E-Book, Deutsch
Reihe: Bianca
Douglas Das Rätsel des Herrenhauses
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7515-2296-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch
Reihe: Bianca
ISBN: 978-3-7515-2296-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Rick braucht die schöne Nell, um das Rätsel seiner Herkunft zu lösen, und sie braucht ihn, um ihr Erbe, ein Herrenhaus, zu renovieren. Doch auch, wenn beide sich näherkommen und es sinnlich knistert, fürchtet Rick: Mit seinem Bad-Boy-Image kann er niemals gut genug sein für Nell ...
Das Erfinden von Geschichten war schon immer eine Leidenschaft von Michelle Douglas. Obwohl sie in ihrer Heimat Australien bereits mit acht Jahren das erste Mal die Enttäuschung eines abgelehnten Manuskripts verkraften musste, hörte sie nie auf, daran zu arbeiten, Schriftstellerin zu werden. Ihr Literaturstudium war der erste Schritt dahin, der zweite, ihr Entschluss, ein eigenes Abenteuer zu wagen und gemeinsam mit ihrem zukünftigen Ehemann nach England zu gehen. Damit ein weiterer Kleinmädchentraum wahr werden konnte, ernährten sich die Verlobten zwei Wochen nur von Dosensuppen, um sich für ihre Hochzeitsnacht eine Suite in einem Luxushotel leisten zu können. Seine Flitterwochen verbrachte das junge Paar in der Stadt der Liebe: Paris! Dieses Erlebnis weckte in Michelle den Wunsch, auch andere ein solches Glück erleben zu lassen. So war ihr eigenes romantisches Abenteuer für sie der Auslöser, romantische Geschichten auf Papier zu bannen und ihre Leser für eine kurze Zeit in eine rosarote Welt zu entführen. Heute ist sie am glücklichsten, wenn sie sich in ihre Fantasie vertiefen und mit einem Stift in der Hand ihre modernen Heldinnen und humorvollen Helden zum Leben erwecken und ihnen Happy Ends schenken kann.
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1. KAPITEL
Rick Bradford betrachtete das viktorianische Herrenhaus und blickte dann auf den Zettel in seiner Hand, bevor er ihn in die Tasche seiner Jeans stopfte.
„Bist du sicher, dass du das am Telefon richtig verstanden hast?“, hatte er seine Freundin Tash gefragt. „Nell Smythe-Whittaker hat gefragt, ob ich vorbeikommen kann?“
„Zum zehnten Mal, Rick, ja! Es war die Prinzessin.“
Tash war seit zwei Wochen frisch verliebt. Natürlich hatte Rick nichts gegen Mitch King. Er freute sich für seine Freundin, aber ihr gesunder Menschenverstand ließ sie seitdem im Stich … Warum hatte sie die Prinzessin nicht gefragt, worum es ging?
Weil sie die Welt durch die rosarote Brille sah. Rick verzog den Mund. Er wusste nicht, ob er noch länger das fünfte Rad am Wagen spielen konnte. Am nächsten Tag würde er die Küste hochfahren, sich irgendwo einen Job suchen und …
Doch zuerst musste er herausfinden, was Nell Smythe-Whittaker von ihm wollte. Rick atmete tief durch und versuchte, sich lässig zu geben. Die Leute, mit denen sie sich umgab, sahen auf Menschen wie ihn herab, und er wollte ihnen nicht den Eindruck vermitteln, dass ihm das etwas ausmachte.
Würde Nell auch auf ihn herabblicken? Er hatte kein Wort mehr mit ihr gewechselt, seit sie zehn Jahre alt gewesen waren. Seitdem war er ihr nur wenige Male begegnet, und sie hatten sich nur aus der Ferne zugewinkt. Es war ihm immer seltsam unwirklich erschienen, als hätte es nichts mit dem täglichen Einerlei zu tun. Rick fuhr sich übers Gesicht. Nein, er war zu alt für solchen Unsinn.
Du bist erst fünfundzwanzig.
Meistens fühlte er sich allerdings, als wäre er schon fünfzig.
Energisch stieß er die Pforte auf und ging dann unbekümmert lächelnd den Weg zu der breiten Veranda hoch. Aus der Nähe konnte er sehen, dass Nells schickes Schloss renovierungsbedürftig war, denn an den Fenstern und auch an den Wänden blätterte die Farbe ab, und der große Garten war verwildert.
