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Degenhardt / Fischer / Heimlich | Inklusion bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Degenhardt / Fischer / Heimlich Inklusion bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-17-042148-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Es die Aufgabe des Faches "Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit", Beiträge zur Gestaltung hochwertiger, barriere- und diskriminierungsfreier inklusiver Lehr- und Lernsettings vorzulegen. Der Band ordnet diese Herausforderung historisch ein, legt nationale und internationale Anregungen zur progressiven Realisierung inklusiver Bildungssettings und zu curricularen und didaktischen Diskursen vor. Diese werden für die Teilhabe von Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen und Beeinträchtigungen des Sehens an Bildung spezifiziert. Damit wird eine in interdisziplinären Netzwerken eingebundene, neu justierte und inklusiv ausgerichtete Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit skizziert.
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Vorwort des Herausgebers – Quo vadis Inklusion?
Eine mögliche Antwort wäre: Die Entwicklung von inklusiven Bildungssystemen in der Bundesrepublik Deutschland bewegt sich zwischen Schleichfahrt, Aufstoppen und dem Rückwärtsgang! Menschenrechtlich argumentierende Hinweise internationaler und nationaler Akteure auf die Konzept- und Tatenlosigkeit von Bund, Ländern und Kommunen verhallen. Und mehr noch: Unter dem Deckmantel des Elternwahlrechts gedeihen die Beharrungskräfte der spezifischen Sonderschulsysteme. Selbst die vorzeigbaren und stellenweise hoch gelobten Entwicklungen einer progressiven Realisierung inklusiver Bildungssettings betreffen bei genauer Sichtung mehrheitlich die Gruppe der Lernenden mit Benachteiligung (und zugewiesenem sonderpädagogischen Beratungs- und Unterstützungsbedarf). Spezifische stationäre Sonderschulen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung bleiben (mit wenigen Ausnahmen) konzeptionell und organisatorisch weitestgehend unangetastet und/oder verweisen auf ihre Beratungs- und Unterstützungsabteilungen. In vielen erziehungswissenschaftlichen und schulpolitischen Debatten spiegelt sich immer noch eine reale oder konstruierte Dichotomie der Modelle wider: auf der einen Seite die stationäre Sonderschulbeschulung über die gesamte schulische Bildungskarriere hinweg und auf der anderen Seite die 24/7-Regelschullösung, fachlich getragen von einem multiprofessionellen Team im Klassenzimmer. Abweichungen von letzterem Modell werden scharf als nicht-inklusiv kritisiert und damit (auch von dieser »Seite«) denkbare Übergangsmodelle im Sinne einer progressiven Realisierung inklusiver Schule verhindert. Bestehende und in integrativen Zeiten bewährte überregionale Beratungs- und Unterstützungsangebote (Mobile Dienste etc.) existieren weiter. Viel zu häufig wird im Alltag diesem Unterstützungssystem exklusiv der Abbau der Barrieren im Einzelfall zugewiesen; der proaktive Abbau von Barrieren, z.?B. im Prüfungswesen, kommt nur schleppend voran. Die Vermittlung einer inklusionspädagogischen Grundkompetenz in den allgemeinen Lehramtsstudiengängen fokussiert überwiegend die zahlenmäßig »großen« sonderpädagogischen Schwerpunkte, wenn sie sich nicht sogar unter der Fahne des »weiten Inklusionsbegriffes« mehrheitlich mit anderen – zugegebenermaßen ebenso prekär bedienten – Differenzlinien beschäftigt. Was kann angesichts derart verfestigter Positionen eine inklusiv ausgerichtete Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit zur (Wieder-)Aufnahme oder Fortsetzung einer entschlossenen