Duchhardt | Freiherr vom Stein | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Reihe: C. H. Beck Wissen

Duchhardt Freiherr vom Stein

Preußens Reformer und seine Zeit
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-406-61503-0
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: PDF
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Preußens Reformer und seine Zeit

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Reihe: C. H. Beck Wissen

ISBN: 978-3-406-61503-0
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: PDF
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Freiherr vom Stein zählt zu den wichtigsten Gestalten der deutschen Geschichte: als ein Mann, der wichtige Reformen anstieß, die Preußen das Tor in die Moderne öffneten, als geistiger Vater des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung, als ziviler Organisator des antinapoleonischen "Befreiungskriegs". Die Biographie aus der Feder des renommierten Historikers und Stein-Forschers Heinz Duchhardt stellt den preußischen Beamten und Staatsmann in den Kontext seiner Epoche und nimmt auch den Privatmann in den Blick.

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1;Cover;1
2;Zum Buch;2
3;Über den Autor;2
4;Titel;3
5;Impressum;4
6;Inhalt;5
7;Vorwort;7
8;Prolog;8
9;1. Frühe Optionen und Weichenstellungen;11
10;2. Eine preußische Beamtenkarriere;18
11;3. Das erste Ministeriat: Missverständnisse, Enttäuschungen, Konsequenzen;35
12;4. Das Reformministeriat;46
13;5. Ein politischer Flüchtling und die Schärfung seines Weltbildes;60
14;6. Die Organisation des «Befreiungskriegs»;66
15;7. Der Abschied von der großen Politik;79
16;8. Der Akteur im Hintergrund;90
17;9. Der private Stein;96
18;Epilog;115
19;Quellen- und Literaturverzeichnis;121
20;Personenregister;124


