Dark John Sinclair Sonder-Edition - Folge 005
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7325-1625-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Albtraum in Atlantis
E-Book, Deutsch, Band 5, 80 Seiten
Reihe: John Sinclair Sonder-Edition
ISBN: 978-3-7325-1625-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Vor langer Zeit kämpften sie um die Herrschaft im Dämonenreich. Myxin und der schwarze Tod. In Atlantis begann ihr Kampf, aber weder Myxin noch der Schwarze Tod konnten den Untergang des Kontinents aufhalten. Atlantis versank im Meer. Ich wusste um die damaligen Vorgänge, denn ich hatte Myxin aus seinem magischen Schlaf erweckt. Doch der kleine Magier hatte noch etwas zu erledigen, wie er mir sagte. Er musste zurück in seine versunkene Heimat. So reisten wir in die Vergangenheit, und ich erlebte am eigenen Leib den Albtraum in Atlantis ...
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Er flog über das Land, dessen Weite in das All hineinzustoßen schien und irgendwo mit dem seidig schimmernden Himmel zu einer Einheit verschmolz. Er liebte dieses Land, mit all seinen Ebenen, Städten, Tempeln, Palästen und Menschen. Er war hier entstanden, kannte die Magie, wusste von Gut und Böse, von Freude und Leid, von Weisen und Propheten, von Dämonen und bösen Geistern. Und doch umwehte Trauer sein Herz, denn das Land war dem Tod geweiht. Er als Hüter wusste es. Denn ihm war der Blick in die Zukunft gestattet worden. In eine düstere, grauenvolle Zukunft, in der die Menschen sich nicht dem Guten hatten zuwenden können, denn sie lachten über die Weissagungen der Propheten und der Alten. Sie gaben sich stattdessen dem Laster hin, beteten Götzen an, führten finstere Beschwörungen durch und spielten mit dem Grauen. Sie würden dafür büßen. Auf eine schlimme Art und Weise, denn die heiligen Kräfte ließen sich nicht verspotten. Schon jetzt rumorte es in den Vulkanen, eine schreckliche Flut, die alles verschlingen würde, stand bevor. Das stolze Atlantis, das Atlan, dem Sohn des Zeus geweiht war, würde untergehen. Noch einmal flog er seine Runde, schaute nieder auf die weiten, fruchtbaren Täler und sah die Kegel der gefährlichen Vulkane, die bald Tod und Verderben speien würden. Dann gab es keine Rettung mehr, die Hölle würde lachen, und tausend Dämonen rieben sich die Hände. Sie hatten den gewaltigen Kampf gewonnen, weil die Menschen zu arrogant gewesen waren. Vielleicht konnten sich einige von ihnen retten. Vielleicht auch nicht. Sie würden sich mit anderen Völkern vermischen und irgendwann in Tausenden von Jahren die Erinnerung an das einst so stolze Reich wieder finden. Er flog weiter, und auf seinem tönern schimmernden Gesicht breitete sich der Schmerz aus. Vielleicht war es das letzte Mal, dass er so fliegen konnte, dass er seine Freunde traf, die alles versucht hatten, den Untergang aufzuhalten, aber zu spät gekommen waren. Der laue Abendwind erfasste ihn und trug ihn höher, wo die Luft kälter war und der Blick noch weiter schweifen konnte. Bis hin zum Meer, das vor dem Kontinent so harmlos gegen den weißen Strand spülte und doch zu einem gefährlichen Raubtier werden konnte, wenn der Wind die Wellen zu gläsernen Bergen auftürmte und mit ungeheurer Wucht gegen den Strand warf. Tränen flossen aus seinen Augen, wenn er an Atlantis dachte. Denn dann war auch seine Zeit vorbei. Er würde zwar überleben, aber