E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: Digital Edition
Donald Unter dem Baum der Schmetterlinge
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7337-8769-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Digital Edition
E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-8769-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gern gewährt der Unternehmer Caid der hübschen Sanchia in seiner Villa Unterschlupf. Nur knapp ist Sanchia einem Feuer entkommen - und kuschelt sich eng an ihn. Ihrer leidenschaftlichen Nacht folgt jedoch ein böses Erwachen: Sanchia denkt, er wolle nur ihren Besitz!
Die Neuseeländerin Robyn Donald ist überzeugt, dass Schreiben und Gärtnern viel gemeinsam haben: Beide Tätigkeiten sind mit Fantasie, Gefühlen, Visionen, viel Arbeit und Rückenschmerzen verbunden - und machen, wenn sie erfolgreich abgeschlossen sind, sehr glücklich. Schon als Kind erzählte Robyn ihren vier jüngeren Schwestern und ihrem Bruder sehr gern haarsträubende Abenteuer aus den Kinderromanen, die sie gerade aus der Bücherei ausgeliehen hatte. Der Drang zu schreiben war so stark, dass sie, nachdem sie Jahre später ihre ersten drei Romances veröffentlicht hatte, ihren Job als Lehrerin kündigte und hauptberuflich Autorin wurde. Mittlerweile hat sie über 55 Romane verfasst, die weltweit eine begeisterte Leserschaft gefunden haben. Eines ihrer Erfolgsrezepte ist sicher das sorgfältige Recherchieren, bevor sie sich schließlich ans Schreiben macht. Trotzdem findet sie immer noch Zeit für ihre beiden erwachsenen Kinder und deren Partner, ihre Enkeltochter, ihre Mutter und ihren Ehemann, der sie über viele Jahre außerordentlich loyal unterstützt hat. Und natürlich kümmert sie sich auch gern um den Familienhund, einen etwas aus der Art geschlagenen Labrador.
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2. KAPITEL
Regungslos verharrte Sanchia auf der Stelle, bis Caids beeindruckende Erscheinung im dunklen Grün der Pohutukawabäume verschwunden war. Dann stieß sie die Luft mit einem scharfen Zischen aus. „Zur Hölle mit ihm!“
Es wäre auch zu schön gewesen, wenn sich ihre Hoffnung erfüllt hätte, in diesen Ferien von seiner Anwesenheit verschont zu bleiben.
Entschlossen beugte sie sich in ihren Kofferraum und griff nach dem erstbesten Karton. Mit einem Ruck hob sie ihn heraus und wünschte sich, sie könnte die Erinnerung an Caids Gegenwart genauso abrupt loswerden. Ein einziger Blick auf ihn hatte genügt, um ihre mühsam verdrängten Gefühle für ihn wieder zu erwecken, als seien die letzten drei Jahre nicht mehr als ein einziger Tag gewesen. Während sie seufzend den schweren Karton mit den Lebensmitteln auf den Verandastufen absetzte, überlegte Sanchia, dass sie heute viel besser damit zurechtkommen müsse als vor drei Jahren.
Sie schloss die Haustür auf und fuhr zurück, als ihr eine Wolke stickig heißer, abgestandener Luft entgegenschlug. Sanchia nahm den Karton auf die Arme und trat ins Haus. Wahrscheinlich gab es nicht viele Frauen, die Nein zu Caid Hunter gesagt hatten, und vielleicht plante er deshalb eine kleine Revanche?
Nachdem sie die Lebensmittel auf dem Küchentisch abgestellt und das Fenster aufgerissen hatte, schaltete Sanchia die elektrischen Sicherungen und den Gasboiler ein, damit sie heißes Wasser zum Duschen hatte. Ein frischer Luftzug fegte von der Küste her durchs Haus, als sie auch noch die Hintertür öffnete. Die Luft schmeckte nach Salz und vertrieb im Nu den Muff aus dem alten Gemäuer.
Sanchia trat aus der Hintertür und sog, wie so oft schon, gierig die belebende Brise in ihre Lungen ein. Sie ertappte sich dabei, dass ihr Blick wie automatisch das Dach der Hunter-Villa zwischen den hohen Bäumen suchte. Wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte sie einen Zipfel der weißen Terrasse sehen, die zum Meer hinausging.
