Buch, Deutsch, 128 Seiten, Format (B × H): 126 mm x 208 mm, Gewicht: 177 g
Reihe: Flugschrift
Bilanz einer Familie
Buch, Deutsch, 128 Seiten, Format (B × H): 126 mm x 208 mm, Gewicht: 177 g
Reihe: Flugschrift
ISBN: 978-3-96054-348-0
Verlag: Edition Nautilus
Ein Düsseldorfer Galerist macht Hans-Christian Dany das Angebot, gegen einen Pauschalbetrag zwölf Texte zu schreiben, die online veröffentlicht werden sollen. Ohne Vorgabe von Thema oder Umfang. Der Auftrag mutiert zur literarischen Reise in den Zerfall einer Familie, der sich als Symptom für das Leben in einem kranken Land der Nachkriegsgeschichte erweist. Dany schreibt über sein Erbe im juristischen und im übertragenen Sinne, über buchhalterische wie emotionale Forderungen und Verbindlichkeiten und über den eigenen (fast unglaublichen) Weg vom Künstler und Schriftsteller zum verschuldeten Firmenerben, unfreiwilligen Arbeitgeber und »Minusmillionär«. Die Reflexionen zwischen Kunst und großem Geld sind nicht nur autobiografische Essays, sondern auch Versuche einer eigenen Standortbestimmung im ausklingenden Neoliberalismus.
Eine ironische Wende nimmt das Projekt über Schulden und Schuld, als sich abzeichnet, dass der Galerist die versprochenen Honorare möglicherweise nicht zahlen wird, und sich die Frage, was man (und wer?) sich leisten kann, auf wieder andere Weise stellt. Verlassen vom Auftraggeber, beginnt der Text, seine eigene Dynamik zu entwickeln.
»Wer braucht 800 Seiten, um vom Niedergang einer Kaufmannsfamilie zu erzählen? Hans-Christian Dany reichen knapp 130. Dabei bleibt er scharfsinnig, mäßig gut gelaunt, eine der originellsten Stimmen Hamburgs.« Oskar Piegsa, Juror Hubert-Fichte-Preis
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Seit mein Sohn zur Schule geht und gelegentlich sagen muss, was sein Vater arbeitet, habe ich mich mit der von ihm gewählten Bezeichnung Schriftsteller abgefunden. Es braucht einen Begriff, da er nicht antworten kann, der Vater säße in der Ku¨che in einem großen Durcheinander und tippe manchmal etwas.
Wenn Formulare nach meiner Tätigkeit fragen, schreibe ich Autor, obwohl ich das Wort nicht mag, da es nach Autorität klingt. Persönlich bleibe ich lieber beim Verb. Die Sache mit dem Schreiben ist alles andere als sicher. Heute schreibe ich, morgen ist es vielleicht schon vorbei damit.
Nein zu sagen und nichts zu werden schien mal eine Möglichkeit. Als ich jung war, konnte ich mir auch leichter in die Tasche lu¨gen. Mit den Jahren wurde das Nein komplizierter. Heute schwingt zwar noch ein Nein mit, wenn ich schreibe, u¨bertönt wird es aber von einem Ja. Ja, ich will schreiben. Ich sage u¨berhaupt immer öfter Ja zu dem Leben, zu dem ich oft Nein gesagt habe. Die Vorstellung, nichts zu werden, hängt mir aber noch nach. Regelmäßig tagträume ich, eine Bar zu kaufen, heißt es doch: Wer nichts wird, wird Wirt. In meiner Vorstellung von einem Leben als Barbesitzer komme ich am fru¨hen Abend in das Lokal, fu¨lle etwas auf und ordne den Kassenbestand. Danach gehe ich zu Bett. Morgens um sechs, wenn die Bar bald schließt und ich schon wieder wach bin, unternehme ich den zweiten Kontrollgang. Während ich mir dabei zusah, wie meine Hände das im Schlaf verdiente Geld zählten, dachte ich plötzlich, ich könnte u¨ber meinen Vater schreiben.