Implementierung inklusiver Bildungssysteme beitragen? Zum Einstieg kann und muss darauf hingewirkt werden, dass die eigentlich bekannte Grundaussage, eine inklusive Schulentwicklung wird nicht von der Sonderpädagogik gestaltet, nicht zum breiten Ausschluss sonderpädagogischer Zugänge führt. Eine inklusive Schulentwicklung, die zentral auf Entwicklungsfelder, wie das »Willkommen-Heißen«, den Abbau von »Barrieren in den Köpfen« und »Toleranz dem Anderen gegenüber« aufbaut, aber die Barrieren in Lehr-Lern-Settings für Lernende mit anderen Wahrnehmungs- und Bewegungspotentialen als Engführung des Inklusionsverständnisses und als nerviges Störfeuer abtut, wird den menschenrechtlichen Ansprüchen nicht gerecht: Das Vorenthalten angemessener Vorkehrungen ist ein Akt der Diskriminierung! Hier muss eine Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit mahnen, streiten, dagegenhalten, anregen und aus ihrer Perspektive heraus konkrete Vorschläge für Richtungsänderungen und Neujustierungen unterbreiten. Unbestritten positiv belegt ist im pädagogischen Feld die Aussage »Das Kind steht im Mittelpunkt!« Folgt man aber konsequent einem menschenrechtlich verankerten, bio-psycho-sozialen Modell von Behinderung, wird deutlich, dass nicht die Beeinträchtigung des Sehens der Lernenden im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sollte, sondern das Wechselspiel mit einer Umwelt, die nicht-passig zu diesen Wahrnehmungsbedingungen gestaltet und dadurch nicht oder unzureichend in der Lage ist, hochwertige, barriere- und diskriminierungsfreie Lehr- und Lernsettings vorzuhalten. Nur dann kann das Kind auch wirklich im Mittelpunkt stehen! Dieser Idee folgend wird in diesem Band auch keine Vorstellung der Population, keine noch so spannende Beschreibung des physiologischen und funktionalen Sehens vorgelegt. Der Fokus liegt auf den potentiellen Barrieren in den Lehr-Lern-Settings, den Möglichkeiten, diese Barrieren prospektiv erst gar nicht aufkommen zu lassen und anderenfalls sie zu entdecken und abzubauen. Um den Blick auf die Barrieren, deren Vermeidung, Entdeckung und Abbau aus der (nicht immer förderlichen) Ecke der »teuren Maßnahmen für die kleinste Gruppe mit sonderpädagogischem Beratungs- und Unterstützungsbedarf« holen zu können, muss die Bedeutung einer barrierefreien Gestaltung von Lehr-Lern-Settings für alle Lernenden stärker fokussiert werden: Barrierefreiheit schafft für alle ein Mehr an Sicherheit und eine bessere, komfortablere Nutzbarkeit. Die Texte in diesem Band werden zu belegen versuchen, dass Barrierefreiheit und Universal Design – gemeinsam gedacht – zu einer besseren Qualität eines Angebots führt, ob in der Infrastruktur, bei Publikationen, in der digitalen Welt oder im didaktischen Kontext über das Universal Design for Learning. Auf diesem Weg – so die Grundannahme – kann das menschenrechtliche Versprechen der Teilhabe an Bildung für alle Lernenden eingelöst werden. Als Instrument für die Gestaltung der Teilhabe an Bildung für Menschen mit Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit in inklusiven Settings ist international das Expanded Core Curriculum (ECC) etabliert. In der deutschen Version wird dieser Ansatz als Spezifisches Curriculum seit nunmehr über zehn Jahren diskutiert. Der vorliegende Band trägt Potentiale, Grenzen und mögliche bzw. notwendige Entwicklungslinien hierzu in unterschiedlichen pädagogischen Handlungsfeldern zusammen. Dabei besteht die Hoffnung, dass die Illustration eines (allen bundesdeutschen Gepflogenheiten zum Trotz) nicht kompetenzorientierten spezifischen Curriculums auch für andere sonderpädagogische Schwerpunkte beim Übergang von einer Inklusion