerurlaub und Severin hat sich genau diese Woche für Ferien ausgesucht. So ist er ebenfalls zuhause. Ich bin bei mir im Schlafzimmer, stehe am Fenster und schaue den vorbeifahrenden Autos zu, als Severin sich aus Spaß auf mein Bett legt. Er hat Hunger und ihm ist langweilig. Er erzählt mir einmal mehr voller Freude von seinem Beruf als Hufschmied. Er liebt Pferde, und es bereitet ihm große Freude, wenn er diesen edlen, stolzen, manchmal auch frechen Tieren Schuhe machen kann, mit denen es eine Freude ist, die Welt zu erkunden. Voller Stolz erzählt er mir, dass er in der vergangenen Woche ein Pferd beschlug, welches jedes Mal sehr bockig sei. Das Leuchten in seinen Augen ist unbezahlbar, wenn er mir erzählt, was er in seinem Beruf erlebt. Gibt es etwas Schöneres, als dass eigene Kind so glücklich zu erleben? Pünktlich um halb zwölf sage ich zu Severin, dass ich aber sofort den Arzt anrufen werde, weil ich ihn nicht verpassen möchte. Ich nehme mein Handy, welches auf der Kommode liegt, und wähle die gespeicherte Nummer unseres Hausarztes. Die Verbindung wird hergestellt, es klingelt, einmal, zweimal, dreimal. Eine warme weibliche Stimme, welche der Arztgehilfin gehört, meldet sich freundlich und fragt nach meinem Anliegen. Es ist mir peinlich, dass ich sagen muss, ich habe den erbetenen Rückruf vergessen. Ich stehe dazu, auch wenn ich merke, dass in mir eine leichte Scham aufsteigt. Sie sagt mir, dass es okay sei, Hauptsache, dass ich es jetzt getan habe. Sie verbindet mich sofort mit dem Arzt, er begrüßt mich sehr freundlich mit den Worten: »Gut, dass Sie sich melden, ich habe Ihren Anruf bereits erwartet.« Er spricht mit seiner ruhigen, gleichzeitig festen und klaren Stimme weiter und erklärt mir, dass die Untersuchungsergebnisse vorlägen. Er macht eine kurze Pause und spricht mit seiner sehr mitfühlenden Art weiter. Die Gefäßuntersuchungen seien wie erwartet, einwandfrei. Puh, Erleichterung, aber weshalb ist da plötzlich diese Schwere, es müsste doch leicht sein? Ich höre, wie der Arzt einen tiefen Atemzug nimmt und erneut zum Sprechen ansetzt. Er sagt: »Es tut mir leid, wir haben auf der Bildgebung jedoch einen Hirntumor gefunden.» Es kam völlig unerwartet, vergleichbar mit einem Aufprall bei einem Autounfall … Bruchlandung … von einer Sekunde auf die andere ist alles anders. Es ist immer noch dieser Bilderbuchtag, nur kann ich es gerade nicht mehr sehen. Es hat sich nichts verändert, die Schwalben fliegen, die Amseln singen, der Bach plätschert, Severin wartet immer noch hungrig auf das Mittagessen, dennoch ist nichts mehr, wie es vorher war. Alles anders, was wichtig war, ist plötzlich unwichtig, Freude weicht der Angst und Überforderung. Nochmals tief durchatmen, wie gewohnt...