E-Book, Deutsch, 7350 Seiten
de Maupassant Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen
2. Auflage 2015
ISBN: 978-80-268-2984-3
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bel Ami + Tag-und Nachtgeschichten + Der Horla + Stark wie der Tod + Nutzlose Schönheit + Der Morin - das Schwein + Ein Menschenleben + Miß Harriet + Das Haus + Dickchen + Mondschein und viel mehr
E-Book, Deutsch, 7350 Seiten
ISBN: 978-80-268-2984-3
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses eBook: 'Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Guy de Maupassant (1850-1893) war ein französischer Schriftsteller und Journalist. Maupassant gilt neben Stendhal, Balzac, Flaubert und Zola als einer der großen französischen Erzähler des 19. Jahrhunderts. Er ist auch einer der am häufigsten verfilmten Autoren. Inhalt: Romane: Der Liebling (Bel Ami) (Übersetzung von Georg Freiherrn von Ompteda) Bel Ami (Übersetzung von Fürst N. Obolensky) Ein Menschenleben Stark wie der Tod Unser Herz Mont Oriol Hans und Peter / Pierre et Jean (Übersetzung von Georg Freiherrn von Ompteda) Zwei Brüder (Pierre et Jean) Erzählungen: Pariser Abenteuer Fräulein Fifi Die beiden Freunde Der Weihnachtsabend Der Ersatzmann Die Reliquie Das Holzscheit Der Dieb Marroca Das Bett Erwacht Weihnachtsfeier Eine List Der Spazierritt Eingerostet Toll? Frau Baptiste Liebesworte Mondschein Ein Staatsstreich Der Wolf Das Kind Weihnachtsmärchen Die Verzeihung Legende vom Mont Saint-Michel Eine Witwe Fräulein Cocotte Unsere Briefe Die Schmucksachen Die Thür Königin Hortense Der Vater Moiron Die Nacht Vision Herr Parent Die kleine Roque Der Horla Dreikönigstag Der Teufel Das Loch Gerettet Clochette Die Schnepfe Dickchen Die Probe Nutzlose Schönheit Das Olivenfeld Die Fliege Der Ertrunkene Das Bild Die fünfundzwanzig Franken der Oberin Ein Scheidungsgrund Wer weiß! Die Maske Der Tugendpreis Schnaps-Anton Tag-und Nachtgeschichten Timbuctu Der Schmuck Die Morithat Rosa Das Glück Der Alte Ein Feigling Der Säufer Die Blutrache Coco Die Hand Elternmord Der Lummen-Felsen Der Kleine Eine wahre Geschichte Erinnerung Aus alten Tagen Träume Vater Milon Am Frühlingsabend Der Blinde Der verhängnisvolle Kuchen Der Schäfersprung Magnetismus? Ein korsikanischer Bandit Die Totenwache Eine Beichte Eine Leidenschaft Der Morin - das Schwein ...
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II
Inhaltsverzeichnis
– Bitte, wohnt hier Herr Forestier? – Dritter Stock links. Der Portier hatte mit liebenswürdiger Stimme geantwortet, aus der eine gewisse Achtung für seinen Mieter klang. Und Georg Duroy stieg die Treppe hinauf. Er fühlte sich noch ein wenig eingeschüchtert und etwas unsicher. Zum ersten Mal in seinem Leben trug er einen Frack und er hatte einiges Bedenken gegen seine Toilette. Er fühlte, daß sie doch etwas mangelhaft sei. Seine Stiefel waren kein Lack, wenn auch ganz sein gearbeitet, denn er liebte es, einen hübschen Fuß zu zeigen. Und dann war das Hemd, das er heute morgen für vier Franken fünfzig im Louvre gekauft hatte und dessen zu dünne Hemdenbrust bereits zerknitterte, eben nicht ganz auf der Höhe. Seine andern Hemden, die er für gewöhnlich trug, hatten alle mehr oder weniger Defekte. Nicht einmal das verhältnismäßig beste von ihnen hätte er gebrauchen können. Seine Hose war ein wenig zu Weit und saß schlecht, es war, als schlüge sie eine Falte an der Wade. So sah man ihr sofort das Verbrauchte, Getragene an, das eben solche Mietanzüge haben. Nur der Frack saß ganz gut. Es hatte sich gerade einer gefunden, der ihm ziemlich genau paßte. Er stieg langsam die Stufen hinauf, sein Herz klopfte, ihm war doch etwas ängstlich zu Sinn. Vor allen Dingen fürchtete er, lächerlich zu sein, und plötzlich bemerkte er sich gegenüber einen Herrn im Frack, der ihn anblickte. Sie waren so nah von einander, daß Duroy eine Rückwärtsbewegung machte