E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Daniels Gib dem Glück noch eine Chance
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7337-5528-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-5528-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Um die kleine Jamie zu adoptieren, sind Amanda und Ross eine Vernunftehe eingegangen. Doch als in Amanda heißes Begehren erwacht, gerät ihr Arrangement in Gefahr ...
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1. KAPITEL
„Ich möchte, dass Sie mich heiraten.“
Amanda Prentiss blinzelte. Das war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte, als sie den Mann vor ihrer Haustür wütend fragte, was er von ihr wollte.
Im ersten Augenblick war sie verwirrt. Wie kam der Mann überhaupt dazu, ihr so unverblümt einen Antrag zu machen? Dann wurde sie wütend und erschrak, als sie Ross Chandler wieder erkannte.
Mehr als drei Jahre waren vergangen, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte.
„Soll das ein Witz sein?“, fragte sie so kühl wie möglich.
„Ich versichere Ihnen, dass ich es absolut ernst meine.“
Er wirkte wirklich seriös in seinem dunklen, maßgeschneiderten Anzug, der wahrscheinlich mehr gekostet hatte, als Amanda in einem ganzen Monat verdiente. Seine sonnengebräunte Haut und die kunstvoll zerzausten blonden Haare glänzten im Schein der Verandabeleuchtung, und seine blauen Augen funkelten.
Er sah aus wie ein griechischer Gott, der den Olymp bestieg, um Zeus um einen kleinen Gefallen zu bitten.
„Könnten wir nicht vielleicht hineingehen und uns drinnen unterhalten?“, fragte er.
Amanda hätte am liebsten die Tür zugeknallt, um Ross Chandler und die schmerzlichen Erinnerungen zu verdrängen, die das unerwartete Auftauchen dieses Mannes in ihr wachriefen.
„Es gibt nichts, worüber wir sprechen müssten“, erwiderte sie. „Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrem absurden Vorschlag bezwecken, aber …“
„Mrs. Weston, ich meine Mrs. Prentiss. Bitte lassen Sie mich ausreden. Ich weiß, dass Sie mir nichts schuldig sind, aber ich bitte Sie trotzdem, mir zuzuhören.“ Dann spielte er seinen Trumpf aus. „Um Jamies willen.“
Amanda verzog qualvoll das Gesicht, als hätte er sie geschlagen. Jamie. Ihr kleines Mädchen.
Das Kind, das sie geliebt und vier Jahre lang aufgezogen hatte.
Das Kind, das ihr Ross Chandlers Familie weggenommen hatte.
„Es geht Jamie doch gut, oder?“, fragte sie leise.
„Ja, natürlich“, erwiderte er schnell. „Tut mir leid, ich wollte Ihnen keinen Schrecken einjagen.“
„Kommen Sie herein“, sagte sie.
Als Ross Chandler über die Schwelle ihres gemieteten kleinen Häuschens trat, gingen Amanda ein Dutzend Fragen durch den Kopf. Wie geht es Jamie? Ist sie glücklich? Wie sieht sie jetzt aus? Erinnert sie sich noch an mich? Am meisten aber beschäftigte sie die Frage, was Jamies Onkel bewogen hatte, bei ihr aus dem Nichts aufzutauchen und ihr einen Heiratsantrag zu machen.
Amanda führte Ross in ihr gemütliches Wohnzimmer, wo sie vor Ross’ unerwartetem Besuch an einer Broschüre für die Kunstgalerie gearbeitet hatte. Sie schob die Papiere zusammen, die sie auf der Couch ausgebreitet hatte und bot Ross einen Platz an.
Sie selbst setzte sich in den Sessel. Ihre zitternden Hände verbarg sie zwischen den Oberschenkeln. „Wie haben Sie mich gefunden?“
„Nachdem ich festgestellt hatte, dass Sie nicht mehr auf Long Island leben …“ Er rückte seine ohnehin perfekt sitzende Krawatte zurecht, „… habe ich einen Privatdetektiv engagiert.“
Natürlich. Menschen wie die Chandlers beauftragten immer andere Helfer, um die dreckige Arbeit zu erledigen.
