Eckert | Ex & Hopp | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 212 Seiten

Eckert Ex & Hopp


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-95865-041-1
Verlag: 110th
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 212 Seiten

ISBN: 978-3-95865-041-1
Verlag: 110th
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit diesem Crime-Medley beweist Horst Eckert, dass er auch die Kunst der hervorragenden Kurzgeschichte beherrscht. Ob humorvoll, melancholisch oder voller Thrill - in seinen sechzehn zum Teil preisgekrönten Storys zeigt er die Bandbreite seines Könnens.

Der 1959 in Weiden/Oberpfalz geborene Kriminalschriftsteller, Horst Eckert, wurde mehrfach ausgezeichnet (u.a. Friedrich-Glauser-Preis 2001, der Oscar der deutsch-sprachigen Krimiszene, für 'Die Zwillingsfalle', mit dem Marlowe 1999 der deutschen Raymond-Chandler-Gesellschaft für 'Aufgeputscht'). Seine Romane gelten als 'im besten Sinne komplexe Polizeithriller, die man nicht nur als spannenden Kriminalstoff lesen kann, sondern auch als Kommentar zur Zeit' (Deutschlandfunk), wurden mehrfach übersetzt und preisgekrönt. Zuletzt wurde 'Schwarzer Schwan' (Grafit) als bester deutscher Kriminalroman mit dem 'Krimi-Blitz' von Krimi-Couch.de ausgezeichnet. www.horsteckert.de

