Dark John Sinclair - Folge 0069
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8387-2823-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der unheimliche Bogenschütze
E-Book, Deutsch, Band 69, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
ISBN: 978-3-8387-2823-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979!
Der unheimliche Bogenschütze.
Die Augen des Burgverwalters funkelten böse, als er aus dem Fenster schaute. >>Ich werde es schaffen<<, flüsterte er. >>Ich lasse mir meine Burg nicht zerstören. Und wenn sie es doch versuchen, werden sie es teuer bezahlen. Sie kommen alle an die Reihe. Einer nach dem anderen ...<<
Roman Willard nickte zufrieden und rieb sich seine schweißfeuchten Hände, denn er brauchte nicht selbst als Rächer aufzutreten. Dafür hatte er einen anderen. Einen teuflischen Komplizen.
Den unheimlichen Bogenschützen!
John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!
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»Du hast genug, Spider«, sagte Tim Lennox, der Wirt vom Lennox’Inn. »Hör auf zu saufen. Jetzt gibt’s nichts mehr!«
»Ach verdammt.« Spider schleuderte den Bierkrug über den langen Tresen, dass er bis zur Kante rutschte, das Übergewicht bekam und zu Boden fiel, wo er zerbrach.
Tim Lennox schaute Spider an.
Spider grinste. —Sie nannten den Waldarbeiter so, weil er dünn wie eine Spinne war. – Seinen richtigen Namen hatte er vergessen, aber seine langen Finger und sein Körperbau erinnerten gewisse Leute eben an eine Spinne.
Er grinste. »Was ist, Tim?«, fragte er mit unsicherer Stimme. »Hast du das im Ernst gemeint oder im Spaß?«
»Im Ernst natürlich.«
Spider kicherte hohl. »Dann sei froh, denn Spaß kann ich nicht vertragen.« Er lachte schallend über seinen eigenen Witz und schlug dabei mit der flachen Hand auf den Tresen.
Tim Lennox aber wollte seine Ruhe haben. Er verließ seinen Platz hinter der Theke und ging mit festen Schritten auf den letzten Gast zu. Lennox war ein kräftiger Mann. Er wusste sich zu wehren, wenn jemand Krawall machte. Und wenn solche Typen wie Spider nicht gehen wollten, dann schaffte er sie auf seine Weise aus dem Lokal.
Seine rechte Hand legte sich in Spiders Genick.
Der dürre Kerl ging direkt in die Knie, als er den Griff spürte. »Was —was machst du mit mir?«, keuchte er.
»Ich will, dass du verschwindest, Spider! Zahl deine Zeche, und dann hau ab!«
Spider grunzte. »Meine Zeche zahlen?« , wiederholte er.
»Ja, genau.«
Plötzlich kicherte der Dürre. »Aber ich habe keinen Penny in der Tasche.« Er lachte meckernd und amüsierte sich köstlich über das erstaunte Gesicht des Wirts. Der hatte Spider nämlich vor Schreck losgelassen, sodass sich die beiden Männer jetzt gegenüberstanden.
»Du hast wirklich keinen Penny, Spider?« , fragte Tim Lennox drohend.
»Nein, wenn ich es dir doch sage.«
Tim Lennox geriet in Wut. Wuchtig rammte er seine Faust gegen Spiders Schulter. Er schleuderte den Kerl quer durch das Lokal auf die Tür zu.
Spider stolperte über einen Stuhl, verlor das Gleichgewicht und fiel lang hin.
Der Wirt kam ihm nach. »Raus! schrie er. »Raus aus meinem Gasthaus! Verschwinde, du Stinker. Und lass dich nie mehr hier sehen, sonst setzt es was!«
Schwerfällig zog sich Spider an einem Stuhl hoch. Er nickte. »Ich —ich hau ja schon ab, Tim. Bin – bin bereits weg. Und dein Geld, das kriegst du auch. Wirklich.«
»Ja, ja.« Der Wirt nickte und hielt dem letzten Gast bereits die Tür auf.
