Dark John Sinclair - Folge 1063
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8387-3796-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Nacht vor Walpurgis (1. Teil)
E-Book, Deutsch, Band 1063, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
ISBN: 978-3-8387-3796-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1990 - 1999!
Die Nacht vor Walpurgis.
Hexen vergessen nie! Erst recht nicht Wikka, ihre Königin. Sie schmiedete im Hintergrund einen teuflischen Plan, um die Person zurückzubekommen, die sie einmal schändlich verraten hatte.
Es war Jane Collins! Die Nacht vor Walpurgis sollte für Jane Collins zum Schicksal werden, denn da sollte sie ihr Herz verlieren.
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
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Die Nacht vor Walpurgis (1. Teil)
Ich wunderte mich über meinen Begleiter, der nicht mehr regelmäßig, sondern hektisch und abgehakt atmete. Dabei hatte sich die Wegstrecke nicht verändert. Nach wie vor gingen wir bergauf, der Kuppe des Hügels entgegen, denn sie war unser Ziel.
Kevin White ging nicht mehr weiter. Er blieb gebückt stehen.
Er hatte sich innerhalb sehr kurzer Zeit verändert. Der Vierzigjährige wirkte um zehn Jahre gealtert.
Ich ging einen Schritt auf ihn zu. »He, Kevin, was ist mit Ihnen? Was haben Sie?«
Er schaute mich an. »Erklären kann ich das schlecht. Das war wie ein Stoß. Allerdings innerlich. Ich fühlte mich plötzlich kaputt. Als, hätte mir jemand einen Teil meiner Kraft geraubt.«
»Und weiter?«
Er zog den Mund schief. »Sie sind gut, John. Nein, ich habe keine logische Erklärung.«
»Dann sagen Sie mir die unlogische.«
Er zog die Nase hoch. Dabei richtete er sich wieder auf. »Es liegt an diesem Hügel, John. An diesem verfluchten Hügel. Deshalb sind wir auch beide hier.«
»Das kann ich bestätigen. Nur habe ich nichts gespürt.«
»Es kann noch kommen.« Er hatte sich erholt und schaute an mir vorbei, als wollte er das Bild der Umgebung für den Rest seiner Tage in sich aufsaugen.
Wir befanden uns in einer recht einsamen Landschaft, und der Hügel war in dem ansonsten recht flachen Gelände so etwas wie ein markantes Zeichen. Er war nicht besonders hoch oder steil. Eine allmählich ansteigende Terrasse, die in eine Kuppe mündete, auf der Unkraut und etwas Gestrüpp wucherten.
Die Hänge waren mit dichtem Gras bedeckt, in das sich Flechten und Moose eingegraben hatten. Auch Steine hatten sich in den Boden hineingedrückt, schauten aber an verschiedenen Stellen hervor und bildeten oft genug Stolperfallen.
Hier wehte immer etwas Wind. Auch zu dieser Zeit. Frisch streifte er unsere Körper, und er brachte den Geruch des Frühlings mit. So roch das frische Gras, wenn es noch feucht vom letzten Regen war. Das alles wäre noch längst kein Grund für mich gewesen, den Hügel zu besuchen, wenn ich nicht darum gebeten worden wäre – auch von Jane Collins – und von Kevin White, der so etwas wie ein Heimatforscher in dieser Gegend war.
Er hatte von diesem Hexenhügel berichtet!
Hexenhügel! Genau das hatte Jane und mich gereizt. Sie mehr als mich, diesem flachen Aussichtspunkt einen Besuch abzustatten. Um sein Dasein rankte sich eine Legende, die kaum jemand mehr als eine solche hinnehmen wollte. Einige wenige Menschen befürchteten, dass der Hügel in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai hin sein furchtbares Geheimnis lüftete. Schon lange hatten gewisse Anzeichen dafür gesprochen. Man rechnete damit, dass in der folgenden Nacht eingeweihte Besucher hier am Hexenhügel eintreffen würden, um die berühmte Walpurgisnacht zu feiern. Denn erste Vorzeichen gab es. Um ihnen auf den Grund zu gehen, war ich mit Kevin White unterwegs.
