Dark John Sinclair - Folge 1300
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8387-4046-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Templerin (1. Teil)
E-Book, Deutsch, Band 1300, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
ISBN: 978-3-8387-4046-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!
Die Templerin (1. Teil).
Nach der großen Hetzjagd auf den Templerorden gab es nicht wenige, die einen anderen Weg gingen und ihre Seelen dem Dämon Baphomet verschrieben. Das war mir bekannt, das akzeptierte ich ebenso wie die Tatsache, dass die Vergangenheit immer wieder aufgerührt wurde.
In diesem Fall war es nicht anders. Nur war eines neu. Ich erlebte an der Spitze eine Frau, die Konstanza hieß.
Sie war die Templerin.
Und sie war grausamer als die männlichen Baphomet-Getreuen ...
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Die Templerin (1. Teil)
Vergangenheit
Der Tod trug ein hellrotes Gewand!
Das Kleidungsstück reichte ihm vom Hals bis zu den Knöcheln. Es war weit geschnitten, sodass es bei jedem seiner Schritte schwang wie eine große Glocke.
Der Tod besaß ein bleiches Gesicht mit scharfen Falten, die sich in die Haut eingegraben hatten. Die dunklen Augen in dem blassen Gesicht erinnerten an Knöpfe, und auf dem kahlen Kopf mit den großen Ohren saß ein schwarzes Käppi. Der Tod hieß Bernado und war der herrschende Großinquisitor …
Er wusste, wie gefürchtet und gehasst er war. Es gab keine Freunde, die ihn umgaben, nur Schmeichler und Speichellecker, die sich jedes Wort zwei Mal überlegten, bevor sie es aussprachen. Niemand wollte den Unmut des mächtigen Mannes auf sich ziehen. Selbst hohe geistliche Würdenträger fürchteten sich vor ihm. Was er sagte, hatte Gewicht. Das wussten die Bischöfe ebenso wie manche Kardinäle.
Der Tod war unterwegs in den Kerker. Er wollte sich das Vergnügen nicht nehmen lassen und noch einige Worte mit der Ketzerin sprechen, die man schon vor Wochen gefangen und in Ketten gelegt hatte. Sie war verhört und gefoltert worden. Man hatte sie mit glühenden Zangen bearbeitet, ihr Daumenschrauben angesetzt, sie gepeitscht und ein Brett mit heißen Nägeln gegen ihren Rücken gedrückt, aber sie hatte weder abgeschworen, noch etwas verraten.
Und so war sie dann von Bernado persönlich zum Tode verurteilt worden. Sie sollte nicht brennen, sondern verglühen und zerschmelzen und am Ende ihres Lebens die schrecklichsten Höllenqualen durchleiden. Sie war der böse Traum für die Hüter des Glaubens, und sie hatte es geschafft, dass auch andere ihr zuhörten.
Das durfte nicht mehr sein. Sie musste vernichtet werden, aber Bernado hätte noch gern ein Geständnis von ihr gehabt. Er hätte gern viel von ihrem Wissen erfahren. Vielleicht war dies ja möglich. In ein paar Stunden jedenfalls war es zu spät.
Die Kutsche hatte längst angehalten, und der Großinquisitor wartete darauf, dass man ihm den Schlag öffnete. Die Geräusche der Räder auf dem unebenen Boden waren verstummt. Es gab kein Schaukeln mehr, kein Ächzen der Achsen, es war so wunderbar still geworden.
Er hörte die Stimme des Kutschers. Er sprach mit anderen Menschen und trieb sie weg. Eine Peitsche knallte. Dann waren ein Schrei und ein Fluch zu hören.
Wenig später zog der Kutscher die Tür auf und verbeugte sich, während Bernado sich erhob. Trotz des Polsters war es auf der Kutschbank nicht bequem gewesen. Die Knochen taten ihm weh. Er war auch nicht mehr der Jüngste. Ab und zu bekam er einen Gichtanfall und schickte Flüche gegen den Himmel, die einem Tagelöhner zur Ehre gereicht hätten.
