Doyle | Vampira - Folge 28 | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 28, 64 Seiten

Reihe: Vampira

Doyle Vampira - Folge 28

Fünf Tage Tod
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8387-1841-5
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Fünf Tage Tod

E-Book, Deutsch, Band 28, 64 Seiten

Reihe: Vampira

ISBN: 978-3-8387-1841-5
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Landru will unter allen Umständen den Lilienkelch zurückholen. Er kann nicht glauben, dass das Kleinod nach seinem Sieg über Felidae schon wieder für ihn verloren sein soll. Lilith weiß, dass ihr nur eine kurze Frist bleibt, ihrerseits - und vor Landru - den Kelch zu finden. Sie eilt einer Spur der Vernichtung und des Todes entgegen. Und Lazarus schließlich folgt dem Auftrag, den er durch den Lilienkelch erhalten hat: das Unheiligtum zurückzubringen zu Felidae. Unaufhaltsam. Unbesiegbar. Denn sein Körper verbraucht die Energie eines ganzen Lebens innerhalb kürzester Zeit...

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Eva betete, und Adam Czerniakow biss so heftig die Zähne zusammen, dass es knirschte. Niemand hörte es. Nicht einmal das jeden Morgen ewig gleiche Gemurmel seiner Frau schien den Insassen in der Enge des Kleinbusses noch aufzufallen. Jeder hing eigenen Gedanken nach.

Jakub Plotnicka, der Fahrer, machte, was das anging, keine Ausnahme. Seine blassen Augen waren auf die Straße gerichtet, aber der Ausdruck auf seinem zerfurchten, schlecht rasierten Gesicht verriet, dass er sich nach seinem Bett sehnte, zudeckt bis zum operierten Hals, wo ihm letztes Jahr ein nach innen wachsender Kropf entfernt worden war. Die Narbe verlief für jeden sichtbar von einem Ohr zum anderen unterhalb des Kiefers und ließ Plotnicka aussehen wie eines jener Filmmonster aus der Frühzeit der Kinematografie.

Aspis Singer strickte an einem Paar neuer Handschuhe, und er war der einzige, der um diese Stunde zu lächeln imstande schien. Adam Czerniakow mochte ihn trotzdem nicht. Strickende Männer – zumal im selben Alter wie er – waren ihm suspekt. Das Wissen um Singers Alleinsein milderte diese Abneigung keineswegs.

Die Jellineks, die auf der hinteren Sitzbank des Busses saßen, unterhielten sich flüsternd miteinander, als wollten sie niemanden stören. Reb Jellinek war ein grauhaariger, viel zu mager wirkender Mann von vierzig Jahren; seine Frau Gesa war zehn Jahre jünger und ein Biest, das es faustdick hinter den Ohren hatte. Und nicht nur hinter den Ohren. Adam Czerniakow wusste ein Lied davon zu singen – aber Eva wusste es nicht und sollte es nach Möglichkeit auch nie erfahren.

Fast über Nacht hatte sich Kälte über das Land gesenkt. Der erste Schnee schien noch fern, aber die herbstlichen Nebeltage neigten sich unübersehbar ihrem Ende entgegen. Bald würde Glätte den Weg zur Arbeit erschweren, und manchmal würden sie wieder länger unterwegs sein als in der Fabrik …

»Verdammt!«

Jakub Plotnickas Fluch ließ nicht nur die fromme Eva zusammenzucken. Automatisch richteten sich aller Augen durch die schmutzige Scheibe nach draußen auf die Straße.

Sie folgten damit dem entgeisterten Blick des Fahrers, der gerade ergänzend hervorstieß: »Scheiße … Gibt’s das?«

Aspis Singer fühlte sich ertappt und vertiefte sich wieder in seine Strickarbeit. Tatsächlich ließ aber auch er die merkwürdige Gestalt nicht aus den Augen, die auf der Landstraße stand.

»Fahr weiter!«, riet Adam Czerniakow dem Fahrer. »Lass dir bloß nicht einfallen, anzuhalten!«

»Er steht mitten auf der Straße«, keuchte Plotnicka. »Ich kann doch nicht …«

Er bremste.

