Donnert / Reinalter | Die Freimaurerei in Russland | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 208 Seiten

Donnert / Reinalter Die Freimaurerei in Russland


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7065-5840-2
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

ISBN: 978-3-7065-5840-2
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
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Im 18. Jahrhundert breitete sich auch in Russland die Freimaurerei sehr schnell aus. Sie stand von Anfang an in engem Konnex mit der europäischen Aufklärung, konnte ihre Wirksamkeit im Vergleich zu anderen Ländern nur über einen kurzen Zeitraum entfalten.
"Die Freimaurerei in Russland" gibt einen fundierten Überblick über die Entwicklung der russischen Freimaurerei und porträtiert ihre bedeutendsten Vertreter. Erich Donnert ist es mit diesem Buch gelungen, eine große Lücke in der Freimaurerforschung auf eindrucksvolle Weise zu schließen.
Dieser Band erscheint in der neuen Reihe "Quellen und Darstellungen zur europäischen Freimaurerei".
Die Reihe behandelt umfassend Geschichte und Gegenwart der europäischen Freimaurerei in Form von Quellen, Handbüchern, Sammelbänden und Darstellungen. Sie befaßt sich detailliert mit ihren Zielen und Ideen, ihrem Innenleben, ihren Organisationsstrukturen und Richtungen, ihrem Verhältnis zu Staat, Politik, Gesellschaft, Kultur, Kirche und Religion sowie auch zu ihren Gegnern (Antimasonismus). Es geht auch um die spannende Frage nach dem heutigen Selbstverständnis und der gesellschaftlichen Wirkung der europäischen Freimaurerei. Veröffentlicht werden dezitiert nur Originalquellen, die bisher nicht publiziert wurden.