1. Frühe Optionen und Weichenstellungen
Dem mitten im Siebenjährigen Krieg, am 25. Oktober 1757, in dem winzigen Städtchen Nassau an der unteren Lahn als Spross eines sich bis ins 13. Jahrhundert zurückführenden reichsritterschaftlichen Geschlechts geborenen Jungen, der wenige Tage später in der evangelischen Pfarrkirche auf den Namen Heinrich Friedrich Karl getauft wurde, war es freilich nicht an der Wiege gesungen worden, dass er eines Tages mitten im Rampenlicht des öffentlichen Interesses stehen und in der Erinnerungskultur der Deutschen einen derart prominenten Platz einnehmen würde. Im Herbst 1757 hatte der kontinentale Teil des rasch alle europäischen Mächte einbeziehenden Kriegs – der ja auch noch eine überseeisch-koloniale Komponente hatte – diese Region des Reiches zwar bisher noch verschont, aber Krieg war Krieg – und damit einher gingen Unsicherheit und ungewisse Perspektiven. Und in einen direkt an einer der Kommunikationsachsen des Alten Reichs und damit Zentraleuropas gelegenen Ort wie Nassau gelangten natürlich Informationen über das Kriegsgeschehen, das gerade im Herbst 1757 mit den Schlachten von Kolin, Rossbach und Leuthen erste Höhepunkte erlebte und in das ein Bruder der Mutter unmittelbar involviert war. Dass der Informationsfluss gerade hier besonders rege war, verdankte sich freilich auch der Tatsache, dass das Schloss derer vom und zum Stein zu einem Anziehungspunkt für viele Reisende, vor allem Intellektuelle wurde. Das hatte insbesondere etwas mit der Mutter des kleinen Karl und seiner Geschwister – vier Mädchen und vier Jungen (von denen einige an anderer Stelle noch etwas näher vorgestellt werden) sollten das Erwachsenenalter erreichen, Karl war der zweitjüngste – zu tun. Henriette Karoline aus der ebenfalls reichsritterschaftlichen Familie Langwerth von Simmern stand den geistigen Bestrebungen der Zeit ausgesprochen offen gegenüber; sie war beispielsweise mit Sophie von Laroche ebenso befreundet wie mit dem Schweizer Theologen Lavater. In zweiter Ehe – die erste mit einem niedersächsischen Adligen hatte nur kurz gewährt – mit dem kurmainzischen Hofbeamten Karl Philipp vom Stein verheiratet – auf das Paradoxon, dass in den geistlichen Staaten die protestantischen Funktionsträger nach wie vor Karrierechancen hatten, soll wenigstens beiläufig hingewiesen werden –, war das Nassauer Schloss zu einem Musenhof en miniature geworden, wo beispielsweise neben Lavater auch Goethe, Basedow oder Georg Melchior Kraus Station machten und sich vom Charme und der mit tiefer Frömmigkeit gepaarten Belesenheit der Hausherrin einnehmen ließen. Dementsprechend wurde auf die Erziehung der Kinderschar große Sorgfalt verwendet – wie in dieser sozialen Schicht üblich: durch theologisch gebildete Hauslehrer, die durchgehend aus Oberdeutschland oder dem Elsass stammten und den Kindern unter anderem eine exzellente Kenntnis des Französischen vermittelten; Karl sollte bis an sein Lebensende den weitaus größten Teil seiner Korrespondenz, selbst mit seiner späteren Ehefrau und seinen beiden Töchtern, in dieser Sprache führen, trotz aller frankophoben Tendenzen, die sich spätestens nach Ausbruch der blutigen Phase der Revolution bei ihm entwickelten. Für seine Karriere war das auch unabdingbar, in der lingua franca der damaligen Zeit absolut sattelfest zu sein. Beim Unterricht wurde aber auch auf die Geschichte und die musischen Fächer besonderer Wert gelegt, ohne dass Stein deswegen zu einem begeisterten Opern- oder Schauspiel-Besucher geworden wäre oder sich malend, zeichnend oder sammelnd mit der Kunst seiner Zeit beschäftigt hätte. Wenn Stein sich später zur Kunst hingezogen fühlte, dann waren es die mittelalterlichen Artefakte, die er als Ausweis der Hoch-Zeit deutscher Kultur verehrte und in Maßen auch sammelte. In späteren Jahren hat Stein die Erziehung von Kindern nur durch Hauslehrer deutlich kritisiert und ihrer Teilnahme am öffentlichen Unterricht eindeutig das Wort geredet – was freilich, situationsbedingt, bei seinen eigenen Kindern dann auch nicht umgesetzt werden konnte. Nicht weniger wichtig für die Kinder – und vor allem das zweitjüngste, Karl – als die gute Erziehung war die Erfahrung des – wie Otto Brunner das formulierte – «adligen Landlebens», das bei Karl lebenslang eine besondere Hochschätzung bäuerlichagrarischer Lebensformen nach sich zog und im Gegenzug viele Aversionen gegen die ganz großen Städte, mochten sie nun Berlin, Wien oder Paris heißen. Als die Kinder, die Sophie von Laroche ihrer Frische und geistigen Regsamkeit wegen so beeindruckten, dass sie auch in ihren Werken Erwähnung fanden, die Elementarausbildung hinter sich gebracht hatten, stellte sich die