Dark John Sinclair - Folge 0449
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8387-3209-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Schreckgespenst
E-Book, Deutsch, Band 449, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
ISBN: 978-3-8387-3209-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989!
Das Schreckgespenst.
Gerade noch hatte Marilyn Mansfield über die Witze eines dieser Partylöwen gelacht. Sekunden später war es ihr bereits vergangen. Wehrlos war sie einem Horror-Wesen ausgeliefert, das auf der Bühne über sie herfiel. Der ungleiche Kampf erregte kaum Aufsehen, denn die Geräusche gingen im allgemeinen Partylärm unter. - Später wird das Schreckgespenst für die Bluttat verantwortlich gemacht, und die Großfahndung läuft an. Einsatzleiter ist der Spezialist für übersinnliche Fälle, der Scotland-Yard-Beamte John Sinclair.
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
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Das Schreckgespenst
Gerade noch hatte Marylin Mansfield auf der Bühne gestanden und gelacht. Sekunden später war sie bereits dem Horrorwesen ausgeliefert, das gnadenlos mit seiner Krallenpranke zuschlug.
Marylin schrie nicht einmal. Der Schock war zu groß. Plötzlich öffnete sich der Vorhang wie das gewaltige Maul eines Ungeheuers. Die Frau verschwand darin.
Geräusche erklangen. Ein Knacken, als würde Eis brechen. Dann ein dumpfes, erstickt klingendes Gurgeln, aber diese Laute gingen im Allgemeinen Partylärm unter …
»Nimmst du Soße, Mayonnaise oder einfach nur Öl zum Salat?« erkundigte sich Bill Conolly bei seiner Frau.
Sheila schaute ihn an. »Nichts dergleichen.«
Ach.«
»So ist es.«
»Willst du überhaupt nichts essen?«
»Doch, aber das suche ich mir selbst aus. Ich möchte die Salate mal weglassen …«
Bill schüttelte den Kopf. »Ich denke, das sind Schlankmacher.«
»Aber das Filet auch.« Sheila lächelte. »Hauchdünn geschnitten. Carpaccio nennt man so etwas. Dazu eine leichte Sauce, es schmeckt fantastisch.«
»Hast du das schon mal gegessen?«
»Sicher.«
»Ohne mich.«
»Genau.«
Der Reporter nickte und griff zu seinem Bierglas. Er trank an diesem heißen Sommerabend Bier. Das andere Zeug überließ er den vornehmen Gästen des Presse-Klubs, der sein Sommerfest gab und dabei im Untergeschoss die altehrwürdigen Räume regelrecht entweiht hatte, denn Feiern fanden dort nicht statt.
Man hatte auch noch den Park mit einbezogen. Unter den alten Ulmen standen die weißen Bänke oder Stühle. Runde und viereckige Tische glänzten ebenfalls weiß lackiert im Licht der Laternen, die extra installiert worden waren.
Ein Party-Service hatte die Bedienung gestellt.
Das große Büfett stand auf der Terrasse. Drei Köche bedienten dort. Sie trugen ihre hohen Mützen und hatten für jeden Gast ein Freundliches Lächeln übrig.
Ein Koch stand am Grill, wo es die Steaks und die Hammelstücke gab, auf die Bill verzichtet hatte, weil sie ihm zu fett waren. Er hatte sich einen herrlichen Platz unter den Zweigen einer Ulme ausgesucht, nuckelte an seinem Bier und schaute dem Treiben zu.
Jetzt sah er seiner Frau nach, die über den Rasen schritt und sich in ein sommerliches Kleid aus strahlendem Weiß gehüllt hatte.
Gegen die Kühle hing noch ein blauer Leinen-Blazer über der Banklehne, direkt neben Bill, der ebenfalls ein Jackett aus Leinen trug. Es stellte die Schultern ziemlich weit aus, war kurz geschnitten, und das blaue Streifenhemd darunter stand am Hals offen.
