E-Book, Deutsch, 124 Seiten
Eckert Ein Wort tropft vom Schirm
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7504-7248-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 124 Seiten
ISBN: 978-3-7504-7248-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Buch enthält Texte der Sendung "Gedanken" auf SWR3 des Autors Markus Eckert. Die Texte wurden für das Buch leicht überarbeitet und neu geordnet. Es finden sich Texte aus den letzten 15 Jahren in dem Buch.
Markus Eckert ist Pfarrer, dazu Autor und Sprecher im Team für die kirchlichen Beiträge in SWR3.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
FAMILIE - HIER BEGINNT VERTRAUEN Ehepaare machen etwas, was eigentlich keiner mehr gerne macht. Sie beschränken sich. Sie sagen: „Mit dir will ich ein Leben lang zusammenbleiben. Ich habe mich entschieden und da soll auch nichts dazwischenkommen.“ Dazwischenkommen kann immer viel, aber fürs Erste wollen sie das alle: Sich auf diesen einen Partner, auf diese eine Partnerin beschränken. Bemerkenswert: die Ehe ist einer der wenigen Bereiche im Leben, bei dem sich Menschen freiwillig und gerne beschränken. Sonst erleben Menschen das oft als Beschneidung ihrer Freiheit. Viele US-Amerikaner wollen sich nicht beschränken, wenn es um Ihre Waffen geht. Sie verstehen das als ihr Grundrecht – egal wieviel Schaden dadurch entsteht. Und in Deutschland kämpfen viele um uneingeschränkte schnelle Fahrt auf den Autobahnen. Überall 130 auf der Autobahn – undenkbar. Denn noch immer heißt es: Freie Fahrt für freie Bürger. Warum fällt es Ehepaaren leichter sich zu beschränken? Warum verzichten sie freiwillig auf ein Stück Freiheit? Vielleicht, weil sie dadurch auch Freiheit dazugewinnen. Weil sie zum Beispiel nicht mehr suchen müssen. Oder sie merken: Zusammen kann man Sachen schaffen, die alleine gar nicht gehen. Auch das gibt Freiheit. Und macht das Leben leichter. Sich einzuschränken kann lebensförderlich sein. Und das ist letztlich für mich entscheidend: Wenn es Leben fördert, bin ich gerne bereit, mich und meine Freiheit einzuschränken. Bei Ehepaaren kann man das bisweilen gut beobachten, wenn sie ein Kind bekommen. Denn für dieses neue Leben schränken die sich noch einmal auf ganz andere Weise ein. Mehr als sie es sich bisher haben vorstellen können. Und das tun sie ganz freiwillig, vorsätzlich - und mit Freude. Uli hat schwierige Eltern. Auch an seiner Hochzeit. Sie rufen dauernd an und reden viel und meckern noch viel mehr. Ständig wollen sie sich in Ulis Leben einmischen. Besonders schwierig ist die Mutter, der nichts recht zu machen ist und die vor allem seine Frau nicht leiden kann. Ulis Hochzeit gestaltet sich dementsprechend schwierig. Wo setzt man die Eltern hin? Wie kann man es verhindern, dass etwas eskaliert? Sie befürchteten nämlich eine Szene, weil Uli den Namen seiner Frau annehmen will. An manchen Tagen war die Stimmung vor der Hochzeit zum Zerreißen. „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Das war schließlich der Trauspruch, und Uli meinte „Das gibt unsere Situation gut wieder. Wir haben Lasten zu tragen mit meinen Eltern, aber wir wollen es gemeinsam tun und es gemeinsam durchstehen und durchtragen. Wir heiraten nicht, weil wir abends etwas unternehmen wollen, sondern weil wir uns gegenseitig das Leben schöner machen wollen. Dazu gehört eben auch das Schwierige mitzutragen.“ Ich finde, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Eine Ehe ist manchmal auch ein gegenseitiges Durchtragen und genau darin wird eben auch etwas von der Liebe Gottes sichtbar, der will uns auch das Leben schöner machen. Die Hochzeit war dann ein schönes Fest. Es kam zu keinen Skandalen. Seit dem haben sich Ulis Eltern nicht besonders verändert. Aber Uli und seine Frau haben sich verändert. Sie gehen gemeinsam und offensiv mit dem Problem um. Sie tragen die Last gemeinsam. Seit gefühlt drei Stunden sitze ich mit meiner kranken zweijährigen Tochter beim Kinderarzt. Sie ist mit den Nerven am Ende und mir fällt auch nichts mehr ein, wie ich die Laune verbessern könnte. Ich trommle mit dem Fingern, genervt davon, dass ich total fremdbestimmt bin. Ich kann nicht das tun, was ich will – zuhause türmt sich die Arbeit. Aber was hilft es, ich muss mich wohl in Demut üben. Demut ist ein verstaubtes Wort, aber an diesem Tag merke ich, was es heißen kann: Das annehmen, was einem von einem anderen vorgegeben wird. Demut heißt ursprünglich: Sich wie ein Gefolgsmann verhalten. Nun, meine Tochter führt in dem Fall, ich bin der Gefolgsmann. Jesus selbst sagt von sich, er sei „von Herzen demütig.