Frage nach ihrer und der Zukunft der Familie. Denn ihre Besitzungen im Lahngebiet, im Rhein- und Moselgraben und das gesamte damit zusammenhängende Einkommensgeflecht waren – Spiegel einer allgemein angespannten wirtschaftlichen Lage dieser sozialen Gruppe – längst nicht ausreichend, um mehrere Kinder zu versorgen, so dass die Eltern frühzeitig einen Familienfideikommiss errichteten, der einem Sohn das Gesamterbe zusprach, um das Besitztum vor Zersplitterung und Parzellierung zu bewahren. Warum man auf den zweitjüngsten verfiel, ist mit letzter Klarheit nicht zu ermitteln – die beiden älteren Brüder hatten sich frühzeitig für den Militärdienst entschieden und boten vielleicht auch charakterlich nicht die Gewähr, dass der Besitz zusammengehalten und nach Möglichkeit vermehrt würde – reichsritterschaftliche Kleinadelsfamilien dieser Art, auch wenn sie (in diesem Fall 1669) in den Reichsfreiherrenstand aufgestiegen waren, waren im 18. Jahrhundert nie auf Rosen gebettet, umso weniger wenn sie, evangelisch geworden, von den reichen Stiftspfründen an der rhein-mainischen «Pfaffengasse» abgeschnitten waren. Ausnahmen auf katholischer Seite wie etwa die Schönborn, denen ihre Ämter in der Germania Sacra und im Kaiserdienst zu einem atemberaubenden Aufstieg verhalfen, waren weit eher die Ausnahme als die Regel. Umso mehr Aufmerksamkeit war darauf zu verwenden, dass der vom Fideikommiss Begünstigte nun auch eine Ausbildung erhielt, also zukünftig nicht gezwungen war, nur von den Familiengütern zu leben. Die Eltern – wohl eher die rührige, feinnervige, ganz in den geistigen Bewegungen der Zeit stehende Mutter als der als eher ernst und vielleicht sogar ein wenig farblos beschriebene Vater – verfolgten dabei eine Doppelstrategie: Zum einen brachten sie ihren Sohn bei einigen mitteldeutschen – also protestantischen – Domstiften ins Gespräch und sorgten dafür, dass er wenigstens Anwartschaften auf dortige Dompfründen erhielt; dass Stein seit den frühen 1790er Jahren dann tatsächlich zehn Jahre lang Domherr in Brandenburg sein sollte und eine entsprechende Pfründe verzehrte, ist damals vorbereitet worden. Und das andere war, dem Hoffnungsträger und zukünftigen Stammhalter eine über den Unterricht durch die Hauslehrer hinausgehende zusätzliche Ausbildung zu verschaffen, die ihm auch noch andere berufliche Optionen eröffnete. Das war in erster Linie über ein Studium denkbar. Das Verhältnis des deutschen Adels zur Institution «Universität» war zwar lange eher problematisch gewesen, aber diese Zeiten lagen weit zurück. Adel und Universität war kein Gegensatz mehr, die zukünftigen Domherren mussten ja ohnehin ein Studium absolvieren, und bei ihren protestantischen Vettern hatte es sich ebenfalls längst herumgesprochen, dass man damit die Karrierechancen erhöhte – auch wenn man, ein adliges Reservatum, das Studium längst nicht immer formal, also mit einem akademischen Grad, abschloss. An sich hätte es für einen Kleinadligen vom Mittelrhein nahegelegen, benachbarte Universitäten – etwa Trier oder Mainz – zu wählen, aber diese Hohen Schulen taten sich mit Protestanten nach wie vor schwer, so dass die Entscheidung wohl rasch fiel: Wenn schon Studium, dann an der renommiertesten Hochschule des Reiches, der Exzellenzuniversität der damaligen Zeit, in Göttingen, umso mehr als die Mutter aus ihrer ersten Ehe noch Verbindungen nach Niedersachsen hatte. Und so sieht man den jungen Mann – selbstredend unter der Aufsicht eines (ungeliebten) Hofmeisters und unter strenger «Fernbedienung» seiner besorgten, von Stein im Prinzip aber über alles geliebten und verehrten Mutter – seit 1773 in Göttingen studieren, und zwar, formal als «stud. jur.», die ganze Breite der Disziplinen: von der Geschichte, in der er bereits über beachtliche Kenntnisse verfügte, bei Schlözer und dem Reichsrecht bei der Koryphäe schlechthin, Johann Stephan Pütter, über die Jurisprudenz bei Boehmer und Selchow bis hin zur Philosophie bei Feder, zur Philologie und Ethnologie bei Meiners und zur Montanistik. Und Göttingen wurde für ihn im wahrsten Sinn des Wortes das Tor zu einer neuen Welt: einer Welt, in der er adlige und nichtadlige Freunde aus Niedersachsen und aus ganz Europa fand, mit denen er intensiv über Grundsatzfragen der gesellschaftlichen Entwicklung diskutierte und die an verschiedenen Stationen seines Lebens immer wieder auftauchten, einer Welt, in der er zudem die moderne...


Heinz Duchhardt ist Professor für Neuere Geschichte und Direktor der Abteilung für Universalgeschichte des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. 2007 erschien seine große Stein-Biographie.



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