Des Forges | Kein Zeuge darf überleben | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 942 Seiten

Des Forges Kein Zeuge darf überleben

Der Genozid in Ruanda

E-Book, Deutsch, 942 Seiten

ISBN: 978-3-86854-902-7
Verlag: Hamburger Edition HIS
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Am 6. April 1994, unmittelbar nachdem Präsident Habyarimana bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war, begann in Ruanda ein blutiges Gemetzel. Innerhalb von 13 Wochen wurden mindestens eine halbe Million Menschen, vielleicht auch mehr, bestialisch abgeschlachtet. Die meisten Opfer zählten zur Minderheit der Tutsi, aber mit ihnen starben auch Tausende Hutu, die das Morden ablehnten oder Tutsi zu beschützen versuchten. Der Genozid war kein spontaner Ausbruch kollektiver Wut oder ethnischer Spannungen, sondern Kalkül einer kleinen, modernen Elite, die ihren Machterhalt durch die wachsende Opposition in Ruanda gefährdet sah. Die militärischen und politischen Erfolge der von Tutsi dominierten Ruandischen Patriotischen Front (RPF) lieferten den Hutu-Machthabern in Kigali einen willkommenen Vorwand, um die Kontrolle über sämtliche staatlichen Institutionen an sich zu reißen. Dabei konnten sie auf die Unterstützung von Militär und Nationalpolizei ebenso zählen wie auf regionale Behörden, Medien, Intellektuelle und Geistliche. Das vorliegende Buch stützt sich auf Interviews mit Überlebenden wie mit Tätern, mit Menschen, die andere gerettet oder es zumindest versucht haben sowie mit jenen, die wegschauten. Protokolle örtlicher Zusammenkünfte, der Schriftverkehr zwischen Verwaltungsbeamten sowie die Analyse dessen, was in Radiosendungen oder bei Versammlungen gesagt oder verschwiegen wurde, geben ein detailliertes Bild der Ereignisse von 1994. Zahlreiche Quellen, darunter Aussagen und Dokumente von Diplomaten und Mitarbeitern der Vereinten Nationen, belegen zudem das Versagen der internationalen Akteure und ihren Anteil am Völkermord in Ruanda: Frankreich, Belgien und die Vereinigten Staaten wußten ebenso wie die Vereinten Nationen von den Vorbereitungen für die Massaker. Ein entschlossenes gemeinsames Vorgehen auf politischer oder militärischer Ebene hätte das Blutvergießen höchstwahrscheinlich verhindern oder beenden können.

Alison Des Forges studierte Geschichte am Radcliffe College und an der Yale University, wo sie 1972 ihren Ph.D. mit einer Dissertation zur Geschichte der Kolonialisierung Ruandas erwarb. Des Forges beschäftigte sich zeitlebens vorwiegend mit der Region der Großen Seen in Afrika, vor allem mit dem Genozid in Ruanda sowie mit Massenverbrechen und Menschenrechtsverletzungen dort und in den Nachbarstaaten. Nachdem sie als Studentin zunächst ehrenamtlich bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch tätig war, wurde sie Anfang der 1990er Jahre Senior Advisor in deren Afrikaabteilung. Im Rahmen unzähliger Forschungsaufenthalte in Ruanda, Burundi, Kongo und anderen Ländern untersuchte sie Massenverbrechen in der Region. Des Forges war ferner Professorin für Geschichte an der State University of New York in Buffalo und hat als Gastprofessorin an verschiedenen Hochschulen gelehrt, u.a. an der Universität Beijing und der University of California, Berkley. Alison Des Forges kam am 12. Februar 2009 bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe ihrer Heimatstadt Buffalo ums Leben.