An den Gerüchten war also etwas dran: Die Prinzessin durchlebte schwere Zeiten.
Rick wollte gerade an die Haustür klopfen, als er Stimmen hörte, die aus den offen stehenden Verandatüren drangen.
„So eine Gelegenheit werden Sie nicht wieder bekommen, Nell!“
Eine wütende Männerstimme. Rick hasste Tyrannen. Und er hasste Männer, die Frauen schikanierten. Er ging zu den Verandatüren.
„Sie sind ein widerlicher Schleimer, Mr. Withers.“
Unvermittelt blieb Rick stehen. Nells Stimme verriet keine Angst, nur Spott. Anscheinend wurde sie selbst mit dem Kerl fertig.
„Sie wissen, dass es die einzige Lösung für Ihre Notlage ist.“
„Ach ja? Und wahrscheinlich ist es reiner Zufall, dass Sie damit Kohle machen.“
„Keine Bank in Sydney wird Ihnen das Geld leihen, geschweige denn Ihren Geschäftsplan auch nur mit der Zange anfassen.“
„Und da Sie kein Banker sind und ich auch nicht mehr auf Ihre Professionalität vertraue, müssen Sie meine Skepsis entschuldigen.“
Rick grinste. Weiter, Prinzessin!
„Ihr Vater wird alles andere als erfreut sein.“
„Das stimmt. Und es geht Sie nichts an.“
„Sie vergeuden Ihre Talente.“ Einen Moment lang herrschte Schweigen. „Sie sind eine sehr schöne Frau. Wir beide wären ein gutes Team, Nellie.“
Nellie?
„Bleiben Sie, wo Sie sind, Mr. Withers.“
Rick war in Alarmbereitschaft.
Im nächsten Moment war ein lautes Klatschen zu vernehmen, dann Geräusche, als gäbe es ein Handgemenge. Rick sprang auf die Tür zu. Doch diese flog auf, bevor er sie erreichte, und Nell führte einen Mann in einem schimmernden Anzug im Polizeigriff zum Tor. „Guten Tag, Mr. Withers.“
Der Typ in dem Anzug straffte sich, während Rick, der den beiden gefolgt war, sich hinter Nell stellte, die Arme vor der Brust verschränkte und seinen Bizeps spielen ließ. Der Anzugträger lächelte schmierig, und Rick hätte ihm am liebsten eine verpasst … doch diese Phase lag längst hinter ihm.
„Ah, Sie haben einen Schlägertypen an Ihrer Seite. Darauf stehen Sie also?“
„Ich fürchte, Sie werden nie herausfinden, worauf ich stehe, Mr. Withers.“ Nell drehte sich um und blickte Rick mit ihren grünen Augen an. „Hallo, Mr. Bradford.“
„Hallo, Prinzessin.“ Er hatte sie nicht so nennen wollen. Es war ihm einfach herausgerutscht. Noch immer sah sie ihn an, bis ihm der Atem stockte.
„Denken Sie bloß nicht, Ihr Schlägertyp wird Ihnen aus der Patsche helfen und …“
„Halten Sie endlich den Mund, Sie furchtbarer kleiner Mann.“
Nell wandte den Blick ab, und Rick konnte wieder durchatmen. Als er sie dann zum ersten Mal richtig betrachtete, stellte er fest, dass sie einem Film aus den Fünfzigerjahren entsprungen zu sein schien. Sie trug ein Kleid mit Hawaiimuster, das oben eng anlag und nach unten weit ausgestellt war.
„Mr. Bradford ist zehnmal männlicher als Sie, und vor allem hat er Manieren.“ Im nächsten Augenblick wandte sie sich um und umfasste Ricks Arm. „Schön, dass Sie kommen konnten.“ Dann lotste sie ihn zurück zur Veranda. „Es tut mir leid, ich würde Sie ja gern durch die Haustür führen, aber ich bekomme das verdammte Ding nicht auf. Und entschuldigen Sie bitte das Chaos.“
Sie führte ihn durch die Verandatüren in einen großen Raum, vermutlich ein Lese- oder Musikzimmer. Dort herrschte kein Chaos, aber überall waren Kartons gestapelt, und auf dem einzigen Möbelstück, einem kleinen Beistelltisch, lagen Stapel von Unterlagen.
„Warum bekommen Sie die Tür nicht auf?“ Rick löste sich von ihr, um ihre Körperwärme nicht spüren zu müssen.