und dann ganz verdutzt stehen blieb – er war es selbst, dessen Bild ein hoher Spiegel zurückwarf, der auf dem Treppenabsatz des ersten Stocks stand. Er fuhr zusammen vor Freude, soviel besser aussehend fand er sich, als er gedacht hatte. Da er zu Haus nur seinen kleinen Rasierspiegel besaß, hatte er sich nicht in ganzer Figur betrachten können, und weil er die verschiedenen Stücke seines improvisierten Anzuges nur schlecht sehen konnte, meinte er, daß sein Anzug schlechter sei, als er wirklich war. Der Gedanke, er spiele eine lächerliche Figur, hatte ihn fast außer sich gebracht. Aber als er sich nun plötzlich im Spiegel entdeckte, hatte er sich gar nicht wieder erkannt. Er meinte, ein Fremder stünde da vor ihm, ein Herr aus der Gesellschaft, ein Herr, von dem er auf den ersten Blick fand, er sehe sehr gut und sehr chic aus. Und wie er sich nun sorgsam betrachtete, fand er, daß er im ganzen wirklich einen guten Eindruck machte. Da studierte er sich, wie es die Schauspieler thun, wenn sie ihre Rollen lernen. Er lächelte sich an, streckte sich die Hand entgegen, machte Bewegungen und drückte Gefühle aus: Erstaunen, Vergnügen, Zustimmung. Dann probierte er verschiedene Abstufungen des Lächelns und allerlei Augenverdrehungen, mit denen man sich bei den Damen niedlich macht und ihnen zeigt, daß man sie bewundert und sie begehrt. Im Treppenhaus ging eine Thür, und da er fürchtete, in dieser Stellung überrascht zu werden, lief er schnell die Stufen hinauf, denn er hatte Angst, von irgend einem der Gäste seines Freundes hier vor dem Spiegel gesehen zu werden. Als er an den zweiten Stock kam, bemerkte er wieder einen Spiegel; er verlangsamte seinen Gang, um sich zu betrachten. Sein Anzug und Äußeres schienen ihm wirklich elegant. Es paßte doch alles sehr schön und eine übermäßige Sicherheit bemächtigte sich seiner. Mit diesem Äußern und mit dem festen Vorsatz Carrière zu machen, mit der Energie, die er an sich kannte, und mit seiner Skrupellosigkeit, würde es ihm schon glücken. Eine Lust überkam ihn zu laufen und in ein paar Sätzen den letzten Stock zu erreichen. Vor dem dritten Spiegel blieb er stehen, drehte sich den Schnurrbart in der Art und Weise, wie er es immer that und nahm seinen Hut ab, um seine Frisur zu ordnen; dann murmelte er vor sich hin, wie er’s auch oft that: – Famose Erfindung. Dann streckte er die Hand zur Glocke aus und klingelte. Beinahe sofort ging die Thür auf, und vor ihm stand ein Diener in schwarzem Frack, der sehr würdig aussah, glattrasiert und so vorzüglich angezogen, daß Duroy wieder eine Verlegenheit beschlich, ohne daß er wußte, woher das eigentlich kam. Vielleicht verglich er unbewußt den Schnitt ihrer Kleider. Dieser Diener, der Lackschuhe an hatte, fragte, indem er Duroy den Überzieher abnahm, den er auf dem Arme trug, damit man die Flecken darauf nicht sehen sollte: – Wen darf ich melden? Dann schlug er die Portière zur Seite, und rief den Namen in den Empfangs-Salon. Aber plötzlich verlor Duroy seine ganze Haltung. Er war wie gelähmt vor Furcht. Jetzt sollte er den ersten Schritt in das neue geträumte und erwartete Leben thun. Aber er trat trotzdem ein. Da stand eine blonde junge Frau ganz allein in einem großen, hell erleuchteten Zimmer, das voll Blumen und Pflanzen war, wie ein Gewächshaus und erwartete ihn. Er blieb kurz stehen, ganz außer Fassung. Wer mochte die Dame sein, die ihn da anlächelte? Dann erinnerte er sich, daß Forestier ja verheiratet war. Und der Gedanke, daß dieses junge blonde Wesen die Frau seines Freundes sein könnte, machte ihn vollends verlegen. Er stammelte: – Gnädige Frau, ich bin – Sie streckte ihm die Hand entgegen: – Ich weiß, Herr Duroy. Karl hat mir erzählt, wie Sie sich gestern getroffen haben und ich freue mich sehr über seinen guten Gedanken, Sie zu bitten, heute bei uns zu essen. Er ward rot bis über die Ohren und wußte