E-Book, Deutsch, Band 2121, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
Dark John Sinclair 2121 - Horror-Serie
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-7663-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der rollende Tod
E-Book, Deutsch, Band 2121, 64 Seiten
Reihe: John Sinclair
ISBN: 978-3-7325-7663-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der rollende Tod
Bis zum letzten Tropfen hatte sie das Blut des Mannes genossen. Jetzt musste er noch getötet werden, damit er später nicht als Vampir durch die Lande zog.
Justine Cavallo drehte sich. Weit lag das Opfer nicht entfernt. Zwei Schritte nur. Aber das stimmte nicht, denn der blutleere Russe war verschwunden.
Für Justine Cavallo begann eine mörderische Jagd ...
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»Also doch«, sagte Erich Müller, »das ist er.«
Victor Reich, der fuhr, hielt an. »Wo genau?«
»Vor den Bäumen.«
Reich sagte nichts. Er musste den Kopf ein wenig drehen und nickte dann.
»Und? Was meinst du?«
»Du hast recht, Kollege, wirklich. Das muss er sein.«
»Okay. Und was machen wir jetzt?«
»Das kann ich dir auch nicht sagen. Unseren Job vielleicht?«
»Wenn du meinst.«
Dann schwiegen beide. Victors Vorschlag war naheliegend, doch sie fühlten sich beide unwohl, obwohl es keiner aussprach. Sie waren keine Polizisten, sondern Männer vom Ordnungsamt. Deshalb trugen sie auch keine Waffen, und so war ihnen etwas mulmig zumute. Denn obwohl sie zu zweit waren, betrachteten sie ihre Zielperson mit Vorsicht.
»Ein Callboy?«, murmelte Erich Müller fragend.
»Genau.«
»Sind die gefährlich?«
»Keine Ahnung. Ich habe nur gehört, dass sie wie Nutten sind. Und die sind im Normalfall auch nicht gefährlich, oder?«
»Ich glaube nicht.«
»Wir müssen uns entscheiden. Entweder gehen wir hin oder lassen es bleiben.«
»Wir gehen!«, entschied Müller.
Obwohl es noch nicht ganz dunkel war, schnappten sie sich ihre Taschenlampen, stiegen aus und marschierten los. Es war noch angenehm warm, deshalb spürten sie die kühle Luft, die aus dem Wald vor ihnen kam. Wer hier parkte, der wartete nicht auf Kundschaft, der wollte übernachten. Der Wagen ihres Zielobjektes war schon mehrere Male als Falschparker aufgefallen. Da war auch bei dem Mann kassiert worden. Anscheinend nicht oft genug. Er versuchte es immer wieder. Fragte sich nur, warum er trotzdem nicht Leine zog. Das wollten sie jetzt ein für alle Mal klären.
Nebeneinander gingen die Männer auf das Wohnmobil zu. Sie wollten an der Fahrertür anklopfen, und wer jetzt einen Blick in die Gesichter der Männer geworfen hätte, der hätte gesehen, dass sie nicht eben begeistert waren.
Erich Müller erreichte die Fahrertür als Erster. Er blieb stehen und versuchte, einen Blick in den Wagen zu werfen. Der Wagen schien leer zu sein.
»Und?«, fragte Reich.
»Ich sehe nicht viel. Vor allen Dingen keinen Fahrer.«
»Wo könnte er denn sein?«
»Keine Ahnung. Vielleicht schläft er ja hinten im Wagen. Wir sollten nachschauen.«
»Vorausgesetzt, er hat die Tür nicht abgeschlossen.«
»Er ist ein Callboy, der auf Kunden wartet. Typen wie er machen die Tür nicht zu.«
»Du kennst dich aus.«
»Immer.« Der Mann griff nach der Türklinke. Dann der Ruck nach vorn, und plötzlich schwang die Tür auf.
Beide Männer schauten sich an. Sie schienen überrascht zu sein und waren noch überraschter, als sie die Männerstimme hörten.