Des Forges Kein Zeuge darf überleben jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1;Cover;1
2;Titelseite;2
3;Impressum;3
4;Inhaltsverzeichnis;4
5;Einleitung;13
5.1;Der Völkermord: eine Zusammenfassung;16
5.1.1;Die Strategie der ethnischen Spaltung;16
5.1.2;Das Blutbad wird vorbereitet;17
5.1.3;Der Angriff;19
5.1.4;Ein Rekrutierungsprogramm für den Völkermord;20
5.1.5;Die Struktur;22
5.1.6;Strategien des Tötens;24
5.1.7;Die Beteiligung der Bevölkerung;25
5.1.8;Unter dem Deckmantel der Legitimität;27
5.1.9;Überlebensstrategien;28
5.1.10;Das Ende der Macht der Hutu;29
5.2;Die Ruandische Patriotische Front;29
5.3;Zahlen;31
5.4;Die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft;34
5.4.1;Diskriminierung und Gewalt werden geduldet;34
5.4.2;Friedenserhaltung und Sparmaßnahmen;35
5.4.3;Warnungen, Informationen und Verhalten des UN-Personals;36
5.4.4;Verwirrung und Mißverständnisse;37
5.4.5;Völkermord und Krieg;39
5.4.6;Militärisches Handeln und militärische Untätigkeit;40
5.4.7;Der Völkermord wird geduldet;43
5.4.8;Ruanda horcht auf;46
5.5;Die Zukunft;47
5.6;Das Ermittlungsprojekt;48
5.7;Sprache, Schreibweisen und Namen;51
6;Der Kontext des Völkermordes;52
6.1;Die Geschichte Ruandas;52
6.1.1;Hutu, Tutsi und Twa;52
6.1.2;Die Kolonialisierung verändert das politische System;56
6.1.3;Die Bedeutungsänderung von »Hutu« und »Tutsi«;58
6.1.4;Die Hutu-Revolution;61
6.1.5;Habyarimana übernimmt die Macht;63
6.1.6;Der Einparteienstaat;64
6.1.6.1;Die Armee, die Kirche und akazu;66
6.1.6.2;Der kurze und flüchtigeWohlstand;69
6.1.7;Die Bedrohung des MRND-Blocks;71
6.1.7.1;Die ruandische Opposition;71
6.1.7.2;Der Angriff der RPF;72
6.1.7.3;Die Antwort der Regierung auf den Angriff;73
6.1.7.4;Die Konsolidierung der Opposition;75
6.1.8;Kubohoza – »befreien helfen«;80
6.1.8.1;Straffreiheit und Unsicherheit;83
6.1.9;Das Militär definiert »den Feind«;85
6.2;Propaganda und Praxis;91
6.2.1;Die Medien;93
6.2.2;Die Botschaft wird umgesetzt;98
6.2.3;Die Botschaft;99
6.2.3.1;»Die Einheit der Tutsi«;102
6.2.3.2;»Unterwanderung«;103
6.2.3.3;»Die Rückkehr des alten Regimes«;105
6.2.3.4;»Der Völkermord an den Hutu«;106
6.2.3.5;Der regionale Kontext;108
6.2.3.6;»Die Hutu als unschuldige Opfer«;109
6.2.3.7;»Die Tutsi sind an ihrem Unglück selbst schuld«;111
6.2.3.8;»Die Solidarität der Hutu«;111
6.2.4;Die Rede von Mugesera: »Laßt sie nicht bei euch einmarschieren«;112
6.2.5;Die Vernichtung in der Praxis;116
6.2.5.1;Das Ziel im Visier;117
6.2.5.2;Die Furcht nähren;118
6.2.5.3;Befehle zum Angriff;119
6.2.5.4;Die Gewalt wird verleugnet;121
6.2.5.5;Straflosigkeit;121
6.2.6;Die internationale Reaktion auf die Massaker;122
6.2.7;Die Internationale Kommission zur Untersuchung von Menschenrechtsverstößen in Ruanda;123
6.3;Die Entscheidung für den Krieg;127
6.3.1;Wer den Frieden will, muß sich auf den Krieg vorbereiten;128
6.3.1.1;Waffen;128
6.3.1.2;Listen;130
6.3.2;Die Milizen und die »Selbstverteidigung«;132
6.3.2.1;Die AMASASU und Oberst Bagosora;134
6.3.2.2;Die Suche nach potentiellen Anführern;141
6.3.3;Der Angriff vom Februar 1993;142
6.3.4;Die Spaltung der Opposition;144
6.3.5;Die Unterstützung Frankreichs für Habyarimana;150
6.3.6;Der Preis des Krieges;156
6.3.7;Das Arusha-Abkommen;158
6.3.7.1;Die Gegner des Abkommens;160
6.3.7.2;Der Kauf von Macheten;161
6.3.7.3;Die Rekrutierung von Unterstützern;164
6.3.7.4;Rekrutierungsmaßnahmen der RPF;165
6.3.8;Die Friedenstruppen der Vereinten Nationen;166
