E-Book, Deutsch, 401 Seiten
Dorren In 20 Sprachen um die Welt
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-406-76685-5
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die größten Sprachen und was sie so besonders macht
E-Book, Deutsch, 401 Seiten
ISBN: 978-3-406-76685-5
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie konnte das kleine Portugal eine Weltsprache hervorbringen und Holland nicht? Warum sprechen japanische Frauen anders als japanische Männer? Und wieso funktionieren nicht-alphabetische Schriften genauso gut wie unsere 26 Buchstaben? Drei Viertel aller Menschen sprechen eine der 20 Sprachen, von denen dieses Buch erzählt. Gaston Dorren taucht in ihre ungewöhnlichen Geschichten ein und erklärt uns ihre erstaunlichen, aufschlussreichen und unterhaltsamen Besonderheiten. In seinem phantastisch geschriebenen Buch nimmt er uns auf eine einzigartige Weltreise mit, die uns einem Großteil der Menschheit näher bringt.
Die Hälfte der Menschheit hat eine der 20 Sprachen, von denen dieses Buch erzählt, als Muttersprache. Drei Viertel aller Menschen sprechen mindestens eine von ihnen. Aber was zeichnet diese 20 vor den übrigen 6000 Sprachen der Welt aus? Gaston Dorren berichtet in seinem wunderbar vergnüglichen Buch von ihrer Herkunft und ihrem Aufstieg. Er erklärt die Schriften, die sie verwenden, stellt Juwelen und Lücken in ihrem Vokabular vor, erläutert linguistische Absonderlichkeiten und vermittelt uns, wie die Grammatik einer Sprache und die Weltsicht ihrer Sprecher zusammenhängen. So geht er etwa dem Rätsel nach, warum das Vietnamesische ein Dutzend Formen von 'ich' kennt, erklärt den wundervollen Vokalreichtum des Portugiesischen und macht uns klar, dass wir alle mehr Arabisch können, als wir denken.
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Einleitung
Zwanzig Sprachen:
Die halbe Welt Die Sprachen der Welt zu zählen ist genauso schwierig wie Farben zu zählen. Es gibt Aufzählungen standardisierter Sprachen wie Englisch, Französisch, Russisch und Thailändisch; eine solche Liste zu erstellen ist so einfach wie das Zählen der Farben in einem Bild von Mondrian. Die meisten Sprachen sind jedoch nie standardisiert worden. In vielen Gegenden der Welt gibt es lediglich eine Menge regionaler Varianten. Zu entscheiden, wo die eine Sprache aufhört und die andere anfängt, wäre so mühselig, wie die unterschiedlichen Farben in einem Gemälde von Turner auseinanderhalten zu wollen. Es kann hier also kein amtliches Endergebnis der Gesamtzahl geben. Gleichwohl: Die Menge der in der heutigen Welt gesprochenen und geschriebenen Sprachen wird gemeinhin auf 6000 geschätzt. Das ist durchschnittlich eine Sprache für 1,25 Millionen Menschen. Eine erstaunliche Vielfalt – in welch einem Babel leben wir! Oder? Hier ist eine andere Statistik: Wenn Sie gute Sprachkenntnisse in nur vier Sprachen haben – nämlich in Englisch, Mandarin, Spanisch und Hindi-Urdu –, können Sie entspannt die meisten Gegenden der Welt bereisen, ohne einen Dolmetscher dabeihaben zu müssen. Mit Hindi-Urdu und Mandarin kann man sich in den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Erde weitgehend verständigen, Spanisch wird Ihnen auf den amerikanischen Kontinenten gute Dienste leisten, und Englisch kommt dem am nächsten, was wir als eine globale Umgangssprache bezeichnen könnten. Von wegen Babel, mag man jetzt denken. Die größten Sprachen der Welt, um die es in diesem Buch geht, verursachen den Niedergang hunderter, sogar