»Kommt doch rein, keine falsche Scham.« Die Stimme kam aus dem hinteren Teil des Wohnmobils und klang wenig einladend.
Beiden war unwohl. Erich Müller tat das für sie einzig Richtige.
»Nein, Sie kommen an die Tür. Wir sind vom Ordnungsamt Freiburg, und wir wissen, dass Sie schon einige Male aufgefordert wurden, sich mit Ihrem Wohnmobil von diesem Ort zu entfernen.«
»Ja, das stimmt.«
»Dann werden Sie das jetzt tun. Aber zuvor werden wir Ihnen fünfzig Euro abnehmen, denn Sie sind ein Wiederholungstäter.«
»Ich komme gleich.«
»Gut. Wir warten.«
Victor Reich schüttelte den Kopf. »Verdammt noch mal, das ist kein Deutscher.«
»Habe ich auch an der Aussprache gehört.« Müller zuckte mit den Schultern. »Ich denke an den Osten oder an den Südosten von Europa.«
»Ja, ich auch.«
Dann hörten sie ihn kommen.
Er war groß. Er musste sich beim Gehen bücken. Und am meisten fielen die blonden Haare auf, die bis auf die breiten Schultern fielen. Seine Hose und die Jacke waren aus Leder. In seinem Gesicht lag ein harter Ausdruck, und der war auch nicht aus seinen Augen verschwunden. Wer ihn ansah, der schien in Pupillen aus Eis zu schauen.
»So Freunde, was gibt’s?«
Erich Müller nickte, obwohl ihm nicht wohl war. »Sie parken hier Ihr Wohnmobil an einer Stelle, an der Sie es nicht dürfen. Es gibt genügend andere Stellplätze, an dem Sie ihrem Geschäft nachgehen können.«
»Das weiß ich.«
»Dann entfernen Sie sich bitte.«
»Nein, auf keinen Fall. Mir gefällt es hier. Und ich kann euch Kasperle-Figuren einen guten Rat geben. Haut ab, bevor es zu spät ist.«
»Hören Sie.« Müller schnappte nach Luft. »In so einem Ton lassen wir nicht mit uns sprechen.«
»In welchem denn?«
Miller wollte etwas erwidern, aber sein Kollege hielt ihn zurück.
»Lass gut sein, Erich. Wir gehen.«
»Ich lasse mich nicht beleidigen.«
»So ein Pech«, hörten sie die Stimme des Blonden. »Jetzt müsst ihr leider hierbleiben.«
»Und warum können wir nicht gehen?«
»Ganz einfach. Weil ich mit euch noch nicht fertig bin. Ich bedanke mich schon jetzt.«
»Und wofür?«
»Dass ihr gekommen seid.« Der Blonde lachte und riss dabei den Mund auf. Als die beiden Männer die ungewöhnlichen Zähne sahen, wussten sie, dass es nicht ihr Tag war.
Sie kamen allerdings nicht dazu, groß Fragen zu stellen, denn jetzt zeigte der Blonde, was in ihm steckte. Er holte mit der verdeckten Rechten aus, und wie aus dem Nichts spürte Müller den Treffer, der ihn von den Beinen riss. Nie zuvor in seinem Leben hatte er derartige Schmerzen in seinem Kopf gespürt. Benommen lag er auf dem Boden, als er noch einen weiteren Tritt gegen den Schädel erhielt.
Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann war Erich Müller im Reich der Dunkelheit verschwunden.
Auch Victor Reich hatte kein Glück. Zwar versuchte er noch zu fliehen, doch nach wenigen Metern erhielt er einen gewaltigen Tritt in den Rücken. Der schleuderte ihn nach vorn, und es war ihm unmöglich, sich auf den Beinen zu halten. Der Aufprall auf dem harten Boden war heftig.
Er wollte wieder hoch. Schaffte es nur bis zur Hälfte. Da erwischte es auch seinen Kopf, und innerhalb weniger Sekunden verlor er sein Bewusstsein.