6.3.8.1;Ressourcen und Mandat;167
6.3.8.2;Paragraph 17;168
6.3.9;Die Ermordung Melchior Ndadayes und die Gewalt in Burundi;170
6.3.10;Hutu Power;174
6.4;Vorboten;178
6.4.1;Chronologie;180
6.4.1.1;November 1993;180
6.4.1.2;Dezember 1993;181
6.4.1.3;Januar 1994;184
6.4.1.4;Februar 1994;196
6.4.1.5;März 1994;204
6.4.1.6;April 1994;207
6.4.2;Die Reaktion der Vereinten Nationen auf die Warnungen;208
6.4.3;Die Reaktionen der Regierungen Frankreichs, der USA und Belgiens;212
6.4.4;Ein eindringlicher Appell;214
6.4.5;Die Erneuerung des Mandats;215
7;Der Völkermord auf nationaler Ebene;217
7.1;April 1994: »Der Monat, der nicht enden wollte«;217
7.1.1;Der Angriff auf Habyarimanas Flugzeug;219
7.1.2;Die Übernahme der Kontrolle;223
7.1.2.1;Bagosora als Befehlshaber;223
7.1.2.2;»Die Premierministerin arbeitet nicht mehr …«;225
7.1.2.3;Vieldeutigkeit und Doppelzüngigkeit;230
7.1.3;Die Interimsregierung;234
7.1.4;Der Beginn des Vernichtungsfeldzugs;237
7.1.4.1;Die Initiatoren;237
7.1.4.2;Die Tutsi im Visier;240
7.1.4.3;Die militärische Opposition: Die Erklärung vom 12. April;243
7.1.5;Die Strategien der Vernichtung;244
7.1.5.1;Prioritäre Ziele;244
7.1.5.2;Gründliche Eliminierung: »Fangt auf einer Seite an…«;247
7.1.5.3;Massaker;248
7.1.5.4;Fluchthindernisse: Straßensperren und Patrouillen;252
7.1.5.5;Vergewaltigung und sexuelle Gefälligkeiten;255
7.1.5.6;Besonders brutale Verbrechen;256
7.1.6;Überlebensstrategien;257
7.1.6.1;Widerstand;257
7.1.6.2;Flüchten, sich verstecken und Sicherheit erkaufen;262
7.2;Die Organisation;265
7.2.1;Das Militär;266
7.2.2;Politiker und Milizen;273
7.2.2.1;Die Milizen;275
7.2.3;Die Verwaltung;278
7.2.3.1;Die Verbreitung der Botschaft;279
7.2.3.2;Die Mobilisierung der Bevölkerung;281
7.2.3.3;Die Umsetzung der Vorschriften;285
7.2.4;Ideelle und materielle Unterstützung;290
7.2.5;Der Klerus;293
7.2.6;Der Rundfunk – die Stimme der Kampagne;297
7.2.7;Täuschungsmanöver, Lügen und Verstellung;300
7.2.8;Die Mitwirkung der Bevölkerung;309
7.3;Die Ausweitung des Genozids;312
7.3.1;Die Beseitigung der Dissidenten;313
7.3.2;Anhaltende Konflikte unter den Militärs;315
7.3.3;Die Zerschlagung der Opposition in Gitarama;320
7.3.4;»Die Bevölkerung versucht nur, sich selbst zu verteidigen«;328
7.3.4.1;Straffere Kontrolle;333
7.3.4.1.1;Ruanda seinen »guten Namen« zurückgeben;334
7.3.4.1.2;»Die Gewalt […] sollte aufhören«;337
7.3.4.1.3;»Keine Leichen mehr auf den Straßen«;339
7.3.4.1.4;»Befriedung« als Täuschungsmanöver;343
7.3.4.2;»Gerechtigkeit« während des Genozids;345
7.3.4.3;Mitte Mai: Morde an Frauen und Kindern;347
7.3.4.4;»Eine Bresche für den Feind«: Konflikte unter Hutu;349
7.3.4.4.1;Politische Auseinandersetzungen;350
7.3.4.4.2;Eigentumsstreitigkeiten;350
7.3.4.4.3;»Wo soll das alles enden?«;352
7.3.4.5;Der Sieg der RPF;354
8;Der Völkermord auf lokaler Ebene: Gikongoro und Butare;356
8.1;Gikongoro;356
8.1.1;Hintergrund;356
8.1.2;Der Präfekt wird übergangen;360
8.1.2.1;Unterpräfekt Damien Biniga;362
8.1.2.2;Oberstleutnant Simba;363
8.1.3;Erste Angriffe;366
8.1.3.1;Die Gewalt breitet sich aus;368
8.1.3.2;Der Rundfunk macht gegen die Tutsi mobil;369
8.1.4;Musebeya;371
8.1.4.1;Der Bürgermeister widersetzt sich dem Völkermord;372
8.1.4.2;Simba übernimmt die Führung;376
8.1.4.3;Errichtung von Straßensperren;379
8.1.4.4;»Wir müssen sie alle auslöschen«;380
8.1.5;»Kein Wort zur Lösung des Problems«;383
8.1.5.1;Angriffe auf Abweichler;385
