E-Book, Deutsch, Band 2, 576 Seiten
Duncan Das schwarze Herz des Winters - Unforgiving
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-492-99948-9
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 2, 576 Seiten
Reihe: Das schwarze Herz des Winters
ISBN: 978-3-492-99948-9
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
»Freu dich auf einen Dark-Fantasy-Roman voller tief in Blut und Verrat getauchter Magie, in dem das Spiel um Macht und Göttlichkeit immer dramatischer wird.« - Kirkus Nadya hat die Stimmen ihrer Götter verloren. Serefin hört wispernde Stimmen in der Dunkelheit. Und Malachiasz muss jene Stimmen um jeden Preis finden ... Doch die Stimmen verfolgen ein eigenes grausames Ziel - und die Schicksale der drei sind unwiderruflich damit verflochten. In ihrer atemlosen Fantasy-Reihe »Das schwarze Herz des Winters« zeichnet Emily A. Duncan eine eisige, finstere Welt, in der Stimmen aus den Schatten flüstern und niemand ist, was er zu sein scheint.
Emily A. Duncan ist New-York-Times-Bestsellerautorin der Reihe »Das schwarze Herz des Winters«. Sie ist in Ohio, USA, geboren und aufgewachsen und arbeitet als Jugendbibliothekarin. An der Kent State University absolvierte sie ein Masterstudium in Bibliothekswissenschaften, in dem sie vor allem lernte, wie man obskure slawische Folklore-Texte im Fernleihe-System findet. Wenn sie nicht gerade liest oder schreibt, spielt sie mit Vorliebe Videospiele und »Dungeons & Dragons«.
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SEREFIN MELESKI
Eine Viper, eine Gruft, eine Täuschung des Lichts: Velyos greift immer nach allem, was ihm nicht gehört. Die Briefe des Wlodzimierz Serefin Meleski hauste in dem Streifen der Nacht, der reif war für Verrat. Es war eine Zeit, in der Dolche gezückt, in der Pläne geschmiedet und ausgeführt wurden. Es war eine Zeit für Monster. Er war mit diesen Stunden sehr vertraut, aber selbst die Kenntnis des Unvermeidlichen genügte nicht, um es weniger schmerzhaft zu machen. Es war nicht so, dass er die Nächte wach blieb, weil er eine weitere Tragödie erwartete. Nein, er blieb wach, weil es einfacher war, bis zur Bewusstlosigkeit zu trinken, als sich den Albträumen zu stellen. Also war er wach, als sich Kacper in seine Räumlichkeiten schlich. Offenbar wollte er ihn wecken, war aber wohl auch nicht sonderlich überrascht, als er Serefin auf der Polsterbank im großen Gemach vorfand: liegend, mit einem Bein auf dem Boden und dem anderen über der Rückenlehne. Ein leeres Glas stand am Boden in Reichweite und ein Buch lag mit den Seiten nach unten über der Armlehne, während er über dieselben Bilder nachgrübelte wie schon in den letzten vier Monaten: Träume von Motten, Blut und Monstern. Schrecken an den Rändern seines Bewusstseins und diese Stimme. Die dünne Stimme – wie ein Pfeifen im Schilf –, die von einem Ort hinter dem Tod auf ihn einstach. Ihr sirrender Gesang verstummte nie. Die fremdartigen Melodien summten unablässig in seinen Adern. »Jeglichen Ärger hast du dir selbst eingebrockt«, zischte die Stimme. Er versuchte, sie zu überhören. »Wer ist es?«, fragte er Kacper. Die Krone aus gehämmertem Eisen war ihm schon längst auf den Kopf gesetzt, eine seiner Handfläche aufgeschnitten und sein Blut auf einem Altar verteilt worden, als er zum König von Tranavia ausgerufen worden war: Sein Niedergang nahte. Die Adeligen hatten ihn noch nie gemocht, nicht als Kronprinz und erst recht nicht nach seiner Krönung. Das Was oder Wie hatte nie infrage gestanden, sondern nur wer als Erster so viel Mut aufbrächte, zuzuschlagen. Er hatte das böswillige Geflüster weiter geduldet und immer wieder aufgeschoben, schlüssig zu erklären, wie sein Vater gestorben war. Er forderte das Schicksal heraus. Tranavische Staatsgeschäfte waren schmutzig. Sehr schmutzig. »Es findet gerade ein Geheimtreffen statt«, antwortete Kacper mit leiser Stimme. Serefin nickte, ohne sich aufzusetzen. Er hätte das von den slavhki, die seinen Vater unterstützt hatten, auch kaum anders erwartet. »Kseszi Ruminski ist beteiligt«, fuhr Kacper fort. Serefin zuckte zusammen und stand schließlich auf. Er schnitt sich in den Finger, um einige Kerzen mit der Magie zu entzünden, die sein Blut versprühte, und wischte sich dann vorsichtig die Hand ab. Zanetas Familie forderte schon seit Monaten Antworten von ihm. Serefin wusste nicht, was er sagen sollte. »Oh, es tut mir schrecklich leid, sie hat ein bisschen Hochverrat verübt, und der Schwarze Geier befand, sie sei bei seinesgleichen besser aufgehoben. Eine fürchterlich heikle Angelegenheit, aber so ist es nun einmal! Dagegen können wir nichts ausrichten.