E-Book, Deutsch, 156 Seiten
Döge Achtsamkeit und Politik
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7448-0379-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wie Darwin, ein Schmetterling und Laotse dazu beitragen können, Politik besser zu verstehen, gute Politik zu gestalten und ein gutes Leben zu leben
E-Book, Deutsch, 156 Seiten
ISBN: 978-3-7448-0379-3
Verlag: BoD - Books on Demand
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Kopierschutz: 0 - No protection
Immer mehr Bereiche unseres Lebens werden bestimmt von Gewinn-Sucht, Gewalt und Geistlosigkeit, begleitet von einer Ethik des Mehr-Mehr, Billig-Billig, Ich-Ich. Menschen werden in vernutzbare Objekte, Natur in eine leblose Ressource verwandelt. Welche Rolle spielt bei alldem Politik und warum ist Politik so, wie sie ist? Was wäre gute Politik und wie könnte Politik die Welt - wenigstens ein bisschen - besser machen? Die überzeugendsten Antworten auf diese Fragen geben uns Darwin und die Evolutionsbiologie, der Schmetterling der Chaostheorie sowie Laotse und die daoistische Philosophie. Ihr Denken ist radikal, es denkt von der Wurzel des Seins her. Und so zeigen sie uns, dass Politik immer von lebendigen Menschen gemacht wird, die beständig auf der Suche sind nach Sinn; dass Politik an vielen Orten stattfindet, dass das Private politisch ist, dass gute Politik systemisch denkt, dialogisch kommuniziert und achtsam handelt, dass gute Politik sich auf weisen Eigennutz gründet und sich an drei Leitbildern orientiert: Reduzieren, Respektieren, Reflektieren. So macht gute Politik auch ein gutes Leben möglich - ein Leben der Freude, Stille und Lebendigkeit.
Peter Döge, Dr. rer. pol., betreibt in Kassel das Büro für Strategiebildung DENKRAUMGESTALTUNG (www.denkraumgestaltung.de) und ist seit vielen Jahren in der Politik- und Organisationsberatung sowie in der anwendungsorientierten Politikforschung tätig.
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EINLEITUNG: DARWIN, DER SCHMETTERLING UND LAOTSE – EINE DENK-REISE
Der vorliegende Text berichtet von einer politikwissenschaftlichen Denk-Reise, die vor etwa 35 Jahren bei MARX begann und nun bei LAOTSE ein Ende findet. Zwischenstationen der Reise bildeten die Analyse des Zusammenhangs von Politik, Technik und Wissenschaft, des Zusammenhangs von Männlichkeit, Politik und Geschlecht sowie von Politik, Kultur und Normalität. Dabei kreiste die Reise im Wesentlichen immer um die folgenden Fragen: Was ist Politik? Warum ist Politik so wie sie ist? Was ist gute Politik, bzw. wie muss Politik aussehen, damit sie die Welt (wenigstens ein bisschen) besser machen kann? Die Welt ein bisschen besser machen?
