E-Book, Deutsch, 171 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Eckert / Deters Praxiswissen Compliance
3. Auflage 2021
ISBN: 978-3-648-15227-0
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erfolgreiche Umsetzung im Unternehmen
E-Book, Deutsch, 171 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-15227-0
Verlag: Haufe
Format: EPUB
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Dr. Tilman Eckert (LL.M.) ist Interim Manager & External Project Manager und Berater mit den Schwerpunkten Compliance, Legal Management strategischer Produkte und Strategische Partnerschaften und Allianzen für Dax-Konzerne, namhafte mittelständische Unternehmen und Startups.
Autoren/Hrsg.
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2 Warum ist Compliance wichtig?
2.1 Die zunehmende Bedeutung von Compliance
Compliance hat in den letzten Jahren eine stark zunehmende Aufmerksamkeit und Bedeutung erfahren. Die Gründe dafür sind vielfältig, zu nennen sind etwa:
- strengere materielle Verhaltensanforderungen in nationalen und ausländischen Rechtsordnungen – einschließlich steuerrechtlicher Änderungen (siehe hierzu näher das nächste Kapitel),
- internationale Wirkung von nationalen Gesetzen,
- zunehmende Internationalisierung der unternehmerischen Aktivitäten,
- Verschärfung der Rechtsfolgen bei Verstößen (siehe hierzu sogleich),
- verstärktes Eingreifen von Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden und
- gestiegene Kosten der »Aufräumarbeiten« bei Compliance-Verstößen.
Wichtig
Die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die am 19.01.2021 in Kraft getreten ist, legt fest, dass Compliance-Maßnahmen, die vor oder nach einem Kartellverstoß getroffen wurden, bußgeldmildernd sein können. Dies gilt sogar dann, wenn die Compliance-Maßnahmen gescheitert sind, den Kartellrechtsverstoß also nicht verhindert haben. Einzelheiten der Bußgeldzumessung sind in § 81d Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 5 GWB geregelt.
2.2 Strengere inhaltliche Anforderungen
Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen die gesetzlichen Compliance-Anforderungen verschärft bzw. neue Compliance-Anforderungen eingeführt.
BEISPIEL
So wurde der Kreis der Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz gem. § 2 Abs. 1 GwG erweitert. Auch ist jetzt in bestimmten Bereichen die Einführung eines Compliance-Beauftragten Pflicht gem. § 80 Abs. 1 Satz 2 WpHG i. V. m. Art. 22 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
Bereits seit dem 01.01.1999 sind Schmiergelder nicht mehr als »nützliche Aufwendungen« bei den Betriebsausgaben absetzbar (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG); Verstöße erfüllen den Tatbestand der Steuerhinterziehung. Dies gilt auch
- für die Bestechung von ausländischen Amtsträgern (siehe das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 17.12.1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, IntBestG) und
- von Richtern und Amtsträgern eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften sowie von Gemeinschaftsbeamten und Mitgliedern der Kommission und des Rechnungshofes der Europäischen Gemeinschaften (siehe das Gesetz zu dem Protokoll vom 27.09.1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften).
Entsprechende Verdachtsmomente müssen Betriebsprüfer an die Staatsanwaltschaft melden. Ein Ermessensspielraum besteht hierbei nicht, ansonsten setzen sich Betriebsprüfer selbst dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) aus.
2.3 Verschärfung der Sanktionen bei Verstößen
Zudem sind die Sanktionen im Fall von Compliance-Verstößen in den letzten Jahren verschärft und ausgeweitet worden. Zu nennen sind hier beispielsweise
- die Erhöhung des Bußgeldrahmens bei der sog. Verbandsstrafe (vgl. § 30 OWiG),
- die Verschärfung des Umweltstrafrechts (vgl. §§ 324 ff. StGB).
Gescheitert ist im Juni 2021 die im Koalitionsvertrag vom 12.03.2018 vereinbarte Neuordnung des Sanktionsrechts für Unternehmen zur angemessenen und wirksamen Ahndung von Wirtschaftskriminalität und damit die Einführung eines Unternehmensstrafrechts in Deutschland. Der Entwurf des sogenannten Verbandssanktionengesetzes sah unter anderem hohe Geldbußen für große Unternehmen vor und eine Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen. Auch hätten sich nachweisliche Compliance-Maßnahmen eines Unternehmens oder interne Ermittlungen, die helfen, Straftaten aufzuklären, strafmildernd ausgewirkt.