eingehen in ein Zwischenreich, wo er selbst keine Aufgabe mehr besaß und anderen Gesetzen unterliegen würde. Er flog weiter und sah tief unter sich die ersten Ausläufer des Hohen Gebirges. Es trennte dieses gewaltige Reich, war die Grenze zwischen Gut und Böse. Jenseits der Hohen Berge hauste das Böse. Dort brodelte die Hölle, da lauerten die Feinde, die es immer überfallartig schaffen, in den anderen Teil des Reiches einzudringen und ihn zu unterwandern. Überall hatten sie schon ihre Stützpunkte und bereiteten systematisch den Niedergang dieses stolzen Reichs vor. Nachts, wenn blauschwarz die Dunkelheit über dem Kontinent lag, waren sie unterwegs. Dann schickten sie ihre Spione und Diener aus, ihre Monster und Dämonen, um die Gerechten, die Guten, die Weißen Magier zu töten oder umzudrehen. Nur wenige blieben standhaft. Viele starben auf grauenvolle Art und Weise, und wenn am Morgen die Sonne die Nacht vertrieb, dann leuchtete manchmal sein Konterfei an den Wänden der Häuser und Tempel. Ein gefährliches Bild. Eine Malerei des Schreckens, denn er war derjenige, der über das Dämonenreich in diesem Land herrschte. Sein schwarzer Totenschädel glänzte. Nur seine Augen waren hell. Und die versprachen allen, die in sie schauten, die Schrecken der Hölle. Noch nie war ihm ein Gerechter entkommen. Denn er war in seiner Grausamkeit einmalig. Mit teuflischer Raffinesse lenkte er die Geschicke des dämonischen Reichs. Und seine Anhänger, die gewaltige Diener- und Dämonenschar, gehorchte ihm blind. Er war ihr Meister – er war der Schwarze Tod! *** Er flog weiter. Nicht einen Blick warf er in die Täler, die hier schon düster und drohend aussahen. In manchen glühte ein rotes Licht, das die schmalen Pfade und Wege, die die Täler durchzogen, wie mit Blut ausfüllte. Er wusste, dass seine Mission gefährlich war, aber er wusste auch, dass er nicht anders konnte. Es würde ihm nicht mehr gelingen, den Untergang zu verhindern, aber vielleicht konnte er als Bittsteller auftreten und versuchen, eine der Parteien zur Mäßigung zu zwingen. Denn auch die Dämonen waren sich nicht einig. Sie hatten sich in zwei Parteien gespalten. Die eine, die dem Schwarzen Tod gehorchte, wollte die totale Vernichtung. Die andere jedoch, angeführt von Myxin, dem Magier, wollte nur die Unterjochung der Menschen. Beides war sehr schlimm, aber Myxin war das kleinere Übel. Soweit dachte der Bote, und deshalb war er unterwegs, um mit Myxin noch einmal zu sprechen. Die Weisen hatten ihn geschickt, denn er war ihr Freund. Sie verließen sich auf seine Hilfe, doch der Eiserne Engel konnte nicht mehr in das Räderwerk der Vernichtung eingreifen und es zum Stillstand bringen. Inzwischen hatte er das Gebiet erreicht, in dem Myxin, der Magier, regierte. Auch er hatte seine Diener zur Verfügung. Es waren die schwarzen Vampire. Blutsaugende Monstren, die jeden anfielen, der es wagte, die Grenzen ihres Reiches zu überschreiten. Der Eiserne Engel hatte keine Angst. Als Führer der Vogelmenschen galt er nahezu als unbesiegbar, und an ihm würden sich auch die schwarzen Vampire die Zähne ausbeißen. Der Eiserne Engel sah weit voraus die winzigen, dunklen Punkte, die aus den geheimnisvollen Tälern hochstiegen, sich in den langsam grau färbenden Himmel schraubten und ihr Ziel anvisierten. Längst wussten sie Bescheid, dass jemand es gewagt hatte, die Grenze zu überfliegen. Dieses