E-Book, Deutsch, 368 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Eberhardt Generationen zusammen führen
4. aktualisierte und erweiterte Auflage 2024
ISBN: 978-3-648-18143-0
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit Generation X, Y, Z, Alpha und Babyboomern die Arbeitswelt gestalten
E-Book, Deutsch, 368 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-18143-0
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Prof. Dr. Daniela Eberhardt, Diplom-Psychologin, Diplom-Verwaltungswirtin (FH), ist Direktorin Human Resource Management der Stadt Zürich. Zuvor leitete sie viele Jahre das Institut für Angewandte Psychologie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
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2.1 Führung verschiedener Generationen in der Arbeitswelt
Lange Zeit wurde in der Führung dem Umgang mit verschiedenen Generationen oder der Zusammenarbeit zwischen den Generationen wenig Beachtung geschenkt. Das Thema Altersdiversität hat kaum Eingang in die Managementkonzepte oder Führungsliteratur gefunden. Aktivitäten und Programme fokussierten – wenn überhaupt – auf die aging work force, ein unbestritten wichtiger Bestandteil für ein umfassendes Generationenmanagement. In Umfragen zur Bedeutung der Altersentwicklung erhielt das Thema lange Zeit kaum oder wenig Bedeutung.8 In neueren Umfragen zur Bedeutung von Themen für das HR-Management zeichnet sich ein steigender Trend für das Thema Generationenmanagement und Führung von Generationen ab. Z.?B. wurde in einer Human-Resource-Management-Trendstudie die alternde Belegschaft unter anderem als zukünftige Herausforderung für Führungskräfte und das Human-Resource-Management angegeben.9 In den letzten Jahren entstand eine Vielzahl an Publikationen, Veranstaltungen, Weiterbildungsangeboten und Forschungsprojekten. Wagt man einen Blick in die Praxis, stellt man fest, dass es eher um die Kompensation von Fähigkeiten oder die Veränderung der Ansprüche älterer Arbeitnehmer (z.?B. Altersteilzeit) geht, als um die Vorstellung eines integrativen Generationenmanagements.10 In Zukunft wird es neue Ansätze brauchen, die den verschiedenen Generationen mit ihren Besonderheiten gerecht werden und diese erfolgreich verbinden.
2.1.1 Altersvielfalt – Fluch oder Segen?
Motivierte und kompetente Mitarbeitende, die sich für die Ziele ihrer Organisation einsetzen sowie eine konstruktive Zusammenarbeit pflegen, sind für eine Organisation sehr wichtig. Verschiedene Generationen in einem Unternehmen haben unterschiedliche Stärken, Ansprüche, einen unterschiedlichen Wissens- und Erfahrungsstand und befinden sich in unterschiedlichen Lebensphasen – auch, was ihre Karrierevorstellungen oder ihre Lebensthemen außerhalb der Arbeit betrifft.
Vielfalt (oder Diversity) in Unternehmen geht weit über die Überlegungen der sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit und Fairness hinaus. Kunden haben oftmals spezifische Bedürfnisse, zu denen die Mitarbeitenden ähnlicher Altersgruppen besseren Zugang erhalten. Z.?B. arbeiten in Online- und Printmedien für Generation-Z- oder -Y-Angehörige zumeist auch nur Angehörige der Generation Z oder Y. Zudem verfügen langjährige Mitarbeitende zum Teil über spezifisches Wissen, dessen Weitergabe an die nächsten Generationen für die Fortschreibung des Unternehmenserfolgs maßgeblich sein kann.11 Es geht nicht mehr nur um Fairness, sondern auch um den Business Case.12
Senior Experten bereichern Teams
»Wie begegnen wir den Herausforderungen des demografischen Wandels? Und wie können das Know-how und die Erfahrung der Mitarbeiter für die Zukunft erhalten bleiben? Diese Fragen stellen wir uns beinahe täglich. Bosch hat mit den Seniorexperten einen Weg gefunden, Wissen rechtzeitig zu teilen.«13
Die Bosch-Gruppe setzt als internationales Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit knapp 400.000 Mitarbeitenden weltweit auf »Technik fürs Leben« und positioniert sich in vier verschiedenen Unternehmensbereichen als führender Anbieter im Internet der Dinge (IoT) und weiteren innovativen Produkten. Jährlich werden Tausende Patente angemeldet und in einer alternden Gesellschaft sieht das Unternehmen Bosch eine entscheidende Herausforderung darin, dass das Know-how nicht verloren gehen darf, wenn die Mitarbeitenden in den Ruhestand gehen. Bereits seit 1999 setzt Bosch auf »Senior Experts«, d.?h. registrierte Ruheständler der Firma Bosch. Aus den anfänglich 30 Personen wurden 1500 Senior Experts weltweit, die mit ihren 50.000 Jahren Erfahrung bereits 65.000 Arbeitstage in verschiedenen Tätigkeitsbereichen, wie Schulungen, Qualitätssicherung, Vorträge, Konstruktionsunterstützung, Prozessanalyse- und design etc. eingebracht haben. Mit diesem Programm wird die Wertschätzung gegenüber den erfahrenen (ehemaligen) Mitarbeitenden ausgedrückt und auf Wissenstransfer im Unternehmen gesetzt. Langjährige Erfahrungen und frische Ideen werden bestmöglich kombiniert. Die Senior Experts werden dabei in Anlehnung an ihre letzte Tätigkeit entlohnt, damit sie nicht aus Kostengründen eingesetzt werden. Die Firma Bosch berichtet von sehr positiven und langjährigen Erfahrungen mit ihren Senior Experts, die zusammen mit einem starken finanziellen Engagement für die berufliche Weiterbildung Lernen und Entwicklung in der Firma fördert.14
