Deeg | Kunst & Albers Wladiwostok | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 454 Seiten

Deeg Kunst & Albers Wladiwostok

Ein deutsches Handelshaus jenseits von Sibirien (1864-1924)
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7504-5910-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein deutsches Handelshaus jenseits von Sibirien (1864-1924)

E-Book, Deutsch, 454 Seiten

ISBN: 978-3-7504-5910-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lothar Deegs historische Reportage erzählt die abenteuerliche Firmengeschichte eines deutschen Handelshauses am östlichen Ende Russlands - und ist zugleich eine lebhafte und spannende Schilderung der Entwicklung des Russischen Fernen Ostens. 1864 verschlug es die Hamburger Gustav Kunst und Gustav Albers nach Wladiwostok. Sie witterten in dem damals nur aus ein paar Holzhäusern bestehenden, abgelegenen russischen Flottenstützpunkt am Pazifischen Ozean eine gute Chance für Geschäfte. Und sie irrten sich nicht: Aus der schlichten Gemischtwarenhandlung wurde innerhalb weniger Jahrzehnte ein Handelsimperium mit über 30 Filialen im ganzen russischen Fernen Osten - und Einkaufskontoren rund um die Welt. Wesentlichen Anteil an dem märchenhaften Aufstieg hatte der erste deutsche Angestellte und spätere Teilhaber, Adolph Dattan aus Thüringen. Wladiwostok war damals eine quirlige Handelsstadt mit internationalem Ambiente. Kunst & Albers eröffneten in Wladiwostok ein Kaufhaus mit 17 Abteilungen, als es in Deutschland noch gar keine Kaufhäuser gab! Hier gab es so gut wie alles - von der Nähnadel bis zur Zentralheizung. Es wurde mit Landmaschinen aus Mannheim, Schreibmaschinen aus den USA und den einfachsten Werkzeugen und Materialien für die Pionierbevölkerung der russischen Außenposten gehandelt. Doch die Oberschicht der boomenden neuen Städte an Amur und Ussuri - neben Wladiwostok vor allem Chabarowsk und Blagoweschtschensk - besorgte sich in den eleganten Kaufhäusern von Kunst & Albers auch französischem Champagner, die letzten Pariser Mode oder zu Weihnachten frische Nürnberger Lebkuchen. Das Unternehmen war zugleich Bankhaus, Reederei und Versicherungsgesellschaft - und betrieb das erste Elektrizitätswerk jenseits des Urals. Interne Machtkämpfe, regionale Kriege und revolutionäre Aufstände erschütterten die Firma, doch erst der Erste Weltkrieg wurde zu einer schweren Bewährungsprobe für die zwischen die Fronten geratene deutsch-russische Firma. Dem nicht genug: Intrigen und eine mit Spionagegerüchten gespickte, irrwitzige Verleumdungskampagne der Konkurrenz - und schließlich die russische Revolution und die neue Sowjetmacht - zwangen die Inhaber 1924, ihre Geschäfte in Wladiwostok aufzugeben. Frühere Ausgaben dieses auch ins Englische und Russische übersetzten wesentlichen Beitrags zur Regionalgeschichte von Ostsibirien und Russisch-Fernost erschienen 1996 und 2012.

