Buch, Deutsch, Macedonian, 172 Seiten, GB, Format (B × H): 128 mm x 170 mm, Gewicht: 242 g
Reihe: tradukita poezio
Buch, Deutsch, Macedonian, 172 Seiten, GB, Format (B × H): 128 mm x 170 mm, Gewicht: 242 g
Reihe: tradukita poezio
ISBN: 978-3-902113-73-3
Verlag: Edition Korrespondenzen
Scheinbar Unvereinbares findet hier leicht zusammen: Lidija Dimkovskas Gedichte können gleichzeitig drastisch und einfühlsam sein, komisch und ernst. Nichts ist zu unbedeutend oder unpoetisch, um nicht ein bildgewaltiges Assoziationsgewitter zu entfachen: eine Nagelzange, ein Suppenwürfel oder Aloe Vera sind die anspruchslosen Ausgangspunkte von Dimkovskas balladesken Berichten, die, mit Ironie, Wut, Tiefsinn und Komik erzählt, gewichtig und völlig unerwartet enden. Aber auch Feminismus, Selbstmordgedanken, den russischen Nobelpreisträger Joseph Brodsky, Sex oder Zukunftsvisionen behandelt Dimkovska mit derselben virtuosen Fähigkeit, das Lächerliche in etwas Pointiertes und äußerst präzis Erfasstes umzugestalten.
Mögen ihre Texte auf den ersten Blick verrückt und surreal anmuten, dadurch, dass sie mit den elementarsten Erwartungen des Lesers brechen, schärfen sie seinen Blick fürs Aktuelle, Gegenwärtige und Wesentliche.
Mit "Anständiges Mädchen" werden Dimkovskas fulminante Gedichte in einer von ihr selbst zusammengestellten, repräsentativen Auswahl erstmals dem deutschsprachigen Publikum vorgestellt.
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DIE WÄNDE
Den Wänden tun die Gobelins meiner Mutter weh,
Mädchen mit Hut, Die Gänsehirtin, Schmutziger Jean,
und noch mehr die Photographien, die daneben hängen,
von der Hochzeit meiner Schwester, vom Empfang beim Präsidenten.
Heute haben sie mein Diplom an einen Nagel gehängt, und
für einen 'Held der Arbeit'-Orden wird sich auch ein Plätzchen finden.
Morgen müssen wir den orthodoxen Kalender aufkleben,
neben den anderen, der eine andere Zeit zu rechnen scheint.
Jeder, der vorbeikommt, hinterlässt ein Zeichen auf ihnen,
klebt Bildchen und Kunststoffhaken an
und hängt seine Schatten rund um die Wanduhr
an soeben eingeschlagenen Nägeln auf.
Ich musste danach die Wände
mit meinem Leben stützen bis zum Morgengrauen,
als die Handwerker kamen, um sie wieder zu betonieren,
die Wände schliefen ein, ich war schon gestorben.
Weckt sie nicht mit Hämmern, weckt sie nicht, ich flehe euch an,
lasst sie kahl, und mich mit ihnen allein, und mich mit ihnen allein.