Nachdem der Wagen ausgeladen und das Bett gemacht, das alte Haus durch das vertraute Summen des alten Kühlschranks wieder zum Leben erwacht war und Sanchia sich den Staub der langen Reise vom Körper gespült hatte, trank sie zwei Gläser kaltes, frisches Wasser und machte sich dann ein Salatsandwich, zu dem sie sich einen Becher Kaffee genehmigte.
Erst danach fühlte sie sich in der Lage, über die weite Rasenfläche in den Schatten der Pohutukawabäume zu schlendern. Die Luft flirrte vor Hitze, und die stechende Sonne strahlte auf die typisch neuseeländische Ferienszenerie herunter – den weißen Strand, das kobaltblaue Wasser, das am Horizont mit dem strahlend blauen Himmel zu verschmelzen schien, und den Küstenstreifen, dessen Gesicht durch romantische Buchten, kantige Riffe und kleine Häfen geprägt wurde.
Sanchia hob das Kinn und wanderte dann mit festen Schritten über das saftig grüne Gras in Richtung eines Hügels auf der anderen Seite der Bay, zu dem ein ausgetretener Pfad führte. Im Hintergrund hörte sie das vertraute Geräusch der Wellen. Ihre Schritte wurden leichter und beschwingter, je näher sie ihrem Ziel kam.
Oben auf dem Hügel, auf der Grenze zu Hunters Land, stand noch ein mächtiger Pohutukawabaum. In jedem Winter fanden Tausende von Schmetterlingen den Weg zu diesem Baum, um in der Sonne ihre Flügel zu wärmen. Schläfrig, fast unbeweglich verharrten sie dort und träumten sich durch den Winter. Einige waren sogar noch hier, wunderschöne Farbtupfer in Orange und Schwarz. Einen Moment lang blieb sie stehen, um sie zu betrachten.
In dem Sommer, als sie sechzehn wurde, hatte Sanchia hier versucht, einen dieser Schmetterlinge zu retten, der fast in einem kleinen Rinnsal ertrunken wäre. Sie war bei dem Rettungsversuch auf einen Stein getreten, umgeknickt und hatte sich den Knöchel verstaucht.
Caid hatte sie unter dem Baum sitzend gefunden, während der Schmetterling auf ihrer ausgestreckten Hand in der Sonne trocknete. Behutsam hatte er das orange-schwarze Insekt von ihrer Hand auf seine befördert und es dann auf einem Blatt abgesetzt. Und dann hatte er es offensichtlich als völlig normal empfunden, Sanchia ungeachtet ihres schwachen Protestes auf seine starken Arme zu nehmen und nach Hause zu tragen.
Sie hatte kaum atmen oder gar reden können, bis er sie vorsichtig in dem alten Liegestuhl auf der Veranda abgesetzt hatte. Sie überlegte, ob es seine unverbindliche Freundlichkeit und der absolute Mangel an persönlichem Interesse an ihrer Person gewesen war, der sie fünf Jahre später dazu gebracht hatte, ihm zu vertrauen.
Vielleicht war es aber auch das unglaubliche Gefühl gewesen, das sie erfasst hatte, als sie seine harten Muskeln durch den dünnen Stoff seines Hemdes gespürt hatte.
„Schon seltsam, wie viel scheuer und argwöhnischer diese Schmetterlinge heute sind, im Gegensatz zu jenen damals …“, drang eine vertraute Stimme von der anderen Seite des Zaunes an ihr Ohr.
Sanchia wirbelte erschrocken herum und starrte in Caids amüsiertes Gesicht. „Mach dich das nächste Mal gefälligst früher bemerkbar!“, platzte sie heraus, bevor sie sich wegen ihres rüden Tons verlegen auf die Lippen biss.
Caid hob die Augenbrauen. „Sicher, gern“, sagte er in ruhigem Ton. Die kurzen Shorts und das schwarze T-Shirt beeinträchtigten die undefinierbare Aura von Autorität, die ihn immer umgab, kein bisschen.
Sanchia war glücklich, dass sie daran gedacht hatte, sich ihre Sonnenbrille aufzusetzen. „Entschuldige, aber du hast mich furchtbar erschreckt!“, brachte sie etwas mühsam hervor. „Ich frage mich, was diese Schmetterlinge überhaupt noch hier verloren haben?“, schnitt sie hastig ein anderes Thema an, um die quälenden Erinnerungen zu unterdrücken, die sein überraschendes Auftauchen in ihr wachriefen. „Aber irgendwann werden wohl auch sie gehen.“ Sanchia musste schlucken. „Großtante Kate hat den Sommer auch immer besonders geliebt“, sagte sie leise und wusste selbst, dass sich ihre Worte wie ein ungeschicktes Friedensangebot anhörten.
