Dark John Sinclair - Folge 0585
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8387-3365-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Unterwelt
E-Book, Deutsch, Band 585, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
ISBN: 978-3-8387-3365-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989!
Unterwelt.
Da waren der Regen, die Dunkelheit und die verfluchte Müdigkeit!
Wie oft sich Jerry Long in den letzten dreißig Minuten schon über die Augen gewischt hatte, wusste er nicht. Jedenfalls zu oft, um noch eine lange Strecke zu fahren.
Zu seinem Glück brauchte er das nicht. Er hatte den Süden der Millionenstadt London schon erreicht, wo die Gegend nicht städtisch aussah, die Menschen sich noch an Wiesen, Weiden und Wäldern erfreuen konnten.
Davon sah Jerry Long nichts. Der Regen, die Umgebung, das Licht der Scheinwerfer, alles verschwamm zu einer zuckenden, gelblichweißen Masse.
Jerry hörte das harte Klatschen der Wischblätter. Die Straße war auch nicht mehr die Beste. Spurrillen zeichneten sie, in denen sich das Wasser gesammelt hatte, das hoch aufspritzte, wenn die schweren Reifen des Fahrzeugs hindurchglitten.
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Unterwelt
Da waren der Regen, die Dunkelheit und die verfluchte Müdigkeit!
Wie oft sich Jerry Long in den letzten dreißig Minuten schon über die Augen gewischt hatte, wusste er nicht. Jedenfalls zu oft, um noch eine lange Strecke zu fahren.
Zu seinem Glück brauchte er das nicht. Er hatte den Süden der Millionenstadt London schon erreicht, wo die Gegend nicht städtisch aussah, die Menschen sich noch an Wiesen, Weiden und Wäldern erfreuen konnten.
Davon sah Jerry Long nichts. Der Regen, die Umgebung, das Licht der Scheinwerfer, alles verschwamm zu einer zuckenden, gelblichweißen Masse.
Jerry hörte das harte Klatschen der Wischblätter. Die Straße war auch nicht mehr die Beste. Spurrillen zeichneten sie, in denen sich das Wasser gesammelt hatte, das hoch aufspritzte, wenn die schweren Reifen des Fahrzeugs hindurchglitten.
Der Regen fiel wie ein Meer nach unten. Hinzu kam der steife Wind, der die Tropfen in schrägen Bahnen gegen die Bäume wehte, in deren Geäst die jungen Blätter hingen. Sie sahen aus, als wären sie lackiert worden.
Wieder gähnte Long. Diese ewigen Wetterwechsel machten ihn kaputt. Er war von Sheffield heruntergekommen, eine verdammt lange Strecke bis London, und das bei einem Wetter, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagte.
Einen Hund wohl nicht, dafür eine Katze.
Es geschah in einem der wachen Augenblicke, die Jerry Long auch hatte. Von der rechten Seite her, irgendwo aus der Tiefe des schmalen Straßengrabens, löste sich der Schatten. Er sprang und streckte sich dabei, sodass er fast auf das Doppelte wuchs.
Plötzlich erfassten ihn die Scheinwerfer. Die schwarze Katze fiel förmlich in die Helligkeit hinein. Sie hatte zudem den Kopf gedreht, sodass der Fahrer ihr Gesicht erkennen konnte.
Dort fielen ihm besonders die Augen auf. Sie glänzten facettenreich wie farbige Diamanten, ein Licht, das Jerry Long zugleich irritierte und ihn in einem Reflex auf die Bremse treten ließ.
Der Wagen rutschte auf dem glatten Belag noch ein Stück weiter. Als er endlich stand, wusste Jerry aber immer noch nicht, ob die Katze noch einmal mit dem Leben davongekommen war.
Jerry fuhr nicht weiter. Er öffnete den Wagenschlag und stieg aus. Der Regen und die Kälte würden ihm guttun, vielleicht machten sie ihn wach. Die Wassertropfen trommelten auf seine Lederjacke und rannen als lange Bahnen nach unten.
Wenn ihn nicht alles täuschte, musste die Katze an der linken Seite liegen.
Er ging hin, bückte sich, schaute nach und sah das Tier nicht.
