Dexter | Die Töchter von Kain | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Dexter Die Töchter von Kain

Kriminalroman. Ein Fall für Inspector Morse 11
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-293-31034-6
Verlag: Unionsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman. Ein Fall für Inspector Morse 11

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-293-31034-6
Verlag: Unionsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Ermittlungen zum Mord an einem Geschichtsprofessor der Oxford-Universität haben noch kaum Fortschritte gemacht, als Inspector Morse und Sergeant Lewis der Fall übertragen wird. Morse braucht nicht lange, um einen Verdächtigen zu identifizieren. Nur leider wird ebendieser kurz darauf mit derselben Mordwaffe erstochen wie der Professor. Viel zu viele Verdächtige tauchen nun auf, und zum ersten Mal scheint Morse ratlos. Bis ihn Catulls Liebesgedichte und das Kreuzworträtsel der Times auf eine entscheidende Idee bringen.

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3
Mit Eifer sucht’ ich auf als junger Mann Den Doktor und den Heiligen und hört’ mir an Der weisen Reden viel; der Reden für und für, Doch ob ich kam, ob ging – stets war’s dieselbe Tür. Omar Khayyam, Rubaiyat Mit dem Verkauf der acht Luxusapartments des 1989 in der Daventry Avenue erbauten Daventry Court (so hatte Phillotson seine Ausführungen begonnen) hatte man sich schwergetan. Die Immobilienpreise waren während der Rezession Anfang der Neunzigerjahre immer weiter in den Keller gerutscht, sodass McClure, als er im Frühjahr 1993 die Wohnung gekauft hatte, mit einem Preis von 99?500 Pfund ein echtes Schnäppchen gemacht hatte. McClure, zur Zeit des Mordes fast siebenundsechzig, war (wie Morse sich in Kürze selbst würde überzeugen können) auf bestialische Art und Weise erstochen worden. Das Messer hatte nach den Feststellungen des Pathologen eine ungewöhnlich breite, mehr als 12 Zentimeter lange Klinge gehabt. Eine solche Waffe allerdings hatte sich nirgends gefunden. Blut? Ja, Blut war überall. Auch an der Person des Mörders? Ja, sicher. Mit Sicherheit Blut an seinen Schuhen (Turnschuhen?), die Spuren – besonders des rechten Fußes – ließen sich mühelos vom Tatort zur Treppe und zum Ausgang verfolgen, von dort verloren sie sich auf dem gekiesten Vorplatz. Oder war der Mörder mit einem nah beim Ausgang geparkten Wagen weggefahren? Oder mit einem Fahrrad, das er an die nächstbeste Regenrinne gekettet hatte? (Vielleicht hat er ja auch die Schuhe ausgezogen, dachte Lewis.) Trotz intensiver Suche hatte man weder auf dem Vorplatz noch seitlich am oder hinter dem Wohnblock irgendwelche Hinweise gefunden. (Außer dem an sich schon aufschlussreichen Hinweis, dass es keine Spuren gibt, dachte Morse.) Im Haus? Ja, auch davon würde Morse sich in Kürze selbst überzeugen können. Fremde Fingerabdrücke? Praktisch keine. Und nichts sprach dafür, dass der Täter durch ein Fenster im ersten Stock in die Wohnung eingedrungen war. »Sehr ungewöhnliche Art des Zugangs, wie Sie wissen. Mit ziemlicher Sicherheit ist er durch dieselbe Tür hinausgegangen, durch die er hereingekommen ist.