tausender, die kleiner sind. Das ist eine Tragödie, da auf jedem Kontinent Sprachen verschwinden und damit wertvolles Wissen ausgelöscht wird, das in Wörtern, Geschichten und Namen festgehalten war – Alok Rais «feine Strukturen der Welt, in der [ein Mensch] lebt». Und gleichzeitig stehen die dominanten Sprachen in sich für mehr linguistische, kulturelle und historische Vielfalt, als ihnen gemeinhin zugestanden wird. Dieser Kontrast macht In 20 Sprachen um die Welt zu einem bittersüßen Buch: Die hier porträtierten Sprachen, die ich die «Zwanzig von Babel» nenne, sind genauso wunderbar wie bedrohlich. Zusammengenommen sind es die Muttersprachen für nicht weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung. Wenn wir Zweitsprachler mitzählen, ist die Zahl noch viel größer. Wie gesagt, über Statistiken kann man diskutieren, aber mit Sicherheit können mindestens 75 Prozent der Menschen auf diesem Planeten in einer der Zwanzig von Babel kommunizieren. Eine hier vielleicht weniger relevante, aber genauere Statistik besagt, dass über 90 Prozent der Menschheit in Ländern leben, in denen eine oder mehrere dieser zwanzig Sprachen standardmäßig von der Regierung verwendet wird. Wie sind diese großen Sprachen auf ihre heutigen Positionen aufgestiegen? Sie alle haben unterschiedliche Geschichten, aber die meisten haben eins gemeinsam: Sie sind Linguae francae – Sprachen, die die Kluft zwischen Menschen mit verschiedenen Muttersprachen überbrücken. Zwei dieser Linguae francae – Suaheli und Malaiisch – gewannen zunächst als Handelssprachen an Bedeutung. Später setzten verschiedene Regierungen sie als Verwaltungssprachen ein, sie werden aber selbst heute weniger als Muttersprachen gesprochen, sondern eher als Zweitsprachen; sie sind nützliche Lückenfüller. Doch der wichtigste Urheber und Förderer von Linguae francae war schon immer der Imperialismus – Persisch, Portugiesisch und Englisch sind alle auf diese Weise über ihre Ursprünge hinausgewachsen. Andere asiatische Sprachen haben ähnliche Entwicklungen durchgemacht: Arabisch wurde vom Kalifat verbreitet, Mandarin von aufeinanderfolgenden Herrscherdynastien, Türkisch von den Osmanen und Vietnamesisch von den Königen und Armeen des Vi?t-Volks. Genau wie Portugiesisch und Englisch profitierten auch andere europäische Sprachen von Kolonialreichen. Spanisch und Französisch wurden übers Meer verbreitet, Russisch über Land. Und noch immer ist dies der Lauf der Dinge – so empfinden es jedenfalls die Menschen in Südindien, die sich vehement gegen den Aufstieg von Hindi zur pan-indischen Sprache wehren. Bisher habe ich dreizehn Sprachen erwähnt. Die übrigen sieben sind Deutsch, Japanisch, Javanisch, Koreanisch und drei südasiatische Sprachen: Bengalisch, Panjabi und Tamil. Sie als Linguae francae zu bezeichnen wäre etwas weit gefasst. Was sie allerdings miteinander gemeinsam haben, ist, dass sie in kompakten, aber dicht bevölkerten Regionen angesiedelt sind. Dass die Zwanzig von Babel auf unterschiedliche Weise triumphiert haben, ist nur der Anfang ihrer Vielfältigkeit. Natürlich unterscheiden sich alle Sprachen auch im Wortschatz, über den sie verfügen, in der Grammatik, die sie anwenden, und in den Klängen, auf denen sie sich fortbewegen. Ihre Schriftsysteme sind nicht nur fürs Auge reizvoll in ihrer Mannigfaltigkeit, sondern auch ihre Funktionsweisen sind grundverschieden. Die Menschen hegen zudem gegenüber ihren Sprachen unterschiedliche Empfindungen: Die Spannweite