Long hob die Schultern. »Glück gehabt«, murmelte er und wischte das kalte Regenwasser aus seinem Gesicht. Kalt war das Zeug wirklich, denn dazwischen zeichneten sich einige Schneeflocken ab.
Schneeregen Ende April, das war mal wieder superverrückt.
Er wollte einsteigen, als er die Bewegung innerhalb des nassen Schleiers sah.
Genau am anderen Straßenrand zeichnete sich der Schatten ab, fast noch im Bereich der Scheinwerfer.
Das war die Katze!
Sie musste es geschafft haben, bis dorthin zu springen und sich in Sicherheit zu bringen.
Jetzt kletterte sie hervor, kam jedoch nicht auf den Mann zu, sondern blieb geduckt hocken.
Er sah wieder die Augen, die aus zahlreichen Farben zu bestehen schienen.
Long ging auf das Tier zu. Er schalt sich selbst einen Narren, dass er dies tat, aber es herrschte kein Verkehr. Weit und breit war auf der Nebenstraße niemand zu sehen.
Die Katze rührte sich nicht. Das Fell lag klatschnass auf ihrem Körper.
»Na komm!«, sagte Long. »Ich will dich wenigstens streicheln, wenn ich dir schon das Leben gerettet habe.«
Die Katze reagierte tatsächlich, was er wiederum nicht für möglich gehalten hätte.
Sie kam vor und bewegte sich in den Lichtteppich hinein, wobei sie an dessen Rand stehen blieb und nur die vordere Hälfte ihres schwarzen Körpers erfasst wurde.
Plötzlich öffnete sie den Mund!
Es geschah langsam, als wollte sie gähnen. Jerry Long schaute auch nicht weg, er konnte es nicht, denn er sah die Zahnreihen im bleichen Licht glänzen.
Und er sah noch mehr!
Es waren die beiden messerartigen Zähne, die aus dem Oberkiefer wuchsen und vorn so spitz waren, als hätte man sie angefeilt. Unnatürliche Zähne, wie man sie bei einem normalen Tier nicht sah. Höchstens bei einem Vampir, und der Fahrer erinnerte sich wieder an die zahlreichen Gruselfilme, die er gesehen hatte.
Ja, derartige Zähne besaßen Vampire!
Etwas wehte ihm entgegen. Es durchdrang sogar das Klatschen der Regentropfen auf den Asphalt. Ein wütendes, ein gefährlich klingendes Fauchen, sehr böse und aggressiv.
Jerry Long spürte die Gänsehaut auf dem Rücken. Und die entstand nicht nur wegen der Kälte. Sie war durch das verdammte Fauchen entstanden, das sich so gefährlich anhörte.
Long bekam es mit der Angst zu tun. »Verflucht!«, flüsterte er, »das darf nicht wahr sein. Das ist ein kleines Monstrum.« Er ging sicherheitshalber zurück und erreichte die noch offenstehende Tür des Fahrerhauses. So schnell wie möglich stieg er ein. Der Motor lief noch. Aus dem Auspuff quollen graue Wolken in die Regenschleier.
Mit einem lauten Krach hämmerte er die Tür zu, wollte starten, als sich der Schatten wieder bewegte.
Abermals sprang er schräg durch das Licht der beiden Lampen und erreichte die Kühlerhaube.
Klatschend landete die Katze auf der nassen Fläche, schlug mit einer Pfote gegen die Scheibe und hätte beinahe noch einen der Wischer abgerissen.
Weg! Nur weg! dachte er. Jerry Long traute es der Katze durchaus zu, dass sie die Frontscheibe zertrümmerte und ihn angriff. So schnell war er selten gestartet.
Der Wagen ruckte an, die Katze schüttelte es durch, sie blieb aber sitzen.
Dann drehte Jerry Long heftig das Lenkrad nach rechts und links, damit der Wagen in schlingernde Bewegungen geriet, aber trotzdem nicht in den Graben rutschte.
Die Katze konnte sich auf der glatten Kühlerhaube nicht halten. Sie wurde nach links gedrückt, rollte herum und war plötzlich verschwunden.