Sheila und ihr Mann waren der alljährlichen Einladung des Presse-Klubs gefolgt. Einmal im Juli feierten die Mitglieder ein großes Sommerfest. Was in London pressemäßig Rang und Namen hatte, war vertreten, und auch so manche Politiker ließen sich blicken. Zum Glück war das Gelände groß genug, sodass sich mehrere hundert Gäste dort verteilen und auch im angrenzenden Park zu ungestörten Gesprächen und mehr verschwinden konnten.
Natürlich kannte man Sheila. Auf dem Weg zum Büfett wurde sie mehrmals angesprochen, sagte hier ein Wort, gab einige unverbindliche Sätze von sich, lachte mal und schlenderte ansonsten weiter.
Wer Champagner trinken wollte, konnte dies tun. Auch Wein wurde ausgeschenkt. Leicht grünlich schimmernder Chablis, sehr kalt serviert. Er schmeckte vorzüglich. Bill trank ihn zu einer kleinen Fischplatte.
Musik gab es nicht. Man hatte sich darauf geeinigt, auf eine Band oder Kapelle zu verzichten, denn viele Gäste waren gekommen, um sich zu unterhalten.
Als Bill das Glas wegstellte, fiel von der Seite her ein Schatten auf ihn. »Darf ich mich setzen, Bill?«
»Ah, Sir Wilfried, natürlich.«
Sir Wilfried Cavendish war Chef des Presse-Klubs, selbst Verleger und einer der Großen in der Branche. Ein Gentleman von 68 Jahren, aber noch immer voll auf der Höhe und überall dabei.
Man bezeichnete ihn als Energiebündel oder als den lebenden Buchstaben. Sehr groß, sehr hager, eisgrau das Haar, ebenso der Oberlippenbart, bot er das Bild eines perfekten Gentleman.
Sir Wilfried kannte Gott und die Welt. Zu den Gästen seiner Einladungen zu gehören, bedeutete schon etwas. Die Conollys waren immer dabei, auch im kleineren Kreis.
»Na, Bill, wie gefällt es Ihnen?«
»Hervorragend.«
»Sagen Sie das nur so?«
Der Reporter lachte. »Nein, um Himmels willen. Mir gefällt es tatsächlich gut. Wissen Sie, Sir Wilfried, ich brauche nicht zu tanzen, habe mich in die Nähe des Bierfasses gesetzt und werde hier in aller Ruhe genießen. Ein lauer Sommerabend, ein gutes Essen, nette Leute, was will man noch mehr?«
Sir Wilfried lachte. »Zuviel des Guten, mein Lieber. Viel zu viel. Sie tragen doch sonst nicht so dick auf.«
Bill schaute gegen das dunkle Filigran der Ulmenäste. »Ich trage nicht dick auf, mir gefällt es tatsächlich so gut.«
»Und Sheila?«
»Sie findet es ebenfalls toll. Momentan hat es ihr das Büfett angetan.«
»Ja, es ist gut.«
Bill trank sein Glas leer. »Ausgezeichnet, würde ich sagen. Besonders freue ich mich über das Bier.«
»Und Sie haben nichts gegessen?«
»Doch. Der Fisch war hervorragend.«
Sir Wilfried lachte und zupfte seinen gepunkteten Gurgelpropeller zurecht. »Es freut mich sehr, wenn meine Gäste zufrieden sind. Was macht das Geschäft? Läuft es?« Sir Wilfried lachte. »Eigentlich brauche ich Sie das nicht zu fragen. Ihre Frau hat ja das Kunststück geschafft, Sie im Hause zu lassen.«
»Darüber bin ich auch froh.«
Sir Wilfried hob die Schultern. »Wie lange arbeiten Sie schon freiberuflich?«
»Einige Jahre sind es. Ich habe nicht genau nachgezählt.«
»Ja, die Zeit vergeht. Ich will Ihnen ein Kompliment machen, Bill. Ihre Berichte faszinieren mich heute mehr als früher. Sie sind direkter geworden und interessanter.«
Bill lächelte. »Klar, ich kann mir die Themen eben selbst aussuchen.«
»Und was ist mit den Geistern?« Sir Wilfried zwinkerte Bill zu. »Immer noch auf Jagd?«