Der Grund hieß Zora und war – man kann es so sagen – eine Hexe. Vor langer Zeit war sie hier auf dem Hügel gefoltert und verbrannt worden, wie es zur Inquisition so üblich gewesen war.
Aber Zora war etwas Besonderes gewesen. Man hatte sie zwar verbrennen können. Etwas jedoch war nicht zerstört worden. Das wichtigste eines Menschen, das Herz!
Es existierte weiter. Versteckt innerhalb des Hügels. Tief vergraben, existent, denn um dieses Herz herum wurden die alten Geschichten geflochten. Viele Menschen glaubten daran, dass es noch aktiv war und das Böse bringen würde.
Jane Collins hatte davon erfahren und mir Bescheid gesagt. Sie hatte auch die Verbindung zu Kevin White geknüpft, war jedoch nicht mit uns gegangen, sondern bei White im Haus zurückgeblieben.
Noch war es nicht soweit. Eine Nacht und ein Tag lagen vor uns. Erst in der berühmten Walpurgisnacht sollte sich das Herz der Zora stärker bemerkbar machen.
Ob alles so zutreffen würde, konnte niemand von uns sagen, doch für Jane war es kein Spaß gewesen. Sie war auch aus bestimmten Gründen nicht mitgekommen, weil sie der Meinung war, dass es zwei Orte gab, an denen wir präsent sein mussten.
Bisher war nichts Ungewöhnliches geschehen, abgesehen von Kevin Whites Schwäche. Es war auch noch nicht dunkel geworden. Wir befanden uns in einer Zeit, in der sich der Tag bald verabschieden würde, um der Dämmerung Platz zu schaffen.
Erste Insekten flogen durch die Luft. Tanzten, bewiesen, dass der Winter endgültig vorbei war. Ich kam mir vor wie jemand zwischen Himmel und Erde. Die Weite über und auch die Weite unter mir. Ein sehr flaches Gelände, von wenigen Straßen durchzogen, die zu den ebenfalls wenigen Ortschaften führten. Sie lagen verstreut in der Ebene. Wie hingekegelt.
Ich sprach Kevin an. »Geht es wieder?«
Er stöhnte zunächst. Dabei kam er auf mich zu. »Ja, ich denke, dass es mir besser geht, John.«
»Es ist nicht mehr weit. Wenn Sie wollen, können Sie auch hier bleiben und warten.«
»Nein, auf keinen Fall. Mitgegangen, mitgefangen. Daran halte ich mich schon. Außerdem möchte ich dabei sein, wenn wir den Beweis präsentiert bekommen.«
»Sie kennen sich ja aus.«
»Leider. Anders wäre es mir auch lieber gewesen.«
Der Beweis bestand darin, dass wir von der Existenz des Hexenherzens erfahren würden. Wie genau, darüber hatte sich Kevin White ausgeschwiegen. Er war allerdings davon überzeugt, dass uns der Beweis gelingen würde, und ich hatte ihn auch nicht mit weiteren Fragen gequält.
Diesmal blieben wir zusammen. Wir gingen auch nicht mehr so schnell. Ich beobachtete meinen Begleiter von der Seite her. White hatte sich wieder erholt. Er sah nicht mehr so schlimm aus. Zwar zeichnete die Anstrengung sein Gesicht, aber der Schweiß war getrocknet, und er atmete auch nicht mehr so schwer. Seine Lederjacke stand offen. Die Hände hatte er in die Taschen geschoben. Während er ging, sprach er mit sich selbst. Worte verstand ich nicht, aber Kevin White wirkte sehr konzentriert.
Mir fielen einige Vögel mit dunklem Gefieder auf, die hoch über unseren Köpfen kreisten. Sie wirkten auf mich als suchten sie einen günstigen Landeplatz.