„Warum?“, fragte sie. „Was wollen Sie von mir? Kommen Sie mir bitte nicht wieder mit diesem absurden Antrag.“
„Vielleicht sollte ich ein wenig ausholen.“
„Wie Sie wollen.“ Gut, Amanda, lobte sie sich, bleib ganz ruhig und vernünftig. Lass ihn bloß nicht merken, wie durcheinander du bist.
„Zunächst einmal bin ich der Meinung, dass man Ihnen damals übel mitgespielt hat. Was Jamie betrifft, meine ich.“
„Meinen Sie nicht, dass diese Einsicht ein wenig spät kommt? Das hätten Sie vor drei Jahren sagen sollen, als Sie im Zeugenstand waren.“
„Was hätte das schon geändert“, erwiderte er ruhig.
„Es hätte sich aber so gehört.“
Ross Chandler räusperte sich. „Nun ja, wahrscheinlich haben Sie recht.“
„Damals wurden nur Lügen über uns verbreitet“, brachte sie hervor. „Paul und ich haben Ihre Schwester nie gezwungen, Jamie zur Adoption freizugeben. Wir haben sie weder ausgetrickst noch manipuliert. Sie hat von sich aus Kontakt mit uns aufgenommen, als sie schwanger war, und sie konnte es nicht abwarten, uns Jamie sofort nach der Geburt zu geben. Paige hatte kein Interesse an dem Baby. Sie hat sich nicht einmal dafür interessiert, welchen Namen wir dem Kind gegeben haben. Sie war an dem Tag, als die Adoptionspapiere unterschrieben wurden, genauso glücklich wie wir.“
Ross fiel es schwer, Amandas anklagendem Blick standzuhalten. „Ich glaube Ihnen. Auch damals habe ich Ihnen schon geglaubt.“ Doch er hätte damals nichts ändern können. Zu dieser Erkenntnis war er erst kürzlich gelangt. Genauer gesagt vor zehn Tagen, und seitdem hatte er Angst. Und das war auch der Grund, weshalb er hier war. „Ich habe nach Ihnen gesucht, weil Jamie in letzter Zeit Fragen nach Ihnen stellt.“
Amanda schluckte. „Wirklich?“ Hoffnungsvoll, sehnsüchtig und verzweifelt sah sie ihn an.
Ross hatte ein schlechtes Gewissen. „Jamie ist in einem Alter, wo sie sich für alles interessiert. Sie stellt viele Fragen“, sagte er ausweichend.
Amanda sprang auf. „Was für Fragen?“ Sie lief aufgeregt durch das Wohnzimmer.
„Jamie hat einige verschwommene Erinnerungen“, sagte er vorsichtig. „An Sie und Ihren Exmann.“
„Das überrascht mich nicht. Schließlich war Jamie schon vier Jahre alt, als sie mir weggenommen wurde. Sie war alt genug, um sich daran zu erinnern.“
Amanda hatte das Gefühl, Schuldgefühle in Ross’ Gesicht zu erkennen. „Ja.“ Er hustete. „Jamie stellt in letzter Zeit Fragen, die ich nicht beantworten kann. Fragen über ihre frühe Kindheit.“
„Haben Sie ihr die Wahrheit gesagt?“
„Über die Adoption? Über den Kampf ums Sorgerecht? Ja.“
Amanda wusste, wie die offizielle Version der Chandlers lautete. Sie hatte sie oft genug während der Verhandlung gehört.