»Nicht direkt, aber manchmal rutsche ich eben mit hinein. Dann wird es spannend.«
»Und gefährlich.«
»Das gehört eben zum Job.«
Sir Wilfried lachte. »Wissen Sie eigentlich, dass auch dieses Haus einen Geist hat?«
»Nein.«
»Ja, er heißt Anchor.«
»Und?«
»Wir nennen ihn auch das Schreckgespenst.«
»Sieht der Geist so fürchterlich aus?«
Sir Wilfried hob die Schultern. »Ich weiß es nicht genau. Eigentlich überhaupt nicht, weil ich den Geist noch nie in meinem Leben gesehen habe.«
»Wer hat ihn dann beschrieben?«
»Beschrieben nicht direkt. Das Personal hat ihn mal gesehen. Die Putzfrauen, zum Beispiel. Das Schreckgespenst hat sie erschreckt. Es ist übrigens eine Geschichte, um die man sich kümmern sollte, Bill. Das Schreckgespenst gehört zu den alten Londoner Killer-Geistern.«
»Dann tötet es auch.«
»Ja.«
»Woher wissen Sie das?«
»Sie müssten mal die Chronik dieses Hauses lesen, dann wüssten Sie auch Bescheid. Jedenfalls sind wir stolz auf unser Schreckgespenst.«
»Hat es denn in letzter Zeit getötet?«
»Nicht dass ich wüsste. Aber eine Kollegin von mir hat sich des Falls angenommen. Sie arbeitet in meinem Verlag und will darüber eine Geschichte schreiben. Sie sehen, Bill, Sie bekommen Konkurrenz.«
»Ja, das merke ich schon. Wie heißt denn die Lady?«
»Marilyn Mansfield.«
»Kenne ich nicht.«
»Sie stammt aus den Staaten. Ihr Vater besitzt dort drei Zeitungen. Ich lernte ihn mal in Bebver kennen. Damals fragte er mich auch, ob seine Tochter bei uns volontieren oder hospitieren könne. Sie wollte sich die ersten Sporen in diesem Geschäft verdienen.«
»Ist sie auch hier?«
»Natürlich. Ich habe sie unter Flo Dennings Fittiche gestellt.«
Bill verzog das Gesicht. »Ausgerechnet Florence Denning. Musste das sein?«
»Was haben Sie gegen Flo?«
»Sie geht mir auf den Wecker.«
Sir Wilfried lachte. »Das ist gut, das ist wirklich gut. Ein Reporter geht dem anderen auf den Wecker. So etwas habe ich auch noch nicht gehört.« Er schlug Bill freundschaftlich auf die Schulter und erhob sich. »Wir sehen uns noch.«
»Ja, und ich bin froh, dass mich Florence noch nicht entdeckt hat.«
»Die kommt bestimmt noch. Schließlich hat der Abend erst angefangen. Schauen Sie mal, Ihre Frau. Die ist ja umlagert.«
Bill blickte nach rechts. Sheila stand mit einer Gruppe von Männern und Frauen zusammen. Man amüsierte sich köstlich.
Auch Bill blieb nicht länger sitzen. Von seinem Platz aus konnte er das Bierfass sehen. Es hatte seinen Platz auf einem viereckigen Gartentisch gefunden. Ein in einem Baum installierter Scheinwerfer warf seinen breiten Lichtarm gegen das Fass und ließ den Zapfhahn golden glänzen. Da auch frische gespülte Krüge auf dem Tisch ihren Platz gefunden hatten, nahm Bill sich einen und ließ das köstliche Naß hineinschäumen.
Es war tschechisches Pils, das aus dem Fass besonders gut schmeckte. Der Tag war verdammt schwül gewesen. Es hatte nach einem Gewitter ausgesehen, zum Glück war die dunkle Wetterwand vorbeigezogen. Nur in der Ferne hatte es gegrummelt.
Der Reporter war ein routinierter Zapfer geworden. Er schaffte es auch, das Glas so zu füllen, dass nichts überschäumte, drehte sich um und wollte mit seinem frischen Pils wieder an seinen Platz zurückgehen, als er eine Stimme hörte und erstarrte.
»Erwischt, Bill Conolly,...