2.4 Die Folgen von Compliance-Verstößen für das Unternehmen
Compliance-Verstöße können einerseits für das Unternehmen selbst, andererseits für beteiligte Personen (siehe hierzu den nächsten Abschnitt) erhebliche Folgen haben. Den Unternehmen drohen insbesondere folgende Konsequenzen:
- Geldbuße (vgl. § 30 Abs. 1, 9 OWiG, sog. Verbandsstrafe),
- Gewinnabschöpfung gem. §§ 30 Abs. 3, 17 Abs. 4 OWiG oder Verfall gem. §§ 73, 73a StGB, § 29a OWiG: Das Unternehmen verliert demnach den Vorteil, den es durch die Bestechung erlangt hat; hierbei gilt das sog. Bruttoprinzip, wonach etwaige Kosten oder Aufwendungen bei der Gewinnabschöpfung nicht berücksichtigt werden.
- Folgen nach dem Unternehmensstrafrecht verschiedener Länder: Einige Rechtsordnungen kennen strafrechtliche Sanktionen für juristische Personen.
- Ausschluss von Vergabeverfahren wegen Unzuverlässigkeit (vgl. § 2 Abs. 3 VOB/A und § 2 Abs. 1 Satz 1 VOL/A; im Falle von Kartellverstößen kann ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen gem. § 97 GWB erfolgen),
- Eintragung in ein sog. Korruptionsregister,
- Entzug einer Betriebsgenehmigung (Konzession),
- Eintragung in das Gewerbezentralregister (Vermerk von Bußgeldern, Straftaten, Gewerbeuntersagungen etc., siehe §§ 149 ff. GewO) und
- Auferlegung einer »Compliance-Aufsicht« (»Compliance Monitorship«) durch eine Aufsichtsbehörde (z. B. durch die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC oder das US Department of Justice; die für eine solche Aufsicht bestimmten Personen sollen dann die Compliance-Vorkehrungen eines Unternehmens im Auftrag der Behörde, aber auf Kosten des Unternehmens beobachten und der jeweiligen Behörde Rückmeldungen geben),
- Schadensersatzforderungen (etwa von Konkurrenten oder Verbrauchern bei Kartellverstößen),
- (sofortige) Fälligstellung von Finanzierungsverträgen (beispielsweise Kreditverträgen),
- Rufschädigung (auch wenn die Rufschädigung selbst schwer finanziell messbar ist, kann der Vertrauensverlust bei Kunden, Geldgebern, Mitarbeitern oder Behörden erheblich sein).
Aus der vorstehenden Aufzählung wird deutlich, dass Compliance-Vorfälle existenzgefährdende Auswirkungen auf ein Unternehmen haben können. Bußgelder aufgrund von Compliance-Verstößen können einen Jahresfehlbetrag in der Konzernbilanz verursachen. Die EU-Kommission hat in Einzelfällen Bußgelder gegen Kartellsünder deshalb herabgesetzt, weil die betroffenen Unternehmen bei regulärer Bußgeldhöhe Insolvenz hätten anmelden müssen, was dem Ziel des Schutzes eines funktionierenden Wettbewerbs nicht dienlich gewesen wäre. In anderen Fällen musste wegen Compliance-Strafen tatsächlich Insolvenz angemeldet werden.
2.5 Die Folgen von Compliance-Verstößen für beteiligte Personen
Auch die an Compliance-Vorfällen beteiligten Personen können einer Reihe von möglichen Rechtsfolgen unterliegen.
- Zum einen können gegen die Beteiligten strafrechtliche Sanktionen verhängt werden (Freiheits- oder Geldstrafen). Findet der Compliance-Verstoß im Ausland statt, ist eine Doppelbestrafung nicht ausgeschlossen.
- Zum anderen können Geldbußen gem. § 130 OWiG oder aufgrund von spezialgesetzlichen Bußgeldvorschriften drohen. Die Verletzung der Aufsichtspflicht kann gem. § 130 Abs. 3 OWiG ein Bußgeld bis zu einer Million Euro nach sich ziehen, wenn die betreffende Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist.
- Personen, die an Compliance-Verstößen beteiligt waren, können ferner von bestimmten Funktionen, die eine »fachliche Eignung« oder »Zuverlässigkeit« voraussetzen, ausgeschlossen oder abberufen werden. Unter Umständen kann ein Berufsverbot ausgesprochen werden.
- Zivilrechtlich sind Schadensersatzforderungen der Geschädigten – auch des eigenen Unternehmens – denkbar. Darüber hinaus sind arbeitsrechtliche bzw. dienstvertragliche Sanktionen möglich, die von einer Abmahnung bis zur ordentlichen Kündigung (ggf. samt Freistellung) und fristlosen Kündigung bzw. Abberufung reichen können.
- Wissentliches Verhalten (z. B. die bewusste Absprache von Preisen oder Märkten) kann den Verlust von Haftpflichtversicherungs-Deckungen wie der Directors & Officers Liability Insurance, also der Organ- oder...