E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
Dickson Süsse Herzensbrecherin
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7337-6678-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-6678-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Schuss streckt Lord William vom Pferd! Glücklicherweise kommt in diesem Moment die ebenso hübsche wie engagierte Cassandra vorbeigeritten und bringt ihn ins Spital. Fortan kann der Lord nur noch an seine süße Retterin denken. Beim nächsten Ball bittet er Cassandra um einen Tanz - nicht ahnend, welch aufregendes Abenteuer zwischen Liebe und Gefahr für sie beide beginnen wird, noch bevor die Nacht vorüber ist ...
Helen Dickson lebt seit ihrer Geburt in South Yorkshire, England, und ist seit über 30 Jahren glücklich verheiratet. Ihre Krankenschwesterausbildung unterbrach sie, um eine Familie zu gründen. Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes begann Helen Liebesromane zu schreiben und hatte auch sehr schnell ihren ersten Erfolg. Sie bevorzugt zwar persönlich sehr die Zeit des Bürgerkrieges in England doch um ihren Lesern viel Abwechslung zu bieten, wählt sie auch andere geschichtliche Epochen für ihre Roman. Um für ihre historischen Liebesromane zu recherchieren, verbringt die Autorin viele Stunden in der Bibliothek. So lässt sie mit viel Fantasie und historischer Genauigkeit wunderschöne historische Liebesromane entstehen.
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1. KAPITEL
1813
William Lampard, Earl of Carlow, hatte es von jeher sehr genossen, bei Morgengrauen durch den menschenleeren Green Park zu sprengen, und auch an diesem Tag versetzte ihn der scharfe Galopp in einen regelrechten Rauschzustand. Eine schwache Brise löste den frühmorgendlichen Nebel auf, und vor ihm erstreckte sich der Park in graugrünen und braunen Farbtönen, die mit den ersten Sonnenstrahlen allmählich von goldenen Sprenkeln durchsetzt wurden. Die Vögel in den Bäumen erwachten, und leises Gezwitscher hallte über die Wiesen. In diesen wenigen Minuten, in denen William den Weg hinaufpreschte, gab es nur ihn und sein Pferd – keine Pflichten oder Erwartungen, die er zu erfüllen hatte, nur die Unbekümmertheit des Moments.
Er zügelte den Wallach zu einem ruhigeren Trab und strebte, den schmalen Weg verlassend, zu einer Baumgruppe hinüber. Wie gut es sich anfühlte, wieder in London zu sein, nachdem er diese drei Jahre in Spanien gewesen war! William hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als plötzlich ein Schuss der Unbeschwertheit seines morgendlichen Ausritts ein jähes Ende bereitete. Er verspürte einen sengenden Schmerz, als das Geschoss in seine Schulter eindrang, dann begann sich alles um ihn zu drehen. Im nächsten Augenblick stürzte er aus dem Sattel und fiel ins taufeuchte Gras, hinab in ein schwarzes Nichts. Die Welt um ihn stand still.
Cassandra Greenwood war an diesem Morgen früher als üblich aufgebrochen, um nach Soho zu gelangen, wo sie arbeitete, und hatte die Strecke durch den Park gewählt. Ihre Chaise bog gerade auf den Hauptweg ein, als ein Schuss durch die Luft knallte. Cassandra schrak zusammen, dann spähte sie vorsichtig aus dem Fenster. Sie sah, wie etwa eine Viertelmeile voraus ein Reiter durch das Unterholz brach und davongaloppierte, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.
„Spornen Sie die Pferde an, und halten Sie bei der Stelle, an der der Mann aus dem Wald gekommen ist“, befahl sie ihrem Kutscher Clem. Da der Green Park zu dieser frühen Stunde häufig als Austragungsort fragwürdiger Ehrenhändel diente, wollte sie herausfinden, ob jemand verletzt worden war.
Clem und sie mussten nur wenige Schritte durch das Unterholz zurücklegen, dann gelangten sie auf eine Lichtung und erblickten den am Boden liegenden Verletzten. Der Kutscher ging neben dem reglosen Körper in die Hocke und drehte ihn auf den Rücken.