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Gierig sog Rabe die morgendlich kühle Herbstluft ein, als er mit seiner Reisetasche nach draußen trat. Die Freiheit inhalieren – fünf Jahre lang hatte er diesen Moment herbeigesehnt. Dann fiel sein Blick auf Rita, die Blonde aus Unna, die ihren Opel Corsa vor den Fahrradständern geparkt hatte. Sie hatte ihn nicht enttäuscht. Er war sich nicht sicher, wie er sich verhalten sollte. Ein Händedruck – er spürte, dass sie ähnlich befangen war. Rabe stieg zu seiner neuen Freundin ins Auto. Sie startete den Motor und sagte: „Der Bewährungshelfer hat dir in Dortmund ein Apartment besorgt.“ Rita. Gewelltes Blondhaar, am Ansatz dunkel. Eine gute Figur, fand Rabe, zumindest an den Stellen, die wichtig waren. Und ein Profil, das Entschlossenheit ausstrahlte – diese Eigenschaft hatte er bereits in ihren Briefen erkannt. „Bloß nicht Dortmund“, antwortete er. „Wohin dann?“ „Autobahn.“ Beim Losfahren kreischte der Keilriemen der alten Karre. Rabe vermied den Blick zurück. Der Knast von Werl war kein Ort, den man in Erinnerung behalten sollte. Erst an der nächsten Kreuzung spähte er die Straßen entlang. Kein Mensch weit und breit, der sie zu beschatten schien, doch Rabe wusste nicht, ob er dem Frieden trauen konnte. Selbst an Ritas Motiven hatte er anfangs gezweifelt. Als habe sie es auf die Steine abgesehen und nur deshalb auf seine Kontaktanzeige geantwortet. Nichts ist sicher und auf niemanden ist Verlass – Rabes Credo seit der Kindheit. Rita kurvte durch ein Wohngebiet, den blauen Schildern folgend. Sie sagte: „Ich hab Kuchen dabei. Selbst gebacken, mit Mangos. Ich dachte, wir weihen dein neues Zuhause ein.“ „Eins nach dem anderen. Zuerst geht’s nach Eringerfeld.“ „Klingt nach ’nem gottverlassenen Kuhkaff in Ostwestfalen.“ Er lachte. „Weißt du, dass du heute noch schöner bist als bei deinem Besuch im Knast?“ „Schmeichler.“ Als sie den Zubringer erreichten, beugte sich Rabe hinüber und küsste Rita auf die Wange. Er glaubte zu spüren, dass es ihr gefiel – das Eis war gebrochen. Der Tag fing gut an. Und in wenigen Stunden würde er reich sein. „Was willst du in dem Kaff?“, fragte Rita. Sie hat keine Ahnung, stellte Rabe fest. Woher auch. In seinen Briefen hatte er nichts verraten, denn die Bullen überwachten die Post im Knast. Vor allem wenn sie einen Einbrecher hatten, nicht aber seine Beute. „Ich bin dort aufgewachsen“, antwortete Rabe. Im Kreuz Werl wechselten sie auf die A 44 und rauschten ostwärts Richtung Kassel. Die Landschaft wirkte trist unter dem grauen Himmel. Keine Blätter mehr im Gestrüpp längs der Böschung. Dahinter drehten sich Windräder. Rabe bemerkte, dass seine Freundin in den Rückspiegel blickte. Sofort meldete sich seine Paranoia wieder. Ein weißer Mercedes klebte an der Stoßstange des Corsa. Endlich scherte der Bonzenschlitten auf die linke Spur und zog vorbei. Ein Mann mit Hut. Das Heck mit Sylt-Aufklebern bepflastert. Harmlos. „Mit dem Kuhkaff liegst du richtig“, sagte Rabe. „Aber ein Kumpel von mir hat etwas für mich aufbewahrt.“ Sie warf ihm einen Blick zu. „Wenn du vorhast, rückfällig zu werden, wird das nichts mit uns.“ „Ich hab’s kapiert“, sagte er. Es freute ihn, dass sie sich um ihn sorgte. Er legte seine Linke auf ihren Schenkel. Festes Fleisch unter dem Jeansstoff, ein gutes Gefühl. Sie wehrte sich nicht. Eine Zukunft mit ihr konnte sich Rabe noch nicht ausmalen, aber er fand, dass sie auf dem besten Weg waren. Wieder äugte Rita in den Rückspiegel. Als fürchte sie, dass jemand mitbekam, was seine Hand anstellte. Rabe küsste ihren Hals und blickte verstohlen nach hinten. Die Luft war rein. „Du hast mir nie etwas über diesen Kumpel geschrieben“, sagte die Frau und hielt sich am Lenkrad fest. „Die Bullen. Postüberwachung, verstehst du? Bin gespannt, wie Kalle reagiert, wenn wir aufkreuzen. Nichts ist sicher und auf niemanden ist Verlass.“ Er befühlte ihre Brust. Sie sagte: „Willst du, dass ich einen Unfall baue?“ Rabe lachte und deutete auf ein Parkplatzschild. „Fahr hier raus.“ Rita setzte den Blinker und gehorchte. Sie rollten an weißen Bänken vorbei. Betontische, die niemand nutzte. Hinter einem Lastwagen mit holländischem Kennzeichen stoppten sie. Als Rabe mit klopfendem Herzen Ritas BH aufhakte, rollte ein roter Passat vorbei. Typen, die herüberglotzten. Blöde Spanner. Dann war der Passat verschwunden.   