Kühle Nachtluft wehte in den Raum. Dicht neben dem Gasthaus begann bereits der Scalford Forest, ein tiefer, urwaldähnlicher Wald, der einen Halbkreis um die Ortschaft Scalford und deren alte Burg bildete.
Die Burg thronte auf einem Hügel. Sie war schon einige hundert Jahre alt, aber noch sehr gut erhalten.
Spider blieb neben dem Wirt noch einmal stehen. »Das – das von vorhin war doch nicht so gemeint —oder?«
»Ich will dich hier nicht mehr sehen!«, zischte der Wirt.
»Okay, ich gehe …«
Spider wankte hinaus. Er ging drei Schritte geradeaus und wandte sich dann nach rechts. An einer alten Wassertonne, die unter einer Dachrinne stand, lehnte sein Fahrrad.
Es war ein Drahtesel, bei dem wirklich nur noch die Räder intakt waren. Alles andere konnte man vergessen. Diese Blechteile wurden vom Rost zusammengehalten.
Vor sich hin brabbelnd, schob Spider sein Fahrrad auf den an der Kneipe vorbeiführenden Feldweg zu und warf noch einen Blick auf den Eingang.
Tim Lennox war verschwunden. Er hatte die Tür von innen geschlossen. Soeben löschte er das Licht.
»Arsch«, sagte der Betrunkene und stieg auf seinen alten Drahtesel. Beim ersten Mal kippte er zur Seite, doch der zweite Versuch brachte ihn in den Sattel.
Das Fahrrad besaß einen sogenannten Gesundheitslenker. Es stammte noch aus den späten fünfziger Jahren. Eine Gangschaltung fehlte ebenso wie Vorderradbremsen und ein intakter Dynamo.
Spider fuhr den Weg nach Hause ohne Licht. Erkannte sich im Wald aus. Schließlich hatte er dort seinen Arbeitsplatz. Seine Hütte stand ebenfalls im Wald. Er schlief im Holzfällerlager. Wenn er sich waschen wollte, was selten genug vorkam, ging er kurzerhand zum nächsten Bach.
Spider war ein richtiges Naturkind.
Schrecken hielt der Wald für ihn keine parat. Außerdem: Wer sollte ihm schon etwas tun? Man kannte ihn ja, und Reichtümer gab es bei ihm sowieso nicht zu holen.
Spider war meistens pleite.
Auch in dieser Nacht.
Es war zehn Minuten vor der Tageswende, als er losradelte. Schimpfend, denn die Schmach wollte er dem Wirt heimzahlen, das hatte er sich fest vorgenommen.
Quietschend setzte sich der alte Drahtesel in Bewegung. Das Hinterrad war fast platt. Doch zum Pumpen war Spider zu faul.
Der Weg war nicht gerade sehr breit. Trotzdem fuhr Spider Schlangenlinien. Er eierte auf seinem Drahtesel daher, dass er dabei an einen Star aus der Stummfilmzeit erinnerte. Man konnte darauf warten, dass er aus dem Sattel kippte.
Doch das geschah nicht. Freund Spider hatte schon Routine. Er fuhr ja nicht zum ersten Mal betrunken. Wenn er sich auch kaum auf den Beinen halten konnte, im Sattel blieb er immer.
Besoffen fahre ich wie ein junger Gott, so lautete seine Devise. Die meisten glaubten es ihm auch.
Als die kleine Steigung begann, wurde es schwierig. Die konnte Spider nicht nehmen und dabei im Sattel bleiben. Er musste runter. Spider stieg also vom Rad und schob es kurzerhand neben sich her.
Die Bäume links und rechts des Weges zeigten das dichte Laub des Sommers. Sie hatten ihre Zweige ausgebreitet und bildeten damit über dem Weg ein natürliches Dach, durch das hin und wieder das Licht des Mondes schimmerte.
»Der —der Mond«, brabbelte Spider, und er überlegte krampfhaft, ob ihm nicht irgendein Lied einfiel, das auf den Mond passte, aber ihm fiel keins ein. Wohl einige schmutzige Verse aus der Militärzeit, doch auf die konnte er jetzt verzichten, denn es waren keine Zuhörer in der Nähe.