8.1.5.2;Nationale Behörden forcieren das Morden;387
8.1.6;Kivu: Der Verantwortung ausweichen;388
8.1.7;Die Tutsi in Musebeya werden ausgelöscht;391
8.1.8;Das Massaker in Kaduha;393
8.1.9;Die Kontrolle wird verschärft;402
8.1.9.1;»Befriedung« in Gikongoro;402
8.1.9.2;»Zivile Selbstverteidigung« in Gikongoro;405
8.1.9.3;Der Bürgermeister von Musebeya wird abgesetzt;407
8.2;Nyakizu: Die Massaker;410
8.2.1;Butare: Der Präfekt und die Präfektur;410
8.2.2;Die Gemeinde Nyakizu;413
8.2.3;Bürgermeister Ntaganzwa: Sieg durch kubohoza;414
8.2.3.1;Die Herrschaft wird gefestigt;417
8.2.3.2;Hutu Power;419
8.2.4;Die Grenze und die Burunder;420
8.2.5;Ausbildung und Waffen;424
8.2.6;Der Beginn des Völkermordes;427
8.2.6.1;Zusammentreiben der Tutsi, Mobilisierung der Hutu;428
8.2.6.2;Die ersten Morde;431
8.2.6.3;Nkakwa;434
8.2.7;Cyahinda;437
8.2.7.1;Die »Schlacht«;440
8.2.7.2;Verstärkung der Angreifer;444
8.2.7.3;Hilfsversprechen, Vergeltungsdrohungen;448
8.2.8;Die Berggipfel;453
8.2.9;Flucht;456
8.3;Nyakizu: Die Verwaltung des Völkermordes;459
8.3.1;Die Wiederherstellung des »normalen« Lebens;460
8.3.1.1;Die Sprache des Krieges;464
8.3.1.2;Säuberungen;465
8.3.2;»Das restliche Unterholz säubern«;470
8.3.3;Mit einer Stimme sprechen;477
8.3.3.1;Zustimmung von oben;483
8.3.3.2;Der Sicherheitsausschuß;485
8.3.4;Der Bürgermeister: Man fürchtet ihn, statt ihm zu vertrauen;487
8.3.4.1;Verbündete werden zu Feinden;489
8.3.4.2;»Gier nach Besitztümern«;490
8.3.5;Der »Feind« trifft in Nyakizu ein;493
8.4;Butare: »Sie sollen Platz machen und uns die Arbeit verrichten lassen«;498
8.4.1;Die Ausgangssituation;498
8.4.1.1;Das Militär;501
8.4.1.2;Die Intellektuellen;503
8.4.1.3;Die Miliz und die politischen Parteien;503
8.4.1.4;Die Burunder;505
8.4.2;Die Gewalt beginnt;505
8.4.2.1;Der Versuch, die Kontrolle aufrechtzuerhalten;507
8.4.2.2;Reaktion auf die Angriffe aus Gikongoro;512
8.4.2.3;Umgang mit den Vertriebenen;513
8.4.3;Präfekt Habyalimana wird abgesetzt;515
8.4.3.1;Hutu Power in Butare auf dem Vormarsch;518
8.4.3.2;Massaker in Simbi;519
8.4.3.3;Massaker in Kansi;522
8.4.4;Begrüßung des neuen Präfekten;524
8.4.5;Der Süden von Butare;534
8.4.6;Das Treffen vom 20. April;536
8.5;Butare: »Dies ist eine Vernichtungskampagne«;542
8.5.1;Systematisches Gemetzel in Butare-Stadt;546
8.5.1.1;Gezielte Morde an Einzelpersonen;546
8.5.1.2;Die Tötungswelle rollt durch dieWohnviertel;550
8.5.1.3;Mordanschläge an der Universität und im Krankenhaus;555
8.5.2;Kollektives Gemetzel;560
8.5.2.1;Butare-Stadt;560
8.5.2.2;Gemeinde Ngoma: Massaker in Matyazo und Kabakobwa;561
8.5.2.3;Andernorts in der Präfektur: Die verheerende dritte Aprilwoche;563
8.5.3;Die Lüge von der »Befriedung«;565
8.5.3.1;Die Massaker vom 30. April;567
8.5.4;Überlebenskampf;571
8.5.4.1;Suche nach Hilfe;571
8.5.4.2;Widerstand;572
8.5.5;Operationen mit Völkermordabsicht;577
8.5.5.1;Die »tatkräftige Unterstützung« des Militärs;577
8.5.5.2;Die Miliz und die Zündholzfabrik;585
8.5.5.3;Das Handeln ziviler Stellen;589
8.6;Butare: »Arbeiter, die für ihr Land arbeiten wollen«;595
8.6.1;»Zivile Selbstverteidigung« in Butare;596
8.6.1.1;Leitung und Finanzierung;596
8.6.1.2;Training undWaffen;599
8.6.1.3;Die Sicherheit geht jeden an;606
8.6.1.4;Straßensperren und Patrouillen: Pflicht zur Teilnahme;607
8.6.2;Sicherheitsausschüsse;614
8.6.3;Die Morde vom Mai;620
8.6.4;Schutz für Tutsi;627
8.6.4.1;Gewährt und verweigert;627
8.6.4.2;Teilweiser Schutz: Die Gruppe vor dem Präfekturgebäude;631