Jetzt merkte er wieder das Ziehen in seinen Gliedern, als hätte ihn der Leibhaftige mit einer Lanze gepickt. Mühsam unterdrückte er einen Fluch. Dann musste er sich noch tiefer ducken, um durch den Einstieg nach draußen zu klettern.
Der Kutscher stand in gebeugter Haltung vor ihm und hielt den Schlag auf. Mit der anderen Hand hatte er den Griff einer Lederpeitsche umklammert. Mit ihr hatte er zwei Wächter fortgejagt, die jetzt in einer Mauernische standen und sich nicht bewegten.
„Es ist gut, du kannst dich erheben!“
„Sehr wohl, Eure Exzellenz.“ Der Mann richtete sich langsam auf und fragte noch: „Soll ich warten?“
„Nein, nicht hier auf dem Platz. Geh in die cantina. Dort kannst du mit den Wächtern trinken und reden. Aber betrinke dich nicht, sonst werde ich dich in einem Fass Wein ersaufen lassen.“
„Sehr wohl, Exzellenz.“
Der Mann hatte die Kutsche auf einen Innenhof gelenkt, der zur Festung gehörte und von einer hohen Mauer umschlossen war. Mittelpunkt dieses Platzes war das Gefängnis, der Kerker, die Zitadelle, der Ort von Blut und Tränen.
Es war ein turmähnlicher Bau mit nur wenigen Fenstern, aber tiefen Verliesen. Bernado hatte seine Ankunft melden lassen. Es kam nicht oft vor, dass er den Kerker besuchte, doch wenn er kam, mussten alle bereit sein. Nur für ihn. Er konnte bestimmen. Er hatte die Macht.
Er verbarg seine Hände bis weit über die Gelenke hinweg in den großzügig geschnittenen Ärmeln. Wie immer bewegte er sich mit langsamen, aber raumgreifenden Schritten voran. Er schaute weder nach links noch nach rechts. Immer nur nach vorn, den Blick auf das Ziel gerichtet. Auf die breite und dicke Holztür, die für keinen Menschen zu überwinden war, wenn er sich erst mal im Innern des Kerkers befand. Aus ihm war noch kein Gefangener geflohen.
Bestimmten Getreuen hatte er seinen Besuch angekündigt. Wenn er jemanden besuchte, war zwar der Dreck nicht verschwunden, aber er bat sich aus, dass ihm die Gefangenen sauber vorgeführt werden mussten. Gewaschen und entlaust. Von allem Ungeziefer befreit, denn er wollte sich nicht anstecken.
Zwei Wachen standen zusätzlich neben dem Tor. Sie warteten, bis der Großinquisitor eine bestimmte Strecke des Wegs zurückgelegt hatte, dann zerrten sie den schweren Riegelbalken weg, um die Tür zu öffnen, damit der Besucher eintreten konnte.
Kurz davor stoppte Bernado.
Er legte den Kopf zurück und warf einen Blick zum Himmel, der sehr bedeckt war. Dunkle Wolken hatten sich verteilt, aber es war kein kühler Wind aufgekommen. Nach wie vor herrschte eine bedrückende Schwüle, die schwer über dem Ort lastete und die Menschen kaum durchatmen ließ.
Die Wachtposten hatten eine noch steifere Haltung eingenommen. Ihre Blicke waren stur nach vorn gerichtet. Sie starrten an dem hohen Besucher vorbei, der sie mit keinem Blick würdigte.
Aus dem Innern des Turms wehte ihm die Luft entgegen, die er nicht mochte. Es war eine bestimmte Kälte. Sie hatte sich zwischen den Mauern gestaut, und sie war immer vorhanden, ob im Sommer oder im Winter. Sie allein machte das Ungemach nicht aus. Es gab da noch etwas anderes, etwas das man nur schlecht beschreiben konnte. Es war die Angst, die hier herrschte. Sie setzte sich zusammen aus dem Geruch der Tränen, dem des Blutes und auch der Fäkalien, die die Gefangenen in ihrer Angst oft unter sich gehen ließen.