nicht, was er sagen sollte. Er fühlte, wie sie ihn beobachtete, musterte von Kopf bis zu Füßen, ihn einschätzte und beurteilte. Er wollte sich eigentlich entschuldigen und irgend einen Grund erfinden, um das Mangelhafte seines Anzuges zu erklären. Aber er fand nichts und wagte nicht an dies peinliche Kapitel zu rühren. Er setzte sich in einen Stuhl, auf den sie deutete. Und als er fühlte, wie unter ihm der weiche Sammt des Sessels sich niederbog, als er fühlte, wie er versank und die Lehnen dieses weichen Stuhles ihn umfaßten und stützten, dieses Stuhles, dessen Rücken und Seitenarme ihn weich in ihren Polstern hielten, da war es ihm, als träte er wirklich in ein neues schönes Leben, als ob er etwas Köstliches in Besitz nehme, als würde er nun erst Mensch, als wäre er jetzt gerettet nnd geborgen. Und er blickte Frau Forestier an, welche die Augen nicht von ihm gewandt hatte. Sie trug ein Kleid von blaßblauem Cachemir, das ihre schlanke Figur und ihren starken Busen gut abzeichnete. Das Fleisch ihrer Arme und der Brust leuchtete aus einer Flut von weißen Spitzen, mit denen die Taille und die kurzen Ärmel besetzt waren. Ihr Haar war auf dem Kopf zusammengerafft, fiel hinten ein wenig in Löckchen herab und bildete eine leichte Wolke von feinem Flaum im Nacken. Duroy ward wieder sicherer unter ihrem Blick, der ihn, ohne daß er wußte warum, an den des Mädchens erinnerte, das er am Abend vorher in den Folies-Bergère getroffen. Sie hatte graue Augen von einem bläulichen Grau, das einen ganz eigentümlichen Eindruck hervorbrachte, eine schmale Nase, kräftige Lippen, das Kinn ein wenig fleischig und ein unregelmäßiges verführerisches Gesicht, liebenswürdig und boshaft zugleich. Es war eines jener Frauenantlitze, in denen jede Linie einen besonderen Reiz besitzt, eine besondere Bedeutung zu haben und bei der jede Bewegung irgend etwas zu sagen oder zu verbergen scheint. Nach kurzem Schweigen fragte sie ihn: – Sind Sie schon lange in Paris? Er antwortete und gewann allmählich wieder die Herrschaft über sich selbst: – Gnädige Frau, erst seit ein paar Monaten. Ich bin an der Eisenbahn angestellt, aber Forestier hat mir Hoffnung gemacht, daß ich vielleicht Dank seiner Hilfe zum Journalismus umsatteln könnte. Sie lächelte etwas mehr, etwas wohlwollender und murmelte, indem sie die Stimme senkte: – Ich weiß schon. Die Glocke war von neuem erklungen. Der Diener meldete: – Frau von Marelle. Es war eine kleine brünette Dame. Sie trat lebhaft ein; von Kopf bis Fuß war sie ganz einfach gekleidet, nur eine rote Rose im dunklen Haar zog sofort die Blicke an, und schien ihre Art und Weise festzustellen, ihr etwas Besonderes zu geben, einen lebhaften und energischen Ton, wie er zu ihr paßte. Ein kleines Mädchen in dunklem Kleide folgte ihr. Frau Forestier ging ihr entgegen: – Guten Tag, Clotilde! – Guten Tag, Magdalene! Sie umarmten sich, dann bot das Kind mit der Sicherheit eines Erwachsenen Frau Forestier die Stirn und sagte: – Guten Tag, Cousine. Frau Forestier küßte sie. Dann stellte sie vor: – Herr Georg Duroy, ein guter Freund von Karl. – Frau von Marelle – meine Freundin. Wir sind so ein bißchen verwandt. Sie fügte hinzu: – Wissen Sie, wir sind hier ganz unter uns und machen gar keine großen Geschichten, nicht wahr? Der junge Mann verbeugte sich. Aber die Thür öffnete sich von neuem und ein kleiner, dicker Herr, gedrungen und rund, erschien, der eine große schöne Frau am Arm führte. Sie war größer als er, viel jünger und hatte ein gemessenes vornehmes Auftreten. Es war Herr Walter, Abgeordneter, Finanz-und Geschäftsmann, Jude, Südfranzose, Herausgeber der › Vie française‹, und seine Frau, eine geborene Basile-Ravalau, Tochter des Bankiers dieses Namens. Dann erschienen kurz hinter einander Jacques Rival, sehr elegant und Norbert von Varenne, dessen Rockkragen speckig glänzte, weil die langen Haare, die...