Der blinkende Punkt auf dem Monitor bewegte sich nicht vom Fleck. Ein feines Gerät, das die Dortmunder Kripo da besaß, freute sich Kaufmann. Sie hatten es nicht nötig, dem Zielobjekt auf Sichtweite zu folgen. Sie konnten sogar vorausfahren. „Und jetzt?“, ließ sich der Praktikant vernehmen, der mit glänzender Gelfrisur hinter dem Steuer saß. „Warten an der nächsten Ausfahrt.“ Hauptkommissar Kaufmann musste aufstoßen. Nie wieder Wurstsalat, beschloss er. Zumindest nicht mit Zwiebeln. Soest/Möhnesee meldeten die Schilder. Kaufmann dirigierte den Jungen. Sie stießen auf eine Bundesstraße, wendeten nicht ganz vorschriftsgemäß und hielten am Rand der Auffahrt. Sogar für das Einschalten der Warnblinkanlage brauchte der Praktikant eine Anweisung. Seinen Namen hatte Kaufmann vergessen. Aus dem Burschen würde nie ein richtiger Kriminalist werden – nicht mit dieser affigen Frisur. „Was machen die so lange?“, fragte der Praktikant. Kaufmann wandte sich nach hinten, wo Kommissar Olschewski mit den Akten raschelte. „Ein scharfes Luder, Rabes neue Freundin. Hast du die Figur gesehen, Olli?“ Der Kollege brummte nur. Seit Tagen stellte er schlechte Laune zur Schau. Dabei traten die Ermittlungen in eine wichtige Phase. Rabe musste beim Einbruch in das Juweliergeschäft in der Dortmunder Fußgängerzone Komplizen gehabt haben. Tippgeber, Handlanger, Schmieresteher. Die Diamanten waren nie aufgetaucht – todsicher war Rabe jetzt unterwegs, um seinen Anteil einzufordern. Nur Olli schien nicht viel von dieser These zu halten. Der Praktikant räusperte sich. „Is’ was?“, fragte Kaufmann. „Offenbar hat Rabe es doch nicht so eilig.“ Klugscheißer, dachte der Hauptkommissar. Er sagte: „Sobald er abgespritzt hat, stellt Rabe die Peilung wieder voll auf die Klunker ein. Was meinst du, Olli?“ Wieder nur ein Brummen, begleitet vom Rascheln der Unterlagen. Kaufmann raunte dem Praktikanten zu: „Kollege Olschewski ist neidisch auf Rabe, weil seine Alte ihn nicht mehr ranlässt.“ „Halt’s Maul“, knurrte der Kollege auf dem Rücksitz. Kaufmann wusste, dass Olli eine Geliebte hatte. Dass es deshalb Streit mit seiner Gattin gab. Aber er verstand nicht, warum der Kollege deshalb die Krise schob. Er selbst war seit fünfzehn Jahren Single – ohne nennenswerte Erfolge beim anderen Geschlecht. „Es blinkt nicht mehr!“, rief der Praktikant. Zu dritt starrten sie auf den Monitor. Kaufmann drückte Tasten, ohne zu wissen, was sie bedeuteten. Der Bildschirm erlosch, dann war die Karte wieder da. Das Signal blieb verschwunden. Kaufmann gab den aufsteigenden Gasen nach und rülpste. „Wie kann das passieren?“, erkundigte er sich bei Olli, der den Peilsender angebracht hatte. „Batterie leer, was weiß ich.“ Vierspurig rauschte der Verkehr vorbei. Kaufmann überlegte, wie lange die Turteltäubchen brauchen würden. „Ein Opel, oder?“, fragte er. „Corsa“, antwortete Olschewski und blätterte wieder. Der Praktikant ergänzte: „Weiß, älteres Baujahr, Kennzeichen aus Unna.“ Kaufmann beschloss, dem Jungspund klar zu machen, wer hier das Sagen hatte. „Worauf wartest du? Lass schon mal den Motor an!“ Dann kniff er die Augen zusammen, um die Autobahn ins Visier zu nehmen. Seine Speiseröhre brannte. Der Staatsanwalt würde ihn zur Sau machen, wenn Rabe entwischte.   Ausfahrt Geseke. „Hier ab“, sagte Rabe in einem Befehlston, den Rita hasste wie die Pest. Mit weißen Knöcheln umklammerte sie das Lenkrad und fragte sich, ob der Kerl ihr die Nervosität anmerkte. Auf dem Parkplatz hatte ihn seine Geilheit abgelenkt. Jetzt war es hoffentlich der Gedanke an die Diamanten. Sie beschloss, nicht darüber nachzugrübeln, was sie da tat. Das war nicht sie. Das war eine andere Rita. Die Landstraße schlängelte sich südwärts, die Gegend wurde hügeliger. Abgeerntete Felder und umgegrabene Rübenäcker. Kaum ein Auto kam ihnen entgegen. Ein Dorf zog vorbei. Prövenholz. Rabe zeigte auf ein Haus mit verwahrlostem Vorgarten. „Hier hab ich auch mal gewohnt.“ Sie bogen ein paarmal ab. Rita hatte keine Ahnung mehr, wo sie waren. Sie war ausgelaufen und die feuchte Stelle im Slip fühlte sich kalt an. Plötzlich musste sie an ihre Jugend denken. An den Brief, den sie einmal geschrieben hatte, um einen pickligen Verehrer abzuweisen. Ihre Freundin hatte den Boten gespielt. Je ne t’aime pas – der Kerl...



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