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Der Moskauer Rosenkreuzerorden. Nikolaj Novikov, Johann Georg Schwarz und Heinrich Jakob v. Schröder
Bei den freimaurerischen Emissären, die das Gespräch mit dem Großfürsten Paul suchten, handelte es sich vor allem um Abgesandte der stark mystisch geprägten russischen Freimaurerlogen, unter denen die Rosenkreuzerorganisationen den Vorrang einnahmen. Dieser Grundzug wurde bereits seit dem Jahre 1780 deutlich. Als einer der führenden Oberen und Organisatoren des Moskauer Rosenkreuzerordens, gleichsam dessen Seele, erwies sich Nikolaj Ivanovic Novikov.1 Es gibt wohl kaum einen russischen Schriftsteller und Freimaurer, der die Forschung so eingehend beschäftigt hat wie Novikov. Dies bezeugt die lange Reihe der Monographien, die seit 1859 bis auf unsere Tage erschienen sind. Dabei fällt auf, dass eine Biographie dieses Mannes in deutscher Sprache fehlt. Erfolgloser, relegierter Moskauer Student, Vertrauter Kaiserin Katharinas II., Herausgeber satirischer Journale, Freimaurer in St. Petersburg und Moskau, fern vom Hofleben, Redakteur von Freimaurerzeitschriften und Übersetzungswerken, Schriftsteller, Aufklärer, Philanthrop, Verleger, Buchhändler, Historiker und Schulmann, in enger Verbindung mit politischen Frondeuren, mehrfachen offiziellen Untersuchungen und Zensurmaßnahmen ausgesetzt, schließlich angeklagt, verurteilt und nach Einkerkerung begnadigt, jedoch nie voll rehabilitiert, sollte Novikovs Leben in Einsamkeit enden. Geboren in Tichvinskoe bei Moskau als Sohn eines Staatsrats, entstammte Novikov einer vermögenden Gutsbesitzerfamilie. In seinen ersten Lebensjahren auf dem väterlichen Gut Avdot’ino, bezog er danach bereits 1755 das Gymnasium der im selben Jahr eröffneten Universität Moskau, die in der Geistes- und Kulturgeschichte Russlands eine hervorragende Rolle spielt. Freilich erwiesen sich deren Anfänge mehr als schwierig, was auch für den beginnenden Unterrichtsbetrieb an dem der Hohen Schule zugeordneten Gymnasium galt. So sprach der hier gebotene Lehrstoff kaum an, was nicht ohne Wirkungen auf die Schüler blieb, die wenig Fleiß an den Tag legten. Zu denen, die wegen Desinteresses und ungenügender Leistungen aus dem Gymnasium ausgeschlossen wurden, gehörte auch Nikolaj Novikov. Vom Vater finanziell unterstützt, begab sich Novikov ohne Schulabschluss 1760 nach St. Petersburg, um dort in das Izmajlovskij-Garderegiment einzutreten, das als eine der ersten Militäreinheiten im Juni 1762 der neuen Kaiserin Katharina II. den Treueid leistete. Zum Leutnant der Garde avanciert, ging er mit Eifer daran, seine Wissenslücken zu schließen, und galt bald als einer der gelehrtesten Offiziere seines Regiments. Als solcher von der Kaiserin, der er persönlich bekannt war, auserwählt, gehörte Novikov zu denen, die während der Verhandlungen der Großen Gesetzbuchkommission in Moskau 1767/68 das Protokoll führen durften. Durch seine Mitwirkung an den Arbeiten der Kommission erhielt er Einblick in die Vielgestaltigkeit der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse im Russischen Kaiserreich. Bei dieser Gelegenheit kam er auch unmittelbar mit der im Gerichtswesen bestehenden Korruption sowie der Rechtlosigkeit der leibeigenen Bauern und steuerpflichtigen Stadtleute in Berührung. Dabei erkannte er mit aller Deutlichkeit die tiefe Kluft, die zwischen seinem Stand, dem Adel, und dem Volk bestand. Nach der Auflösung der Kommission 1768 kündigte der erst vierundzwanzigjährige Novikov den Staatsdienst auf und begab sich auf den bei Moskau gelegenen Familienbesitz Avdot’ino, von wo aus er gute Möglichkeiten sah, sich als freier Schriftsteller und Journalist zu betätigen. Bereits zu diesem Zeitpunkt nahm er sich vor, gegen die ihm auf der Moskauer Reichsversammlung bewusst gewordenen Ungerechtigkeiten, die es im Lande gab, mit satirischer Feder vorzugehen. Bei seinem Vorhaben stellte er sich die Aufgabe, durch Aufklärung für die Wiederherstellung der Menschenwürde in der russischen Gesellschaft einzutreten und damit einen Beitrag zur moralischen Erziehung der Gesellschaft und des Individuums zu leisten. In diesem Sinne kritisierte er in den von ihm in den Jahren 1769 bis 1774 herausgegebenen satirischen Zeitschriften Die Drohne (Truteri), Der Schwätzer (Pustomelja), Der Maler (Zivopisec),Das Haarnetz (Koselek) sowie in anderen Journalen die Willkür der Gutsbesitzer sowie die Unwissenheit, Rohheit, Verschwendungssucht, moralische Verkommenheit und blinde Anbetung der französischen Kultur durch den Adel. Die Kaiserin, der die von Novikov aufgezeigten Zustände in ihrem Reich bekannt waren, hatte unmittelbar nach ihrer Thronbesteigung Anstrengungen unternommen, um den bestehenden Übeln abzuhelfen. Zu diesem Zweck proklamierte sie einen offenen Meinungsstreit, an dem sich neben ihr und Novikov