Durst | Die Blutkönigin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 544 Seiten

Reihe: Penhaligon Verlag

Durst Die Blutkönigin

Roman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-21468-5
Verlag: Penhaligon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 544 Seiten

Reihe: Penhaligon Verlag

ISBN: 978-3-641-21468-5
Verlag: Penhaligon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sie ist die größte Königin aller Zeiten - doch zu welchem Preis?
Daleina gehört zu den wenigen Frauen, die über die Gabe verfügen, die Elementargeister zu kontrollieren, die das Königreich Renthia terrorisieren. Diese Frauen werden Königin - oder sterben bei dem Versuch, zerfetzt von den Klauen und Zähnen der Elementare. Daleina ist bei weitem nicht die mächtigste der potentiellen Erbinnen der Königin. Doch dann wird ausgerechnet jener Mann ihr Mentor, der die amtierende Königin liebt - und von ihr verraten wurde ...

Sarah Beth Durst hat an der Princeton University Anglistik studiert. Sie verbrachte dort vier Jahre damit, über Drachen zu schreiben und sich zu fragen, was die Campus-Gargoyles wohl erzählen würden, wenn sie sprechen könnten. Seit über 10 Jahren schreibt sie sehr erfolgreich Fantasy für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und wurde mehrfach ausgezeichnet (u.a. von der American Library Association). Mit ihrem Mann und ihren Kindern lebt sie in Stony Brook, New York.
Durst Die Blutkönigin jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Kapitel 1

Vertrau nicht dem Feuer, denn es wird dich verbrennen.

Vertrau nicht dem Eis, denn es wird dich erfrieren.

Vertrau nicht dem Wasser, denn es wird dich ertränken.

Vertrau nicht der Luft, denn sie wird dich ersticken.

Vertrau nicht der Erde, denn sie wird dich begraben.

Vertrau nicht den Bäumen, denn sie werden dich zerfetzen, zerreißen, zerfleischen, bis du tot bist.

Es ist ein Kinderlied. Du springst über ein Seil, schneller und immer schneller, und zählst dabei die Geister auf, einen nach dem anderen. Wenn du über das Seil stolperst, dann ist es der zuletzt Genannte, der dich eines Tages töten wird: Feuer, Eis, Wasser, Luft, Erde oder Holz.

Die sechsjährige Daleina schnappte sich ihr Seil, schlüpfte aus dem Fenster des Baumhauses und lief über die Äste auf den Hain zu, angelockt vom Fackellicht. Ihre Eltern hatten Nein gesagt, auf gar keinen Fall, geh ins Bett und bleib dort, aber trotzdem, obwohl sie noch so jung war und auch unbedingt ein gutes, gehorsames Kind sein wollte, ließ sich Daleina nicht von ihrem Schicksal fernhalten. Sie würde mit ausgebreiteten Armen darauf zulaufen und ihm ins Gesicht schlagen.

Alle anderen Kinder hatten sich bereits unter der Aufsicht der Dorfhexe auf dem Waldboden unter den Bäumen versammelt. Daleina ließ sich von den Ästen hinunter aufs Moos fallen und gesellte sich zu ihnen. Ihre Wangen waren vom Laufen gerötet, und ihr Haar vom Wind zerzaust. Sie schwenkte ihr Seil und stimmte in den Gesang ein. »Vertrau nicht dem Feuer …«

Bänder in leuchtenden Farben flatterten um sie herum, sie stellten jeden der sechs Elementargeister dar. Unter den Pfosten, an denen man die Bänder befestigt hatte, waren Amulette vergraben, und weitere Amulette baumelten im Schein der Fackeln zwischen den Pfosten um sie herum. Das Kinderlied und die Bänder würden die Elementargeister anlocken, und die Amulette hielten sie auf Abstand. Das war so sicher, wie es die Dorfhexe nur hinbekommen konnte, und sie lächelte die Kinder an, während sie gegen den Uhrzeigersinn im Kreis herumging und die Schutzworte sprach, so wie sie es gelernt hatte.

Die Kinder sprangen schneller und schneller und wiederholten dabei das Lied. Mindestens zwei Dutzend Mädchen und Jungen, das jüngste Kind sechs Jahre alt und das älteste zwölf, waren in den Hain gekommen, um sich ihre Zukunft prophezeien zu lassen. Einige waren mit der Zustimmung ihrer Eltern hier, sie trugen ihre besten Kleider, hatten Bänder in den Haaren und ihre Hemden waren frisch gestärkt. Andere, wie Daleina, steckten in Nachthemden, hatten ungekämmtes Haar und nackte Füße.