Lothar Deeg (geb. 1965) hat in München Diplom-Journalistik studiert und die Deutsche Journalistenschule (DJS) absolviert. Seit 1994 lebt er in St. Petersburg, wo er als freiberuflicher Russland-Korrespondent für deutschsprachige Medien, Übersetzer, Stadtführer und Buchautor tätig ist. Aufgewachsen ist er in Süddeutschland, in Bad Mergentheim. Und als dritte Stadt, mit der er sich eng verbunden fühlt, darf das ferne Wladiwostok gelten: Schon 1991 kam er in die damals gerade erst für Ausländer wieder zugängliche Stadt - eine Reise mit Langzeitfolgen. Denn sein 1996 erstmals erschienenes Buch über die Geschichte der einst dort bestehenden großen deutschen Handelsfirma "Kunst & Albers" kann heute als ein Standardwerk der deutschsprachigen Literatur über Ostsibirien und Russisch-Fernost gelten. Russlands Kulturmetropole St. Petersburg kennt er als Autor von fünf Reiseführern (Marco Polo, Baedeker, DuMont Bildatlas u.a.) in allen Details - auch weil er immer wieder zu Fuß, per Fahrrad oder mit seinem Lada hier auf der Suche nach interessanten Orten und Geschichten unterwegs ist. Und als professioneller "Russenversteher" lieferte er (gemeinsam mit Co-Autorin Susanne Brammerloh) mit dem Buch "Kulturschock Russland" profunde Erklärungen, wie die Leute in Russland so ticken und warum dieses riesige und mitunter rätselhafte Land - in dem er sich selbst wohlfühlt und gerne lebt - so ist wie es eben ist.