8.6.5;Suche nach intellektueller Unterstützung: Der Premierminister der Übergangsregierung und die Professoren;635
8.6.6;Guhumbahumba: Jagd auf die letzten noch lebenden Tutsi;639
8.6.6.1;Durchsuchung der Felder,Waldstücke und Täler;645
8.6.6.2;Razzien in Butare-Stadt;648
8.7;Butare: »Niemand wird vor den Unruhen sicher sein«;651
8.7.1;Hutu gegen Hutu;652
8.7.1.1;Persönliche und politische Konflikte;652
8.7.1.2;Regionaler Konflikt;658
8.7.1.3;Eigentum und Frauen;661
8.7.2;Kontroversen über den Völkermord;667
8.7.2.1;Schutz durch Einzelpersonen;667
8.7.2.2;Schutz durch die Gemeinschaft;669
8.7.2.3;Schutz aus Prinzip;671
8.7.3;Aufsässiges Militär;673
8.7.4;Recht und Ordnung;675
8.7.4.1;Das Handeln der Justiz;676
8.7.4.2;Kontrollversuche vor Ort;677
8.7.5;Internationale Kontakte;679
8.7.6;Erlaubnis, einen Ort zu verlassen;683
8.7.7;Schwindender Rückhalt für die Mordkampagne;684
8.7.7.1;Die letzte Jagd in Butare;688
8.7.8;Überlebende;690
8.7.9;Autorität und Verantwortung;698
9;Der Völkermord und die internationale Gemeinschaft;701
9.1;Der Völkermord wird ignoriert;701
9.1.1;UNAMIR;702
9.1.1.1;»Defensive Überlebensübung«;702
9.1.1.2;Das Mandat und untätige Zeugen des Völkermordes;707
9.1.2;Die Evakuierungstruppen;713
9.1.2.1;Keine Einheimischen;718
9.1.2.2;Ecole Technique Officielle: »Laßt uns nicht im Stich!«;722
9.1.3;Die Politik Belgiens;727
9.1.3.1;»Die Aktivitäten der UNAMIR einstellen«;727
9.1.3.2;»Die Sicherheit der UNAMIR«;729
9.1.4;Die Politik der Vereinigten Staaten: »Ein neues Somalia« und andere Fehlinterpretationen;732
9.1.5;Vernebelung durch die Vereinten Nationen: »Ein Volk ist in verhängnisvolle Umstände geraten«;734
9.1.5.1;Der Schutz »der unschuldigen Zivilisten in Ruanda«;737
9.1.5.2;Die UNAMIR wird reduziert;739
9.1.5.3;Ein Ausnahmefall: Das Hotel Mille Collines;742
9.2;Der Völkermord wird zur Kenntnis genommen;745
9.2.1;Ende April: Der Völkermord wird anerkannt;746
9.2.1.1;Erklärung des Generalsekretärs;748
9.2.1.2;Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats;748
9.2.2;Die übliche Diplomatie;751
9.2.3;UNAMIR II;755
9.2.4;Menschenrechtseinrichtungen;758
9.2.5;Waffen und Munition;761
9.2.6;»Es lebe die französisch-ruandische Zusammenarbeit«;766
9.2.6.1;»Ohne schmutzige Hände geht es nicht«;767
9.2.6.2;Hilfe für die ruandischen Streitkräfte;772
9.2.7;Französische Soldaten: eine Privatinitiative?;777
9.2.7.1;Opération Turquoise;780
9.2.8;Die Erklärung von Kigeme und das Ende der »Legitimität«;802
10;Die Beendigung des Völkermordes;805
10.1;Die Ruandische Patriotische Front;805
10.1.1;»Weder Hutu noch Tutsi, noch Twa«;808
10.1.1.1;Die Ideologie einer nationalen Einheit;808
10.1.1.2;Rekrutierung von Hutu als Gefolgsleute;810
10.1.2;Das Ende des Völkermordes;812
10.1.2.1;Kampfhandlungen des Militärs;813
10.1.2.2;Ablehnung von UNAMIR II;814
10.1.3;Menschenrechtsverstöße durch die RPF vor April 1994;817
10.1.4;Massaker und sonstige Menschenrechtsverstöße der RPF von April bis Juli 1994;818
10.1.4.1;Massaker im Verlauf militärischer Auseinandersetzungen;818
10.1.4.2;Kwitaba imana und kwitaba inama: Massaker bei öffentlichenVersammlungen;821
10.1.4.3;Summarische und willkürliche Hinrichtungen;825
10.1.4.4;Summarische Hinrichtungen von Personen, die der Beteiligung am Völkermord bezichtigt wurden;831
10.1.5;Behinderung humanitärer Hilfe;839
10.1.6;Informationskontrolle;840
10.1.7;Vorwürfe gegen die RPF wegen Menschenrechtsverstößen;841