« »Wie bei Omar Khayyam«, sagte Morse halblaut. Phillotson guckte ratlos, der Name sagte ihm offenbar nichts. Zugang von der Haustür aus, die eine Gegensprechanlage hat. McClure selbst muss den Besucher – oder die Besucherin – hereingelassen haben. Demnach jemand, den McClure kannte? Höchstwahrscheinlich. Die Zeit? Auf jeden Fall am Sonntagmorgen nach halb neun, denn gegen acht hatte McClure in dem Zeitungsladen in Summertown, wo man ihn vom Sehen, wenn auch nicht dem Namen nach kannte, zwei Zeitungen gekauft, die News of the World und die Sunday Times, eine zur Befriedigung der niederen Instinkte, eine als Lektüre für den Kulturmenschen. Beide Blätter hatten – ohne Blutspuren – auf der Arbeitsfläche der »modernen Einbauküche« gelegen, wie es in den Immobilienanzeigen immer so schön heißt. Später als halb neun also. Aber wann genau? Nach den vorläufigen oder vielmehr inzwischen gar nicht mehr so vorläufigen Feststellungen der Pathologin war McClure etwa zwanzig Stunden tot, als ihn am nächsten Morgen um 7.45 Uhr seine Putzfrau fand. Demnach kam eine Tatzeit zwischen zehn und zwölf am Vortag infrage. Ungefähr. Im Ungefähren halten sich diese verflixten Pathologen ja bekanntlich am liebsten auf. (Morse dachte an Max und lächelte traurig, hier rannte Phillotson bei ihm offene Türen ein.) Es gab noch einen Hinweis darauf, dass die Tat höchstwahrscheinlich vor zwölf Uhr mittags begangen worden war, nämlich die deutlich erkennbare – und klar erkannte – Tatsache, dass in Wohnung 6 keine Vorbereitungen für ein Mittagessen getroffen worden waren, weder Fleisch noch Gemüse herumlag. Allerdings war diese Folgerung nicht unbedingt schlüssig, denn entsprechende Erkundigungen hatten bereits ergeben, dass McClure sich nicht selten in dem bequem zu Fuß erreichbaren King’s Arms an der Banbury Road den Sonntagslunch zum Sonderpreis von 3,99 Pfund bestellte – ein Zweihundert-Gramm-Steak, Chips, Salat –, dazu zwei Pints Best Bitter. Keinen Nachtisch. Keinen Kaffee. Doch auch Spuren von Steak oder Chips oder grünem Salat hatte die Pathologin nicht gefunden, als sie den weißen Bauch von Dr. Felix McClure aufgeschlitzt hatte. Keinerlei Hinweise auf eine mittägliche Stärkung. Die Leiche war in fötaler Stellung zusammengekrümmt, als man sie gefunden hatte, beide Hände in den Unterbauch gekrallt, die Augen fest geschlossen, als sei McClure unter qualvollen Schmerzen gestorben. Bekleidet war er mit einem kurzärmeligen Hemd (blaue und braune Längsstreifen), einer schwarzen Jaeger-Strickjacke und einer anthrazitfarbenen Flanellhose. Der untere Teil des Hemdes und die oberen Regionen der Hose waren steif von angetrocknetem Blut. McClure war einer dieser »ewigen Studenten« gewesen (O-Ton Phillotson). 1946 hatte er ein Stipendium für Oxford bekommen, dort ein Einserexamen in Geschichte und Altphilologie gemacht und danach über vierzig Jahre seines Lebens als Tutor für Alte Geschichte am Wolsey College gearbeitet. 1956 hatte er eine seiner Studentinnen geheiratet, eine junge Frau vom Somerville College, die nach Abschluss ihres Studiums eine Dozentenstelle in Merton bekam und ihn 1966 (die entscheidenden Ereignisse in McClures Leben vollzogen sich offenbar im Zehnjahresrhythmus) wegen eines ihrer Studenten, einem bärtigen jungen Mann vom Trinity College, verließ. Kinder waren aus der Ehe nicht hervorgegangen, die Trennung hatte deshalb keine juristischen Probleme, vielleicht aber einiges an Kummer mit sich gebracht. Veröffentlicht hatte er hauptsächlich Artikel in verschiedenen Fachzeitschriften für das Klassische Altertum, hatte aber noch das Erscheinen seines opus magnum erlebt: Die Pest in Athen: Ihre Auswirkungen auf Verlauf und Führung des Peloponnesischen Krieges. Ein langer Titel. Ein langes Werk. Zeugen? Von den acht Luxusapartments waren vier verkauft, zwei vermietet, zwei – die Nummer 5 unter McClure und die Nummer 2 – hatten noch keine Abnehmer gefunden. Eine Befragung der Hausbewohner hatte keine brauchbaren Informationen ergeben. Das frischgebackene Ehepaar in Nummer 1 hatte den Sonntagvormittag hauptsächlich im Bett verbracht – ohne Frühstück, ohne Zeitungen, nur mit sich selbst beschäftigt. Die extrem schwerhörige alte Dame mit dem blau getönten Haar in Nummer 3 hatte sich ausführlich darüber ausgelassen, dass sie an dem bewussten Vormittag nichts gehört hatte. Das Ehepaar aus Nummer 4 war auf einer »Rettet die Wale«-Demonstration in Wytham Woods gewesen, die Mieter in Nummer 7 waren auf Urlaub in Tunesien, und die Käufer von Nummer 8 hatten das Badezimmer renoviert und dabei pausenlos das Radio laufen lassen, wo die beliebte Familienserie The Archers wiederholt wurde (Morse ließ endlich wieder einmal etwas Interesse erkennen). »Ziemlich dürftige Anhaltspunkte«, räumte Phillotson ein, wies aber nicht ohne Stolz auf zwei grüne Aktenkästen mit Berichten und Aussagen und Notizen und losen Blättern sowie einem genauen Plan von McClures Wohnung. Für Morse waren solche Pläne mit ihren Bogen und Strichen und Pfeilen und gepunkteten Linien und Maßangaben ein Buch mit sieben Siegeln. Er sah deshalb die von der Immobilienfirma Adkinson erstellte Dokumentation nur flüchtig durch. Als Phillotson zu Ende war, stand er auf. »Und wie gehts Ihrer Frau? Ich wollte vorhin schon fragen …« »Leider gar nicht gut«, sagte Phillotson bedrückt. »Ein richtiger Trauerkloß, Lewis.« Sie waren wieder im Büro des Chief Inspector, und Lewis bemühte sich, die unhandlichen Aktenkästen irgendwo auf dem überfüllten Schreibtisch unterzubringen. »Er sorgt sich offenbar sehr um seine Frau, wenn …« »Quatsch. Er wusste einfach nicht, wo er weitermachen sollte.« »Und wir wissen das?« »Zunächst mal würde mich interessieren, welche Zeitung McClure zuerst gelesen hat.« »Wenn überhaupt …« Morse nickte. »Weiter möchte ich gern wissen, ob er an diesem Vormittag irgendwelche Telefongespräche geführt hat.« »Können wir uns nicht von British Telecom eine Aufstellung geben lassen?« »Warum nicht?«, gab Morse unbestimmt zurück. »Sie wollen sicher die Leiche sehen.« »Wie kommen Sie denn darauf?« »Ich dachte nur …« »Höchstens das Hemd. Längsstreifen in Braun und Blau, nicht?« Morse fuhr mit dem Zeigefinger der Linken an der Innenseite seines ziemlich engen und ziemlich abgestoßenen Hemdkragens entlang. »Ich denke daran, meine – äh – Garderobe aufzustocken.« Sein kleiner Witz kam bei Lewis nicht an. Der Sergeant fand es nur verwunderlich, dass Morse sich scheinbar mehr für das Hemd eines Toten als für die Frau eines Kollegen interessierte. Scheinbar oder anscheinend – das war bei Morse immer die Frage, denn was in diesem erstaunlichen Hirn wirklich vorging, wusste im Grunde niemand. »Haben wir irgendwas Brauchbares von Phillotson...


Dexter, Colin
Colin Dexter (1930-2017) studierte Klassische Altertumswissenschaft und war erst als Oberstufenlehrer und anschließend als Prüfer an der Oxford-Universität tätig. 1973 schrieb er Der letzte Bus nach Woodstock. Es folgten dreizehn weitere Fälle für Inspector Morse, die als Fernsehserie verfilmt wurden. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mehrmals mit dem CWA Gold Dagger. Für sein Lebenswerk wurde Dexter mit dem CWA Diamond Dagger und dem Order of the British Empire für Verdienste um die Literatur ausgezeichnet.



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