Aber muss man die Welt überhaupt besser machen? Ein Blick auf den Zustand unseres Planeten zu Beginn des Jahres 2016 führt zu einem eindeutigen Ja: Die Zerstörung der natürlichen Lebensräume und mit ihr der Artenvielfalt schreitet ungehindert voran, Kriege gehören in vielen Regionen der Welt immer noch und schon wieder zum Alltag, Millionen von Menschen hungern, sind auf der Flucht, haben keinen Zugang zu Trinkwasser oder sanitären Anlagen, haben keine angemessene Unterkunft. Nach Angaben von UNICEF sterben allein 8.000 Kinder täglich an den Folgen von Unterernährung! Dieser Zustand ist vor allem Folge einer schon fast epidemisch um sich greifenden Gewinn-Sucht, begleitet von Gewalthandeln und grassierender Geistlosigkeit – Geistlosigkeit, die sich zum einen in Getrenntheits-Denken, zum anderen in einer wenig ausgeprägten Bereitschaft zum Nachdenken über das Denken ausdrückt. Dies alles führt zu einer Ethik des Mehr-Mehr, Billig-Billig und Ich-Ich, die mittlerweile annähernd sämtliche Lebensbereiche erfasst und schon totalitäre Züge angenommen hat, die gutes Handeln darin sieht, respektlos und ausbeuterisch mit Mensch und Natur umzugehen, die Menschen zu Kostenfaktoren und Natur zu einer leblosen Ressource degradiert.1 Die Welt ein bisschen besser machen würde demgegenüber bedeuten, einen ressourcenschonenderen und -sparenden Lebensstil zu pflegen, sich darum zu bemühen, Konflikte zwischen Menschen, Gruppen und Staaten gewaltfrei zu lösen und mehr Bewusstheit über die enge Verwobenheit unser allen Seins in die Politik und ins alltägliche Leben zu bringen. Aber wie soll das geschehen? Die besten Antworten auf diese Frage sowie auf die Fragen nach dem Wesen und den Bestimmungsfaktoren von Politik, deren Beantwortung für die Grundlegung einer nicht-zerstörerischen politischen Handlungsethik wiederum von äußerst großer Bedeutung sind, habe ich auf meiner Denk-Reise ausgehend von der Begegnung mit MARX vor allem in meinen Begegnungen mit DARWIN und der Evolutions-biologie, einem Schmetterling, der mir aus den Befunden der Chaostheorie und der Quantenphysik entgegen flatterte, sowie in der Begegnung mit LAOTSE und der daoistischen Philosophie erhalten. DARWIN, der Schmetterling und LAOTSE gaben mir nicht nur befriedigende Antworten auf die eingangs genannten politikwissenschaftlichen Fragen, sondern zudem auch auf die von Immanuel KANT formulierten Grundfragen der Philosophie: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was kann ich hoffen? Was ist der Mensch? sowie auf drei großen metaphysischen Fragen des Woher (kommen wir), Wohin (gehen wir – nach dem Tod), Wozu (gibt es das alles). Mit dem vorliegenden Buch möchte ich meine Antworten auf diese Fragen weitergeben – denn besteht nicht der zentrale Sinn des Lebens im Weiter-Geben von Genen und/oder Memen? Die Denk-Reise
DARWIN begegnete mir – einmal abgesehen von meinem Schulunterricht – zunächst zu Beginn meines Politikwissenschaft-Studiums bei der Lektüre von Karl MARX. Zu MARX und daran anschließend zur marxistischen Staatstheorie war ich auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage gestoßen, warum Politik so ist, wie sie ist, warum sie ausbeuterisch gegen Mensch und Natur ist, warum sie ausbeuterisches Handeln fördert und legitimiert.2 MARX sah in der DARWIN‘schen Theorie die naturgeschichtliche Grundlage seines Ansatzes zur Erklärung der Entwicklung von Gesellschaften: „Sehr bedeutend ist Darwins Schrift und passt mir als naturwissenschaftliche Unterlage des geschichtlichen Klassenkampfes […]“.3 Wie DARWIN sieht auch MARX alles Seiende als etwas Gewordenes – und damit auch als etwas Veränderbares.4 In diesem Zugang zur Analyse des Sozialen liegt aus meiner Sicht nach wie vor das besondere Verdienst der MARX‘schen Soziologie und Philosophie – sie ist keine Kopfgeburt, sie bindet gesellschaftliche Entwicklung an die Bewegungsgesetze von Materie zurück. Leider blieb MARX – ganz Kind seiner Zeit und vielleicht auch unbewusst Kind der jüdischen Kultur, der er entstammte – in einem historischen Teleologismus gefangen, der die gesellschaftliche Entwicklung auf ein bestimmtes Ziel hin orientiert sah: auf den Kommunismus. Kombiniert wurde