10.1.8;Die Gersony-Mission;843
10.1.8.1;Umfang und Schlußfolgerungen;843
10.1.8.2;»Der Gersony-Bericht existiert nicht«;845
10.1.9;Die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft;848
10.1.10;Verantwortlichkeit innerhalb der RPF;850
11;Gerechtigkeit und Verantwortung;855
11.1;Der internationale Strafgerichtshof für Ruanda;857
11.1.1;Beziehungen zwischen dem internationalen Strafgerichtshof und den nationalen Gerichtsbarkeiten;860
11.1.2;Die Verwaltung des internationalen Strafgerichtshofs;861
11.1.3;Zeugenschutz;863
11.1.4;Die Anklagen;864
11.1.5;Die Ruander und der internationale Strafgerichtshof;866
11.1.6;Die Strafverfolgung des Völkermordes durch ruandische Behörden;869
11.1.6.1;Gesetzgebung;871
11.1.6.2;Inhaftierungen;876
11.1.6.3;Gerichtsverfahren;879
11.1.6.4;Entschädigungsleistungen;884
11.1.6.5;Die Hinrichtungen von April 1998;886
11.1.6.6;Geständnisse;887
11.1.6.7;Zustände in den Gefängnissen und in den Hafthäusern der Gemeinden;888
11.1.6.8;Mit Auflagen verbundene Freilassungen;888
11.1.7;Strafverfolgung im Ausland und sonstige Verfahren;891
11.1.8;Verantwortung übernehmen;894
11.1.9;Zusammenfassung;896
12;Die wichtigsten Abkürzungen;899
13;Ruandische Begriffe;902
14;Auswahlbibliographie und zitierte Artikel;903
15;Personenregister;916
16;Sachregister;926
17;Human Rights Watch;941
18;Fédération Internationale des Ligues des Droits de l’Homme;941
19;Zur Autorin;942


Einleitung
»Als ich nach draußen kam, waren keine Vögel da«, berichtete ein Überlebender, der sich während des Völkermordes versteckt gehalten hatte. »Die Sonne schien, und es stank nach Tod.« Im Juli 1994 hing über weiten Teilen von Ruanda der süßliche, ekelerregende Gestank verwesender Leichen: auf den Gipfeln von Nyanza oberhalb der Hauptstadt Kigali, wo Schädel und Knochen, zerrissene Kleidungsstücke und Papierfetzen im Gebüsch verteilt waren; in Nyamata, wo sich auf Bänken und Fußboden einer Kirche Leichname häuften; in Nyarubuye im Osten Ruandas, wo der vor den Stufen einer Kirche liegende Leichnam eines Mädchen von so vielen Fahrzeugen überrollt worden war, daß er nur noch so dünn wie ein Stück Pappe war; an den Ufern des idyllischen Kivu-Sees im Westen von Ruanda, wo man Leichenteile die Steilküste hinuntergeworfen hatte; und auch in Nyakizu in Südruanda, wo die Sonne im Sand eines Schulhofs Teile von Knochen bleichte und wo auf einem nahe gelegenen Hügel der Brustkorb eines enthaupteten Kindes lag, der nur noch von einem kleinen roten Pullover zusammengehalten wurde. In den 13 Wochen nach dem 6. April 1994 sind bei dem Völkermord in Ruanda mindestens eine halbe Million Menschen umgekommen. Möglicherweise macht ihre Zahl sogar drei Viertel des zu den Tutsi gehörenden Bevölkerungsanteils aus. Gleichzeitig wurden aber auch Tausende Hutu niedergemetzelt, weil sie sich gegen die Mordtaten und deren Anführer stellten. Die Geschwindigkeit und Zerstörungswut, mit der die Mörder zuschlugen, ließen auf eine Verirrung der Natur schließen. »Ein Volk ist wahnsinnig geworden«, sagten einige Beobachter, während andere »einen neuen Kreislauf ethnisch motivierter Gewalt« zu erkennen glaubten. Die rund sieben Millionen Menschen zählende Bevölkerung Ruandas setzt sich aus drei ethnischen Gruppen zusammen. Die Twa sind zu wenige, um politisch eine Rolle zu spielen, so daß Hutu und Tutsi unmittelbar miteinander konfrontiert sind. Die zahlenmäßig weitaus größere Bevölkerung der Hutu