„Ich weiß nicht.“ Nell machte eine unbestimmte Geste. „Sie klemmt oder ist aufgequollen oder sonst was.“
Er blieb an den Verandatüren stehen, bis er hörte, wie sich das Tor hinter dem Anzugträger schloss. „Was sollte das Ganze eben?“
Wieder blitzte Zorn aus ihren grünen Augen. „Er ist Immobilienmakler und will mein Haus verkaufen, aber ich bin nicht interessiert. In mehr als nur einer Hinsicht! Er hat sich als echter Widerling erwiesen. Und falls Sie etwas Ähnliches bei mir versuchen sollten, Mr. Bradford, wird Sie dasselbe Schicksal ereilen!“
Sie war ein echter Kracher: schlank, blond und in einem Retrokleid. Fast hätte er gegrinst.
Das Funkeln in ihren Augen erlosch, und sie faltete locker die Hände. Sie war ganz anders als bei ihrer letzten Begegnung.
„Es tut mir leid, das war unverzeihlich. Ich bin wütend und kann nicht mehr klar denken.“
„Schon gut“, erwiderte Rick, weil er das immer zu den Frauen sagte.
Nell schüttelte den Kopf. „Nein, ist es nicht. Ich habe nicht das Recht, Sie mit Mr. Withers über einen Kamm zu scheren.“
In dem Moment registrierte er die feinen Linien in ihren Augenwinkeln. „Mir wäre es lieber, wenn Sie Rick zu mir sagen würden.“
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Möchten Sie einen Kaffee, Rick?“
Sofort fühlte er sich fünfzehn Jahre zurückversetzt. Komm, spiel mit mir. Es war eine Bitte gewesen.
Rick schluckte mühsam. Er wollte den Raum verlassen und nie mehr zurückkehren. Er wollte … Schnell riss er sich zusammen. „Ich dachte schon, Sie würden nie fragen.“
Nun lächelte sie richtig. „Dann kommen Sie.“ Sie führte ihn in den Flur. „Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn wir in der Küche sitzen, oder?“
„Überhaupt nicht.“ Rick versuchte, nicht ironisch zu klingen. Männer wie ihn lud man nie in den Salon ein.
Prompt verspannte Nell sich und führte ihn dann in die andere Richtung. Sie deutete auf den Raum links von der Haustür. „Wie Sie sehen, ist der Salon in keinem guten Zustand.“
Unwillkürlich ging Rick hinein. In der Mitte standen offenbar Möbel, die mit Tüchern abgedeckt waren. An einer Wand klaffte neben dem Kamin ein großes Loch. An einer anderen lehnte neben einem weiteren Stapel Kartons ein zusammengerollter Teppich. Aus dem Kamin drang ein Scharren, vielleicht von Vögeln oder einem Opossum.
Er verzog das Gesicht. „Das kann man wohl sagen.“
„Allerdings. Und deshalb bevorzuge ich momentan die Küche.“
Nun führte Nell ihn in die Küche, die seiner Meinung nach nicht viel besser aussah. In der Spüle stapelte sich Geschirr – vor allem Schüsseln und Backbleche –, an einem Ende des langen Holztischs, der mit Mehl bestäubt war, befanden sich Kartons mit Lebensmitteln. Aber es roch sehr gut.
Nachdem sie den Tisch abgewischt hatte, setzte Rick sich. Inmitten dieses ganzen Tohuwabohus bewegte sie sich so lässig, als wäre sie nichts anderes gewohnt. Das kaufte er ihr allerdings nicht ab, denn die Prinzessin war in einer Welt aufgewachsen, in der andere sauber machten und Ordnung hielten.
Der Duft von Kaffee stieg ihm in die Nase. „Also … Sie ziehen aus?“
Nell zuckte zusammen, als hätte sie vergessen, dass er da war. „Nein, ich ziehe ein.“
Seit wann hatte er einer Frau in Not widerstehen können? „Was ist los, Nell?“
Sie verschränkte die Arme und blickte ihn starr an. „Wirklich?“
Er wusste nicht, was sie damit meinte – ob sein Interesse echt war oder dass sie es unverschämt fand, dass er eine derart persönliche Frage stellte. Wieder gab er sich betont lässig. „Klar.“
Nachdem sie ihm einen Becher Kaffee hingestellt und er sich Milch und Zucker genommen...