Eine homogene oder heterogene HR-Demografie erzeugt unterschiedliche Realitäten. Auch wenn die Arbeit mit einer relativ altershomogenen Arbeitsgruppe auf den ersten Blick vieles vereinfacht (die Wertesysteme sind eher synchron, die Art der Arbeit und Zusammenarbeit auch), so liegt gerade darin die Krux: Wenn alle gleichzeitig den Schwerpunkt auf Vereinbarkeit von Beruf und dem Leben mit kleinen Kindern legen oder gleichzeitig um die Karrieremöglichkeiten rangeln, kann das anspruchsvoll für die Führung werden. Die demografische Zusammensetzung der Mitarbeitenden in einem Unternehmen hat Einfluss auf verschiedene Themen in der Personalführung:15
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Aufstiegschancen:
Je nachdem wie heterogen oder homogen die Zusammensetzung einer Altersgruppe ist, hat das unterschiedliche Auswirkungen. V. a. in Unternehmen, bei denen der Aufstieg vorrangig nach dem Senioritätsprinzip erfolgt (dies ist häufig bei Führungspositionen der Fall), führt eine homogene Altersstruktur zum Beförderungsstau. Das Risiko besteht darin, hoch qualifizierte Personen nicht in entsprechende Positionen zu bekommen: Diese stufen ihren Aufstieg als unwahrscheinlich ein, weil alle Kolleginnen und Kollegen oder auch die Führungsperson im selben Alter sind.
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Soziales Klima und Kultur:
Gleich und Gleich gesellt sich gern. Nimmt der Anteil einer anderen Altersgruppe (gekoppelt mit anderen Fähigkeiten) zu, nehmen normalerweise auch die Ängste, Konflikte und Vorurteile und der Konformitätsdruck innerhalb einer Gruppe zu. Daraus können die Abnahme der Arbeitszufriedenheit und eine zunehmende Fluktuation resultieren.
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Entscheidungsfähigkeit von (Topmanagement-)Gruppen:
Die Entscheidungsfähigkeit und Innovationskraft kann ebenfalls abnehmen. Eine längere, gemeinsame Sozialisation und Zusammenarbeit kann dazu führen, dass z.?B. Topmanagement-Teams ihre Strategie seltener anpassen.16
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Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Arbeitnehmervertretungen:
Belegschaften mit großer Altersheterogenität verfügen über weniger Streikfähigkeit. Aufgrund von Generationsunterschieden werden objektiv gleiche Ereignisse anders verarbeitet und gemeinsame Problemsichten oder Interessensvertretungen erschwert.
Ein integrativer Ansatz von Diversity geht von verschiedenen Perspektiven aus. Einige Dimensionen, wie die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe, sind vorgegeben (dies ist auch bei Geschlecht, Nationalität etc. der Fall), andere werden im Laufe der Zeit erworben (z.?B. Berufserfahrung, Ausbildung, Dauer der Beschäftigung/Dienstalter).17 Für verschiedene Aufgaben in Unternehmen werden verschiedene Perspektiven benötigt, die bevorzugt von Angehörigen verschiedener Generationen eingebracht werden. Verschiedene Altersgruppen im Unternehmen bringen unterschiedliche Talente ein, erhöhen den Zugang zu verschiedenen Kundengruppen und bringen unterschiedliche Perspektiven in die Zusammenarbeit ein. Da die verschiedenen Generationen unterschiedliche Lebensschwerpunkte haben, werden auch soziale Konflikte reduziert.
Diversity-Management, HR Policies und ein förderliches Führungsverhalten unterstützen die Inklusion von Mitarbeitenden aller Generationen in die Organisation, das Unternehmen, wobei Letzterem eine wichtige und häufig zu wenig beachtete Funktion zukommt. Eine erfolgreiche Umsetzung kann gelingen, wenn Führungspersonen (und Mitarbeitende) den Kontext und die Bedeutung von Vielfalt erkennen, im Unternehmen entsprechende Age-Management-Praktiken etabliert werden und Führungspersonen die Integration und Inklusion aller Generationen fördern anstelle einer Aufspaltung der Belegschaft.18
Wichtig
Vielfalt in der Zusammensetzung der Belegschaft erhöht den Anspruch an die Führung. Verschiedene Kompetenzen, Ansprüche, Erfahrungen und Erwartungen müssen integriert werden. Gelingt es, diese Vielfalt zusammenzuführen, erhöhen sich der Handlungsspielraum und die Möglichkeiten von Organisation und Mensch.
Der Zusammenhang zwischen Diversity und Ergebnissen ist in die Organisationskultur, die Unternehmensstrategie und die Richtlinien für Human-Resource-Management und -prozesse eingebettet. Aus der Vielfalt, zu der auch die demografische Vielfalt gehört, lassen sich bestimmte Unternehmensergebnisse ableiten (z.?B. Leistung, Zufriedenheit, Fluktuation). Diese Ergebnisse werden durch die Kommunikation, Konflikte, den Zusammenhalt in der Arbeitsgruppe/im Unternehmen, Information und Kreativität beeinflusst. Die Führungsherausforderung liegt gerade darin, diese Prozesse so zu...