hatte die vergangenen Jahre, in denen sie unter der Unterdrückung des Tutsi-Regimes gelebt und Gefühle von Groll und Furcht gegenüber der Minderheit angestaut hatte, nicht vergessen. Die inzwischen von Hutu geführte Regierung befand sich im Krieg mit der von Tutsi dominierten Rebellengruppe Ruandische Patriotische Front (RPF). Hinzu kam, daß Ruanda – ohnehin eines der ärmsten Länder der Welt – durch Überbevölkerung und fallende Weltmarktpreise für seine Produkte immer tiefer in die Armut geriet. Dürre und Krieg hatten die Nahrungsmittelproduktion beeinträchtigt, so daß 1994 schätzungsweise 800 000 Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen waren. Doch der Völkermord war beileibe kein unkontrollierbarer Ausbruch der Wut eines von »althergebrachtem Stammeshaß« erfüllten Volkes. Genausowenig war er die vorhersehbare Folge durch Armut und Überbevölkerung entfesselter Kräfte. Der Völkermord war das Ergebnis einer bewußten Entscheidung, getroffen von einer modernen Elite, die sich durch Verbreitung von Haß und Angst den Machterhalt zu sichern suchte. Diese kleine, privilegierte Gruppe brachte zunächst die Mehrheit gegen die Minderheit auf, um der zunehmenden Opposition innerhalb Ruandas Herr zu werden. Dann jedoch, angesichts der sowohl auf dem Schlachtfeld als auch am Verhandlungstisch erzielten Erfolge der RPF, änderten die Machthaber ihre Strategie der ethnischen Teilung und setzten statt dessen auf den Völkermord. Sie glaubten, ein Vernichtungsfeldzug könne die Solidarität der Hutu unter ihrer Führung wiederherstellen und ihnen dabei helfen, entweder den Krieg zu gewinnen oder zumindest ihre Chancen auf ein für sie günstiges Ergebnis der Friedensverhandlungen zu verbessern. Sie rissen die Kontrolle über den Staat an sich und bedienten sich seiner Maschinerie und seiner Autorität, um ihr Blutbad durchzuführen. Ebenso wie die Organisatoren des Völkermordes waren auch die Täter keineswegs Dämonen oder Marionetten, die Kräften ausgesetzt waren, denen sie sich nicht entziehen konnten. Sie waren Menschen, die sich entschieden hatten, Böses zu tun. Zehntausende von Furcht, Haß oder der Hoffnung auf Profit getriebene Menschen trafen eine schnelle und leichte Wahl. Sie begannen zu töten, zu vergewaltigen, zu rauben und zu zerstören. Bis zum Schluß fielen sie immer wieder über Tutsi her – ohne Zweifel oder Reue. Viele von ihnen ließen ihre Opfer entsetzlich leiden und erfreuten sich daran. Hunderttausende andere entschlossen sich nur zögerlich zur Beteiligung am Völkermord, einige unter Zwang oder aus Angst um ihr Leben. Anders als die Zeloten, die ihre erste Wahl niemals in Frage stellten, mußten diese Menschen immer wieder neu entscheiden, ob sie sich beteiligen wollten oder nicht, mußten ständig aufs neue abwägen, zwischen der geplanten Vorgehensweise und der Wahl des Opfers, ob ihnen eine Beteiligung Gewinn einbringen oder was es sie kosten würde, wenn sie nicht mitmachten. Daß vermeintlich legitime Behörden zu Angriffen anstachelten oder diese anordneten, machte es den Zweifelnden leichter, Verbrechen zu begehen und dennoch zu glauben oder vorzugeben, sie hätten nichts Unrechtes getan. Die politischen Entscheidungsträger in Frankreich, Belgien und den Vereinigten Staaten wußten ebenso wie die Vereinten Nationen von den Vorbereitungen für ein gewaltiges Blutbad, unterließen jedoch die zu seiner Verhütung notwendigen Maßnahmen. Von Anfang an war ihnen