Der Großinquisitor wusste genau, dass dieser Geruch nicht entfernt werden konnte. Deshalb nahm er ihn auch bei seinen seltenen Besuchen hin. Wenn er dann wieder in seine Welt zurückkehrte, musste die Kleidung sofort gewaschen werden.
War der Gefängnishof noch breit und auch luftig gewesen, so änderte sich dies sehr schnell. Der Geruch schlug ihm auf den Magen. Er verzog das Gesicht. Neben der Treppe blieb er stehen. Sie führte in die Höhe, wo sich einige Kammern befanden, in denen sich die Folterer und Wächter aufhalten konnten.
Dort wollte er nicht hin, aber er sah Bruder Lorenzo kommen, den Anführer der Folterknechte. Lorenzo war ein kleiner, dicker Mann, aber ungemein kräftig und brutal. Er hatte sich besonders auf Frauen eingeschossen und folterte sie gern extrem.
Ein Heuchler, ein bigottes Schwein, doch für Bernado gerade der richtige Mann. Lorenzo trug eine schwarze Kutte, und die Narbe auf seiner linken Wange leuchtete als feuerrotes Mal. Er hatte beim Schmieden des Eisens mal nicht aufgepasst. So war ihm ein glühendes Stück abgesprungen und gegen das Gesicht geprallt, wo es sich fast wie ein Klebemittel festgekrallt hatte.
Bernado schaute ihm entgegen. Lorenzo kam hechelnd näher. Voller Demut küsste er dem Großinquisitor die Hand.
„Exzellenz, ich …“
„Ja, ja, lass das.“ Bernado war unwirsch. Das Rheuma malträtierte ihn. Die feuchte Luft war bestimmt nicht gut für ihn, aber er musste die Ketzerin noch mal sehen.
„Hast du alles vorbereitet?“
„Ja.“ Ein widerliches Grinsen umspielte die feuchten Lippen des Mannes. „Wir haben sie gewaschen und ihr ein Kleid gegeben.“
„Sonst noch etwas?“
„Unter dem Kleid ist sie nackt, Exzellenz!“
„Narr, das meine ich nicht. Wie habt ihr sie gefesselt? Oder ist sie frei?“
„Nein, sie ist an ihrem rechten Fuß angekettet worden.“
„Das wollte ich nur wissen.“
Lorenzo schaute zu dem größeren Mann hoch. „Exzellenz, soll ich Sie begleiten?“
„Nein, ich finde den Weg allein. Warte hier auf mich. Ich werde bald wieder zurück sein.“
Der Folterknecht verneigte sich und ließ den Großinquisitor gehen.
Bernado bewegte sich mit gemessenen Schritten tiefer in das Verlies hinein. Auch wenn er nicht beobachtet wurde, ging er auf diese Art und Weise. Ein Herrscher lief und rannte nicht. Er schritt. Er war sich seiner Würde sehr wohl bewusst. Auch in seinem Gesicht veränderte sich nichts. Der Ausdruck blieb weiterhin so entrückt wie immer und zugleich auch starr.
Nur die Augen hatten eine Veränderung erlebt. Sie glänzten in einer bestimmten Gier und spiegelten etwas von der innerlichen Freude wider, die er empfand.
Es war eben die Freude eines Mannes, der darauf wartete, eine bestimmte Person des weiblichen Geschlechts zu treffen. Offen hätte er das nie zugegeben, aber wenn er allein mit dieser Person sein konnte, lagen die Dinge schon anders.
Es gab keine Treppe, die ihn in die düstere Welt des Todes und der Pein gebracht hätte. Der Weg führte einfach nur bergab und wäre von der Dunkelheit aufgesaugt worden, wäre er nicht von Fackeln gesäumt gewesen.
Seinetwegen hatte man sie entzündet. Sie steckten an der rechten Wandseite in eisernen Haltern. Da der Gang recht eng war, musste sich der Inquisitor an der linken Wandseite halten, um nicht vom Feuer berührt zu werden. Ab und zu spürte er schon die heißen Zungen, wenn sie über seine rechte Gesichtsseite strichen.
...