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Einleitung Im Jahre 1864 eröffnen zwei junge Hamburger in einem trostlosen Nest, scheinbar am Ende der Welt, eine einfache Gemischtwarenhandlung. Der Ort an der nordasiatischen Pazifikküste besteht nur aus Militärbaracken und 40 Holzhäusern. Doch diese Pioniersiedlung liegt an einem der besten Naturhäfen der Welt - und schon der Name sagt, dass das Russische Reich damit Großes vorhat: Wladiwostok - "Beherrsche den Osten!" Das weite und unwegsame Hinterland ist kaum besiedelt. Kleine, versprengte Gemeinschaften von Russen, Chinesen, Koreanern und Ureinwohnern konkurrieren im Ussuri-Gebiet und im Sichote-Alin-Gebirge um die Schätze dieses Landes – Gold, Pelze und Ginseng. Der wahre Herrscher in diesem Land ist noch der Sibirische Tiger. Wladiwostok blüht auf. 1891 beginnt hier der Bau der Sibirischen Eisenbahn. Schneller noch als die Stadt wächst das "Magazin" von Gustav Kunst und Gustav Albers: Ihr 1884 dort neu errichtetes Kaufhaus ist das erste deutsche Kaufhaus überhaupt. Kunst & Albers verkaufen Landmaschinen aus Mannheim, Bier aus München, französischen Champagner und die letzte Pariser Mode, handeln aber auch en gros mit amerikanischem Mehl und Sachalin-Kohle. Die Firma ist zugleich Bank, Reederei, Wodkafabrik, Schifffahrts- und Versicherungsagentur. In ihrem Häuserblock brennt das erste elektrische Licht östlich des Urals. Kunst & Albers gründen über 30 Kaufhäuser und kleine Filialen in Städten und Dörfern von Russisch-Fernost und in der Mandschurei – sowie Vertretungen in Europa, Japan und den USA. Die Niederlassung in Port Arthur wird im Krieg mit Japan zerstört, ein plündernder Mob brandschatzt 1905 das Haupthaus in Wladiwostok. Doch Kunst & Albers überstehen auch dies und errichten einen noch prächtigeren Bau am Boulevard der Hafenstadt. Hinter den Kulissen ringen jedoch die Eigentümer verbissen über Jahre um die Vorherrschaft im Unternehmen. Aber nicht die internen Konflikte – der Ausbruch des Ersten Weltkriegs wird 1914 zur Katastrophe für die Firma. Obwohl ihre Inhaber inzwischen russische Staatsbürger sind: Sie gelten als Deutsche und Deutschland ist der Feind. Neider und Konkurrenten beginnen eine Verleumdungskampagne. Es erscheint sogar ein Roman, in dem finstere Machenschaften deutscher Geheimagenten unter dem Deckmantel einer Firma namens „Artig & Weiß“ dargestellt werden. Autor ist der windige Journalist und Naturwissenschaftler Anton Ferdinand Ossendowski. Er schreckt bei seiner Kampagne gegen Kunst & Albers selbst vor Erpressung und einer historischen Fälschung nicht zurück, die sogar die US-Regierung hinters Licht führt. Adolph Dattan, Mitinhaber und Seniorchef in Wladiwostok, trifft Ossendowskis Intrige am schwersten: Unter Spionageverdacht wird er 1915 ins Innere Sibiriens verbannt. Den Juniorchef Alfred Albers steckt man ins Militär. Noch bis Ende der 1920er Jahre können sich Kunst & Albers in Wladiwostok halten, doch dann drücken die Sowjets dem Unternehmen die Luft ab. Die Firma verlagert ihre Geschäfte nach China und Ostasien – wo sie dann im Zweiten Weltkrieg faktisch untergeht. Wladiwostok, der Schauplatz dieser dramatischen Erfolgsgeschichte einiger tüchtiger deutscher Kaufleute ist heute – anders als vor über einem Jahrhundert! – aus europäischer Perspektive ein fremder, unbekannter Ort. Es liegt außerhalb unserer kognitiven Karten, jenseits von Sibirien, irgendwo sehr weit im Osten. Die Stadt ist sogar ein gern zitiertes Synonym für den östlichen Rand der Gemeinschaft europäischer Nationen – sofern Russland da nicht von vornherein ausgeschlossen wird: Gelegentlich taucht ihr Name in der Formulierung „von Lissabon bis Wladiwostok" auf. Nur wenige Mitteleuropäer dürften eine Vorstellung davon haben, wie es in Wladiwostok aussieht, welches Klima dort herrscht und sogar davon, welcher ethnischer Menschenschlag dort lebt. Allenfalls Eisenbahn-Enthusiasten heben spontan den Finger: "Endstation der Transsibirischen Eisenbahn!". Das Vertrautheitsdefizit kommt nicht von ungefähr: Wladiwostok war in der Sowjetzeit wegen seiner Militärbasen für den Besuch von Ausländern gesperrt. Über Jahrzehnte war die isolierte Stadt für den Rest der Welt kaum mehr als das nebelverhangene Gespenst einer atomwaffenschwangeren U-Boot-Basis. 