bewußt, daß die Vernichtung der Tutsi geplant war, doch die führenden ausländischen Politiker wollten nicht einräumen, daß es sich um einen Völkermord handelte. Um die Anführer und ihre Zeloten aufzuhalten, hätte es einer militärischen Intervention bedurft, wofür in der Anfangsphase bereits eine relativ kleine Truppe ausgereicht hätte. Doch die internationale politische Führung wollte nicht nur dieser Marschrichtung nicht folgen, sie lehnte es auch wochenlang ab, ihre politische und moralische Autorität zu nutzen, um die Legitimität der für den Völkermord verantwortlichen Regierung in Frage zu stellen. Sie weigerte sich zu erklären, daß eine Regierung, die sich der Ausrottung ihrer Bürger schuldig gemacht hat, niemals internationale Unterstützung erhalten würde. Sie tat rein gar nichts, um den Radiosender zum Schweigen zu bringen, der Aufrufe zum Mord ausstrahlte. Und doch hätten schon derart einfache Maßnahmen ausgereicht, um die starke Stellung von Behörden, die sich dem Massenmord gefügt hatten, zu untergraben und die Ruander zum Widerstand gegen den Vernichtungsfeldzug zu ermutigen. Als die internationale politische Führung schließlich ihre Mißbilligung laut werden ließ, vernahmen dies die für den Völkermord verantwortlichen Behörden sehr wohl. Zwar ließen sie nicht von ihrem Ziel ab, änderten aber gleichwohl ihre Taktik. Dieser kleine Erfolg macht jedoch die eigentliche Tragödie um so deutlicher. Denn wenn ein derart zaghafter Protest Ende April eine solche Wirkung erzielte, was wäre erst das Resultat gewesen, hätte die ganze Welt bereits Mitte April ihre Stimme erhoben und »Nie wieder« gerufen? Die vorliegende und in der Einführung zusammengefaßte Studie schildert im Detail, wie der mörderische Feldzug ausgeführt wurde. Sie verbindet mündliche Aussagen und ausführliche schriftliche Dokumentationen. Die Studie umfaßt Interviews mit Menschen, deren Vernichtung geplant war, die jedoch überleben konnten, mit Personen, die selbst getötet oder Morde angeordnet haben, mit Menschen, die andere tatsächlich gerettet oder es zumindest versucht haben, sowie mit jenen, die das Morden mit angesehen haben und versuchten, davor die Augen zu verschließen. Der vorliegende Bericht enthält ferner Protokolle örtlicher Zusammenkünfte, bei denen Operationen gegen die Tutsi geplant wurden, sowie den Schriftverkehr von Verwaltungsbeamten, die ihren Untergebenen Glückwünsche für die erfolgreiche Vernichtung »des Feindes« aussprachen. Er analysiert ferner die verschiedenen Sprachebenen und das Verschweigen von Tatsachen, mittels deren man bei Radiosendungen oder öffentlichen Zusammenkünften die Menschen über den tatsächlichen Verlauf des Völkermordes hinwegtäuschte. Der Bericht stellt den Völkermord in einen unmittelbaren politischen Kontext und zeigt auf, wie kommunale oder nationale Rivalitäten unter den Hutu den Verlauf der Vernichtungskampagne gegen die Tutsi beeinflußt haben. Des weiteren geht er taktischen Veränderungen bei der Organisation des Feldzuges nach und schildert dessen Zusammenbruch nach dem Sieg der RPF über die Regierung. Die vorliegende Dokumentation stützt sich auf zahlreiche Quellen, darunter bislang unveröffentlichte Aussagen und Dokumente von Diplomaten und Mitarbeitern der Vereinten Nationen, die belegen, wie die internationalen Akteure dabei versagt haben, den Völkermord zu verhindern oder zu beenden....


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.