Edison | Die Wiederbelebung | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 141 Seiten

Edison Die Wiederbelebung


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7554-4353-7
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 141 Seiten

ISBN: 978-3-7554-4353-7
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Niklas führt ein solides Leben. Er hat einen sicheren Job, eine schöne Freundin und ist finanziell gut aufgestellt. Die Illusion einer perfekten Biographie, die auf lange Sicht zu Ehe, Familie und spießigem Wohlstand führt. Sein Weg scheint vorbestimmt, aber die Routine eines Buchhalters lässt ihn regelmäßig in Fantasien von einem alternativen Leben fliehen. Die Sicherheiten seines geregelten Lebens für seine Träume aufzugeben, das wagt Niklas nicht, bis eines Tages, der von Eintönigkeit geprägte Alltag erschüttert wird. Plötzlich ist nichts mehr sicher. Kein Job, keine Ehe und vor allen Dingen kein vorgezeichnetes Schicksal.

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Kapitel 2
Steffi war mein bester Freund. Was im ersten Augenblick nach weiblicher Bekanntschaft mit besonderen Vorzügen klang, stellte sich bei näherer Betrachtung als Bier liebender männlicher Kumpel und Fußballfan dar. Die Verniedlichung (für ihn war ich Nicki), die zugegebenermaßen an unserer sexuellen Ausrichtung zweifeln ließ, hatte ihren Ursprung in einem legendären Saufgelage. Wir hatten den Spaß über die Jahre beibehalten, aber mit zunehmendem Alter wurde die coole Darstellung der Verweiblichung unserer Vornamen immer problematischer und drohte, in Peinlichkeit umzukippen. Noch kaufte uns die Umgebung unsere extravagante Ausdrucksweise ab, aber spätestens mit den ersten grauen Haaren oder im Falle von Steffi mit dem Verlust seiner kompletten Haarpracht, sollten wir uns wohl Alternativbezeichnungen suchen. Steffi und Nicki trafen sich jeden zweiten Montag im „Madness“, um die Unzulänglichkeiten der Arbeitswelt und die Klippen monogamer Partnerschaften auszuwerten. Letzteres beschränkte sich ausschließlich auf mich, da Steffis Dogma sich an der Vielfältigkeit der Frauenwelt orientierte und damit im Gegensatz zu den Lehren einer erfüllten Beziehung stand. „Was gibt’s Neues von Mandy?“, fragte Steffi. Ein Thema, das mit Regelmäßigkeit beim Warten auf das erste Bier zur Sprache kam. Verflucht sei der Montag, an dem wir an der Haltestelle auf Mandy und ihren Freund getroffen waren. Diese schicksalhafte Begegnung, die in meiner Erinnerung nicht länger als dreißig Sekunden gedauert haben konnte, hatte Steffi damals vollends um den Verstand gebracht. Eine zu kurze Zeitspanne, um das komplette Spektrum Mandy zu verstehen. Verhängnisvoll für jeden Mann, da ihre offensichtlichen Nachteile erst mit dem gesprochenen Wort so richtig zum Tragen kamen. Ob ihre Herablassung, die sie eigentlich jedem fremden Kerl entgegenbrachte, Steffi von seiner Heiligsprechung abgebracht hätte, wagte ich zwar zu bezweifeln, aber wenigstens hätte es ein paar Kerben in dem Denkmal hinterlassen, das er sich aus den dreißig Sekunden erbaut hatte. Seine Fantasie war weit entfernt von der real existierenden Buchhalterin, die Selbstherrlichkeit zu ihrem Lebensmotto erkoren hatte. Obwohl ich immer wieder versuchte, ihn von diesem Fluch zu erlösen, konnte ihr böser Zauber nicht gebannt werden. Vermutlich würde nur eine Direktkonfrontation mit dem Übel zur Heilung führen, aber bis ich es schaffte die beiden für fünf Minuten in einen Raum zu bekommen, wiederholte sich das Ritual. „Besonders zickig. Selbst für ihre Verhältnisse“, antwortete ich kurz, da es heute Wichtigeres gab als blonde Illusionen. „Du weißt nur nicht, wie du mit solch speziellen Frauen umgehen musst. Die brauchen viel Verständnis und Hingabe.“ „Worte eines Frauenverstehers. Übersetzt heißt das Nachgeben und Energie aufbringen.“ Wir waren nun mittendrin in der Diskussion über Frauen und hatten noch nicht mal das erste Bier vor uns stehen. „Das ist dein Problem. Du siehst es aus Sicht eines Mannes.“ „Ach so, und wie sollte ich es sehen?“, fragte ich schnippisch. Endlich kam das Bier und der erste Schluck war eine Erlösung. „Es ist wie auf einer Jagd. Werde eins mit der Beute. Lerne zu denken wie sie“, vertrat Steffi konsequent seine Meinung. Er erinnerte mich an einen dieser Sitcom-Helden, der in jeder Folge seinem schüchternen Freund ungefragt die Regeln für effizientes Aufreißen aufdrängte. In absurdesten Situationen hatte dieser damit Erfolg, weil die Frauen aus dem Unterwäschekatalog nur den IQ einer Birne besaßen. Die Realität war weitaus komplexer, aber Steffis Ignoranz aller Naturgesetzte in Sachen Kontaktanbahnung schien trotzdem zu funktionieren. „Aufschneider.