Doderer | Die Wasserfälle von Slunj | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 394 Seiten

Doderer Die Wasserfälle von Slunj

Roman
2. Auflage 2016
ISBN: 978-3-406-70426-0
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 394 Seiten

ISBN: 978-3-406-70426-0
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Donald Clayton, einziger Sohn eines englischen Maschinenfabrikanten in Wien, lebt sein geordnetes Leben an der Seite seines Vaters und scheint mit ihm wie ein Bruder verbunden. Aber innhalb jener Welt ist solche Brüderlichkeit von Vater und Sohn trügerisch: Wo der Vater seinen Lebensanspruch durchsetzt, geht der Sohn am Vater zugrunde.

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1;Cover;1
2;Titel;3
3;Zum Buch;2
4;Über den Autor;2
5;Impressum;394


Zum Buch
Schauplatz der Geschehnisse ist die alte Donaumonarchie um die Jahrhundertwende. Es ist die Zeit der «Väter». Es gibt Ordnung, keine Ideologien. Die Wohlanständigkeit drückt sich im Dekor aus. Probleme sind tabu. Donald Clayton, einziger Sohn eines englischen Maschinenfabrikanten in Wien, lebt sein «geordnetes» Leben an der Seite seines Vaters und scheint mit ihm wie ein Bruder verbunden. Aber innerhalb jener Welt ist solche Brüderlichkeit von Vater und Sohn trügerisch: Wo der Vater seinen Lebensanspruch durchsetzt, geht der Sohn am Vater zugrunde. «Die Wasserfälle von Slunj» sind der erste «Satz» des (unvollendeten), nach dem Vorbild einer Symphonie in vier Sätzen aufgebauten «Roman No. 7» Heimito von Doderers, dessen Einheit allein in seinen Formelementen liegen sollte. Der zweite «Satz» hat den Titel «Der Grenzwald». Über den Autor
Heimito von Doderer (1896–1966) gilt seit der Veröffentlichung seiner beiden großen Wiener Romane Die Strudlhofstiege (1951) und Die Dämonen (1956) als einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. «Doderer ist ein ganz erstaunlicher Schriftsteller. Sehr berühmt und doch immer noch zu entdecken.» Daniel Kehlmann «Rätselhaft, daß wir es uns leisten, über diesen großen Autor hinwegzugehen.» Walter Kempowski Der Punkt, wo Robert Clayton – damals siebenundzwanzig – seine spätere Frau zum ersten Mal gesehen hatte, lag (und liegt heute noch) erhöht über der Landschaft. Die Straße wendet sich beim Erreichen des Hügelkimms nach rechts. Clayton hielt sein Pferd an und blickte in die Aussicht – wie man eben an solchen über die Umgebung erhobenen Punkten unwillkürlich tut – und schon auch kam sie von links, wo der Hügelrücken breiter wurde, im hopsenden Galopp auf ihrem leichten Fuchs über einen kleinen Wiesenplan heran. Es ist jene Gegend eine der lieblichsten im südwestlichen England. Man sieht von dem Hügelrücken, darauf Robert Clayton einst gehalten hatte, nur das absinkende Land bis zum dreimal gebogenen, fast stehend-spiegelnden Flußlauf im Tale, und drüben wieder einen langen gegliederten sanften Anstieg mit Wald auf der Höhe: diesem Umstande wird es verdankt, daß die großen Werke für landwirtschaftliche Maschinen, die Robert’s Vater garnicht weit von hier erbaut hatte, aus dem Bilde gehalten werden. Wäre der Wald drüben nicht, man sähe die Spitzen der Schlote. So bleibt alles im Grün und im Blinken des Wassers befangen. Ein dreiviertel Jahr später schon schickten sie sich zur Hochzeit und Hochzeitsreise an. Diese sollte ins Exotische führen und doch nicht zu weit weg: also keineswegs etwa nach Kanada, obwohl die Braut dort Verwandte hatte. Man verfiel auf den Süden der österreichisch-ungarischen Monarchie, auf Kroatien. Bis Ostende, Nürnberg, Passau und Linz war’s nicht exotisch. In Wien – hier bestand 1877 noch keine Niederlassung der Firma Clayton & Powers – traten sie rasch an das Fenster in ihrem Hotel im VIII. Bezirk, denn es ertönte auf der Straße unten ein seltsamer und lieblicher Gesang, den zwei junge Weiber vollführten, die mit kleinen Körben am Arm gemächlich die Gasse entlang gingen. Es waren kroatische Frauen aus dem Burgenlande, die getrockneten Lavendel zu verkaufen hatten: der Gesang kündigte das an. Dieses wurde immerhin von dem jungen Paare schon als exotisch empfunden, als irgendwie ‚italienisch‘ (so sagten sie). Ihr Aufenthalt in Wien dauerte nicht lang und die übermäßige Hitze ließ ihn nicht ganz vergnüglich sein. Sie sahen das obere Belvedere hingestreckt und bis zu den kleinen Ecktürmen ausgeflügelt in der Sonne, aber der Blick griff nicht daran im übergrellen Licht. Auch waren sie vielleicht von ihrer eigenen Leiblichkeit zu sehr eingenommen auf dieser Hochzeitsreise und noch weit entfernt von jenem Erfüllungs-Rückstoß, der jene Eingenommenheit dann ganz unverständlich macht, wenn auch nur für ein Kurzes. Auf der Terrasse vor dem Palast aber wurden sie von der Aussicht – immer noch