1991, im letzten Jahr der Sowjetunion, wurden die Stadt und ihr Hafen wieder zugänglich. Doch auch in den seither vergangenen drei Jahrzehnten ist das pittoresk auf steilen Hügeln über dem Meer thronende Wladiwostok mit seiner durchaus europäisch anmutenden Innenstadt nicht mehr mental nach Europa zurückgekehrt. Es ist dazu einfach zu weit weg: Mit der Eisenbahn sind es von Moskau sechs Tage Fahrt, genau 9288 Kilometer, ostwärts. Oder von Berlin elf Flugstunden. Trotz seiner geografischen Schlüssellage als Russlands – und damit Europas – Hinterausgang zum Pazifikraum und der räumlichen Nähe zu China, Korea und Japan (nach Peking, Seoul und Tokio sind es nur je zwei Flugstunden) ist Wladiwostok vergleichsweise klein geblieben. Was bedeuten schon gut 600.000 Einwohner angesichts der Mega-Metropolen Asiens in der Nachbarschaft? In den 1990er Jahren war Wladiwostok selbst für damalige russische Maßstäbe eine Stadt am Rande des Zusammenbruchs, geplagt von kommunalem Missmanagement und beherrscht von der lokalen Mafia. Strom und Wasser waren oft rationiert, die Zentralheizungen in den Wohnblöcken bestenfalls lau. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei und so gut wie vergessen: Wladiwostoks Stadtbild ist aufpoliert, die Skyline um zahlreiche moderne Hochhäuser reicher geworden. Wie viele andere Regionalmetropolen Russlands profitierte die Hafenstadt sichtlich vom Wirtschaftsboom der Jahre 1999 bis 2008. 2012 wurde Russlands lange vernagelte Hintertür zum pazifischen Wirtschaftsraum dann mit einem Schlag weit aufgerissen: Ein Gipfeltreffen der 21 APEC-Staaten (Asiatisch-Pazifische Wirtschaftliche Zusammenarbeit) wurde vom Kreml zum Anlass genommen, mit Milliarden-Investitionen der städtischen Infrastruktur eine Frischzellenkur zu verpassen. Auf der weitläufigen Insel Russki, früher ein Militärsperrgebiet, wurde ein Kongresszentrum aus dem Boden gestampft, das danach zum neuen Campus der neu formierten „Fernöstlichen Föderalen Universität“ (DVFU) wurde. Es entstanden zwei eindrucksvolle, gewaltige Hängebrücken: Eine führt mitten in der Stadt über die fjordartige Hafenbucht, das „Goldene Horn“, die andere über den „Östlichen Bosporus“ hinüber auf die Insel Russki. „Russlands San Francisco“ (mit seinen aus Konstantinopel entliehenen topografischen Benennungen) erhielt damit nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf ein Gegenstück zur Golden-Gate-Bridge – und dies sogar gleich zweifach. Die bis zu 320 Meter hohen Pylonen sollten nicht nur eine Straße tragen, sondern auch ein Zeichen setzen: Russland ist am Pazifik nicht mehr nur militärisch, sondern auch ökonomisch, technologisch und wissenschaftlich präsent – und diese lange vernachlässigte und geradezu versteckte Hafenstadt soll der Dreh- und Angelpunkt dieses Aufbruchs sein. Dies nicht ganz zu Unrecht, denn Wladiwostok hätte, eine freie wirtschaftliche Entwicklung seit den Zeiten von Kunst & Albers vorausgesetzt, wohl ebenbürtige Bedeutung erlangen können wie die damals in Größe und Struktur vergleichbaren Pionierstädte Vancouver und Seattle auf der gegenüberliegenden Küste des Pazifiks. 2015 bekamen die Stadt und ihr Umland dann einen Freihafen-Status mit besonderen Investitionsanreizen. Sichtlich belebt hat sich seither der zuvor kaum präsente internationale Tourismus: Vor allem junge Leute aus Südkorea, Japan und China zieht es in Scharen nach Wladiwostok – weil sie es als ein Stück authentisches Europa vor der eigenen Haustüre empfinden! Nun aber zum vorliegenden Buch: Es ist in acht Kapitel gegliedert. Die Kapitel 2 bis 7 schildern, grob in Zehn-Jahres-Abschnitten, die Geschichte der Firma von 1864 bis 1924. Dieser chronologische Teil wird von zwei Kapiteln eingerahmt: Kapitel 1 besteht nach einer kurzen Einführung aus einem (redigierten) Abschnitt des Tagebuchs von Adolph Dattan, der darin seine abenteuerliche Rückkehr aus der Verbannung quer durch den sibirischen Bürgerkrieg im Jahre 1919 schildert. Kapitel 8 macht einen Zeitsprung: Alfred Albers bittet 1939 aufgrund des 75. Firmenjubiläums ehemalige Mitarbeiter um schriftliche Erinnerungen. Unter dem eingehenden Material befinden sich auch die Erzählungen des Angestellten Karl Bähr. Drei dieser sprachlich ebenfalls leicht aufbereiteten Geschichten aus dem abenteuerlichen Firmenalltag im Gebiet von Blagoweschtschensk lassen die Firmengeschichte unterhaltsam ausklingen. Als die so konzipierte „historische Reportage“ 1996 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, sollte sie, meinem damaligen Vorwort zufolge, „den in Deutschland wie Europa verloren gegangenen Faden zu Russisch-Fernost wieder aufzunehmen“. Denn an aussagekräftiger Literatur über den russischen Fernen Osten fehlte es damals wie heute – zumindest in deutscher Sprache. Wer sich für die gesellschaftliche und...



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