erstreckt sich von Verehrung, Stolz und Beschützerinstinkt über Gleichgültigkeit bis hin zu Resignation oder sogar Abneigung, insbesondere unter Zweitsprachlern. Sprachen werden für unterschiedliche Zwecke eingesetzt: Die meisten, aber nicht alle, werden von Regierungen und Wirtschaft geschätzt; manche haben lange und reiche literarische Traditionen, andere weniger; manche werden von Migranten über Generationen hinweg am Leben erhalten, während andere rasch aufgegeben werden. Jede Sprache hat auch ihre interne Diversität, aber die Muster sind nicht überall gleich: Normalerweise gibt es regionale Varianten, manchmal gibt es eine gesprochene und eine Schriftsprache oder eine für formelle Konversationen und eine Umgangssprache oder auch verschiedene Varianten für Gespräche mit gesellschaftlich Übergeordneten, Untergeordneten und Gleichrangigen – und so weiter. Anders ausgedrückt: Abgesehen davon, dass sie alle einzigartige Systeme des Kommunizierens sind, hat jede der Zwanzig von Babel auch ihre eigene Sprachgeschichte und ihre eigene linguistische Kultur. Sie sind Welten für sich. In den folgenden zwanzig Kapiteln (plus einem halben Bonus-Kapitel) werfen wir einen Blick in jeweils eine dieser Welten. Wir beginnen mit der kleinsten der Großen und arbeiten uns bis zur größten vor, der «sprachlichen Supermacht». Jede Geschichte konzentriert sich auf eine Sprache und stellt gleichzeitig auch ein Thema in den Mittelpunkt, eine Besonderheit dieser Sprache. Zum Beispiel: Was genau bedeutet es für Russisch, dass es mit Deutsch «verwandt» ist? Wie können nicht-alphabetische Schriften, wie die von Indien und von China, die gleichen Aufgaben erfüllen wie unsere 26 Buchstaben? Wenn Belgien und Kanada Schwierigkeiten haben, den Sprachfrieden zu wahren, wie geht es dann erst vielsprachigen Ländern wie Indonesien damit? Weshalb hat das winzige, aber koloniale Portugal eine wichtige Weltsprache hervorgebracht – und die Niederlande nicht? Warum reden japanische Frauen anders als japanische Männer? Und wie hat dieses Buch dem Autor zu zwei vietnamesischen Nichten verholfen? Ein paar (un)praktische Hinweise
Jedes Kapitel beginnt mit einem kurzen Profil der Sprache, um die es geht: ihren verschiedenen Namen, ihrer sprachfamiliären Herkunft, der Zahl der Sprecher, ein paar Basics über die Grammatik, die Aussprache und das Schriftsystem sowie Informationen über Lehnwörter (was sind die wichtigsten Quellen, aus denen entlehnt wurde, und welche Wörter hat das Deutsche aus dieser Sprache übernommen?). Die Zahlen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, weil Statistiken zur Sprache sehr unzuverlässig sind. Ich habe viele Quellen miteinander verglichen, die unglaubwürdigen statistischen Ausreißer ignoriert, die restlichen gemittelt und das Ergebnis auf den nächsten griffigen Wert auf- oder abgerundet. Es ist schwer, die ungewohnten Klänge fremder Sprachen wiederzugeben, ohne dabei das Internationale Phonetische Alphabet (IPA) zu verwenden, das für Nicht-Experten verwirrend sein kann. Dieses Problem bin ich auf zweierlei Art angegangen. In den meisten Fällen wird versucht, der Aussprache der fremden Wörter mit Hilfe der deutschen Rechtschreibgewohnheiten nahezukommen: Ein i-Klang wird dann mit /i/ wiedergegeben; in Passagen, in denen die Vokallänge eine Rolle spielt, kann auch einmal etwas wie /i/ stehen. Und wo das nicht weiterhilft, verweise ich auf meine englischsprachige Website (languagewriter.com), auf der sich unter dem...