annähernd jene, die Canaletto einst gemalt hat – durch ein winziges Zeit-Teilchen doch lebhaft berührt. Das Paar fuhr auch im Fiaker durch die Haupt-Allee im Prater. Sie ließen halten und wollten im Grünen gehen, die Allee verlassen, zwischen die uralten Bäume treten. Aber hier machten es die Stechmücken unmöglich, geruhig zu wandeln. Sie sahen einen großen Tümpel oder Weiher mit flachen sandigen Ufern ausgebreitet, in welchem einige bloßfüßige Buben herumfischten – unbegreiflich blieb dabei, wie sie die Mückenplage ertrugen – und von Zeit zu Zeit ihre Beute in große Einsiedgläser brachten, welche halb mit Wasser gefüllt am Ufer standen. Clayton bückte sich und sah diese Gläser an. Es befanden sich Lurche darin, Molche, zum Teil halb durchsichtig, einer mit feuerrotem Bauch. Harriet, die neben ihm stand, bückte sich nicht, um die Tiere zu sehen. Clayton unterlag plötzlich einem hereinbrechenden Gefühl von Trübsäligkeit. Er fiel aus diesen letzten Tagen wie durch ein Loch im sonst dichtgeflochtenen Geweb’ der Zeit während der Monate vor der Hochzeit, er fiel hierher auf den sumpfig-sandigen Uferrand; und die halbvertrockneten, von der Hitze gelblichen Binsen standen in Reihen aufwärts in den lackblauen Himmel. Sie gingen zum Wagen zurück, der ganz langsam im Schritt weitergefahren war, und stiegen ein. Am nächsten Tage waren sie schon auf der weiteren Reise in’s Exotische; diese begann mit dicker Hitze im Halbcoupé erster Classe so lange der Zug noch in der Halle des Südbahnhofes stand. Das Gepäck war schon oben in den Netzen untergebracht worden. In der Wärme dunsteten Leder und Polsterung; feiner Rauchgeruch kam durch’s Fenster. Es schien Clayton, daß Harriet viel weniger die Hitze fühle als er selbst. Allerdings hatte er sich auf dem Perron mehr bewegt gehabt als sie, war dem Gepäckträger entgegen gegangen und hatte ihm dann auch beim Verstauen der Koffer geholfen. Harriet Clayton lehnte in der Ecke. Clayton war langbeinig, um die Körpermitte äußerst schmal, oben erheblich breiter. Harriet blickte aus ihrer Ecke auf ihn, der noch stand. Ihr Gesicht sah keineswegs erhitzt aus, die Nase glänzte nicht im geringsten. Über dieser waren die starken Augenbrauen fast zusammengewachsen. Sie sah ihren Mann mit Vergnügen an. Er gefiel ihr. Seine sehnige Hagerkeit und außerordentliche Länge (der Sohn Donald sollte sie dereinst erben!) waren nach ihrem Geschmacke. Sie sagte nichts und bewegte sich nicht. Ihr Strohhut hing an einem der hier angebrachten Haken. So war ihr dunkelbraunes Haar ganz sichtbar, von dem sie fast abnorm viel hatte. Über ihrem Mund stand ein feiner dunkler Flaum. Als der Schnellzug sachte anfuhr und die Halle verließ, konnten sie bald etwas Zugwind erzeugen durch die offenstehende Coupétür und das dem ihren am Gange draußen gegenüberliegende Fenster. Bei rascherer Fahrt begann Harriet’s Hut gleichmäßig zu pendeln. Es wurde fühlbar kühler und angenehmer. Clayton zog seine Pfeife und den halb aus Leder, halb aus Gummi bestehenden Tabaksbeutel hervor. „Das riecht heimatlich“, sagte Harriet, als er den Capstan in der Pfeife entzündete. Damals fuhr ein Schnellzug von Wien bis zum eigentlichen Beginn der Strecke über den Semmering nicht viel weniger als zwei Stunden. Die Gegend war öde. Sie heißt ‚Das Steinfeld‘. Harriet las. Clayton hatte durch den Hotelportier eine zwei Tage alte Nummer der ‚Times‘ erhalten können. Jener Hotelportier ist gewissermaßen richtungsweisend bezüglich der Reise-Route des jungen Paares gewesen. Er hieß Andreas Milohnic und war ein Dalmatiner, von der Insel Krk, der Sohn eines kroatischen Schiffskapitäns. Herr Andreas war beachtlich hübsch – Harriet sagte, sie habe sich als Schülerin die alten Römer so vorgestellt – und sprach perfekt englisch; dies hatte sein Vater, der Seemann, der es selbst gut beherrschte, ihn frühzeitig lernen lassen. Herr Milohnic junior aber konnte noch mehr, nämlich Französisch und Italienisch (freilich auch Deutsch wie sein Vater), obendrein Latein und Griechisch, denn er hatte in Agram das Gymnasium besucht und die Reifeprüfung ordnungsgemäß abgelegt: dann erst brachte er Lehrzeit und Schulen des Gastgewerbes hinter sich, aus reiner Vorliebe für diesen Berufszweig. Ein aussichtsreicher Hotelportier. Der Alte – übrigens Inhaber eines Patentes für große Fahrt und gleichwohl von seiner Jugend her einer der besten Kenner jener vor der dalmatinischen Küste liegenden Insel- und Klippenwelt, ihrer Kanäle und...


Heimito von Doderer (1896 - 1966) gilt seit der Veröffentlichung seiner beiden großen Wiener Romane "Die Strudlhofstiege" (1951) und "Die Dämonen" (1956) als einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.



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