„Er lebt noch, Miss, Gott sei Dank.“
Allmählich kam William zur Besinnung. Wie durch einen Dunstschleier nahm er die junge Frau in dem dunkelgrauen Mantel wahr, die neben ihm kniete. Hinter ihr war ein stämmiger Mann damit beschäftigt, den verängstigten Wallach zu beruhigen. Ein dumpfes Hämmern in seinem Kopf drängte sich in Williams Bewusstsein, genau wie der pochende Schmerz in seiner Schulter.
Der Angeschossene hatte die Augen geöffnet. Sie waren von einem ungewöhnlich klaren Blau, wie Cassandra feststellte. Unter anderen Umständen mussten diese Augen vor Lebenslust und Leidenschaftlichkeit sprühen, doch im Moment erinnerten sie an einen fernen Ozean, über den gerade ein Sommersturm hinwegzog. „Ich bin froh, dass Sie noch unter uns weilen“, sagte sie mit ihrer kultivierten, ruhigen Stimme und neigte anmutig den Kopf zur Seite, sodass die Krempe ihrer Schute ihr Antlitz beschattete. „Man hat auf Sie geschossen. Wollen wir hoffen, dass Sie nicht ernsthaft verletzt sind.“
Ein wenig schief erwiderte William das ermutigende Lächeln, das ihren letzten Satz begleitet hatte, und versuchte sich aufzusetzen, um ihre Befürchtungen zu zerstreuen. Doch der Schmerz in der Schulter wurde so stechend, dass er zusammenfuhr, die Augen schloss und sich zurückfallen ließ. Ohne zu zögern, knöpfte sie seinen blutgetränkten Reitrock auf, löste das tadellos gebundene Krawattentuch und schob sein Hemd zur Seite, um das Einschussloch mit nonnenhaft unbewegter Miene zu betrachten, als sei sie an den Anblick derartiger Verletzungen gewöhnt.
Sie griff in ihr Retikül und zog ein fein zusammengefaltetes Taschentuch daraus hervor. Mit ihren schlanken Fingern presste sie es auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen.
„Sie versorgen nicht zum ersten Mal einen Verletzten.“ Die tiefe Stimme des Fremden erzeugte Cassandra ein seltsames Gefühl in der Magengegend.
„Das stimmt“, gab sie zu. „Meine Patienten werden allerdings nicht angeschossen und sind deutlich jünger als Sie.“ Sie betrachtete die Garderobe des Fremden, die ausgesprochen elegant und aus feinem, teurem Tuch gefertigt war. Nur einer der vornehmsten Schneider des Londoner ton konnte ihn ausgestattet haben.
Durch den Sturz war sein dichtes dunkelbraunes Haar gehörig in Unordnung geraten. Es bedeckte seine hohe Stirn und streifte den Kragen seines Reitrocks. Er muss um die dreißig Jahre alt sein, überlegte Cassandra und musterte sein unverschämt hübsches Gesicht. Es hatte ebenmäßige Züge, die eine gewisse Rücksichtslosigkeit verrieten. Seine Nase war gerade, sein Kinn kantig, die dunklen Brauen besaßen einen perfekten Schwung und sein Mund einen entschlossenen Zug, der fast sinnlich anmutete. Der junge Mann bot die Erscheinung eines eleganten Aristokraten, der Macht gleichermaßen ausstrahlte wie Stärke.
Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die Blutung zum Stillstand gekommen war, sah sie ihm wieder in die Augen. „Ich denke, Sie werden überleben. Sie haben keine schwere Verletzung davongetragen – höchstens Ihr Stolz, würde ich meinen.“ Sie seufzte. „Wann werden Gentlemen wie Sie endlich lernen, Ihre Zwiste zivilisierter auszutragen? Ein Duell ist mit Sicherheit keine Lösung.“ Ohne William die Möglichkeit einzuräumen, sich zu rechtfertigen, erhob sie sich. „Kommen Sie, versuchen Sie aufzustehen. Sie sollten einen Arzt aufsuchen, damit er sich Ihre Schulter ansieht.“
„Das ist nicht nötig. Wenn Sie Ihren Kutscher bitten würden, mir mein Pferd zu bringen, mache ich mich gleich auf den Heimweg.“
„Die Kugel steckt noch in Ihrer Schulter. Sie muss entfernt und die Wunde ordentlich versorgt werden.“ William wollte protestieren, doch es entfuhr ihm lediglich ein Krächzen, und als er versuchte sich zu bewegen, versagten ihm seine Glieder den Dienst. Cassandra warf ihm einen verärgerten Blick zu. „Keine Diskussion. In Ihrem Zustand können Sie es sich nicht erlauben zu widersprechen.“ Sie wandte sich Clem zu. „Helfen Sie mir, Mr. …“
„Captain. Ich bin Captain William Lampard.“
„Oh!“
Ein sonderbar abwehrender Ausdruck huschte über ihr Gesicht. Sie musterte ihn prüfend und wirkte zunächst beinahe scheu, dann bedachte sie ihn mit einem ausgesprochen kühlen Blick, als hege sie eine tiefe Abneigung gegen ihn.