Er hatte nach einigen Minuten den höchsten Punkt erreicht. Schwer atmend blieb er stehen. In seinem Schädel brummte und sauste es. Das war bereits der Beginn des Katers.
Spider rülpste.
Und er hatte Durst.
Jetzt hätte er gern einen Schluck genommen. Er stellte sich vor, einen Krug mit kühlem Bier in den Händen zu halten, doch es war nur der Lenker, den er zwischen seinen Fingern hielt.
Der Weg senkte sich auf eine Kreuzung zu. Von dort führte links und rechts ein breiterer Fahrweg tiefer in den Wald hinein und auch zum Camp der Holzfäller.
Spider radelte los.
Jetzt wurde es schwierig. Erstens ging es bergab, und zweitens bildeten aus der Erde ragende Baumwurzeln regelrechte Stolperfallen, auch für Radfahrer, besonders für die, die nicht mehr nüchtern waren.
Spider bekam das zu spüren, als er über die erste querstehende Wurzel fuhr und ihm der Lenker fast aus den Händen geschlagen wurde. Er fluchte.
Fast wäre er vom Weg abgekommen, aber auch hier bewahrheitete sich das alte Sprichwort: Kinder und Betrunkene haben eben Glück.
Immer mehr näherte sich Spider der Kreuzung. Er hockte vornübergebeugt im Sattel und fühlte sich wie Niki Lauda in seinen besten Tagen.
Noch zwanzig Yards.
Fünfzehn …
Plötzlich glaubte Spider, verrückt zu werden.
Auf der Kreuzung stand jemand.
Eine Gestalt —jetzt, mitten in der Nacht!
Noch zehn Yards.
Spider bremste.
Er stemmte sich in den Rücktritt, so fest und hart, dass sein Drahtesel nach hinten wegrutschte und er Mühe hatte, das Gleichgewicht zu bewahren.
Dann rutschte sein Rad in den schmalen Straßengraben, der sich vor dem dichten Wald herzog.
Unbeweglich stand die Gestalt auf der Kreuzung. Sie schien aus einem Horror-Album entsprungen zu sein.
»Der unheimliche Bogenschütze!«, raunte Spider, und er wurde schlagartig nüchtern, wobei er zusätzlich noch am gesamten Leib zu zittern begann.
Das Bild war tatsächlich grausam. Vom Mondlicht eingehüllt, stand mitten auf der Kreuzung ein riesenhafter Kerl. Er trug ein rotes Wams und über dem Oberkörper ein grünlich schimmerndes Kettenhemd, wie man es von den Rittern her kannte. Seine Füße steckten in halbhohen Stiefeln, die Hose lag wie eine zweite Haut an seinen Beinen. Der Kopf wurde durch eine Art Mütze bedeckt, die ebenfalls sehr eng anlag und nur das Gesicht freiließ.
Aber welch ein Gesicht!
Es hatte nichts Menschliches mehr an sich. Bleiche Knochen schimmerten dem Betrachter entgegen. Nur an einigen Stellen befanden sich noch Hautreste im Gesicht, die sich so stark über die Knochen spannten, dass man das Gefühl haben musste, sie würden jeden Moment reißen.
Der Unheimliche sprach kein Wort.
Aber Spider begann zu zittern. Er hatte Angst, mörderische Angst. Er kannte die alten Geschichten und wusste genau, dass derjenige, der den unheimlichen Bogenschützen sah, dem Tod geweiht war.
Spider sah ihn …
Sekunden wurden für den Waldarbeiter zu Minuten. Er hatte auch nicht die Kraft wegzulaufen und sah zu, wie der Bogenschütze seine Waffe über den Kopf streifte.
Es war ein armbrustähnlicher Bogen …
Mehrere Pfeilschäfte ragten aus einem am Rücken festgeschnallten Köcher. Der rechte Arm des Monsters bewegte sich. Lange Finger holten einen Pfeil hervor, legten ihn auf den Bogen.
Spider wusste, was kam. Er schüttelte den Kopf. »Nein!«, keuchte er. »Ich will nicht … Bitte …«
Der Unheimliche spannte den Bogen,...