Auch diejenigen, die sich nicht weit vorgebeugt hatten, wurden in den gurtlosen Sitzen nach vorn getrieben.

Eva schrie auf. Sie umklammerte den Rosenkranz, als müsste sie ihn zwischen den Fingern zerreiben.

Aspis Singer verletzte sich mit den eigenen Stricknadeln. Eines der stumpfen Enden fand den Weg durch den offenen Mantel und bohrte sich tief in das weiche Gewebe seiner feminin ausgebildeten Brust, die er unter weiten Hemden und Pullovern zu kaschieren versuchte. Es schmerzte, aber die Nadel drang nicht wirklich in den Körper ein. Mehr als ein Bluterguss war nicht zu erwarten.

Singer litt unter einer hormonellen Fehlfunktion, und sie war es auch, die ein gutes Stück dazu beitrug, dass er sich in die Isolation flüchtete. Er hatte deswegen einen Arzt in Elblag konsultiert. Elblag war die Kreisstadt, gegen die Frombork wie ein Dorf wirkte. Aber dieses Arschloch in Weiß hatte ihn nur ausgelacht. Seither arrangierte sich Singer notgedrungen damit, anders zu sein.

Als der Bus zum Stehen kam, kurbelte Plotnicka das Seitenfenster herunter und beugte sich nach draußen.

»Heh!«, rief er die absurde Gestalt an. »Bist du vollkommen übergeschnappt? Ich hätte dich umfahren können …! Geh aus dem Weg!«

Hinten stieß Gesa Jellinek einen gepressten Schrei aus und sagte dann mit glasharter Stimme: »Das ist Josephas Wagen! Und es sind Josephas Kleider …!«

Nicht jeder begriff sofort, was sie meinte.

Da stand dieser Junge in der Morgenkälte. Barfuß. Sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Aufreizend gelassen blockierte er die Straße, und aufreizend war alles an ihm.

Er trug Klamotten, wie sie zu einer Frau gepasst hätten. Ein billiges, altmodisches, zerschlissenes Kleid …

Auf Plotnickas Zuruf reagierte er überhaupt nicht. Er stand nur da. Beobachtend.

»Josephas Wagen?«, echote Reb Jellinek und fügte hinzu: »Das ist wahr! Aber ihre – Kleider …?«

»Da ist Blut dran!« Es war Adam Czerniakow, der mit dieser Feststellung seine Frau zu einem neuen, leiernden Gebet veranlasste. Es klang wie aus einem schlecht aufgezogenen Grammophon. Evas Teint war käsig. Sie sah aus, als würde sie sich gleich übergeben.

Dabei war noch gar nichts passiert!

Zumindest nichts, was sie direkt anging – und sie konnten auch nicht sicher sein, dass überhaupt etwas vorgefallen war.

»Aus dem Weg! Ich sag’s zum letzten Mal!«, schrie Plotnicka so unbeherrscht, dass ihm ein Speichelfaden aus dem Mund rann.

Adam Czerniakow stand von seinem Sitz auf und kletterte entschlossen nach vorn auf den freien Beifahrersitz, auf dem Plotnicka normalerweise sein Frühstück verstaute. Heute auch. Aber Czerniakow wischte es einfach zu Boden.

»Lass mich das regeln«, wandte er sich an den Fahrer. »Ich steige aus und seh’ mir die Sache an. Du kannst nicht weiterfahren, solange wir nicht wissen, was hier Beschissenes vorgefallen ist. Wenn dieser Arsch der Alten was angetan hat …«

Er sparte sich Details.

»Nein!«, schrie Eva. »Du bleibst! Du gehst nicht …!«

»Ich komme mit«, sagte Aspis Singer. Er hatte ein schmerzverzerrtes Gesicht und hob den Arm wie bei einer Wortmeldung in der Schule.

Czerniakow starrte ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Ekel an. Er bemühte sich nicht um Verstellung. (Er mochte dieses dämliche Waschweib nicht!)