Während Daleina hüpfte, sah sie, wie der erste Holzgeist seine spitze Nase zwischen den Blättern hindurchschob. Er huschte über die Zweige und baumelte dann mit dem Kopf nach unten, um die Kinder zu beobachten, sein Schatten riesig im Fackellicht. »Vertrau nicht dem Wasser …« Ein weiterer Holzgeist löste sich vom Stamm eines Baums, sein knorriger Körper war mit einer dicken Schicht aus Moos und Blättern überzogen. Ein Erdgeist, unbehaart und braun, strich aufreizend nahe an den Rändern der Amulette vorbei und bleckte dabei die Zähne, die wie kleine Felsen aussahen. »Vertrau nicht der Luft …«

Ein Kind strauchelte.

Ein anderes stürzte.

Wie Daleina hatten auch sie gesehen, dass die Geister aus dem dunklen Wald auftauchten und den Hain einkreisten. »Vertrau nicht der Erde …« Ihre nackten Füße patschten über den weichen Boden. Es hatte vor einigen Stunden geregnet, und zwischen Daleinas Zehen klebte Schlamm. Sie stellte sich vor, wie ein Erdgeist seine Hände durch den Morast streckte, um ihren Knöchel zu packen, und wie ein Luftgeist sie emporriss und sie von weit oben hinabfallen ließ. Sie kniff die Augen zusammen und hüpfte weiter. »Vertrau nicht den Bäumen …«

Weil sie ihre Augen geschlossen hatte, sah sie nicht, wie sich der winzige Holzgeist von seinem Ast und über die Amulette herabschwang, und sie sah auch nicht, wie die anderen Kinder stolperten und stürzten, jedes von ihnen, alle wurden sie durch ihre Seile zu Fall gebracht. »… sie werden dich zerfetzen, zerreißen, zerfleischen …«

Ihre Stimme war bald die einzige, bis die Schreie einsetzten.

Sie öffnete die Augen, als die Dorfhexe etwas rief und die Kinder aufkreischten. Blut befleckte das Mieder der Frau, und ein buckliges, mit Blättern bedecktes Geschöpf klammerte sich an ihre Schulter. Daleinas Fuß blieb im Schlamm stecken, und sie vergaß zu springen.

Ihre Eltern kamen auf sie zugerannt – ihre Mutter zuerst, ein Messer in der Hand, und sie durchschnitt das Seil, gerade als es auf Daleinas reglose Füße zuschwang. Die beiden Hälften des Seils klatschten links und rechts von ihr zu Boden.

Weitere Dorfbewohner strömten in den Hain. Sie drängten an Daleina und ihren Eltern vorbei und nahmen ihre eigenen Kinder in die Arme. Mehrere eilten der Dorfhexe zu Hilfe. Während sie noch immer die Enden des schlaffen Seils umklammert hielt, sah Daleina, wie der Geist den Stamm einer Eiche hinauf floh. Sein verschrumpeltes Blättergesicht war noch immer blutverschmiert. Dann verschwand er in der Nacht.

»Nein, Holz wird dich nicht holen«, murmelte ihre Mutter in ihr Haar. »Und auch nicht Feuer oder Eis oder Wasser, Erde oder Luft. Du wirst leben, mein Kind. Du musst leben.«

»Mir ist ja nichts passiert, Mama«, antwortete Daleina.

»Das war dumm von dir.« Mama drückte mit den Fingern Daleinas Kinn hoch und zwang sie, ihr in die Augen zu sehen. »Nur weil es Tradition ist, muss es nicht unbedingt auch klug oder notwendig sein. Versprich mir, dass du dich nie wieder in Gefahr bringen wirst.«

»Ich werde es versuchen«, sagte Daleina, und ihre engelsgleiche Miene nahm einen ernsten Ausdruck an. »Aber versprechen kann ich es nicht, Mama.«

Daleina war zehn Jahre alt, als sich die Prophezeiungen aller Kinder erfüllten. Sie war zu einer Miniaturausgabe ihrer Mutter herangewachsen: Ihr Haar war von Strähnen in den Farben des Herbstlaubs durchzogen – Orange-, Gold-, Rot- und Brauntönen –, und ihre Hände waren von der Sonne gebräunt und rau und schwielig von all den Tagen, die sie damit zugebracht hatte, durchs Dorf zu klettern. Sie hatte die Aufgabe übernommen, sich um Arin zu kümmern, ihre jüngere Schwester, die erst vier war.