« Dies war ein ständiger, eitriger Unruheherd, der unter seiner Haut schwelte. Ja, Zaneta hatte ihn verraten, und ja, er war deshalb gestorben. Aber verdiente sie das furchterregende Schicksal, das Malachiasz ihr bestimmt hatte? »Du bleibst ungewöhnlich ruhig angesichts dieser Gefahr«, bemerkte Kacper. »Was werden sie tun, frage ich mich. Mich hängen? Im Kerker verrotten lassen?« Kacper schnaubte und ließ die Schultern sinken. »Ich hasse es, wenn du so pessimistisch bist«, murmelte er, während er sich an Serefin vorbeischob, um ins Schlafzimmer zu gelangen. »Wohin willst du?«, fragte Serefin. Er betrachtete die Flaschen in seinem Schrank und zog dann eine Flasche Wodka, die wundersamerweise voll war, aus einem Fach. »Ich bin nicht pessimistisch«, grummelte er. »Ich bin nur abgeklärt und sehe die Dinge nüchtern. Diese Entwicklung war nicht zu vermeiden.« »Ein Staatsstreich ist nie unvermeidlich«, schimpfte Kacper von nebenan. Packte er? »Nichts von alldem wäre passiert, wenn du diese verfluchte Klerikerin gehängt hättest, statt sie in denselben seltsamen Schwebezustand zu versetzen wie das ganze restliche Land. Aber das hast du nicht getan. Und jetzt haben wir es mit einem Staatsstreich zu tun, weil wir leider niemanden haben, dem wir die Schuld zuschieben können. Willst du so enden wie dein Vater?« Serefin schrak zusammen. Er nahm einen tiefen Schluck. Träume von Motten und Blut und der Leiche seines Vaters, hingestreckt zu seinen Füßen. Er hatte den tödlichen Schlag nicht geführt, aber es war trotzdem seine Schuld. »Nein«, flüsterte er und fegte eine bleiche Motte aus der Kerzenflamme. »Nein. Das willst du nicht.« Doch auch das ist wahrscheinlich unvermeidlich, dachte Serefin verdrießlich. Kacper hätte es ihm verübelt, wenn er diesen Gedanken laut ausgesprochen hätte. »Die Hälfte deiner Gewänder ist von den Motten gefressen worden.« Kacper klang verzweifelt. Die Tür wurde aufgestoßen. Serefins Hand wanderte zu seinem Zauberbuch, sein ganzer Körper spannte sich an. Ihn schauderte, dann seufzte er. Es war nur Ostyia. »Oh, du bist schon auf«, stellte sie trocken fest. »Schließ die Tür hinter dir ab.« Sie tat es. »Ich habe ihm berichtet, was vor sich geht, und er steht nur da und trinkt«, beschwerte sich Kacper. Serefin bot Ostyia die Wodkaflasche an. Ächzend streckte Kacper seinen Kopf aus dem Zimmer, als sie die Flasche nahm und daraus trank. Sie blinzelte Serefin an – ein übertriebenes Zusammenkneifen ihres einzigen Auges. »Komm wieder zu uns, Kacper«, verlangte Serefin. Kacper brummte laut und beugte sich über die Türschwelle. »Wie lange treffen sie sich schon?« »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ihr erstes Treffen ist«, erwiderte Kacper. »Sie werden nicht heute Nacht zuschlagen.« »Aber …« »Sie werden nicht heute Nacht zuschlagen«, wiederholte Serefin entschieden. Er unterdrückte seine aufsteigende Panik und nahm Ostyia die Flasche wieder ab. Angst hatte schon seit Monaten jeden seiner Schritte beschwert und nur darauf gewartet, dass er ins Wanken geriet. Hätte er innegehalten und genau über die Bedrohung nachgedacht, dann wäre er bei lebendigem Leib verschlungen worden. Er hatte sich vormachen müssen, dies alles sei unwirklich. Kacper ließ sich gegen den Türrahmen fallen. »Dass du so eifrig für meine Sicherheit sorgen möchtest, freut mich natürlich«, sagte Serefin und übersah dabei den kühlen Blick, mit dem Kacper ihn bedachte. »Du bist ein echter Meisterspion, aber ein bisschen voreilig.« Kacper glitt am Türrahmen nach unten und ließ sich auf dem Boden nieder. »Lasst uns jetzt erst einmal herausfinden, was sie wollen«, beschwichtigte Serefin. Er stellte die Flasche auf dem Tisch ab und wischte dabei eine weitere Motte weg. Ostyia runzelte die Stirn, ging zu dem Sessel und hockte sich auf die Armlehne. Sie gähnte. »Wir wussten, dass Ruminski irgendwann Antworten verlangen würde«, räumte er dann ein. »Er fragt schon seit Monaten, Serefin. Er will einfach nicht länger warten«, stöhnte Kacper. Serefin hob erschöpft die Schultern. »Vielleicht können wir mit ihnen verhandeln. Es muss doch irgendetwas geben, worauf sie versessen sind und das ich ihnen verschaffen kann.« »Bei geheimen Zusammenkünften deiner Feinde wird keine Liste mit Forderungen mehr erstellt, die du erfüllen kannst«, sagte Ostyia. »Alle am Hof sind meine Feinde«, murmelte Serefin und warf sich auf einen gepolsterten ...