„Sie haben von mir gehört?“, fragte er neugierig.
„Ja“, erwiderte sie fest. „Obwohl Sie besser bekannt sind unter dem Namen Lord Carlow.“
Cassandra hatte viel von Lord Carlow gehört. Er war ein arroganter Peer, der zu glauben schien, er könne tun, was er wolle und mit wem es ihm gerade beliebte. Seit Jahren gab es Gerüchte, die ihn mit jeder hübschen Frau in London in Verbindung brachten. Die Skandale um seine Person waren infam. Wann immer er Fronturlaub hatte und seinem Regiment fernblieb, war er Tagesgespräch im Londoner ton, und jede junge Dame, die etwas auf ihren guten Ruf hielt, ging ihm tunlichst aus dem Weg. Und das Gleiche galt für seinen Vetter Sir Edward, der, so hatte Cassandra entschieden, dieselben Charaktereigenschaften zu erkennen gab. Oder war der junge Mann nicht etwa im Begriff gewesen, ihre eigene Schwester zu kompromittieren – die ihn obendrein hätte gewähren lassen, wenn es nach ihr gegangen wäre?
„Sie sind erst kürzlich zurückgekehrt, wie ich hörte?“ Sie war freundlich, indes zurückhaltender als zuvor.
„Aus Spanien.“
„Nun, ich hätte mir denken können, dass Sie der Kämpfe überdrüssig geworden sind“, bemerkte sie in überheblichem Ton. „Bei den Annehmlichkeiten, die Sie in London erwarten.“
William musste sich daran hindern, ob ihrer spitzzüngigen Antwort zu schmunzeln. „Davon habe ich tatsächlich mehr als genug“, erwiderte er ruhig. „Und ich schließe aus Ihren Worten, dass mir mein Ruf vorausgeeilt ist. Seien Sie jedoch versichert, dass dieser mehr auf Gerüchten und Wunschträumen beruht als auf Tatsachen.“
„Wenn Sie es sagen, Captain Lampard. Doch das geht mich nichts an.“
„Würden Sie es für impertinent halten, wenn ich Sie nach Ihrem Namen frage?“
„Nicht im Geringsten. Ich heiße Cassandra Greenwood.“
„Miss Greenwood, ich bin hocherfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen – und dankbar, dass Sie zur rechten Zeit des Weges kamen.“
Zögernd hob Cassandra eine Braue und lächelte amüsiert. „Das sollten Sie auch sein. Aber jetzt kommen Sie. Ich werde Dr. Brookes bitten, einen Blick auf Ihre Wunde zu werfen.“
„Dr. Brookes?“
„Er ist Arzt im St. Bartholomew-Hospital. Er pflegt in unser Institut zu kommen, wenn ich seine Hilfe brauche. Wir sind heute Vormittag verabredet, weswegen Sie mich zu dieser frühen Stunde im Park antreffen. Keine Sorge, ich vertraue vollkommen in seine Fähigkeiten. Ehe Sie es sich versehen, wird er Sie wiederhergestellt haben.“
Als William gewahrte, wie sie das Kinn vorreckte und ihn mit unnachgiebiger Entschlossenheit ansah, war es an ihm, amüsiert die Braue zu heben. „Ich sehe, Sie haben nicht die Absicht, sich umstimmen zu lassen.“
„Richtig, Sir. Wenn Dr. Brookes Sie versorgt...