An diesem Nachmittag brachte Daleina ihre Schwester von der Schule nach Hause. Die Sonne fiel durch die Blätter und malte ein Muster aus grünen und gelben Schatten auf die Baumstämme, auf die Hütten und auf Daleinas nackte Arme und Beine, während sie die Äste hinaufkletterte.

»Komm schon, Arin, nicht trödeln!«, rief sie.

»Wenn ich mal älter bin als du, werde ich dir sagen, was du tun sollst.« Arin befestigte den Haken ihres Gurts an einem Ast und stemmte ihre pummeligen Beine dagegen. Vor Anstrengung blies sie die Wangen auf.

»Du kannst gar nicht älter sein als ich.«

»Kann ich doch. Ich habe einen Geburtstag und dann noch einen und noch einen, und dann werde ich dich einholen. Und dann bin ich größer als du. Mama hat das gesagt, weil ich nämlich meinen Haferbrei esse.«

Daleina beugte sich hinab und half ihrer Schwester, sich am nächsten Ast einzuhaken. Alle Wege durch das Dorf waren mit Halterungen und Haken versehen, um den ganz Jungen und den Hochbetagten zu helfen, die Pfade durch die Baumkronen zu bewältigen. »Kann schon sein, dass du mal größer wirst als ich, aber ich bin trotzdem älter. Ich werde immer älter sein. So läuft das eben.« Sie fand, dass sie sehr vernünftig klang.

»Das ist ungerecht!«

Oh nein, dachte sie, Wutanfall im Anmarsch. Mama sagte immer, dass Arin ihre Wutanfälle förmlich perfektioniert habe: Als Erstes verzog sie die Lippen zu einer mustergültigen Schnute, die wie ein Regenbogen geformt war, dann ließ sie wahre Tränenfluten auf ihren Wimpern zusammenströmen. Ihre rosigen Wangen liefen dunkel an, und während sie immer röter wurde, begann sie mit dem Wimmern. Sie schrie nicht, nicht draußen im Freien – das war zu gefährlich –, aber sie blökte wie ein geprügeltes Lamm, bis die Nachbarn herauskamen, um nachzusehen, wer denn da die arme, unschuldige und engelsgleiche Arin quälte. »Wenn du weinst, werfe ich dich den Holzgeistern zum Fraß vor«, erklärte Daleina. Es war die schrecklichste Drohung, die ihr einfiel.

Arins Augen wurden rund, der Kiefer klappte ihr herunter, und ihre Unterlippe zitterte.

Na großartig. Ich habe es nur noch schlimmer gemacht.

»Nein, das werde ich natürlich nicht tun«, fügte Daleina hastig hinzu. »Ich habe es nicht so gemeint. Aber bitte weine nicht, Arin.«

Da entdeckte sie den Holzgeist, über Arin, einige Bäume weiter vorn. Es war ein kleines Exemplar, dem helle Blätter aus der Haut ragten und in dessen Haar Beeren reiften. Seine Augen sahen aus wie Walnüsse, und seine langen Finger, die wie Zweige waren, krümmten sich um den Ast, auf dem er hockte. Er beobachtete sie.

»Komm, lass uns nach Hause gehen.« Sie musterte den Geist – er schien nicht näher zu kommen, aber es gefiel ihr nicht, dass er sie bemerkt hatte. Mama riet ihr immer, möglichst nicht die Aufmerksamkeit der Geister auf sich zu ziehen. Als Daleina fünf Jahre alt gewesen war, hatte ihr Onkel das Interesse eines aufmüpfigen Geistes erregt und war in seinem eigenen Obstgarten...


Durst, Sarah Beth
Sarah Beth Durst hat an der Princeton University Anglistik studiert. Sie verbrachte dort vier Jahre damit, über Drachen zu schreiben und sich zu fragen, was die Campus-Gargoyles wohl erzählen würden, wenn sie sprechen könnten. Seit über 10 Jahren schreibt sie sehr erfolgreich Fantasy für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und wurde mehrfach ausgezeichnet (u.a. von der American Library Association). Mit ihrem Mann und ihren Kindern lebt sie in Stony Brook, New York.

Link, Michaela
Michaela Link lebt mit ihrem Mann und engstem Mitarbeiter auf einem aufgelassenen Bauernhof in Norddeutschland. Sie hat zahlreiche Romane aller Art aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt und auch selbst einige phantastische und historische Romane geschrieben.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.