konterkarierenden Förderplanarbeit zu individuellen Bildungsplänen für alle Schülerinnen und Schüler beispielgebend sein kann. Eine weitere, auch international nur ansatzweise ausdiskutierte Frage ist die nach der Wirkmacht des ECC/Spezifischen Curriculums bei der Gestaltung inklusiver Settings im Sinne der Bildungsteilhabe von Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen und Beeinträchtigungen des Sehens. Diese Teilhabegestaltung muss einer Übermacht von Ansätzen widerstehen: Schonung, Verbesonderung, Therapie, Pflege und das Axiom, dass diese Gruppe chronologisch eher am Ende des Inklusionsprozesses relevant wird. Darauf bezogen werden kritische Diskussionsstränge zusammengetragen. Fast schon ein wenig abgegriffen wirkt das Bekenntnis zu interdisziplinären Netzwerken und ihrer Bedeutung für die inklusive Entwicklung von Bildungssystemen. Der Gefahr der Plattitüdenbildung stellt sich die inklusiv ausgerichtete Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit mit historischen und aktuellen nationalen und internationalen Beispielen entgegen. Für das Gemeinsam-Denken von Digitalisierung und Inklusion braucht es die Verknüpfung der Expertise der Informatik und des digitalen Publizierens, der inklusive Schulbau gelingt nur durch intensive Abstimmung zahlreicher Disziplinen, und auch die über Jahrhunderte bewährten Dialoge zwischen Medizin, Gesundheits- und Erziehungswissenschaften erhalten in inklusiven Kontexten neue Impulse. Die beleuchteten rehabilitationswissenschaftlichen und erwachsenenpädagogischen Bezüge stehen exemplarisch für die Breite von Bildungsprozessen im gesamten Lebensverlauf. Hier muss der vorliegende Band Lücken lassen, so sind u.?a. die inklusive Frühe Bildung sowie die inklusive berufliche Bildung nicht explizit abgebildet. Aus den internationalen Netzwerken, in diesem Band drei Kontinente vereinend, werden inspirierende Impulse insbesondere zu organisatorischen Rahmensetzungen der progressiven Realisierung inklusiver Schule skizzenhaft vorgestellt. Modelle, die die o. g. Zweiteilung zwischen separierenden Sonderschulen (angeboten für die gesamte Schullaufbahn) und dem inklusiven Klassenzimmer (als einzigen und alternativlosen Lehr-Lern-Raum) auflösen sollen. Die spezifische Perspektive von Lernenden mit Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit auf die inklusive Gestaltung von Bildungsprozessen kann auch die Heterogenität von Organisationsmodellen sichtbar machen. Ein historischer Rückblick offenbart darüber hinaus, dass die Institutionalisierung der Blindenbildung im 18. Jahrhundert das Bildungsrecht blinder Kinder gestärkt hat und keine Aussonderungsschule war. Auch verweist der historisierende Blick auf die Verallgemeinerungsbewegung im 19. Jahrhundert und auf die Aussichtslosigkeit der Verpflanzung einer in Separation bewährten Blindenpädagogik in eine sich nicht ändernde Regelschule. Eine weitere Spezifik der Inklusion bei...


Dr. Sven Degenhardt ist Professor für Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens und Blindheit an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg.

Mit Beiträgen von:
Dino Capovilla, Sven Degenhardt, Nina Gawehn, Wiebke Gewinn, Christoph Henriksen, Cadridad Hernández Pérez, Beke Illing-Moritz, Jerónima Ipland García, Thomas Kahlisch, Andrea Katemann, Verena Kerkmann, Rebecca Kristiment, Markus Lang, Sabine Lauber-Pohle, Juliane Leuders, Anne L=Ortye, Ulrike Mause, Elizabeth McCann, Hisae Miyauchi, Valerie Katharina Rappel, Dominik T. Schneider, Marie-Luise Schütt, Yue-Ting Siu, Andrea Wanka, Gerhard Weber, Farbian Winter und YueXin Zhang.


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