Dark John Sinclair - Folge 0118
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8387-2876-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Dämonenwolf
E-Book, Deutsch, Band 118, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
ISBN: 978-3-8387-2876-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989!
Der Dämonenwolf.
Er wütet im schottischen Hochland. Ein Großwildjäger nimmt seine Verfolgung auf.
Seine Leiche wird Tage später in einem Wald gefunden.
Da schaltet sich John Sinclair ein -
John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!
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Sie gingen sozusagen auf einen Trip ohne Rauschgift. Sie taten niemandem etwas. Doch zu den üblichen Beschimpfungen und Vorurteilen kam in dieser Septembernacht noch etwas.
Eine tödliche Bedrohung.
Die Flying Scotsmen, die fliegenden Schotten, wie sie sich selbst nannten, ließen ihre heißen Öfen auf einem Parkplatz neben der Fernstraße Edinburgh-Inverness ausrollen. Sie stellten sich in Reihe auf und lauschten dem dumpfen Dröhnen der Motoren. Ein harmloses Vergnügen.
Inzwischen schlich sich die Bestie lautlos an. Selbst bei Totenstille hätten die Ahnungslosen nichts gehört. Die Pranken des Ungeheuers berührten kaum den morastigen Boden. Die Dunkelheit schluckte die massige Gestalt des Sendboten der Hölle.
Tom, Anführer der Flying Scotsmen, nahm den Sturzhelm ab und schüttelte seine bis auf die Schultern hängenden Haare. Die zahlreichen Silberketten an seinen Handgelenken rasselten. Er grinste zu Della Bride hinüber. Sie war die einzige Frau in der Gruppe, 20, rassig und einfach eine Wucht. Das sah man trotz ihrer Lederkleidung. Tom wäre gern bei ihr gelandet, aber sie hatte ihn genau wie die anderen abblitzen lassen. In der Gruppe war sie ein Flying Scotsman unter zwölf anderen. Da lief nichts mit Sex. Das hatte Della durchgesetzt, und die zwölf jungen Männer akzeptierten es. Sie war eben ein Motorradfan wie die anderen auch.
Trotzdem grinste Tom zu Della hinüber und stellte sich vor, wie er dieses heißblütige Girl in die Arme nehmen könnte, wie sie beide ganz allein … Er schluckte. Ihre Lederjacke spannte sich über ihren Brüsten und schmiegte sich um ihre schmale Taille. Aufreizend saß sie auf dem Motorrad. Ihr Gesicht konnte er nicht erkennen, weil es hinter der Sichtscheibe des Sturzhelms verborgen blieb, aber er fühlte, dass sie ihn ansah.
Plötzlich wurde ihm unter seiner Lederkluft zu heiß. Er richtete sich hoch im Sattel auf und warf die Hand in die Luft.
»Los, mir nach!«, brüllte er wild, schloss den Sturzhelm und jagte mit Vollgas quer über den Parkplatz, dass sich seine Kawasaki aufbäumte wie ein bockendes Pferd.
Die anderen schrien und lachten, starteten und folgten ihrem Anführer hinaus auf die nächtliche Landstraße, auf der kein einziges Fahrzeug unterwegs war.
Zurück blieb am Rand des Parkplatzes die Bestie, geifernd und knurrend, fauchend und vor Wut und Enttäuschung scharrend. Ein riesiger Wolf mit tückischen, grünlich schimmernden Augen, in denen Hass gegen die Menschen glühte. Aus seinem weit aufgerissenen Maul tropfte giftiger Geifer. Die fleckige Zunge hing ihm zwischen den dolchartigen Zähnen heraus.
Aus der Kehle des Ungeheuers stieg ein wütendes Grollen. Ohne es zu ahnen, hatte Tom sich und seinen Leuten das Leben gerettet. Nur noch wenige Sekunden, dann hätte sich die Bestie auf sie gestürzt. Für mindestens einen von ihnen hätte es den sicheren Tod bedeutet.
Und sogar noch Schlimmeres!