auch andere russische Schriftsteller beteiligten. Als übergeordnetes Ziel wurde von der Herrscherin und Novikov gleichermaßen die Schaffung einer gelehrten Öffentlichkeit, eines lesenden Publikums, angestrebt. So war es seit den Tagen der Moskauer Gesetzbuchkommission von 1767/68 beider Anliegen, einen Dritten Stand zu formieren. Dabei bescheinigte Novikov in der in Gang gekommenen lebhaften Diskussion der Kaiserin Reformeifer und lobte deren unermüdlichen Einsatz und ihr Bestreben, unter den jungen Adeligen das Ideal eines guten Edelmanns zu propagieren, der nach ihrer Auffassung den wahren, patriotisch gesinnten „Sohn des Vaterlandes“ verkörpere. Freilich kam es im Zuge der literarischen Kontroversen, an denen sich zahlreiche russische Schriftsteller beteiligten, auch zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Katharina und Novikov, die sich zum Teil recht zuspitzten. In Verbindung damit hatte Novikov bereits 1772 eine Gesellschaft zur Förderung des Buchdrucks ins Leben gerufen und sein Werk Versuch eines historischen Lexikons der russischen Schriftsteller veröffentlicht. 1773 begann er mit der Herausgabe seiner vielbändigen Alten Russischen Bibliothek, einer fundamentalen Quellensammlung, die ihren Wert auch heute noch nicht verloren hat. In seinen Geschichtsstudien stellte Novikov die einfachen natürlichen Sitten und Tugenden der russischen Vorfahren heraus, die er mit erkennbarem Lob kommentierte. Mit seinen Schriften reihte sich der junge Schriftsteller und Publizist, des Staatsdienstes ledig, frühzeitig in den in Russland im Entstehen begriffenen Kreis der intellektuellen „Freischaffenden“ ein, wobei er es von Anfang an verstand, alle Möglichkeiten, die die Kulturpolitik Katharinas II. der gesellschaftlichen Betätigung bot, aufzugreifen, zu nutzen und in eine kritische Kooperation mit der kaiserlichen Reformpolitik zu treten.2 Dieser Versuch Novikovs stand bereits in deutlichem Zusammenhang mit den Bestrebungen der Freimaurerei, der ersten freien Gesellschaftsvereinigung in Russland. Man schrieb das Jahr 1775, als Novikov zusammen mit Aleksej Michajlovic Kutuzov und Ivan Petrovic Turgenev in St. Petersburg die Loge zur Eintracht eröffnete. Seit diesem Zeitpunkt war das Wirken Novikovs auf das Engste mit der Entwicklung der Freimaurerei in Russland3 verbunden. In den Sechziger- und frühen Siebzigerjahren hatten sich die russischen Maurer unter dem Großmeister Elagin nach einem weitgehend rationalen System in zahlreichen Logen organisiert. Diese stellten anfangs nicht viel mehr als Treffpunkte der adligen Elite des Landes dar, wo sich auch zahlreiche Ausländer einfanden. Mit dem Vordringen der Hochgradsysteme, der Strikten Schwedischen Observanz und des Rosenkreuzerordens gewann bald mystisches, spiritualistisches und moralisierendes Gedankengut stärkeres Gewicht im gesellschaftlichen Engagement der russischen Freimaurer. Verbunden damit waren Bestrebungen nach einer „rationalisierten“ und „institutionalisierten“ Philanthropie, die eine dauerhafte humane und aufklärerisch-erleuchtende Wirkung auf die Gesellschaft ausüben sollte. Die Kehrseite dieses Vorgangs äußerte sich darin, dass der neue religiös-moralische Ansatz der Freimaurerei gleichzeitig den Abstand zu den sich überwiegend säkular und ethisch determinierten Anschauungen vergrößerte, die zugleich als fragwürdig empfunden wurden. Hierbei handelte es sich um Auffassungen, wie sie Katharina II. und die ihr folgenden Reformer vertraten. Als Konfliktstoff zwischen beiden Richtungen in der gesellschaftlichen Reformbewegung Russlands wirkte von vornherein die Annäherung der Freimaurer an den Thronfolger Paul, in der die Herrscherin eine Gefahr erblickte. Möglichkeiten und Grenzen publizistischer Betätigung und reformerischer Wirksamkeit während der Regierungszeit Katharinas II. wurden in der Person des Freimaurers Nikolaj Novikovs ganz deutlich. Nach ersten Erfahrungen in seinen Petersburger Jahren (1766-1779) mit dem Buchdruck, als Protokollant der Großen Kommission, Herausgeber mehrerer satirischer Zeitschriften und Versuchen als Historiker wandte sich Novikov als Aufklärer und Freimaurer der neuen Religiosität in Gestalt eines optimistischen und erleuchtenden Pietismus zu, als dessen Artikulationsorgan ihm die erste Freimaurerzeitschrift Russlands, Das Morgenlicht (Utrennij svety 1777-1780), diente, die in mehr als fünfzig Städten des Reiches gelesen wurde. Diesem Organ...


Der Herausgeber, Helmut Reinalter, ist Professor am Institut für Geschichte der Universität Innsbruck und Leiter der Forschungsstelle ,Demokratische Bewegungen". Er ist auch Vorsitzender der wissenschaftlichen Kommission für die Erforschung der Freimaurerei und Herausgeber der Zeitschrift für Internationale Freimaurer-Forschung.



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