»In Ordnung«, sagte er dann zu seiner eigenen Überraschung.

Sie stiegen aus; Singer durch die hintere Schiebetür, Czerniakow auf der Beifahrerseite.

»Soll ich auch mitkommen?«, fragte Plotnicka.

Czerniakow verzog den Mund. Jeder wusste, dass Plotnicka ein Feigling war, der sich nur hinter dem Steuer mutig gab.

»Mit dem Knäblein werd’ ich schon allein fertig!« Obwohl Czerniakow Aspis Singer als Begleitung akzeptiert hatte, ging aus dieser Bemerkung hervor, dass das Milchgesicht für ihn nicht zählte. Er hatte nur sich auf der Rechnung.

Und den fremden Jungen.

Singer gab sich Mühe, neben und nicht hinter ihm zu laufen. Sie marschierten auf den Halbwüchsigen zu, der keinerlei Regung zeigte. Auch nicht, als sie ihn erreichten und Czerniakow ihn grob gegen die Brust stieß.

Er bemerkte nicht, dass Singer zusammenzuckte, als hätte der Stoß ihn getroffen.

Der Junge wankte nicht einmal, und Czerniakow hatte das Gefühl, gegen die Attrappe eines Menschen geschlagen zu haben.

Sein Blick flackerte. Dann rettete er sich in den Befehl an Singer: »Sieh im Auto nach! Sieh nach, ob du etwas von Josepha findest!«

Aspis Singer stand steif neben ihm. »Was ist das an seinem – Mund …?«

Czerniakow glaubte zu wissen, dass es dasselbe war, was sich als dunkle Flecken vom Kleid des fremden Jungen abhob.

»Der muss irgendwo entsprungen sein«, sagte er – und lauter: »Heh, Freundchen, rede, oder du beziehst eine Tracht Prügel! Das ist doch nicht dein Auto. Wehe, es ist geklaut und –«

»Ich hoffe, du schmeckst besser als die Alte«, sagte der Junge.

Es war das erste Mal, dass er überhaupt den Mund aufmachte.

Er hätte es besser nicht getan. Aspis Singer stöhnte auf. Wankend setzte er sich in Richtung des halb in der Wiese abgestellten Wagens in Bewegung.

»Du wirst die Alte nicht finden«, rief der Junge ihm hinterher.

Aspis Singer strauchelte, als sei er über etwas gestolpert. Aber da war nichts. Er wankte weiter.

»Wiederhol das!«, forderte Adam Czerniakow mit geballten Fäusten.

»Du wirst die Alte nicht finden«, sagte der Halbwüchsige ohne spezielle Betonung. Er hatte ein verschlagenes Gesicht, boshaft funkelnde Augen, und erst jetzt bemerkte Czerniakow, dass er etwas unter dem Kleidersaum versteckt hielt. Seine rechte Hand war darunter verschwunden, und es sah aus wie in einem Mantel-und-Degen-Film, wo eine Dame ihr Kleid geziert mit spitzen Fingern raffte.

Es wirkte unmöglich, und es schürte ähnliche Aggressionen in Czerniakow, wie er sie gegenüber Singer empfand.

»Nein«, sagte er rau. »Ich meine das davor

»Ich hoffe, du schmeckst besser als die Alte«, gehorchte der Junge ungeniert. »Was ist daran verwunderlich? Es war wirklich eklig, aber jetzt habe ich ja euch.«

»Uns«, wiederholte Czerniakow. Das Gefühl, etwas tun zu müssen, wurde drängender. Er erkannte sich ohnehin kaum wieder. Normalerweise hätte er dem unverschämten Burschen längst eine gescheuert. Stattdessen stand er da und ließ sich seine makabre Verhöhnung gefallen.

Aspis Singer erreichte den klapprigen Wagen, von dem auch er glaubte, dass er Josepha gehörte. Die alte Frau war eines der wenigen verbliebenen Originale der Gegend. Fast jeder kannte sie oder hatte auf dem Wochenmarkt schon einmal bei ihr gekauft.

Singer spähte nicht erst durch die Fenster,...



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