dieser Geschichtsteleologismus, der die Vorstellung von einem offenen und niemals endenden Evolutionsprozess in der Evolutionstheorie DARWINs fallen lässt, mit einem autoritären Politikmodell, das einer vermeintlichen Avantgarde – der Partei der Arbeiterklasse – die Führung der Massen in diese verheißungsvolle Zukunft übertrug. Und für den Fall, dass die Massen nicht wollen und das Proletariat seine historische Mission nicht erkennt, muss sie eben zum Glück gezwungen werden. In diesem Denkmuster ist bereits der ganze Unsinn begründet, der dann in den sogenannten real-sozialistischen Staaten politisch umgesetzt wurde.5 Eine zweite Denkfigur von MARX hatte auf den erstens Blick nicht ganz so dramatische Folgen für die Weltgeschichte, aber sie führte dazu, dass DARWIN und mit ihm auch der geringste Ansatz einer evolutionstheoretischen Reflexion menschlichen Handelns und Verhaltens aus den kritischen Sozialwissenschaften verbannt wurde und bis heute weitgehend verbannt ist. In der 6. FEUERBACH-These konstatiert MARX, dass das menschliche Wesen „[…] das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse […]“ sei.6 Das menschliche Wesen wird also ausschließlich durch die sozialen und kulturellen Umstände bestimmt. Es ist von Natur her eine Tabula rasa. Diese Hypothese von MARX ging im weiteren Verlauf der Geschichte eine ungute Verbindung mit der sogenannten behavioristischen Psychologie ein, die sich in den 1920er Jahren entwickelte und menschliches Verhalten ausschließlich als Reaktion auf Umwelt-Impulse betrachtete, wobei unterstellt wurde, dass gleiche Umstände bei allen Menschen gleiches Verhalten erzeugen. Im Zuge dieser milieutheoretischen Verengung der Sozialwissenschaften wurden menschliche Individuen mehr oder weniger vollständig aus der Analyse politischer Prozesse verdrängt, und so war in den mir begegnenden Arbeiten der marxistischen Staatstheorie weitgehend nur noch die Rede von Strukturen, Institutionen, Dispositiven oder Akteursnetzwerken, die den Staat zu einem kapitalistischen Staat machen und für Ausbeutung von Mensch und Natur verantwortlich seien. Soziale Prozesse werden verdinglicht, bestenfalls gibt es noch Subjekte, jedoch kein menschliches Individuum mehr. Aber auch außerhalb der marxistischen Theorie wurde das Lebende aus dem Sozialen verbannt und so geht Niklas LUHMANN, der die Ent-Menschlichung in der Mainstream-Soziologie aus meiner Sicht auf die Spitze getrieben hat, davon aus, „[…] daß die sozialen Systeme nicht aus psychischen Systemen, geschweige denn aus leibhaftigen Menschen bestehen“.7 Er betrachtet es sogar als eine wesentliche Erkenntnisblockade, wenn Soziologie annimmt, „[…] daß eine Gesellschaft aus konkreten Menschen und aus Beziehungen zwischen Menschen bestehe“.8 Kein Wunder also, dass eine auf diesen Konzepten aufbauende politische Ethik menschenleer und von daher – wie etwa bei RAWLS – eine abgehobene Kopfgeburt ist und bleiben muss. DARWIN und mit ihm die Evolutionsbiologie sowie -psychologie bringen den Menschen wieder zurück in die Politikwissenschaft und machen Soziologie wieder zu dem, was sie eigentlich ist: die Wissenschaft vom gesellschaftlichen Miteinander lebendiger menschlicher Wesen.9 DARWIN und die Evolutionsbiologie tragen dazu bei, schlüssig erklären zu können, was Politik ist, warum es überhaupt Politik gibt, warum Menschen immer politische Wesen sind und warum diese Menschen immer wieder ähnliche Handlungsmuster reproduzieren – wie etwa die gegenwärtig zu beobachtende Fremdenfeindlichkeit. Die DARWIN‘sche Theorie führt dabei keineswegs – wie fortdauernd unterstellt – zu einem genetischen Determinismus, der Menschen zu Apparaten macht, oder gar zu einer sozial-darwinistischen Ethik. Vielmehr kann – aufbauend auf einem Naturverständnis, das Natur immer als verwobenes, dynamisches Netzwerk versteht, dessen Teil wir sind und mit dem wir Menschen unsere Evolutionsgeschichte teilen – aus der Begegnung mit DARWIN eine politische Handlungsethik entspringen, die sich auf Respekt gegenüber den menschlichen und nicht-menschlichen Mit-Wesen als gleichwertige Schöpfungen des Evolutionsprozesses gründet und die dabei keine Kopfgeburt bleibt. Ausgehend von...