Dutzler | Letzter Kirtag | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 264 Seiten

Reihe: Gasperlmaier-Krimis

Dutzler Letzter Kirtag

Ein Altaussee-Krimi
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-7099-7542-8
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Altaussee-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 1, 264 Seiten

Reihe: Gasperlmaier-Krimis

ISBN: 978-3-7099-7542-8
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



GASPERLMAIER UND DIE LEDERHOSNLEICH

So etwas hatte selbst der Gasperlmaier noch nie gesehen. Dabei ist ihm schon vieles untergekommen, schließlich ist Gasperlmaier seit mehr als zwanzig Jahren Polizist in Altaussee. Aber ein Erstochener am Montag in der Früh im Festzelt vom Altausseer Kirtag, das ist auch für ein gestandenes Mannsbild wie ihn zu viel. Und so trifft er eine falsche Entscheidung, nicht die letzte an diesem Tag, und auch der Tote, der in seinem eigenen Blut im Festzelt hockt, wird nicht das einzige Opfer bleiben.

Herbert Dutzler setzt in seinem ersten Krimi ein mörderisches Karussell in Gang, das die unschönen Seiten der Ausseer Postkartenidylle zeigt. Konsequent aus der Perspektive von Gasperlmaier erzählt, findet Dutzler einen ganz eigenen Ton, der das Lokalkolorit glaubhaft wiedergibt. Mit dem liebenswürdig tollpatschigen Dorfpolizisten hat er einen originellen Ermittler geschaffen, der für Spannung und Schmunzeln gleichermaßen sorgt. Den Gasperlmaier wird man sich merken müssen!

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LESERSTIMMEN:

>>Ein Regionalkrimi mit Leichtigkeit und Niveau: Das nenne ich wahre Unterhaltungskunst! Der zweite Fall >Letzter Gipfel
>>Herbert Dutzlers sympathische Ermittlerfigur hat es mir angetan. Gasperlmaier wird schnell verlegen, wenn er einer Frau begegnet. Der schüchterne Dorfpolizist verhaspelt sich und es treibt ihm die Schamesröte ins Gesicht. Aber genau das Unvollkommene und Unbeholfene ist es, das Gasperlmaiers charmanten und zutiefst menschlichen Charakter auszeichnet.
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PREISGEKRÖNTE KRIMIS:
2014 vergab der Hauptverband des österreichischen Buchhandels 3 GOLDENE BÜCHER für die Krimi-Bestsellerreihe von Herbert Dutzler.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1
So etwas hatte selbst Gasperlmaier noch nie gesehen. Gewiss, auf seiner Runde durch das Altausseer Bierzelt am Montagmorgen war ihm in den vergangenen zwanzig Jahren durchaus Bemerkenswertes begegnet. In wabernden Schwaden verschiedenster Duftspuren nach geräucherten Saiblingen, kalten Grillhendln, schalem Bier und Erbrochenem fand sich immer wieder der eine oder andere Gast, der nicht nach Hause gefunden hatte. Manch einen hatte Gasperlmaier schon auf einem Biertisch schlafend vorgefunden, dann und wann lagen auch zu Boden gegangene Lederhosenträger morgens noch dort, wo sie nachts zusammengebrochen waren, und sogar ineinander verschlungen schlafende Trachtenpärchen hatte Gasperlmaier schon dazu bringen müssen, sich schlaftrunken auf den Nachhauseweg zu machen. Oder, in manchen Fällen, gleich wieder auf einer Bierbank Platz zu nehmen und die nächste Bestellung bei der Kellnerin aufzugeben. Der Altausseer Kirtag entfaltete sich nämlich traditionsgemäß erst am Montag zu voller Blüte. Auch solche wie den heute hatte er schon manchmal vorgefunden, noch auf der Bank sitzend, während der Kopf auf die darunter liegenden Arme gesunken war. Auch allerlei Substanzen, die sich gewöhnlich im Inneren des Körpers befinden, hatte Gasperlmaier schon in Pfützen auf dem Boden, in dunklen Flecken auf den Lederhosen und in Rinnsalen auf und unter den Biertischen fließen und eintrocknen sehen. Er musste an den alten Witz denken, in dem ein Ausseer anlässlich einer Gesundenuntersuchung vom Arzt darüber aufgeklärt wird, dass eine Blut-, eine Stuhl-, eine Harn- und eine Spermaprobe benötigt würden, worauf der Ausseer anbietet, einfach die Lederhose dazulassen. Doch so etwas wie heute hatte Gasperlmaier noch nie gesehen. Er trat näher und betrachtete den Mann, der vor ihm zusammengesunken am Biertisch hockte. Dass es keiner von hier war, war das Erste, was Gasperlmaier, der seit mehr als zwanzig Jahren Dienst im Polizeiposten von Altaussee versah, mit Sicherheit feststellen konnte. Der Mann trug eine Lederhose, das schon, sogar eine Altausseer Lederhose, eine teure noch dazu, siebennahtig, von Hand bestickt. Nicht unter tausendfünfhundert Euro zu bekommen. Solche Hosen trugen auch Altausseer da und dort. Aber keine neue. Nur in den allerschlimmsten Notfällen, nach Brandkatastrophen oder Lawinenabgängen, die das gesamte Hab und Gut einer Familie vernichtet hatten, oder Raubüberfällen, die zum Glück im Ausseerischen selten waren, kaufte sich der Ausseer oder Altausseer eine neue Lederhose. Selbst in den genannten Katastrophenfällen wurde die Lederhose oft dadurch gerettet, dass ihr Besitzer sie stets am Leib trug. Und wenn denn eine Neuanschaffung unausweichlich war, zog man gebrauchte, überarbeitete, weiter oder enger gemachte den neuen vor. Jahre konnten über der Suche nach einer passenden alten Lederhose hingehen. Gasperlmaier selber war gestern in der Uniform der freiwilligen Feuerwehr im Bierzelt gesessen, heute hatte er sie mit seiner Polizeiuniform vertauscht, wie Gasperlmaier überhaupt ein Freund von Uniformen war und selten anderes trug. Das hätte ja bedeutet, einkaufen gehen zu müssen, in engen, nach Schweiß riechenden Kabinen, in denen man sich Ellbogen und Knie blutig schlug, fremde Kleidungsstücke immer wieder an- und ausziehen zu müssen, Entscheidungen über Farbe, Stil und Passform treffen zu müssen und so weiter. Das wollte sich Gasperlmaier, wenn es ging, liebend gern ersparen, obwohl seine Frau ihn regelmäßig … Gasperlmaier würgte diesen Gedanken entschlossen ab, um nicht ins Grübeln und Sinnieren zu geraten. Schließlich und endlich war auch die Tracht, die der Mann auf der Bierbank trug, eine Art Uniform, denn es galten exakte und genau einzuhaltende Kleidungsvorschriften, und so wurde zum Beispiel ein ahnungsloser Sommerfrischler, der sich mit weißen Stutzen anstatt der grünen zur Lederhose im Wirtshaus sehen ließ, schon einmal verächtlich als „Pinzgauer“ beschimpft und unter Umständen auch mit einer Halben Bier übergossen. Gasperlmaier ordnete seine Gedanken und kehrte zum gegenständlichen Fall zurück. Trug also einer, wie hier, eine neue Lederhose, war er in der Regel ein Wiener, allenfalls ein Linzer, Grazer, in seltenen Fällen vielleicht ein Vöcklabrucker oder gar ein Gmundner. Obwohl die Gmundner schon ihre eigenen Lederhosen hatten. Auch dass es sich um eine Altausseer, nicht etwa um eine Bad Ausseer oder eine Grundlseer Lederne handelte, war Gasperlmaier sofort klar, das geschulte Auge nahm die Unterschiede schon im Rückenmark wahr, das Gehirn musste mit solchen Selbstverständlichkeiten