So aber raste der Pulk der ahnungslosen Flying Scotsmen weiter in die Nacht hinein.
Der Dämonenwolf setzte sich ebenfalls in Bewegung. Er hatte die Witterung von Menschen aufgenommen und musste in dieser Nacht noch töten. Die sichere Beute war ihm entgangen, doch ein unheiliger Trieb zog ihn magisch zu einer anderen Beute.
Menschen waren in seiner Nähe, Menschen, die ihm nicht entkommen konnten, weil sie friedlich schliefen.
Der Dämonenwolf steuerte sein neues Ziel an, ein einsam gelegenes Haus inmitten der morastigen Hügel.
Sein siegessicheres Knurren hörte sich wie fernes Donnergrollen an, doch es war niemand in der Nähe, der es hörte und die unschuldigen Opfer warnen konnte.
*
»Cheers«, sagte ich und hob mein Glas. »So ein Frauenabend hat auch seine guten Seiten. Wann haben wir beide zum letzten Mal ein Glas zusammen getrunken?«
»Weiß ich nicht«, murmelte Suko.
Mein chinesischer Freund war an diesem Abend recht einsilbig. Ich merkte ihm deutlich an, dass er dem Frauenabend nur wenig abgewann.
»Wer hatte eigentlich die Idee, dass sich die Frauen zusammentun, um gemeinsam etwas zu unternehmen?«, fragte ich und nippte an meinem Scotch.
Suko hatte ein Glas mit Fruchtsaft vor sich stehen. Der massige Chinese mochte keinen Alkohol. »Das war Jane«, sagte er und warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, als wäre ich daran schuld. Jane war zwar meine Freundin, aber ich hatte ihr diesen Floh nicht ins Ohr gesetzt. »Jane meinte«, fuhr Suko anklagend fort, »wir Männer wären so oft zusammen auf Dämonenjagd, dass sich die Frauen auch einmal zusammenschließen könnten.«
»Als ob Jane nicht oft genug mit von der Partie wäre«, sagte ich grinsend und nahm noch einen Schluck. In dieser Nacht brauchte ich nicht mehr mit dem Auto zu fahren. Ich konnte so richtig entspannen. »Und was unternehmen Jane, Shao und Sheila? Weißt du Genaueres?«
Shao war Sukos Flamme, geradezu seine Feuersbrunst, eine tollaussehende Hongkong-Chinesin, die ihm nach England gefolgt war. Wer Shao einmal gesehen hatte, konnte verstehen, dass Suko sie lieber in seinem Apartment gehabt hätte als irgendwo unterwegs in London.
»Die drei Girls gehen jedenfalls keine Dämonen jagen«, antwortete er mit einem Anflug von guter Laune. »Shao hat etwas von einem schicken Restaurant gemurmelt. Mehr weiß ich auch nicht. Sie haben ein großes Geheimnis aus der Sache gemacht.«
»Meinetwegen!« Ich räkelte mich in meinem Sessel. »Fehlt nur noch Bill. Dann wären wir komplett.«
Bill Conolly, Reporter und ebenfalls erbitterter Feind der Dämonen, hatte jedoch daheim bleiben müssen. Da Sheila außer Haus war, betreute er den kleinen John, mein Patenkind, auf das ich mächtig stolz war. Eine Weile redete ich über John junior, bis ich merkte, dass Suko mir gar nicht zuhörte.
»He, wach auf!«, rief ich meinem chinesischen Freund zu. »Ich dachte, wir wollten feiern, dass wir Strohwitwer sind.«
Suko stellte sein Glas ab. »Tut mir leid, ich bin nicht so recht in Stimmung«, murmelte er.
»Nur wegen Shao?«, fragte ich gespannt.
»Weißt du, John, ich hätte nie gedacht, dass ich mich so an einen Menschen gewöhnen könnte.« Er grinste verlegen. »Ich meine, richtig gewöhnen. Wenn Shao nicht ständig um mich ist, fehlt mir etwas.«
»Kann ich schon verstehen«, antwortete ich und dachte an Jane. Mit ihr erging es mir ähnlich. »Aber ist da nicht noch etwas? Ich kenne dich! Heraus mit der Sprache.«
Er stand auf und ging mit kraftvollen Schritten in meinem Apartment auf und ab. Seine Wohnung lag Wand an Wand mit meiner. Es war sehr praktisch, da wir oft gemeinsam gegen Geister und Dämonen anrückten.