Ich dachte daran, dass zu den Hexen immer diese dunklen Vögel gehörten. Man hatte die Hexen mit Krähen und Raben zusammen gezeichnet – und natürlich mit den Besen, auf denen sie in der Walpurgisnacht durch die Luft ritten, um es später mit dem Teufel zu treiben.
Von derartigen Vorgängen hatte Kevin White nicht gesprochen. Auf meine Fragen hin hatte er sie auch nicht ausschließen wollen und immer nur mit den Schultern gezuckt.
Steiler wurde der Weg nicht. Nur der Bewuchs zeigte sich karger. Manchmal sah das Gras aus wie ein dünner Teppich, auf dem noch helle Regentropfen hingen. Meine Kondition war besser als die meines Begleiters, der wieder ins Schwitzen geraten war. Kurzatmig bewegte er sich mit kleinen Schritten voran, schüttelte öfter den Kopf, wandte sich allerdings mit seinen Problemen nicht an mich.
Wenn er reden wollte, war das seine Sache. Ebensogut wie das Schweigen, und auch ich hielt den Mund. Außerdem waren es nur wenige Schritte bis zur Hügelkuppe. Schon jetzt war das Gelände flacher geworden und lief schließlich eben aus.
Ich blieb stehen. Drehte mich, um den Rundblick von hier oben zu genießen.
Er war schon gut. Weit ins Land hinein konnten wir schauen. Für Landschafts-Fans war dies ein idealer Ausgangspunkt. Ebenso für Maler, die einfach herrliche Motive fanden.
»Ja, John«, sagte Kevin White, stemmte die Hände in die Hüften und schaute sich dabei um. »Jetzt sind wir da.«
»Sie kennen diesen Ort ja.«
»Und ob. Ich bin nicht zum ersten Mal hier. Wir können nur hoffen, dass wir Glück haben.«
»Womit?«
Er lachte leise. »Wollen Sie damit andeuten, dass Sie vergessen haben, was ich Ihnen gesagt habe?«
»Nein, keineswegs. Ich möchte gern einen Beweis erhalten.«
Er wies mit dem rechten Zeigefinger nach unten. »Da«, sagte er, »da unter unseren Füßen befindet sich der Beweis. Sogar der schlagende Beweis, wenn man es genau nimmt.«
»Den wir hören müssten.«
»Das hoffe ich. Wenn nicht, seien Sie bitte nicht enttäuscht. Dann möchte ich, dass Sie trotzdem noch bleiben, John. Ist das in Ihrem Sinne? Oder würden Sie sich weigern?«
»Nein, auf keinen Fall. Ich bin ja nicht grundlos mit Ihnen gekommen. Wie lange müssen wir warten, bis sich etwas tut? Oder können wir die Dinge beschleunigen?«
»Nein, leider nicht.« Seine Stimme hatte einen etwas traurigen Klang bekommen. »Dazu sind wir zu schwach. Wir müssen uns darauf verlassen, dass sich die andere Seite meldet.«
»Zora, die Hexe.«
»Nein, John.« Er deutete wieder zu Boden, und diesmal zuckte sein Finger auf und nieder. »Nur das, was man von ihr zurückgelassen hat oder was von ihr übrig geblieben ist.«
Ich war einverstanden. Im Prinzip gehöre ich zu den bequemen Menschen. Wenn eben möglich, versuche ich immer, das Beste aus einer Situation zu machen, und das war auch hier der Fall. Ich hatte einen Stein entdeckt, der hoch genug aus dem Erdboden hervorragte, um als Sitzplatz zu dienen. Kevin White schaute mir zu, als ich mich setzte.
»Fehlt nur noch der Picknickkorb«, sagte er.
»Richtig.«
»Ich bezweifle, dass es so gemütlich werden wird, John. Aber ich bin froh, dass Sie gute Nerven haben. Das allerdings hat mir schon Ihre Freundin Jane Collins erzählt, und die muss es ja wissen. Außerdem möchte ich Ihren Job auch nicht haben.«
»Man gewöhnt sich an vieles, Kevin.«
Während ich meinen Platz...