gar nicht erst beschäftigt werden. Diese neue Lederhose war nun aber, und das war eigentlich das, was Gasperlmaier noch nie gesehen hatte, übel zugerichtet. Und das ist eine Altausseer Lederhose nicht etwa wegen ein paar vernachlässigbaren Urinresten, die, wie man weiß, auf das Leder höchstens erhaltend einwirken. Nicht umsonst gerben ja die Beduinen ihre Ledernen mit Kamelurin, wie Gasperlmaier wusste. Der bedenkliche Zustand der Ledernen offenbarte sich in dicken rotbraunen Verkrustungen, die über das Hosentürl liefen und zwischen den Schenkeln des Mannes verschwanden, während das Leder auf den Oberschenkeln sauber und neu glänzte. Die gröbste Sauerei bestand darin, worauf, vielmehr worin der Mann saß. Der Lederhosenhintern befand sich inmitten einer eingetrockneten Blutlache, die sich nahezu über die ganze Bank ausgebreitet hatte und zu Boden getropft war, denn auch auf den graubraunen Brettern unter der Bank meinte Gasperlmaier, schwärzliche Krusten wahrzunehmen. Eigentlich, exakt betrachtet, war es keine Lache mehr, worin der Mann saß, denn das hätte das Vorhandensein von Flüssigkeit impliziert, vielmehr war es ein dünner Film dunkelroten, fast braunen, eingetrockneten Saftes mit dicken Schlieren darin. Das machte Gasperlmaier eines klar: Jetzt blutete der Mann nicht mehr. Routiniert und doch von Scheu, Ekel und Ehrfurcht zugleich ergriffen – wie wenn man durch dickes Panzerglas eine Gabunviper betrachtet –, trat Gasperlmaier an den Mann heran und tastete an dessen Hals nach etwa noch vorhandenem Pulsschlag. Rasch zuckten seine ausgestreckten Finger zurück, als sie das erkaltete, leblose Fleisch berührten. Man darf jetzt nicht dem Irrtum verfallen, Gasperlmaier hätte langsam, zögerlich, unentschlossen oder allzu bedächtig gehandelt, nein, all das spielte sich in des Polizisten kriminalistisch geschultem Hirn binnen weniger Zehntelsekunden ab: das Erinnern an frühere Auffindungen sogenannter Schnapsleichen, das Wahrnehmen des Zustands des Aufgefundenen, das Urteil über Herkunft und soziale Stellung: das alles in Zehntelsekunden, wenn nicht Hundertstel. Und nach vielleicht, grob geschätzt, zwei bis drei Zehntelsekunden kam Gasperlmaier zu der eindeutigen Schlussfolgerung: Da saß ein unlängst verstorbener wohlhabender Sommerfrischler. Auch Gasperlmaiers nächster Entschluss war binnen Sekundenbruchteilen gefasst: Er brauchte einen Schnaps. Das Entdecken von Leichen, das Anfassen kalten Fleisches, das Blut – das war für einen Altausseer Polizisten nichts Alltägliches, es gehörte schon zu den Besonderheiten, die dringend der Entspannung durch Hochprozentiges bedurften. Viel länger als die Analyse der Situation gedauert hatte, brauchte Gasperlmaier für die Suche nach geeignetem Stoff – der Wirt im Altausseer Bierzelt war nicht so dumm, den Schnaps nach der Sperrstunde offen herumstehen zu lassen. Nach Minuten des Herumirrens im vom frühen Morgenlicht fahl erleuchteten Bierzelt entdeckte Gasperlmaier zwischen schmutzigen Gläsern eine Schnapsflasche, in der sich noch ein Fingerbreit glasklarer Flüssigkeit befand. Gasperlmaier roch und stürzte den Rest, für gut befunden, hinunter. Neuerlich war eine Entscheidung zu treffen, die gründliches Nachdenken erforderte, das nun mehr als nur Sekundenbruchteile dauerte. Folgendes galt es zu überlegen: Rief Gasperlmaier nun, wie die Vorschrift es verlangte, seinen Vorgesetzten an, würde in einer halben Stunde das gesamte Festgelände von farbigen Kunststoffbändern umgeben und damit abgeriegelt sein. Das Bierzelt würde seinen Betrieb verspätet, um Stunden verspätet, oder gar überhaupt nicht aufnehmen. Es galt abzuwägen, ob der auf der Bank zusammengesunken dasitzende Tote dieses außergewöhnlich hohe Risiko wert war. Wie viele Hundert Altausseer, Ausseer, Grundlseer, Goiserer und wer weiß noch alles würden bitter enttäuscht nach Hause zurückkehren und sich am Ende dort betrinken müssen, der Höhepunkt im Festkalender des Dorfes würde unwiederbringlich dahin und zerstört sein. Und das, wo das Wetter sich anschickte, einen warmen Spätsommertag einzuleiten, wie geschaffen für die Promenade auf dem Kirtag und die Einkehr im Bierzelt. Gasperlmaier wog die Alternativen ab. Er konnte den Toten beiseiteschaffen, irgendwo hinter die Hecke, die die große, zum See hinunter leicht abfallende Wiese begrenzte, die als Parkplatz diente. Um diese Zeit würde er das wohl unbemerkt tun können, wer stand schon – gerade an diesem Morgen – vor sechs Uhr auf oder spazierte gar auf dem Bierzeltgelände herum, wenn er nicht gerade der diensthabende Ortspolizist war. Gasperlmaier beschloss, um des Kirtags willen ein persönliches Opfer zu bringen und gegen seine Vorschriften zu handeln. Der Tote musste aus dem Bierzelt verschwinden, das Gelingen des Kirtags war eindeutig ein ethisch höher stehender Wert als eine korrekte Ermittlung in einem Todesfall. Dem Toten selber konnte eine solche ohnehin nicht mehr helfen, für ihn war die Angelegenheit mit seinem Ableben erledigt, versicherte sich Gasperlmaier selbst. Gasperlmaier fasste den Toten unter den Armen, einen...


Herbert Dutzler, geboren 1958, aufgewachsen in Schwanenstadt und Bad Aussee, lebt in Schwanenstadt. Diplomarbeit zum Thema Kriminalroman, Letzter Kirtag ist sein Debüt als Krimiautor.



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