“ Ja, wenn das so ist, dann ist er gar nicht der Bestimmer, sondern er folgt mir nach! Das wundert mich. Das heißt ja: Jesus lässt sich von mir fremdbestimmen. Dabei habe ich immer gedacht, es geht vor allem darum, dass ich Jesus nachfolge. Aber wenn ich krank bin, wie meine Tochter, kann ich ja gar nicht folgen. Im Gegenteil, wenn jemand mir helfen will, muss er ja tun, was ich will. Demut muss man wohl lernen. Manchmal durch Kinder, manchmal durch Menschen, die man pflegt. Die Anderen sind im Mittelpunkt – nicht ich. Die Anderen geben den Lebensrhythmus und das Ziel vor – nicht ich. Der Arzt hat sich um meine Tochter gekümmert. Sie hat ein Medikament bekommen dann lange geschlafen. Und als ich aufgehört habe mit den Fingern zu trommeln und ich gefolgt bin, wurde alles leichter. Bis ois plärrt" so geht es oft bei meinen Kindern zu. Was anfangs eine lustige kleine Rangelei war, an der auch beide ihre Freude haben, artet irgendwann aus. Eben „bis ois plärrt". Als Eltern kann man dann sagen was man will, aber die Kinder hören einfach nicht. Sehr ärgerlich! Aber mit Kindern hat das gar nichts zu tun. Auch Erwachsene können sich nämlich so verhalten. Sturköppe weichen keinen Millimeter, bis der Familiensegen komplett schief hängt. Und manche rücken nicht raus mit ihren Problemen, bis sie das Burnout oder die Depression geholt hat. Und dann? Ich denke dann auch oft: Selbst Schuld. Jetzt musst Du allein damit klarkommen! Bei Jesus höre ich das allerdings nicht. Wenn jemand plärrt, dreht er sich nicht um und geht. Eigene Schuld hin oder her. Ob jemand sein eigenes Leben besonders vorsätzlich verpfuscht hat oder nicht. Jesus erzählt lieber davon, dass es da einen Vater gibt, der den verlorenen Sohn wieder aufnimmt. Der dreht sich nicht weg, wenn der Sohn weint, sondern der sieht, dass der Sohn plärrt, weil es ihm dreckig geht. „Bis ois plärrt!“ Das hört wohl nie auf. Aber Tränen zeigen nicht wie blöd man ist, sondern wie weh einem etwas tut. „Ich habs ja kommen sehen!" „Selbst Schuld?" Vielleicht. Aber das kann später geklärt werden. Nach dem Weinen. Nachdem die Tränen getrocknet und man sich mit sich und den anderen versöhnt hat. Weltweit gibt es in mehr als 70 Staaten Gesetze gegen homosexuelle Handlungen - in sieben Staaten droht die Todesstrafe. So sieht es immer noch aus, obwohl die Weltgesundheitsorganisation am 17. Mai 1990 beschlossen hat, Homosexualität ist keine Krankheit. Aber das Thema ist noch nicht durch. Nicht hier in Deutschland und auch nicht für mich. Ich habe nämlich schwule und lesbische Freunde und Freundinnen. Und ich denke: Sind auch Kinder Gottes, basta. Und weil es meine Freundinnen und Freunde sind, leide ich mit ihnen, wenn sie mal wieder blöd von der Seite angemacht werden oder ihnen in Leserbriefen oder im Internet die Würde abgesprochen wird zu leben. Und mir ist aufgefallen: Eigentlich habe ich nie anders gedacht. Aus dem einfachen Grund, weil ich in meiner Familie nichts anderes gelernt habe. Meine Eltern hatten immer schon homosexuelle Bekannte, die zum Freundeskreis dazugehörten. Ich kenne sie, seit ich klein bin und habe mich nie darüber gewundert. Sind auch Kinder Gottes, basta. Ich bin dankbar, dass ich so erzogen wurde und ich kenne andere, bei denen war oder ist es genauso. Sie haben von Kindesbeinen an gelernt: Schwule und Lesben gehören zum Leben, gehören zu mir und das ist im Grunde völlig normal und nichts, was irgendwie wundersam oder komisch wäre. Ein Thema bleibt es aber doch noch, weil es eben immer noch körperliche und seelische Verfolgung von homosexuellen Menschen gibt – weltweit und auch bei uns. Sind auch Kinder Gottes, basta. Das will ich jedenfalls meinen Kindern auch ins Leben mitgeben, wie es mir schon als Kind mitgegeben wurde. Väter bringen ihren Söhnen etwas bei. Ob sie wollen oder nicht. Denn die Söhne orientieren sich an den Vätern. In einem kleinen Ratgeber über Väter und Söhne lese ich also: „Behandeln Sie seine Freundinnen mit Respekt und sorgen Sie dafür, dass er das auch tut.“ Väter bringen ihren Söhnen bei, wie das geht zwischen den Geschlechtern. Und im Grunde ist es ja ganz einfach: Schon in der Bibel steht ganz am Anfang der Grundsatz, dass Männer und Frauen gleichberechtigt geschaffen sind, nach Gottes Bild. Und auch später haben die Christen nochmal betont: In der Gesellschaft der Christen spielt die Frage, ob jemand ein Mann oder eine Frau ist, eigentlich keine Rolle. Eigentlich! Denn dann fanden die Männer es wohl doch ganz praktisch, dass sie die Hosen anhaben. Und weil sie die Stärkeren waren, konnten sie ihre Vorstellungen vom Patriarchat besser durchsetzen. Mit Gewalt. Und bis heute spielt Macht und Gewalt immer noch eine Rolle zwischen Männern und Frauen. Und gerade deshalb haben Väter eine ganz schön große Verantwortung. Und es ist wohl auch mal gut, das so klar zu lesen, wie in diesem Ratgeber. Denn letztendlich sind es wir...