Land hatte unzählige Augen und Ohren. Doch der Eiserne Engel kannte keine Angst. Er war ein Wesen des Friedens; und sollten sie versuchen, ihn zu töten, würde sein Schwert eine blutige Ernte zwischen den schwarzen Vampiren halten. Sie waren zehn. Und sie waren schnell. Im Direktflug steuerten sie auf den Eisernen Engel zu. Riesige Fledermäuse mit seltsam großen Köpfen, die manchmal sogar menschliche Gesichter aufwiesen. Und an ihrer Spitze flog ein besonders prächtiges Exemplar. Goran, ihr Anführer! Eine gewaltige Fledermaus, halb Mensch, halb Bestie. Ein großer Kopf saß auf dem dürren Hals, und seine ausgebreiteten Flügel besaßen die Ausmaße eines Segels, wie es die großen Lastschiffe trugen, die weit über das Meer fuhren, um an anderen Küsten Beute zu holen. Sein Kopf wies entfernte menschliche Züge auf. Der Sage nach waren Gorans Erzeuger Vampire und Halbmenschen gewesen. Eine ungute Mischung. Der Eiserne Engel bewegte seine Flügel kaum noch, aber seine rechte Hand legte er auf den Griff des Schwertes, und Goran wusste, was das zu bedeuten hatte. Auch er hatte schon von dem Eisernen Engel gehört. Er kannte die Kraft, die in diesem Botschafter des Friedens steckte. Mit einem Schwertstreich konnte er gleich mehrere von ihnen töten. Goran verharrte. Den anderen erging es ebenso. Auch sie blieben in der Luft stehen und nutzten geschickt den abendlichen Aufwind, der aus den Tälern aufstieg. Eine Zeit lang sprach niemand, bis der Eiserne Engel sagte: »Lasst mich durch, ich muss zu Myxin.« Goran entblößte zwei starke Vampirzähne. »Er wird dich nicht empfangen!« »Das soll er mir selbst sagen!« Goran lachte krächzend. »Nein, ich weiß es, er will dich nicht sehen, Engel. Verschwinde!« Der Botschafter des Friedens hatte gewusst, dass es Schwierigkeiten geben würde, aber sie schreckten ihn nicht. Er entgegnete: »Du weißt genau, dass ich nicht gern zur Waffe greife, doch wenn, dann töte ich auch. Denk daran.« Goran überlegte. Er kannte die Stärke des Eisernen Engels, der von den Göttern selbst erschaffen war und unter ihrem Schutz stand, bis in alle Ewigkeiten. Zudem konnte er einen Kampf wirklich nicht riskieren, er durfte keinen Vampir verlieren, denn in der Auseinandersetzung gegen den Schwarzen Tod brauchte er jede Kraft. Er beschloss deshalb, auf elegante Art und Weise einen Rückzieher zu machen. »Was willst du von Myxin?« »Das sage ich dir nicht, Goran.« »Aber ich könnte ein Fürsprecher für dich sein. Wer weiß, ob Myxin dich empfangen wird.« Der Eiserne Engel lachte. »Auf diese Art und Weise kannst du mich nicht überlisten. Bringe mich endlich zu deinem Führer.« Goran zögerte noch eine Weile, schließlich stimmte er zu. »Ja, ich werde dich hinbringen«, sagte er. »Aber nur dieses eine Mal.« »Ein zweites Mal wird es nicht mehr geben.« Gorans Gesicht verzerrte sich. Die langen spitzen Zähne wurden sichtbar. »Wie meinst du das?« »So, wie ich es gesagt habe. Es gibt kein zweites Mal mehr für dich, Goran.« »Folge mir!«, sagte er und machte kehrt. Dabei breitete er abermals seine gewaltigen Schwingen aus. Lautlos segelte er voran, und der Eiserne Engel schloss sich ihm an. Die übrigen Vampire bildeten die Nachhut. Dabei ließen sie ihren »Gast« für keinen Moment aus den Augen. *** Sie behielten die ursprüngliche Höhe nicht bei, sondern glitten in einen Sinkflug. Die Schluchten und Täler wurden schnell größer. Sie wirkten wie...