Erst jetzt war der Blonde zufrieden. Er rieb sich die Hände und lächelte – und spürte zugleich einen wahnsinnigen Durst nach Menschenblut …
?
Erich Müller und Victor Reich ging es schlecht. Beide waren aus der Bewusstlosigkeit erwacht und versuchten sich zu orientieren. Sie merkten sehr schnell, dass sie nicht mehr draußen lagen, sondern im Innern eines Zimmers, in dem die Luft stickig war. Außerdem war da noch ein Geruch, der Müller irgendwie bekannt vorkam, aber er kam einfach nicht darauf, woher er stammte.
Die Männer lagen auf dem Rücken. Wenn sie ihre Köpfe etwas drehten, sahen sie die beiden Lampen, die von den Seiten her ihr Licht in die Mitte schickten.
Geblendet wurden sie nicht. Aber ihre Sicht war nicht besonders, und das lag an der drückenden Enge in ihrer Umgebung.
Jedenfalls lagen sie nicht auf der Erde, sondern auf einer weichen Unterlage. Möglicherweise eine Matratze.
»Und jetzt?«, flüsterte Erich Müller. »Wie stark fühlst du dich, Partner?«
»So stark, wie du dich fühlst.«
»Also beschissen und mit Schmerzen.«
»Genau das ist es.«
Die Männer schwiegen, weil sich vor ihnen ein Schatten bewegte, der auf sie zukam. Sie lagen auf dem Rücken, sahen ihm entgegen, und beide merkten, dass die Angst in ihnen hochstieg, denn die Unperson war mit einem Messer bewaffnet, dessen Stahl die Form einer zuckenden Flamme aufwies. Aber hier gab es nichts mehr zu rätseln, hier wusste jeder, was Sache war.
Die Männer kannten den Mann. Es war der Callboy, der außen an der Seite des Wohnmobils gelehnt und sie eiskalt ins Reich der Träume geschickt hatte.
Victor Reich sah ihn fragend an. Er sprach leise und dabei mit zitternder Stimme.
»Was soll das hier werden?«
Der Blonde stutzte, lachte laut auf und entgegnete: »Ratet doch mal.«
»Ich habe keine Lust auf solche Spiele. Sagen Sie einfach, was passieren wird!«
»Okay, damit habe ich keine Probleme. Ihr werdet einen besonderen Tod sterben.«
Jetzt hatten sie die Wahrheit gehört, und sie schwiegen betroffen. In dieser Umgebung kamen sich beide vor wie in einer dumpfen Vorhölle.
Der ganz in Schwarz gekleidete Typ hatte sich so hingestellt, dass er gut im Bild stand. Was sie sahen, bereitete ihnen große Sorgen, besonders weil der Typ seinen Mund nicht geschlossen hielt und seine beiden spitzen Zähne zu sehen waren, die wie zwei kleine kompakte Pfeile wirkten.
»Ihr wisst, wer ich bin?«
»Nein!«, flüsterte Erich Müller. »Ich kann Ihnen nur sagen, dass es besser für Sie wäre, wenn Sie uns freilassen würden. Wir sind staatliche Angestellte und besitzen fast den gleichen Schutz wie Polizisten.«
»Schön für euch. Aber das ist mir egal.«
Beide Männer hatten die Antwort gehört. Sie gefiel ihnen nicht, denn sie zeigte ihnen, dass die andere Seite keine Gnade kannte. Sie hatte ihren Plan und würde ihn auch durchziehen.
»Ich will euch noch meinen Namen sagen. Ich heiße Ivan Marow und werde derjenige sein, der euer Blut trinken wird. Aber keine Sorge, ich werde meine Zähne nicht in euren Hals schlagen. Ich werde euch so gut wie nicht berühren, und aus diesem Grunde werdet ihr auch nicht zu Vampiren werden. Ihr werdet einfach sterben. Das ist alles.«
Die beiden Männer schwiegen. Was sie da gehört hatten, war kaum zu glauben. Der Typ hatte über...