Caid nickte zustimmend. „Ich erinnere mich, wie sie jeden Morgen erst im Meer schwamm und dann allein am Strand entlangwanderte. Sie wirkte auf mich immer wie ein antiker Naturgeist. Sie verströmte eine ungeheure Kraft und Lebenslust.“
„Ja, Großtante Kate kannte keine halben Sachen. Alles, was sie tat, genoss sie in vollen Zügen.“ Bei dieser Erinnerung wurde Sanchia schwer ums Herz. „Sie pflegte ein offenes Wort und konnte ebenso brüsk wie sensibel und zartfühlend sein, aber sie war immer aufrichtig.“
„Du hast mir nie erzählt, wie es dazu gekommen ist, dass du bei ihr gelebt hast“, sagte Caid in neutralem Ton.
„Das ist eine lange Geschichte.“
„Und eine, über die du nicht mit mir reden willst.“ Er schaute sie prüfend aus seinen intensiven blauen Augen an.
Doch seine Worte veranlassten sie seltsamerweise dazu, mehr von sich preiszugeben, als sie wollte. „Meine Eltern starben, als ich zwölf war, und danach bin ich zu der Schwester meiner Mutter gezogen. Sie war viel jünger als meine Mutter, und sie hasste … verstörte Kinder … Ach ja, ich sollte vielleicht sagen, dass dies wirklich noch eine Untertreibung ist! So bin ich, nachdem … nach einer Weile schließlich weggelaufen. Großtante Kate hat mich aufgelesen und zu sich genommen, und wir haben einen Weg gefunden … miteinander leben zu können.“
„Ich erinnere mich an die Zeit, als sie dich herbrachte“, sagte Caid unerwartet. „Du warst ein hochgeschossenes, schlaksiges Ding – nicht weiter als Arme und Beine mit einer Flut schwarzen Haares, das wie gesponnene Seide glänzte und immer wie eine Fahne hinter dir herwehte, wenn du durch die Gegend gerannt bist. Im ersten Sommer hat man dir kein einziges Wort entlocken können – geschweige denn ein Lachen. Meine Mutter hat sich ziemliche Sorgen um dich gemacht.“
„Hat sie das?“, fragte Sanchia etwas verwirrt. „Das war aber nett von ihr.“
„Hm! Sie ist tatsächlich eine sehr nette Frau.“ Er fuhr mit seinem Zeigefinger über Sanchias Arm. Bei dieser leichten Berührung lief ihr ein heißer Schauer über den Rücken.
Und das wusste er auch. „Du bist ganz erhitzt“, sagte er mit etwas unsicherer Stimme. „Ich begleite dich nach Hause.“
Sie wollte ihn nicht in ihrem Haus haben – nicht jetzt und nicht am Abend. So folgte Sanchia einer plötzlichen Eingebung. „Warum gehen wir nicht gleich zu dir hinüber, und ich unterzeichne das Optionsformular? Dann brauchst du heute Abend nicht extra noch einmal zu mir rauszukommen.“
Es zuckte um seine Mundwinkel. „Warum eigentlich nicht? Soll ich dir über den Zaun helfen?“
Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. „Danke, nicht nötig! Ich glaube nicht, dass ich inzwischen verlernt habe, über Zäune zu klettern.“
Unter seinem kritischen Blick landete sie dann aber doch etwas unsanft auf der anderen Seite des Zaunes.
„Meine Mutter hat sich Sorgen um dich gemacht, weil sie einfach einen ausgeprägten mütterlichen Instinkt hat“, knüpfte Caid übergangslos an ihr vorheriges Thema an. „Leider konnte sie ihn nur auf mich konzentrieren. Sie hätte mindestens zehn weitere Kinder haben sollen. Du hast sie sehr froh damit gemacht, dass du im folgenden Sommer nicht nur noch ein paar Zentimeter gewachsen warst, sondern dass man dein Lachen bis über die Grundstücksgrenzen hinaus hören konnte. Sie freute sich zu sehen, wie glücklich du bei deiner Großtante warst.“
„Ich wusste gar nicht, dass irgendjemand so viel Notiz von uns genommen hat“, sagte...