“ Ich wollte die Diskussion beenden, da ich bei Abenteuern mit Frauen jedem Kerl gegenüber als Verlierer dastand. Meine Kapitulation veranlasste ihn zu einem extra fiesen Grinsen. Nicht zum ersten Mal überkam mich das Verlangen, meine Faust in seinem Gesicht zu versenken. Diese Überheblichkeit war unerträglich. Obwohl ich Steffi ein gewisses Talent im Umgang mit Frauen zugestehen musste, war ich mir sicher, dass Mandy ihn an seine Grenzen bringen würde. Egal, es wurde Zeit, das Gespräch auf andere Dinge zu lenken. Das Thema Frauen war durch für diesen Abend und obwohl ich mit Ewa jede Menge Gesprächsstoff für drei weitere Runden Bier hätte bieten können, hielt ich mich zurück. Gegenüber den sexuellen Ansichten meines Freundes kamen mir die Wirrungen des heutigen Bürotages so furchtbar banal vor. Mein Pegel an Selbstvertrauen war tief im roten Bereich, während der von Steffi jegliche Skala zu sprengen schien. Es war eine Art Schutzfunktion meine Schwärmerei für Ewa durch dieses massive Ungleichgewicht nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. So diskutierten wir den Rest des Abends lieber über fragwürdige Elfmeterentscheidungen vom Fußballwochenende. Wenigstens da befanden wir uns auf Augenhöhe. In einer verhängnisvollen Mischung aus mangelndem Selbstvertrauen, verwirrenden Gefühlen und eindeutig zu viel Bier begab ich mich auf den Heimweg. Drei Voraussetzungen, die bei keiner Frau der Welt für Bonuspunkte sorgen würden, aber bei Peggy reichte allein der Alkohol. Meist kam ich mit einem Stirnrunzeln oder ein paar Anekdoten über schweren Alkoholmissbrauch davon. Der Schweregrad meines Ärgers korrelierte mit ihren eigenen negativen Erlebnissen des Arbeitstages. Heute kam die unbeantwortete Nachricht vom Vormittag hinzu, die ich aufgrund der Ereignisse zu beantworten komplett vergessen hatte. Der sprichwörtliche schwarze Montag steuerte auf sein großes Finale zu und wenngleich ich glaubte, die Auswirkungen längst erfasst zu haben, knallte mir Peggy eine Breitseite rein, die ich niemals hätte vorhersehen können. „Hallo Schatz“, begrüßte sie mich in der Wohnungstür und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Mein Geist weigerte sich, diesem Ritual auch nur einen Funken Aufmerksamkeit zu schenken. Die komplette Konzentration galt ihren Haaren und der auf den ersten Blick furchtbaren neuen Frisur. „Und? Wie findest du es?“ Ein abwartendes Lächeln zierte ihr Gesicht. Eins von der Sorte, das nur eine Antwort erlaubte. Wahrheit war in diesem Moment nebensächlich. Jetzt zählte einzig und allein das Talent zur glaubhaften Improvisation. „Ähem“, rutschte es mir raus, mit dem Ziel, Zeit zu gewinnen. Wie war das mit dem Alkohol und der verzögerten Reaktionszeit? Nur war ich hier nicht im Begriff, gegen einen Baum zu knallen. Was mich erwartete, war viel schlimmer. „Interessant“, schob ich schnell hinterher. Ich hatte nicht das Gefühl, die Situation zu entspannen. „Was soll denn das bedeuten?“ Ein erster Anflug von Unmut lag in ihrer Stimme. „Schick.“ Endlich fand ich das richtige Wort, aber weder Zeitpunkt noch Überzeugungskraft passten. „Dir gefällt es nicht.“ Damit war die Katze aus dem Sack. Ich musterte ihr Haupthaar und setzte einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck auf. Ihre langen, rotblonden Haare, die herrlich wild fielen, wenn sie ihren Kopf bewegte, waren einem dunklen Kurzhaarschnitt gewichen, der ungleichmäßig geschnitten war. Während sich an der linken Seite ein Rasierer hatte austoben dürfen, war die rechte Seite länglich übers Ohr gekämmt. Eine pinkfarbene Strähne lag über ihrer Stirn und zog meinen Blick magisch an. „Schick“, wiederholte ich mit einer ordentlichen Portion Hilflosigkeit in der Stimme, die am Wahrheitsgehalt der Aussage zweifeln ließ. „Ich wollte mal was Flippiges. Die Friseurin meinte, das macht mich ein paar Jahre jünger“, rechtfertigte sich Peggy. Ich überlegte kurz, ob 23 wirklich ein dermaßen unerträgliches Alter für Frauen darstellte, konnte aber beim besten Willen keine Nachteile entdecken. „Sag doch endlich mal was“, forderte sie mich erneut auf. Mein Verstand befand sich immer noch im Ausnahmezustand und in verhängnisvoller Kombination mit dem Alkohol fiel ihm nichts Besseres ein, als ein weiteres „Schick“ hinterherzuschicken. Keine Ahnung, ob es purer Überlebenswille war oder ein Rest an Vernunft, jedenfalls kam das Veto aus den Untiefen meines Unterbewusstseins noch rechtzeitig. „Ich ... Ich …“, lallte ich und wollte so etwas, wie „bin begeistert“ anhängen, aber die Lüge schaffte es nicht über meine Lippen. „Du hast getrunken.“ Mein erhoffter Rettungsring. Obwohl nicht wirklich schwimmfähig, konnte ich wenigstens den Untergang besser steuern. Mit der Cyberpunk-Frisur hatte sie mich unvorbereitet erwischt, aber meine vermeintlichen Alkoholexzesse gaben ständig Anlass zum Streit. Ein Schlachtfeld, auf dem ich mich auskannte. In der Hoffnung, das Haar-Debakel so weit zu umschiffen, bis ich wieder nüchtern war, lenkte ich sie mit den bekannten Streitigkeiten über den Alkohol ab. „Ich trinke, wann ich will und wie viel ich will“, erwiderte ich nicht besonders kreativ, aber hier galt es keinen Preis für originelles Streiten zu gewinnen, sondern die Explosionskraft der...



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