»Ich mache mir Gedanken«, erklärte er. »In Schottland ist ein Wolf aufgetaucht.«
»Ich habe davon gehört«, erwiderte ich und kramte in meinem Gedächtnis. »Reichlich ungewöhnlich.«
»Eben!« Suko blieb vor mir stehen und sah mich eindringlich an. »Hast du die Beschreibungen in den Zeitungen gelesen? Mal ist er groß wie eine Kuh, dann wieder wie ein Haus, dann wieder wie ein Schäferhund.«
»Die üblichen Übertreibungen und Ungenauigkeiten von Zeugen«, wiegelte ich ab. »Das kenne ich.«
»Trotzdem.« Suko war mit dieser Erklärung nicht zufrieden. »Mir gefällt die Sache nicht. Er hat schon zahlreiche Schafe gerissen, aber nicht gefressen. Und er hat ein paar Leute angegriffen, die nur im letzten Moment entkommen sind.«
»Ihr Glück«, sagte ich und wusste noch immer nicht, worauf Suko eigentlich hinaus wollte.
»Hast du nicht gelesen, wohin sich diese Leute gerettet haben?«, fragte er erwartungsvoll. »Zwei sind in letzter Sekunde in eine Dorfkirche gelaufen, ein Mann flüchtete sich auf einen Friedhof und ging hinter einem Grabkreuz in Deckung. Und eine Frau erreichte mit letzter Kraft ein Wegkreuz. Der Wolf hat daraufhin die Flucht ergriffen.«
Ich horchte auf. Das klang interessant. »Du meinst, es wäre ein Fall für uns? Schon möglich, Suko, aber so lange ich keine Anhaltspunkte habe, komme ich im Yard nicht los. Immerhin bin ich Oberinspektor in diesem Verein, und wir haben mehr als genug Arbeit.«
»Es war auch nur eine Idee.« Suko setzte sich endlich wieder und griff nach seinem Glas. »Hätte ja sein können, dass …«
Er sprach seinen Gedanken nicht aus, aber ich wusste auch so, was er sagen wollte. Die Hölle verstärkte ihre Angriffe an allen Fronten, und sie schickte immer neue und gefährlichere Kämpfer. Möglicherweise war dieser Wolf ein Sendbote des Bösen, aber ich konnte nicht so einfach nach Schottland fahren.
»John!« Suko lachte. »Jetzt träumst du!«
»Wie?« Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. »Was hast du gesagt?«
Sukos Gesicht zog sich grinsend in die Breite. »Cheers«, rief er. »Auf unsere Frauen!«
»Cheers, auf unsere Frauen!«, gab ich seinen Trinkspruch zurück und dachte an den Wolf in Schottland. Suko hatte mir einen Floh ins Ohr gesetzt. Sogar einen ganzen Flohzirkus!
*
In einem breiten Pulk rollten die Motorräder die Überlandstraße entlang. Nicht ein einziger Scheinwerfer tauchte vor ihnen auf. Schottland schien ausgestorben zu sein.
Das war ungewöhnlich, obwohl es eine einsame Gegend war. Normalerweise waren jedoch immer Wagen unterwegs. Die Strecke von Edinburgh nach Iverness gehörte zu den Hauptstraßen Schottlands.
Angst hielt die Menschen davon ab, sich nachts auf die Straßen zu wagen. Angst vor einem Wolf, über den man sich seit einigen Wochen scheußliche Dinge erzählte. Die Flying Scotsmen kannten diese Stories auch, aber sie waren moderne junge Leute und lachten darüber. Sie hielten das alles für Unfug. Deshalb betrieben sie auch jetzt noch ihr Hobby.
Es war elf Uhr...