Ross betrachtete sie. Ein Bild ging ihm durch den Kopf. Ein Bild, das ihn verfolgt hatte, seit Amanda ihr Kind Paige übergeben hatte: Die vierjährige Jamie, die ihre zarten Arme um Amandas Hals gelegt hatte und weinte und schrie, weil sie nicht gehen wollte. Amanda, die das Kind mit schmerzverzerrtem, tränenüberströmtem Gesicht der Frau zurückgeben musste, von der sie es einst bekommen hatte. Und dann Jamies verängstigtes Wimmern. „Mommy, Mommy, ich will nicht weg! Ich will bei dir bleiben, Mommy …“
Ross schüttelte den Kopf, um das Bild zu vertreiben.
„Ich dachte, wenn Jamie Sie wiedersieht und mit Ihnen sprechen könnte, würde ihr das vielleicht helfen.“ Ross suchte nach den passenden Worten. „Damit sie versteht, warum das alles geschehen ist.“
Amanda warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Ich wüsste nicht, wie ich ihr helfen könnte, denn ich selbst habe es nie verstanden.“
Ross fühlte sich in seiner Haut sehr unwohl. Wenn sie Jamie nicht einmal sehen wollte, wie sollte er sie dann von allen weiteren Plänen überzeugen?
Er stand auf. „Als ich herausfand, dass Sie und Ihr Mann geschieden sind, hatte ich eine Idee.“
Ungeduldig sah Amanda ihn an. „Sie meinen doch nicht diese blödsinnige Idee mit der Heirat?“
„Ich weiß, dass dieser Vorschlag oberflächlich betrachtet verrückt erscheint.“ Er bedachte sie, wie er hoffte, mit seinem unwiderstehlichen Lächeln. „Wenn Sie aber einmal darüber nachdenken, werden Sie erkennen, dass diese Ehe im Interesse von uns dreien wäre.“
„Drei?“
„Sie, Jamie und ich.“
„Und was ist mit Jamies Mutter? Wie steht Ihre Schwester Paige zu diesen Plänen? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass sie mit diesem Vorschlag glücklich ist.“
Wie hatte er nur so dumm sein können? Ross hatte sich alle Argumente sorgfältig zurechtgelegt, die für eine Ehe sprachen, doch er hatte vergessen, Amanda über eine entscheidende Tatsache zu informieren. Er holte tief Luft. „Paige ist tot.“
„Tot?“, wiederholte Amanda.
„Sie starb vor fast zwei Jahren. In Spanien.“ Ross verzog grimmig den Mund. „Der Fahrer des Wagens, in dem sie saß, war betrunken und kam von der Straße ab. Zwei weitere Mitfahrer wurden ebenfalls getötet.“
„Um Gottes willen. Was ist mit Jamie? War sie bei ihr? Wurde sie verletzt?“
„Jamie? Bei Paige? Nein, Jamie war nicht in Europa, als der Unfall passierte. Sie war zu Hause auf dem Familiensitz in Kalifornien.“
„Oh, Ross, es tut mir leid“, sagte sie und stellte fest, dass sie es ehrlich meinte. Es musste fürchterlich für Jamie gewesen sein.
„Das ist der wichtigste Grund, warum wir heiraten sollten. Ich habe alles für Jamie getan, seit sie bei uns lebt. Tatsache aber ist, dass sie eine Mutter braucht.“
Gab es wirklich eine Chance, dass sie Jamie zurückbekam? Amanda betrachtete ihre Fingernägel. „Und welche Gründe gibt es noch für eine Ehe?“
Ross’ Augen blitzten, als spürte er, dass sie angebissen hatte. „Nun, Sie zum Beispiel. Ich weiß, dass es keine Möglichkeit gibt, Sie für all das Leid, das Sie ertragen mussten, zu entschädigen.“ Er trat einen Schritt näher zu ihr. „Aber wenn wir beide heiraten, könnten Sie wieder Jamies Mutter sein.“
„Wollen Sie damit sagen, dass wir Jamie nach der Hochzeit adoptieren würden?“ Sie wusste genau, dass eine solche...