Das Tier tauchte auch nicht mehr im Lampenschein auf. Jerry Long atmete tief durch. Er wusste nicht genau, ob nur Nässe auf seinem Gesicht lag oder auch Schweiß.
Wahrscheinlich vermischte sich beides.
Von Müdigkeit spürte er keine Spur mehr. Er war richtig aufgewühlt worden und raste davon. Das Erlebnis in dieser rabenschwarzen Regennacht würde er niemals vergessen. Eine Katze mit Vampirzähnen – wer würde ihm das glauben?
Keiner. Deshalb beschloss er auch, sein Erlebnis für sich zu behalten.
*
»Heute Nacht werde ich sterben und anschließend wieder zum Leben erweckt werden, Mum …« Cathy Child hatte den Satz mit einer dermaßen ernsten Stimme gesprochen, dass sich ihre Mutter erschreckte.
»Was redest du denn da, Kind?«
Die blonde Cathy nickte. »Mummy, ich werde sterben und dann doch nicht tot sein.«
Lorna Child räusperte sich. »Mal ganz ruhig und wieder von vorn, mein Schatz. Mit so etwas scherzt man nicht. Du wirst heute ins Bett gehen und ebenso normal aufwachen wie immer.«
»Nein, Mum! Heute nicht.«
Cathy saß ihrer Mutter gegenüber. Sie trug bereits ihr Nachthemd und darüber einen Bademantel. Ihr Gesicht, von blonden Haaren umrahmt, war bleich und wirkte sehr ernst; die Augen jedoch schauten nicht traurig drein.
Es war verrückt, was Cathy da gesagt hatte, aber irgendwo doch verständlich. Lorna musste daran denken, dass ihr Kater Mickey verschwunden war. Cathy hatte gesehen, wie Mickey im Garten von einem Fremden gepackt und auch gebissen worden war. Er hatte sich verändert, ihm waren zwei Vampirzähne gewachsen, und Harold Child, der momentan nicht im Haus war, hatte sogar die Polizei darüber informiert. Bisher jedoch war nichts geschehen. Kein Beamter hatte am vergangenen Tag nachgefragt.
Lorna Child fühlte sich unwohl. Plötzlich gefiel ihr das einsam stehende Zuhause nicht mehr. Die Familie wohnte in einem Gartenhaus inmitten eines entsprechenden Gartengeländes. Sie waren die Einzigen, die das Haus ausgebaut und so isoliert hatten, dass sie das ganze Jahr über hier leben konnten. Zum Haus gehörte ein Garten, der sich in zwei Hälften teilte. In einen Nutz- und einen Ziergarten.
»Wie kommst du denn darauf, Cathy?«
Die Zwölfjährige hob die Schultern. Für ihr Alter war sie ziemlich klein und auch noch verspielt. »Ich habe es einfach im Gefühl, Mum.«
»Und wer sollte ausgerechnet dich töten wollen, Kind?«
»Nicht töten, Mummy, in ein anderes Leben führen, wenn du verstehst. Mickey wird kommen und mich beißen. Er hat so lange Zähne, der ist ein Vampir geworden.«
»Hör doch auf, Kind, wer soll dir das glauben?«
»Ich weiß es, Mum.«
»Ja, aber ich kann es dir nicht abnehmen. Möchtest du bei uns im Bett schlafen?«
»Nein, in meinem Zimmer. Ich warte auf ihn. Er … er kommt ganz bestimmt, glaub mir.«
»Und woher weißt du das?«
Cathy lächelte und schaute dabei gegen das Fenster, hinter dessen Scheibe der Regen in langen Fäden aus tiefhängenden Wolken rann und das Land überschwemmte. »Es ist ein Gefühl, Mum. Ich stehe mit Mickey in Verbindung. Er war von klein auf mein Kater, meine Katze, ich habe ihn großgezogen, ich gab ihm damals die Flasche, weil er noch zu jung war. Ich kann mich noch genau daran erinnern, er sicherlich auch.«
»Cathy, dein Mickey ist ein Tier, kein Mensch. Er … er …« Lorna hob die Schultern. »Er hat keine Erinnerung daran. Das ist alles Unsinn, du spinnst dir etwas zusammen, Kind. Selbst die Polizei...




